Sternentwicklung
1. Sternentstehung
Sterne entstehen aus interstellaren Gas und Staub - Wolken, die auch als Nebel bezeichnet werden. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Nebeln. Zum einen ist ein Großteil der Milchstraße gefüllt vom sogenannten Zwischenwolkenmedium, welches eine Temperatur von etwa 8000 K hat, jedoch nur eine sehr geringe Dichte. Es ist daher nicht zur Sternbildung fähig. Zum Glück gibt es aber auch noch dichtere und kältere Wolken.
Sie bestehen aus praktisch reinem Wasserstoff und haben typischerweise eine Temperatur von unter 100 K. Diejenigen Wolken, deren Temperatur bei etwa 10 bis 20 K liegt, haben eine so hohe Dichte, daß die Gravitationskraft die thermischen Druckkräfte überwiegt und sie so zu massereichen Körpern komprimiert. Genauer gesagt, werden sogenannte Globulen innerhalb der Wolken komprimiert, sofern sie eine bestimmte Bedingung hinsichtlich Masse, Dichte und Innentemperatur erfüllen. Diese Bedingung wird auch Jeans-Kriterium genannt. Es wird um so eher erreicht, je massereicher und dichter die Wolken sind, und je geringer die Temperatur und damit der Innendruck ist.
Man nimmt an, daß sich die ersten Gasnebel erst zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall ausreichend versammelt hatten, um Protogalaxien zu bilden.
Erst dann konnten erste Wolken dem Jeans-Kriterium entsprechen. Allerdings nimmt man an, daß Sterne früher im Durchschnitt massereicher waren als heute, da sie einerseits aus einem Gas gebildet wurden, daß Wasserstoff und Helium etwa im Verhältnis 10:1 enthielt und somit schlechter kühlte als das „moderne“ Gasgemisch, wodurch der Fragmentationsprozeß in ihrem Inneren (dazu später mehr) früher zur Ruhe kam. Andererseits gab es früher auch keine Magnetfelder, welche die Sternbildung erschwerten.
Während des Kollaps der Wolken wird die Wärmeenergie durch Zusammenstöße in elektromagnetische Strahlung umgewandelt, welche die Wolke bei noch geringer Dichte leicht durchdringen und verlassen kann. Deshalb steigt in dieser Phase die Innentemperatur des Nebels kaum an.
Interessant bei diesem Kollaps der Wolken ist nun die interne Fragmentation.
Die Wolken sind nämlich nicht symmetrisch aufgebaut, sondern enthalten Bereiche von unterschiedlicher Dichte. Ab einem gewissen Punkt kollabieren die einzelnen Bereiche nicht mehr gemeinsam, sondern trennen sich und werden durch die Gravitationskräfte unabhängig voneinander weiter komprimiert. Aus diesem Grund entstehen immer mehrere Sterne praktisch gleichzeitig. Allerdings kann sich dieser Prozeß nicht beliebig weit fortsetzen, sondern kommt allmählich beim fortschreitenden Kollaps zur Ruhe, und zwar aufgrund der steigenden Dichte. Durch die hohe Dichte wird es für Photonen schwerer, die Wolke zu verlassen, und so beginnt die Temperatur anzusteigen. In allen Blasen erreicht die Temperatur Werte, bei denen zunächst die Moleküle zerlegt und später sogar durch den Verlust der äußeren Elektronen ionisiert werden.
Mit der Aufnahme neuer Materie steigt der Druck auf die Zentralregion noch weiter an. Nun bewirken die Druckkräfte einen Dichteausgleich der unterschiedlichen Regionen, deren Gestalt mehr und mehr sphärisch wird.
Die Masse der neu entstehenden Sterne wird durch das Salpeter-Gesetz ausgedrückt. Vereinfacht gesagt, kommen auf einen Stern mit einer bestimmten Masse fünf Sterne mit der halben Masse. Sehr massereiche Sterne entstehen also äußerst selten, und da sie zusätzlich eine um ein vielfaches geringere Lebensdauer haben, sind sie in der Milchstraße und in den anderen Galaxien kaum anzutreffen.
Die bis jetzt entstandenen Himmelskörper werden als Protosterne bezeichnet.
Dieser Protostern produziert bereits große Energiemengen, obwohl noch keine Kernreaktionen stattfinden. Sie sind für ihre Umgebung nicht sichtbar, da die sie umgebenden Gaswolken für Photonen undurchdringlich sind. Hier findet jetzt eine Massenkonzentration statt, da die umgebenden Nebel mit immer höherer Geschwindigkeit in den Protostern stürzen. Auf der Oberfläche werden die eintretenden Gase jedoch plötzlich abgebremst, wobei viel Energie frei wird. Die dabei entstehende Strahlung drückt gegen die nachströmenden Gasmassen. Schließlich kann dieser Druck so stark werden, daß die umgebende Gaswolke in den Raum geschleudert wird und der Prozeß der Massenzunahme damit vorläufig beendet wird.
Während diesem Prozeß entwickelt der Protostern einen sogenannten hydrostatischen Kern. Er bildet damit schließlich ein stabiles Objekt, weil sich die Druckkräfte mit den Gravitationskräften die Waage halten. Sobald er diesen Zustand erreicht hat, wird der Protostern als Stern bezeichnet. Manche Leute wollen das aber nicht einsehen und behaupten, erst die Zündung der Fusionsreaktionen wäre der notwendige Faktor. Auf solche Leute wollen wir aber selbstverständlich nicht hören, weil sie nur mehr Stoff für sich ergattern wollen.
Bereits bei seiner Entstehung beginnt ein Stern zu rotieren, und durch die fortschreitende Kompression wird diese Rotation immer schneller.
