Struktur von komplexverbindungen
Struktur von Komplexverbindungen
“Wenn Du sie nicht überzeugen kannst,
dann verwirre sie”
Einleitung
Im Dezember 1892 wachte Alfred Werner, bis dahin unbekannter Privatdozent am Eidgenössischen Polytechnikum Zürich, nachts gegen 2.00h auf. Bis abends gegen 17.00 schrieb er seine “Koordinationslehre” nieder (-> Vorstellung vom räumlichen Aufbau der Komplexverbindungen).
Niemand glaubte ihm zunächst, zumal die Entdeckung des Elektrons noch 5 Jahre auf sich warten ließ, das èBOHRsches Atommodell sogar erst 20 Jahre später entwickelt wurde.
BOHRsche Atommodell kompliziert, aber Möglichkeit, Komplexverb.
zu erklären.
èEnergiezustände der Hüllenelektronen, Elektronen nicht in jeder beliebigen Bahn um Kern, sondern nur auf bestimmten Bahnen
Struktur von Komplexverbindungen
Das Komplex-Ion oder Komplex-Molekül, einfacher “Komplex” genannt, besteht aus einem Zentralatom oder Zentralion, an das mehrere Atome, Ionen oder Moleküle angelagert sind. Diese angelagerten Teilchen nennt man Liganden.
Zentralatome: überwiegend Nichtmetallatome z.B. Schwefel-, Chlor-, oder Boratome
Zentralionen: häufig Schwermetallionen z.
B. Eisen-, Cobalt-, Kupfer- oder Platinionen
Freie Liganden besitzen zumindest ein freies Elektonenpaar, mit dem sie sich an das Zentralatom oder –Ion anlagern können.
Wenn sich ein Ligand mit dem Zentralatom verbindet, stellt er ein oder mehrere dieser Elektronenpaare zur Knüpfung der Bindung zur Verfügung.
èArt der Bindungen unterschiedlich (kovalent – ionisch).
Die gebundenen (“koordinierten”) Liganden bilden die erste Koordinationssphäre um das Zentralatom.
K3[Fe(CN)6]
Koordinationssphäre
Die Liganden werden in regelmäßiger geometrischer Form um das Zentralatom angeordnet.
èElektronenpaar-Abstoßungs-Theorie!
(Koordinationszahl: direkt an Zentralatom gebundene Liganden)
Die Ladung eines Komplexes ergibt sich aus der Summe der Ladungen des Zentralatoms und der Liganden.
Im allgemeinen werden die stabilsten Komplexe mit Metallionen gebildet (èspäter).
Übergangsmetalle haben eine ausgeprägte Tendenz zur Bildung von Komplexen, was mit ihrer Elektronenverteilung auf der d-Schale zusammenhängt.
Dagegen ist die Zahl der bekannten Komplexe von Lathanoiden, Alkalimetallen und Erdalkalimetallen sehr gering.
Bekannt sind Komplexe mit Koordinationszahlen von zwei bis zwölf. Mehrzahl der Komplexe: 2, 4, 6.
Sechs kommt bei weitem am häufigsten vor.
Geometrische Struktur (einzähnige Liganden)
Bindungsverhältnisse bei Komplexen:
Die Ladung der Liganden spaltet die ursprünglich energetisch gleichartigen d-Orbitale des Zentralatoms auf. So werden z.B. bei oktaedrischen Komplexen zwei der d-Orbitale energetisch angehoben, drei werden abgesenkt, so daß die Gesamtenergie erhalten bleibt.
Die Stärke der Aufspaltung hängt von der Elektronendichte des Liganden ab.
Bei geringer Aufspaltung ordnen sich die Valenzelektronen des Zentralatoms bzw. –ions nach der ->Hundregel an; bei großer Aufspaltung werden zuerst die energetisch niedrigeren Orbitale vollständig besetzt.
Schwache Liganden, wie z.B. Wassermoleküle, führen zu einer geringen Aufspaltung, es bilden sich Anlagerungskomplexe.
Starke Liganden, wie z.