Hier besteht die Möglichkeit, daß sich der Strahlungsdruck an den Polen, also entlang der Rotationsachse, in den Raum schießen, während das Gas, welches angesaugt wird, in einer spiralförmigen Scheibe in den Stern fällt.
Eventuell wurde bei der Sternbildung nicht die gesamte Materie des Nebels in den Raum gefegt, sondern bildet ein Planetensystem. Es ist aber unbekannt, bei wie vielen der neuentstandenen Sterne, dies tatsächlich der Fall ist – wenn überhaupt.
2. Verdichtungsphase
Nach seiner Geburt hat der Stern vorläufig eine stabile Phase vor sich. Durch sein hydrostatisches Gleichgewicht Gravitations- und Druckkräften behält er seine sphärische Gestalt bei, höchstens beeinträchtigt durch seine leichte Verformung zu einem Rotationsellipsoid, denn immerhin rotiert der frischgeborene Stern ja praktisch immer.
Der Stern ist möglicherweise noch von Teilen seiner Wolke umgeben, eventuell wird sich ein Planetensystem daraus bilden. Er ist noch recht ausgedehnt und kühl, wenn man ihn mit älteren Sternen vergleicht. Kühl bedeutet in diesem Zusammenhang aber immerhin noch mindestens 2000 K, und das auf der Sternoberfläche.
Nun ist es aber so, daß jedes Objekt entsprechend seiner Temperatur Wärmestrahlung aussenden muß. Genau das tut auch der neue Stern. Da sein Zentrum heißer ist als die Oberfläche, wird zunächst die Oberfläche durch die Wärmestrahlung auskühlen, doch es besteht ein konstanter Wärmefluß vom Zentrum zur Oberfläche hin.
Langsam, aber sicher, kühlt so das Zentrum allmählich aus. Dadurch gewinnt die Gravitation langsam die Oberhand und komprimiert den Stern weiter, doch hierdurch wiederum wird sofort neue Wärmeenergie erzeugt, die wieder entsprechenden Widerstand liefert. Im Laufe der Zeit wird der Stern so immer dichter und immer heißer.
Im Gegensatz zu den implosionsartigen Kontraktionen der Globulen in den Nebeln, aus denen der Stern hervorgegangen ist, handelt es sich hierbei jedoch um ein gemächliches Zusammenziehen, das Millionen von Jahren dauern kann, ohne daß irgendwelche anderen Prozesse auftreten. Es ist zwar eine für unsere Maßstäbe gigantische Energieabstrahlung, die hier stattfindet, aber die potentielle Energie, die aus reiner Kontraktionswärme gewonnen werden kann, ist um viele Größenordnungen höher. Tatsächlich ist es auch so, daß der Stern nicht mehr weiter kontrahieren würde, könnte man alle Energie am Entweichen hindern.
3. Nukleare Fusion
Natürlich kann diese Kontraktion aber nicht ewig so weitergehen. In der Realität ist spätestens bei etwa 10 Millionen K Schluß damit: ab diesem Punkt zündet im Zentrum des Sterns die nukleare Fusion. Dies ist die ergiebigste Energiequelle des Sterns, und sie hält die Kontraktion für den Rest seines „Lebens“ auf.
Die erste Fusionsreaktion verwendet das Material, von dem der Stern reichlich hat: Wasserstoff. Bei 10 Millionen K schießen die Wasserstoffkerne, die längst keine Elektronen mehr haben, im Zentrum mit einer solchen Geschwindigkeit umher, daß sie schließlich bei ihren Zusammenstößen die elektrischen Abstoßungskräfte überwinden und sich zu einem Heliumkern verbinden.
Dieser Heliumkern hat aber weniger Masse als die zu seiner Bildung notwendigen vier Wasserstoffkerne. Die fehlende Masse wird beim Zusammenstoß in reine Energie umgewandelt. Die entstehende Energiemenge läßt sich mit Hilfe der Einsteinschen Gleichung der Äquivalenz von Energie und Masse berechnen: E=mc2, woraus hervorgeht, daß selbst eine sehr kleine Masse einem sehr hohen Energiebetrag entspricht.
Ein einziges Gramm Wasserstoff erzeugt bei einer Fusion zu Helium (bei der ja bei weitem nicht die gesamte Masse in Energie umgewandelt wird, sondern bloß etwa 1%) 200.000 Kilowattstunden Energie. Unsere Sonne verbrennt in einer einzigen Sekunde aber nicht bloß ein paar Gramm oder Kilogramm, sondern 500 Millionen Tonnen Wasserstoff.
Dadurch verliert sie pro Sekunde etwa 5 Millionen Tonnen an Masse.
Hier soll gleich ausdrücklich festgehalten sein, daß nicht die Reaktion im Sternzentrum die Abstrahlung an der Oberfläche bestimmt, sondern daß es sich vielmehr umgekehrt verhält. Könnte man bei einem Stern alle Energieverluste durch Strahlung zurückhalten, so würde die Fusion in seinem Inneren erlöschen.
Verblüffend ist, in welchem Ausmaß die Energiegewinnungsrate des Sterns von seiner Innentemperatur abhängt. Bei der ersten Reaktion, bei der Wasserstoffkerne zu Helium verschmelzen, ist sie bei einem massearmen Stern (also unter 1,5 Sonnenmassen) in er sechsten Potenz von der Temperatur abhängig. Steigt die Temperatur um den Faktor zehn, so erhöht sich die Energieerzeugung um den Faktor einer Million.
Bei nachfolgenden Reaktionen, die bei höheren Temperaturen auftreten, liegt das Verhältnis sogar bei der 30. oder 40. Potenz. Würde sich bei so einem Stern die Temperatur um bescheidene 50% erhöhen, wäre die Energiegewinnungsrate volle 11 Millionen mal so hoch. Die genauen Potenzen der Abhängigkeit von Energieerzeugungsrate und Innentemperatur sind in der nachfolgenden Tabelle aufgelistet.
Natürlich wird der Stern aber nicht ewig den gleichen Fusionsprozeß zur Energiegewinnung benutzen.
Er wird vielmehr zu immer schwereren Molekülen als Ausgangsmaterialien übergehen, die er vorher selbst erzeugt hat. Schon bei der ersten Stufe, der Verbrennung von Wasserstoff zu Helium, gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: zum einen die sogenannte pp-Kette (Proton-Proton-Kette), welche Sterne unter 1,5 Sonnenmassen einsetzen, zum anderen die CNO-Kette, welche in Sternen über 1,5 Sonnenmassen vorkommt. Ist schließlich ein Großteil des Wasserstoffs aufgebraucht, so liegt die Temperatur ungefähr bei 200 Millionen K, und die nächste Reaktion setzt ein. Nun wird Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff verbrannt. Jeder Reaktion kann man einen bestimmten Temperaturbereich zuordnen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick.
Fusionsprozeß
Potenz der Abhängigkeit
Temperatur bei Beginn
Wasserstoff-Brennen pp-Kette
6
10 Millionen K
Wasserst.-Brennen CNO-Kette
15
30 Millionen K
Helium-Brennen
30
200 Millionen K
Kohlenstoff-Brennen
27
600 Millionen K
spätere Brennphasen
30-40
über 1000 Millionen K
Ganz gleich, in welcher Brennphase sich der Stern gerade befindet, er ist immer im Gleichgewicht. Er kontrahiert weder noch expandiert er, alle abgestrahlte Energie wird durch Kernfusion nachgeliefert. Während einer Brennphase bleiben auch Größe und Helligkeit praktisch konstant, der Stern befindet sich auch in einem thermischen Gleichgewicht. Seine Innentemperatur und damit auch seine Oberflächentemperatur bleiben gleicht, nur seine Masse nimmt kaum merklich ab.
4.
Energietransport
Wenig beachtet wird die Frage nach dem Energietransport im Sterninneren. Immerhin wird die gesamte Energie in einer Kugel im Sterninneren erzeugt, deren Radius gerade mal 5% des Gesamtradius ausmacht. Es wird oft einfach angenommen, daß die Wärme irgendwie „weitergeleitet“ wird, wie auch bei einem heißen Stück Eisen. Aber ein Stern besteht nun einmal nicht aus Eisen (wenigstens noch nicht in dieser Entwicklungsphase), daher spielt die Wärmeleitung nur eine untergeordnete Rolle.
Viel wichtiger ist schon die Übertragung durch Wärmestrahlung, also durch Photonen. Wenn man diesem Problem theoretisch nachgeht, so stellt man fest, daß ein Photon im Falle unserer Sonne gerade zwei Sekunden brauchen würde, um vom Zentrum aus die äußere Schale zu erreichen.
Tatsächlich braucht es aber vermutlich im Schnitt etwa 100.000 Jahre. Das Photon kann nämlich nicht direkt zur Oberfläche fliegen, sondern es prallt ständig gegen die überall herumflitzenden Wasserstoffkerne. Diese lenken es ab, so daß das Photon 100.000 Jahre oder mehr ununterbrochen wie eine Flipperkugel kreuz und quer durch den Stern rast. Außerdem gibt es in fast jedem Stern für Photonen völlig undurchdringliche Gebiete, in denen zum Beispiel der Wasserstoff bei Temperaturen zwischen 5000 und 15000 K in den ionisierten Zustand übergeht.
Man sieht also, daß bei heißen Sternen die Wärmestrahlung als Energietransport schlicht überfordert ist.
Die vermutlich wichtigste Art der Wärmeübertragung ist daher die Konvektion. Sie wird durch die extremen Temperaturunterschiede zwischen dem Zentrum und der äußeren Hülle hervorgerufen. Wie in einem Teekessel, wo das warme Wasser ständig durch die verschiedene Temperatur und somit verschiedene Dichte zirkuliert und die zugeführte Wärmeenergie gleichmäßig verteilt, gibt es auch im Stern unaufhörlich dynamische Strömungen, bei denen die Energie mitsamt der Materie umverteilt wird.
Besonders kühle Sterne haben konvektive Hüllen, in denen der Energietransport durch Materie mit sehr hoher Geschwindigkeit stattfindet. Auch heiße Sterne haben zumindest eine konvektive Region in der Nähe des Zentralkerns.
Lediglich sehr massearme Sterne, die mittels der pp-Kette Wasserstoff verbrennen, können Konvektion im Sterninneren vermeiden.
Die Konvektion äußert sich vor allem dadurch, daß auf der Oberfläche starke Bewegungen der hitzetragenden Gasschichten zu beobachten sind. Durch die Hitze werden die Gase darüber hinaus ionisiert, und wann immer ionisierte Materie in Strömungen herumjagt, entstehen Magnetfelder. Deshalb vermutet man heute, daß die Konvektion in Verbindung mit der Rotation der Sonne für die Sonnenflecken verantwortlich ist, die einen elfjährigen Rhythmus aufweisen. Diese Gasbewegungen und Magnetfeldschwankungen können zu heftigen Eruptionen, den sogenannten Protuberanzen führen. Sie können auch den Funkverkehr auf der Erde beeinflussen.
5. Lebensdauer und Leuchtkraft von Sternen
Am Anfang des 20. Jahrhunderts begannen die beiden Astronomen Hertzsprung und Russell die Daten aller Sterne, deren Entfernung bekannt war, in ein Diagramm einzutragen, und zwar verwendeten sie die Sternfarbe (welche ein Maß für die Oberflächentemperatur ist) und die Sternleuchtkraft als Achsen. Dieses Diagramm heißt verblüffender Weise Hertzsprung-Russell-Diagramm. Sie fanden heraus, daß sich 90% aller Sterne auf dem Diagramm in einer einzigen Linie befinden. Diese Linie nennt man auch Hauptreihe.