B. Cyanidionen, erzwingen eine große Aufspaltung der d-Orbitale, es bilden sich Einlagerungskomplexe. Hier wird die Konfiguration des nächsten Edelgases erreicht, diese Komplexe sind daher sehr viel stabiler.
Hundregel:
Beim Auffüllen der Atomhülle in Energiestufen wird jedes Orbital zunächst mit je einem Elektron besetzt. Erst wenn alle gleichartigen Orbitale einfach bestezt sind, werden sie mit Elektronen vom entgegengesetzten Spin aufgefüllt.
Die räumliche Koordinierung der Liganden eines Komplexes hängt nun von der Koordinationszahl des Komplexes, also von der Anzahl der Liganden ab.
Die Liganden ordnen sich grundsätzlich so an, daß sie den größtmöglichen Abstand voneinander haben.
Koordinationspolyeder (Raumkörper) bei Komplexen mit der Koordinationszahl sechs ist ein Oktaeder.
In der Regel sind alle sechs Bindungen gleichwertig.
Allerdings kann es zu tetragonalen Verzerrungen des Oktaeders durch unterschiedliche Liganden kommen (tetragonale Verzerrungen = Stauchung/Streckung in Richtung einer Achse).
Komplexe mit der Koordinationszahl vier könne tetraedrisch oder quadratisch-planar koordiniert sein.
Quadratisch-planare Anordnungen findet man bei Palladium(II)-, Platin(II)-, Gold(III)- sowie einigen Nickel(II)- und Kupfer(II)-Komplexen.
Aus quadratisch-planaren Koordinationen kann die oktaedrische entstehen, so z.B. bei einer wäßrigen Lösung von [Cu(NH3)4]2+.
[Cu(NH3)4(H2O)2]2+
Die tetraedrische Struktur tritt allerdings sehr viel häufiger auf als die quadratisch-planare auf. Man findet sie insbesondere dann bei Komplexen von Haupt- und Nebengruppenelementen, wenn den Zentralatomen oder -Ionen genau acht Elektronen bis zur Konfiguration des nächsten Edelgases fehlen.
Z.
B. Al(III), Ni(0), Cu(I), Zn(II)
Ag(I), Cd(II)
Hg(II)
Durch Anlagerung von vier Liganden wird die Edelgaskonfiguration erreicht.
Die Atome der Nebengruppe haben dann 18 Elektronen in der Valenzschale (incl. d-Schale).
Die 18-Elektronen-Regel erfüllen viele Komplexe der Nebengruppenelemente, die geometrische Anordnung der Liganden entspricht dann den Voraussagen der Elektronenpaar- Abstoßungs-Theorie.
Linear aufgebaute Komplexe mit der Koordinationszahl zwei sind seltener.
z.B. einige Komplexe von Cu(I) wie [CuCl2]-
(Hier ist die 18-Elektronen-Regel nicht erfüllt.)
Für ein Metallion findet man gewöhnlich mehr als nur eine Koordinationszahl in seinen Komplexen. Daher gibt es auch verschieden geometrische Anordnungen:
Cobalt(III) z.B.
hat nur oktaedrische Komplexe,
Al(III) tetraedrische und oktaedrische Komplexe,
Cu(I) lineare und tetraedrische,
Ni(II) alle drei Arten.
Mehrzähnige Liganden
Alle bisher genannten Liganden können nur eine Bindung mit dem Zentralatom eingehen.
Will man das hervorheben, so spricht man von einzähnigen Liganden.
Manche Liganden können aber mehr als eine Bindung zum Zentralatom ausbilden.
Diese Liganden werde zwei-, drei- oder einfach mehrzähnig genannt. Die mit diesen Liganden gebildete Komplexe nennt man Chelate (gr.
chele = Krebsschere).
Beispiele für mehrzähnige Liganden:
Carbonation
Oxalation
Bevorzugt bilden sich dabei fünf- oder sechsgliedrige Ringe, was wieder auf die Elektronen-Abstoßungs-Theorie bzw. die bevorzugten Winkel zwischen den Atomen des Moleküls zurückzuführen ist.