Wie wir inzwischen wissen, sind diese beiden Variablen naturgemäß auf diese Weise verknüpft. Da alle Sterne die gleiche Entwicklung durchlaufen, können wir aus dem Diagramm schließen, daß alle Sterne etwa 90% ihrer Lebensdauer auf der Hauptreihe verbringen. Offenbar befinden sie sich dann in einer langdauernden Phase ihrer Entwicklung. Tatsächlich konnte später bestätigt werden, daß sie sich in der Phase des Wasserstoffbrennens befinden, welche von allen Brennphasen am längsten dauert. Je später die Brennphase, desto kürzer dauert sie. Es kann sogar sein, daß die Wasserstoffbrennphase viele Milliarden Jahre dauert, während die letzte Brennphase nur wenige Stunden in Anspruch nimmt.
Massereiche Sterne haben eine viel größere Oberflächentemperatur als masserärmere, da die Gravitation hier größer ist. Sie sind deshalb auch viel leuchtkräftiger. Allerdings verbrauchen sie auch ihren Brennstoff viel schneller und leben deshalb kürzer.
Fertigt man nun eine Hertzsprung-Russell-Diagramm an, wobei man aber nur Sterne mit einer bestimmten Mindesthelligkeit mit einbezieht, so erkennt man wiederum die Hauptreihe, die sich quer durchs Bild zieht, aber zusätzlich noch beachtliche Sterngruppen rechts darüber und kleinere links darunter.
Laut dem Boltzmann-Gesetz sendet eine bestimmte Fläche soviel Strahlung – und damit Helligkeit – aus, wie es der vierten Potenz ihrer Temperatur entspricht. Die rechte obere Gruppe hat aber eine sehr geringe Temperatur, müßte also ziemlich dunkel sein.
Da sie dies jedoch offenbar nicht ist, müssen wir folgern, daß ihre Oberfläche größer ist. Hat ein Stern die gleiche Helligkeit wie ein anderer mit doppelter Temperatur, so muß seine Oberfläche 24mal, also 16mal so groß sein. Deshalb nennt man diese Sterngruppe, die aus großen, kühlen Sternen besteht, auch Rote Riesen.
Jetzt wissen wir auch, was es mit der kleineren Gruppe links unten auf sich hat. Sie besteht offenbar aus Sternen, die eine sehr hohe Temperatur aufweisen, dafür aber nur eine geringe Oberfläche haben. Sie werden Weiße Zwerge genannt.
Die Sterne der Hauptreihe werden von links unten nach rechts oben gleichzeitig heißer und heller. Daraus können wir folgern, daß ihre Oberflächen (und somit auch ihre Radien) nahezu gleich groß sind, und daß sie je nach Masse unterschiedlich heiß sind.
6. Der Faktor der Sternmasse
Für die Entwicklung eines Sterns ist die Masse am entscheidensten. Sie bestimmt, welchen Weg er einschlägt und welches Endstadium er erreicht.
Besonders massearme Sterne haben ein Problem: die eigene Entartung.
Entartung tritt auf, sobald Materie eine bestimmte Dichte erreicht hat. Hier werden nämlich die Elektronen der Atome immer weiter zusammengedrängt, so daß sie bald nahezu den gleichen Raum einnehmen. Ein quantenmechanisches Prinzip, das sogenannte Pauli-Verbot, besagt aber, daß zwei Elektronen nicht den selben Quantenzustand einnehmen dürfen. Ein Quantenzustand ist definiert als ein bestimmter Ortsbereich und ein bestimmter Geschwindigkeitsbereich. Daraus folgt, daß Elektronen, die fast am selben Ort sind, sich mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen müssen, ganz gleich, welche Temperatur herrscht. Elektronen sind aber bei dieser dichten Materie für den Druck verantwortlich, da sie sich viel schneller bewegen als die Atomkerne.
Während also bei normaler Materie der Druck sinkt, sobald sie abgekühlt wird, ist dies bei entarteter Materie nicht der Fall. Komprimiert man einen Stern aus entarteter Materie, so wird er nicht wärmer, wie dies sonst der Fall wäre, sondern sogar kälter. Wenn also ein Stern eine sehr kleine Masse hat, so wird er zuerst wie ein normaler Stern kontrahieren und dabei seine Innentemperatur erhöhen, jedoch noch bevor sie hoch genug ist, um eine Kernfusion zu starten, wird er entarten und damit die Temperatur wieder sinken. Solche Sterne nennt man braune Zwerge, und sie haben eine Masse von höchstens 0,08 Sonnenmassen.
Sterne mit höherer Masse können die Wasserstoffverbrennung starten, ohne zu entarten. Sie durchlaufen die Wasserstoffverbrennung ganz normal, doch sobald sie an deren Ende angelangt sind, haben sie eine neue Hürde vor sich: sie haben sich zu Roten Riesen entwickelt und bestehen aus einem Kern aus ionisiertem Helium, der von einer aufgeblähten Wasserstoffhülle umgeben ist.
Dieser Kern muß nun wieder eine kritische Temperatur erreichen, um die Heliumverbrennung zu zünden, ohne zu entarten, während er von der immer noch mit der Wasserstoffverbrennung beschäftigten Schale mit mehr und mehr Helium versorgt wird. Der Kern muß eine Masse von 0,35 Sonnenmassen aufweisen, um die Heliumfusion in Gang zu bringen, wodurch bei vielen Roten Riesen ein Wettlauf entsteht: was tritt zuerst ein, Entartung oder Heliumfusion?
Massearme Sterne verlieren den Wettlauf. Der Kern ist hier entartet, bevor er 0,35 Sonnenmassen erreicht, die Masse steigt durch die Hülle weiter auf 0,45 Sonnenmassen. Hier zündet auch bei entartetem Helium eine Fusion, die jedoch dramatische Konsequenzen hat: bei einem normalen Kern würde sich der Kern nun aufgrund der höheren Temperatur ausdehnen, nicht jedoch bei einem entarteten. Hier bleibt der Druck und damit auch die Ausdehnung unabhängig von der Temperatur konstant. Die Temperatur beschleunigt nur die Heliumfusion, was schließlich förmlich zu einer Explosion führt, dem sogenannten Helium-Flash.
Hier können große Teile der Sternmasse in den Weltraum geschleudert werden. Um diesem Schicksal zu entgehen, muß ein Stern eine Anfangsmasse von mindestens 2 Sonnenmassen haben.
Dieses Risiko gibt es nun beim Einleiten jeder neuen Brennphase. Sobald ein Kern aber mehr als 1,4 Sonnenmassen hat, kann er jede nur denkbare Brennphase erreichen. Da massereichere Sterne grundsätzlich auch massereichere Kerne entwickeln, kann man ihre Endstadien anhand ihrer Anfangsmasse einteilen.
Endstadium
Anfangsmasse in Sonnenmassen
Brauner Zwerg
0 bis 0,08
Weißer Zwerg
0,08 bis 8
Neutronenstern
8 bis 20
Schwarzes Loch
20 und darüber
Selbstverständlich gibt es auch bei diesen Endstadien noch unterschiedliche Möglichkeiten der Entwicklung.
7. Die Entwicklung zu Weißen Zwergen
Massearme Sterne, die aber mehr als 0,08 Sonnenmassen haben, und denen so das oben beschriebene Schicksal brauner Zwerge erspart bleibt, können das Wasserstoff-Brennen erreichen und so einige Milliarden Jahre lang leuchten. In diesem Zustand befindet sich unsere Sonne zur Zeit. Hat der Stern allerdings weniger als zwei Sonnenmassen, so wird er früher oder später einen Helium-Flash erleben.
Irgendwann – bei unserer Sonne in etwa vier bis fünf Milliarden Jahren – ist der gesamte Wasserstoffvorrat im Kern aufgebraucht. In der Hülle jedoch steigt die Temperatur, und nach und nach wandert die Zone des Brennvorgangs von Wasserstoff zu Helium immer weiter nach außen.
Bei massereicheren Sternen, die einige Sonnenmassen haben, gibt es sogar eine Ruhepause zwischen dem Erlöschen der Wasserstoffreaktion im Kern und dem Einsetzen des Wasserstoffbrennens in der Hülle. Gleichzeitig gewinnt der Heliumkern immer weiter an Masse, da er durch die Hülle mit Helium gefüttert wird. Der Kern beginnt nun zu kollabieren, obwohl seine Masse steigt, wird sein Radius stetig kleiner. Dabei gibt er viel Energie in Form von Hitze ab. Der Stern entfernt sich immer mehr von der Hauptreihe, da er in eine neue Entwicklungsphase eintritt.
Diese Hitze bewirkt, daß die Hülle expandiert.
Während der Kern in sich zusammenstürzt, bläht sich die Hülle immer weiter auf. Dadurch steigt die Oberfläche, mit der der Stern Energie abstrahlen kann. Der Radius der Hülle kann dabei um den Faktor hundert und mehr wachsen. Schließlich sinkt die Temperatur der Hülle ab, so daß die Strahlung im Bereich roten Lichts liegt. Der Stern hat sich zu einem Roten Riesen entwickelt.
Bei Sternen unter zwei Sonnenmassen kommt jetzt jedoch keine Heliumfusion zustande, da der Kern zu schnell entartet, sie erleiden, wie bereits beschrieben, den Helium-Flash.
Massereichere Sterne bleiben von diesem Schicksal verschont, doch ihnen kann es passieren, daß sie zu pulsieren beginnen. Dies wird durch einen atomphysikalischen Effekt hervorgerufen, da heiße Atome ionisiert werden und damit eine schlechtere Strahlungsdurchlässigkeit haben. Es passiert folgendes: die Hülle wird durch einen geringfügigen Einfluß kontrahiert, wird dadurch heißer, wodurch sie stärker ionisiert wird und damit strahlungsundurchlässiger. Im Inneren haben sich starke Druck- und Strahlungskräfte aufgebaut, die die Hülle wieder auseinandertreiben. Die Hülle schießt über den vorigen Gleichgewichtspunkt hinaus, wird dabei jedoch immer kühler und durchlässiger für Strahlung. Überschüssige Strahlung kann rasch entweichen, keine Kräfte treiben mehr die Hülle voran, wodurch sie wieder in sich zusammenfällt, noch mehr als beim ersten Mal.
Auf diese Weise schaukelt sich die Amplitude dieses Schwingungsvorgangs bis zum Maximalwert hoch. Der Stern pulsiert dann mit einer Geschwindigkeit von mehreren Dutzend Kilometern pro Sekunde an der äußeren Hülle. Auch andere Sterne als Rote Riesen können auf diese Weise pulsieren. Eine Schwingung dauert dabei je nach Sternmasse von wenigen Stunden bis zu einigen Tagen.
Schließlich ist aber bei jedem Stern der Brennstoff nach einigen Brennphasen vollständig aufgebraucht, und die Hülle stürzt zusammen. Dadurch gewinnt der Stern enorme Mengen an thermischer Energie.
Seine Temperatur steigt, während sein Radius rapide sinkt. Schließlich ist er ein kleiner, kompakter Körper geworden, der nur noch aufgrund seiner thermischen Energie Strahlung aussendet, die so energiereich ist, daß er weiß leuchtet. Mehrere Millionen Jahre kann der Weiße Zwerg noch leuchten, bevor er endgültig verlischt und von einem braunen Zwerg fast nur mehr durch die Masse und die Art seiner Elemente unterschieden werden kann. In diesem Zustand wird der Stern auch Schwarzer Zwerg genannt.