Damit ist auch einsehbar, daß die Liganden entweder bereits vorgeformt sein müssen (z.B. Carbonation), oder kettenförmig und biegsam sein müssen.
Beispiel: Ethylendiaminmolekül
H2N-CH2-CH2-NH2
Freie Elektronenpaare an den Stickstoffatomen können mit z.B. Kupfer(II)-Ionen zwei Bindungen eingehen.
Es ist möglich, mehrzähnige Liganden herzustellen, die sich an 2, 3, 4, 5 oder 6 Positionen des Zentralatoms koordinieren können.
Kann von Vorteil sein, da Chelatkomplexe allgemein stabiler als Komplexe einzähniger Liganden sind.
So gibt es einen sechszähnigen Liganden, das Ethylendiamin-tetraacetat (EDTA), das einen sehr stabilen Komplex mit dem Calcium-Ion bildet.
Calcium zeigt sonst eine sehr geringe Neigung zur Komplexbildung.
Die Chelate – und besonders das EDTA – finden Anwendung in der èKomplexometrie, zur quantitativen Bestimmung von Metallionen.
Komplexometrie:
Die Komplexone (z.B. EDTA) bilden mit Metallionen stabile Chelate.
Die Erkennung des Äquivalenzpunktes erfolgt mit Hilfe von Indikatoren, die auf eine Änderung der Metallionkonzentration ansprechen.
Die Indikatoren bilden ebenfalls Komplexe mit den Metallionen, die anders gefärbt sind als freie Indikatoren. Am Äquivalenzpunkt erfolgt der Farbumschlag durch Zerfall des Metall-Indikator-Komplexes, wobei die freie Indikatorfarbe auftritt.
Kronenether
Eine andere Art von möglichen “Liganden” sind die Kronenether.
Kronenether sind cyclische Polyether, d.h. sie bestehen aus Molekülen, in denen Kohlenstoff- und Sauerstoffatome einen Ring bilden.
In der Mitte des Moleküls befindet sich ein Loch, das von Sauerstoffatomen umschlossen ist. Je nach Größe der Krone können in diesem Loch Metallionen bestimmter Größe festgehalten werden.
So passen beispielsweise K+-Ionen in das 18-Krone-6-Molekül (Name: 18-Atome-Ring, davon 6 Sauerstoffatome).
Selbst Alkalimetall-Ionen, die kaum zur Komplexbildung neigen, werden eingebaut.
An der Außenseite dieser Moleküle befinden sich nur unpolare CH2-Gruppen; diese Eigenschaft kann man ausnutzen um Salze in unpolaren Lösungsmittel zu lösen.
z.
B. Kaliumhydroxid oder Kaliumpermanganat in Kohlenwasserstoffen
Möglich ist auch die Komplexbildung zweier Kronenether mit Metallion, falls das Loch im Kronenethermolekül zu klein ist.
z.B. 12-Krone-4, zu klein für Na+
also 2x 12-Krone-4 um Na+ herum.
[Na(12-Krone-4)2]+
Kryptanden
Sind käfigartige Moleküle, die im Inneren einen Hohlraum besitzen, der von zwei Stickstoff- und mehreren Sauerstoffatomen umgeben ist.
ähnlich den Kronenethern.
Kronenether-Komplexe und Kryptate haben unter dem Begriff supramolekulare Chemie viel Beachtung gefunden. Sie spielen bei biochemischen Prozessen eine große Rolle, so z.B. beim Kation-Transport-Prozeß in Proteinen.
Übrigens:
Alfred Werner bekam den
Nobelpreis 20 Jahre später für seine Arbeit.
Folie Koordinationspolyeder (einzähnige Liganden)
Koordinationszahl sechs:
Alle Bindungen gleichwertig tetragonale Verzerrungen
Koordinationszahl vier:
Quadratisch-planare Koordination Tetraedrische Koordination
Koordinationszahl zwei:
Lineare Koordination
Folie Mehrzähnige Liganden
Carbonat-Ion Oxalat-Ion Ethylendiaminmolekül
Diethylendiaminkupfer(II)-Ion
Kronenether
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