8. Entwicklung zur Supernova
Sterne mit mehr als acht Sonnenmassen haben kaum Probleme mit der Entartung ihrer Kerne.
Sie leiten immer neue Brennphasen ein und erzeugen immer schwerere Elemente. Bei Sternen über 30 –Sonnenmassen wird dabei durch den reinen Photonendruck von innen oft die gesamte Hülle weggeblasen, bevor eine neue Brennphase eingeleitet werden kann. Alle Sterne, die über acht Sonnenmassen haben, durchlaufen ihre Entwicklung in Zeitraffer. Sie brennen wenige Millionen Jahre Wasserstoff, dann geht es immer schneller. Dabei strahlen sie mit Tausenden oder gar Millionen von Sonnenleuchtstärken. In späteren Brennphasen werden nicht mehr hauptsächlich Photonen, sondern Neutrinos emittiert, um die Energie abzustrahlen.
Dies alles hat aber ein Ende, sobald der Stern seine letzte Brennphase vollendet hat: die Fusion von Silizium zu Eisen. Er strahlt aber durch seine hohe Temperatur weiterhin viele Neutrinos ab, und die Gravitation wirkt aufgrund seiner hohen Masse noch stärker als bei masseärmeren Sternen. Er kollabiert also rasend schnell, wodurch die Temperatur in seinem Inneren weiter ansteigt. Zwei Prozesse bewirken aber eine Beschleunigung des Kollaps: zum einen führt die extreme Dichte zu inversen Beta-Zerfällen, wobei die Atome also Elektronen aufnehmen. Da die Elektronen hauptsächlich für den Druck verantwortlich sind, sinkt dieser dadurch. Zum anderen können bei Temperaturen von 10 Milliarden K Photonen im Stern so energiereich werden, daß sie die Eisenatome in Fragmente spalten.
Da Eisenatome stabiler sind als alle übrigen, wird dadurch Energie verbraucht. Auf diese Weise stürzt der Stern rasend schnell in sich zusammen.
Schließlich erreicht er dabei jedoch einen kritischen Punkt: die Dichte wird so groß, daß sie der von Atomkernen entspricht. Die Atomkerne berühren sich also praktisch, und der Stern läßt sich schlagartig nicht weiter zusammendrücken. Dies geschieht natürlich im Zentrum, wobei jedoch der Rest des Eisenkerns weiter auf diese Zentralregion zurast. Mit voller Wucht prallt er darauf und wird sogleich wieder nach außen geschleudert.
Eine gigantische Stoßwelle durchläuft nun den Eisenkern, sie reißt alle Materie mit sich und läßt die Hülle in einer unglaublichen Explosion auseinanderschießen. Dieses Ereignis nennt man Supernova.
Der zentrale Kollaps dauert nur Millisekunden, die Schockwelle erreicht bereits nach wenigen Stunden die Sternoberfläche. Während der ersten Sekunde einer Supernova strahlt der Stern soviel Energie ab wie alle anderen Sterne des Universums zusammen, also etwa 100 Trillionen mal soviel wie jeder andere Stern. Für einige Monate leuchtet eine Supernova zigtausendmal heller als die hellsten Sterne.
Rein statistisch sollte alleine in der Milchstraße etwa alle 30 Jahre eine Supernova explodieren.
Es wurden auch schon viele in der Geschichte der Menschheit beobachtet, die letzte davon 1987. Bei dieser konnte man bereits Neutrinos nachweisen, die eindeutig von dieser Supernova stammen.
9. Neutronensterne
Nachdem der Stern so große Teile seiner Masse eingebüßt hat, bleibt ein kleiner, harter, sehr kompakter und dichter Eisenkern zurück. Er entwickelt sich zu einem Neutronenstern und wird deshalb auch Proto-Neutronenstern genannt. Dies geschieht durch zwei Prozesse: ein Teil der Kernmaterie wird mit der Hülle in den Weltraum gerissen.
Diese Materie besteht aus neutronenreichem Material, welches schwerere Elemente, vom Eisen bis zum Blei, erzeugt. Dabei lagern die Atomkerne viele Neutronen an, woraufhin ein Beta-Zerfall erfolgt, der das nächsthöhere Element erzeugt. Die Anlagerung findet dabei immer in Sekundenbruchteilen, die Betazerfälle dagegen in Tausenden von Jahren statt. Auf diese Weise bilden sich extrem neutronenreiche Isotope. Die gesamte Materie ist äußerst entartet und sehr dicht. Der Kern ist zu einem Neutronenstern geworden.
Aufgrund des Pauli-Verbots, dem auch die Neutronen unterliegen, müssen alle Neutronen sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten haben, selbst wenn die Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt ist. Da die Neutronen im Neutronenstern extrem dicht sind, erreichen einige von ihnen nahezu Lichtgeschwindigkeit. Dadurch steigt ihre Masse und damit auch die des Neutronensterns. Diesen Zustand nennt man auch relativistische Entartung.
Der Neutronenstern liegt aber nicht völlig ruhig in der Mitte der sich ausbreitenden Supernova-Überreste, sondern bewegt sich mit erstaunlich hoher Geschwindigkeit. Dies liegt daran, daß eine Supernova nicht völlig symmetrisch stattfindet, sondern im Gegenteil ziemlich starke Geschwindigkeitsunterschiede beim Aufprall der Hülle an verschiedenen Stellen des Kerns auftreten.
Durch diese Asymmetrie kann der Kern mit einigen hundert Kilometern pro Sekunde selbst in Bewegung geraten.
Die Hülle eilt ihm zwar gewissermaßen davon, da sie unter Umständen eine Geschwindigkeit von mehr als zehntausend Sekundenkilometern erreicht, doch da sie aus Gas besteht, wird sie früher oder später vom umliegenden stellaren Gas ausgebremst. So kann ein Neutronenstern einige Jahrtausende nach der Supernova aus deren Überresten herausfliegen.
Durch den Verdichtungsvorgang bei der Supernova hat er außerdem noch zwei andere Eigenschaften verstärkt. Jeder Stern rotiert ein wenig, wie wir am Anfang gesehen haben. Außerdem hat jeder Stern Magnetfelder.
Durch die extreme Verdichtung stieg die Rotationsgeschwindigkeit extrem an, wie es der Drehimpulssatz erfordert. Auch die Magnetfeldstärke wird stark erhöht, da sich die Magnetfelder konzentrieren. Durch die nun rasende Rotation können einige Teilchen an der Oberfläche, wie zum Beispiel Protonen oder Elektronen, den Stern verlassen, und zwar entlang der Magnetfeldachse. Ist diese gegenüber der Rotationsachse geneigt, so sendet der Stern wie ein Blinklicht zwei Strahlungsströme aus, die mit der Rotation mitwandern. Dabei kann so ein Kern mit über tausend Umdrehungen pro Sekunde rotieren. Durch Zufall rotiert einer dieser eng begrenzten Ströme manchmal in einer Bahn, daß er für kurze Zeit in Richtung Erde Strahlung emittiert.
Die von den Teilchen erzeugten Strahlungen liegen dabei meist im Radiobereich, so daß es für Radioteleskope so aussieht, als würde der Neutronenstern periodisch aufblinken. Solche Sterne nennt man Pulsare.
10. Schwarze Löcher
Nicht jeder entartete Eisenkern muß aber sein Schicksal als Neutronenstern beenden. Obwohl die Neutronensterne nur noch einen kleinen Teil der Masse des ursprünglichen Sterns haben, können sie immer noch mehrere Sonnenmassen in sich vereinen. Ab einer bestimmten Grenzmasse kann der Neutronenstern gar nicht mehr stabil bleiben, sondern muß unter seiner eigenen Gravitationskraft zusammenstürzen.
Sie liegt etwa bei 3,2 Sonnenmassen, doch auch darunter ist ein Gravitationskollaps möglich. Um als Neutronenstern diese Grenzmasse zu erreichen, muß ein Stern im Normalfall am Beginn mehr als 20 Sonnenmassen gehabt haben.
Bei einem ausreichend schweren Neutronenstern überwindet die Gravitation selbst die Kernkräfte, und der Neutronenstern beginnt, in sich zusammenzustürzen. Dabei wird die Entweichgeschwindigkeit an seiner Oberfläche immer größer. Für jeden Stern gibt es einen sogenannten Schwarzschild-Radius, bei dem die Entweichgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit ist. Er beträgt 2,97 Kilometer pro Sonnenmasse, für einen Körper mit 10 Sonnenmassen also 29,7 Kilometer.
Sinkt der Radius eines Neutronensterns also unter seinen Schwarzschild-Radius, so ist die Entweichgeschwindigkeit an seiner Oberfläche sogar größer als die Lichtgeschwindigkeit. (Sobald der Radius eines Körpers unter seinen Schwarzschild-Radius gesunken ist, kann man allerdings den Radius aufgrund der extremen Verzerrungen der Raumzeit nicht mehr berechnen. Nur noch der Umfang ist berechenbar, er beträgt 18,5 Kilometer pro Sonnenmasse.) Der Schwarzschild-Radius wird auch Ereignishorizont genannt, da von hier aus keine Information mehr nach außen dringen kann. Der Stern kann also kein Licht, keine Strahlung, keine Teilchen und auch sonst nichts mehr emittieren. Wenn er diesen Zustand erreicht hat, ist er ein Schwarzes Loch.
Schwarze Löcher sind extreme Gebilde. Es ist nicht genau bekannt, auf welchem Raum ihre Masse konzentriert ist, und wie hoch deshalb ihre Dichte ist. Auf jeden Fall beulen sie die Raumzeit nicht aus, wie ein anständiger Stern das tun würde, sondern sie machen einen unendlich tiefen Einstich. Sie schnüren sich sozusagen vom restlichen Universum ab.
Bei diesen Verzerrungen werden auch die Gezeitenkräfte interessant. Sie ziehen jeden Gegenstand in der Nähe des Schwarzen Lochs in die Länge (vom Schwarzen Loch aus gesehen).
Dies liegt daran, daß jedes Atom im nahen Körper direkt zum Mittelpunkt des Schwarzen Lochs gezogen wird, und zwar unterschiedlich stark. Schwebt ein Astronaut „stehend“ über einem Schwarzen Loch, so werden seine Beine sehr stark angezogen, der Kopf (relativ zu den Beinen) nur schwach. Die beiden Arme werden mäßig stark angezogen, jedoch in Richtung Körpermitte hin. Auf diese Weise wird der Astronaut gleichzeitig in Längsrichtung gedehnt, in Querrichtung aber gequetscht. Die Gezeitenkräfte wirken sich um so stärker aus, je näher der Gegenstand am Ereignishorizont ist und je masseärmer das Schwarze Loch ist.
Da nichts aus einem Schwarzen Loch entweichen kann, muß seine Masse entweder konstant bleiben oder zunehmen.
Dies ist überhaupt bei jeder Sternendstufe der Fall, wenn auch nicht durch physikalische Gesetze erzwungen. Es ist einfach höchst selten, daß zum Beispiel ein Neutronenstern, ein Weißer oder ein Brauner Zwerg durch irgendeinen Zwischenfall Masse verlieren sollte. Gewinnen kann er sie aber wohl, und so ist es nie ausgeschlossen, daß diese Endstufenformen so viel Masse zulegen, daß sie eine neue Endform bilden. Zum Beispiel kann ein Brauner Zwerg genügend Masse ansammeln, um die Wasserstoffusion einzuleiten, sofern er die Gelegenheit und genügend Zeit dazu hat. Wenn man es so betrachtet, ist ein Schwarzes Loch also die einzige wirklich stabile Endstufe überhaupt, da es keine Massenobergrenze kennt.
Mit der Masse eines Schwarzen Lochs wächst natürlich auch der Schwarzschild-Radius und damit seine „Oberfläche“.
Tatsächlich gilt, daß die Oberfläche eines Schwarzen Lochs immer zunehmen oder konstant bleiben muß. Selbst wenn zwei Schwarze Löcher verschmelzen, muß die neue Horizontoberfläche größer sein also die Summe der beiden ursprünglichen. Dies erinnert stark an die Gesetze der Thermodynamik, wonach die Entropie in einem geschlossenen System nur zunehmen kann. Tatsächlich gibt es noch mehr Analogien. So kann man die Gravitationskraft am Ereignishorizont als Temperatur eines Schwarzen Lochs betrachten.
Interessant ist die Frage, wie denn ein Schwarzes Loch eine so hohe Entropie haben kann.
Immerhin ist es ein sehr einfaches Objekt. Alle seine Eigenschaften sind festgelegt durch seine Masse, seine Ladung und seinen Drehimpuls. Wenn man Materie hineinfallen läßt, kann man nicht mehr sagen, ob es Materie oder Antimaterie, Wasserstoff oder Uran, ein Würfe oder eine Kugel waren. Man kann (und auch das nur theoretisch) wieder nur die Masse, die Ladung und den Drehimpuls bestimmen. Verblüffend war die Entdeckung, daß die Entropie dem Logarithmus der Möglichkeiten entspricht, wie ein Schwarzes Loch mit genau der gemessenen Masse, der gemessenen Ladung und dem gemessenen Drehimpuls entstanden sein kann.
Wenn man jetzt aber tatsächlich Gravitation mit Temperatur und Horizontoberfläche mit Entropie gleichsetzt, so gelingt ein weiterer Analogieschluß nicht.
Die Gesetze der Thermodynamik schreiben nämlich vor, daß jeder Körper, dessen Temperatur nicht gleich Null ist, Strahlung in irgendeiner Form aussenden muß. Wie wir jedoch gesehen haben, kann aus einem Schwarzen Loch nicht einmal Licht entweichen, jedenfalls, solange wir klassische Gesetze zur Beschreibung von Schwarzen Löchern verwenden.
Dies ändert sich jedoch, wenn man quantenmechanische Effekte in Betracht zieht. Egal, welche Quanteninterpretation man vorzieht, steht doch fest, daß sich spontan Teilchenpaare aus Quantenfluktuationen bilden können. Diese Teilchen borgen sich sozusagen Energie auf begrenzte Zeit aus, bevor sie sich wieder auslöschen. In der Nähe eines Schwarzen Lochs kann es aber passieren, daß ein Teilchenpaar entsteht, wobei eines der Teilchen in das Schwarze Loch gezogen wird, das andere aber gerade entkommen kann.
Da nun eine Auslöschung nicht mehr möglich ist, wird ein Teilchen in den Raum emittiert. Das Auseinandertrennen, hervorgerufen durch die Gezeitenkräfte, verbrauchte eine bestimmte Menge an Energie, und das Schwarze Loch verliert nun ebenso viel Masse, wie es dieser Energie entspricht. Praktisch gesehen hat es damit ein Teilchen emittiert.
In der Tat verlieren anscheinend alle Teilchen auf diese Weise ständig Masse, und das um so schneller, je kleiner sie sind, entsprechend zur steigenden „Temperatur“, also zur steigenden Gravitationskraft auf der Höhe des Schwarzschild-Radius. Aus anderen Theorien geht hervor, daß sich beim Urknall sehr kleine Schwarze Löcher gebildet haben könnten, etwa in der Größe eines Atomkerns. Diese Löcher wären heute gerade soweit, sich vollständig zu zerstrahlen, wobei die steigende Rate am Schluß zu einer Explosion führt.
Solche Löcher werden primordiale Schwarze Löcher genannt. Bis jetzt konnte aber ihre Existenz noch nicht einwandfrei belegt werden.
Recht gute Beweise gibt es dagegen für die Existenz normaler Schwarzer Löcher. Sie werden hauptsächlich durch ihren gravitativen Einfluß auf Himmelskörper in ihrer Nähe oder durch harte Röntgenstrahlung aus Gas, welches sie einsaugen, nachgewiesen. Auf diese Weise hat man bereits Dutzende Schwarze Löcher entdeckt, und bei vielen ist man sich fast 100%ig sicher, daß es sich tatsächlich um Schwarze Löcher handelt.
Eine weitere Möglichkeit wäre der Nachweis von Gravitationswellen.
Wenn zwei Schwarze Löcher verschmelzen, dann stürzen sie für gewöhnlich nicht gerade ineinander, sondern umkreisen einander lange Zeit, erst langsam, dann immer schneller und schneller. Da sie dabei die Raumzeit extrem verzerren, schicken sie Wellen aus, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Es sind richtige Wellen in der Raumzeit, die Gravitationswellen genannt werden. Unglücklicherweise sind sie extrem schwach und daher bis jetzt noch nicht nachgewiesen, aber es gibt vielversprechende Versuche mit sogenannten Gravitationsinterferometern.
Selbst wenn in absehbarer Zeit kein eindeutiger Nachweis eines Schwarzen Lochs gelingt, so ist dieses Modell dennoch theoretisch so gründlich fundiert, daß es auch weiterhin allgemein akzeptiert wird.
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