Kommerzialisierung des internet
Kommerzialisierung des Internet
Examensarbeit im Fach Politikwissenschaft
von
Mathias Hill
Weidenhäuser Str.46
35037 Marburg
Hill@stud-mailer.uni-marburg.de
Januar 1997
Anmerkung des Autoren:
Werter Leser!
Du hast Dir soeben das Machwerk aus dem Internet heruntergeladen, daß sich mit der Kommerzialisierung desselben befaßt und dem ich mehrere Monate harter Arbeit gewidmet habe. Solltest Du irgendwelche Fragen, Anmerkungen, Kritikpunkte dazu haben, schreib mir. Ich freue mich über Feedback in jeder Form.
Wenn Du das Werk zitieren willst, ist Dir das mit Angabe der Quelle erlaubt (Ausnahme: fremde Zitate). Wer umfangreichere Teile der Arbeit übernehmen, abdrucken oder veröffentlichen will, soll allerdings vorher bei mir unter Angabe des Verwendungszweckes anfragen.
Ansonsten bleibt mir noch anzumerken, daß diese Arbeit ohne die Hilfe und Unterstützung von Rainer Rilling, Matthias Hohmann und Reinhard Kühnl nicht möglich gewesen wäre und auch nicht in dieser Form präsentiert werden könnte; vielen Dank!
Und nun viel Spaß beim Lesen
Mathias Hill
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 7
2 Geschichte und Funktionsweise des Internet 9
2.1 Geschichte des Internet 10
2.1.1 Die militärischen Ursprünge des Internet 10
2.
1.2 Das Internet als akademisches Forschungsnetz 12
2.1.3 Der Rückzug der NSF 13
2.1.4 Privatisierung des Internet: Veränderung der Besitzverhältnisse der Übertragungswege 14
2.
2 Funktionsweise der Dienste des Internet 17
2.2.1 Electronic Mail (E-Mail) 18
2.2.2 Mailinglisten und Usenet News 18
2.2.
3 Telnet 19
2.2.4 File Transfer Protocol (FTP) 19
2.2.5 Gopher und World Wide Web 20
2.2.
6 Sonstige Dienste 21
2.3 Wachstum des Internet und geografische Verteilung der Zugänge 22
2.4 Anzahl und demografische Daten der Internetnutzer 24
2.4.1 Anzahl der Internetnutzer 24
2.4.
2 Demografische Daten der Internetnutzer 25
2.4.2.1 Internetexterne Erhebungen 26
2.4.2.
2 Internetinterne Erhebungen 28
2.4.3 Beobachtungen 30
3 Kommerzielle Nutzung des Internet 31
3.1 Begriffserläuterungen 31
3.1.1 Die Begriffe Markt und elektronischer Markt 31
3.
1.2 Die Begriffe Marketing und Electronic Marketing 33
3.2 Motivationen für eine Internetpräsenz von Unternehmen 36
3.2.1 Arten der Internetnutzung 37
3.2.
2 Im Internet vertretene Branchen und die Motivationen ihrer Präsenz 38
3.2.3 Internetgeschäftsmodelle 40
3.3 Formen der Kommunikationspolitik im Internet 42
3.3.1 Formen der indirekten Kommunikation 42
3.
3.1.1 Formen der indirekten Werbung im World
Wide Web 43
3.3.1.2 Elemente der Public Relations und der Verkaufsförderung im World Wide Web 46
3.
3.2 Formen der direkten Kommunikation 50
3.3.2.1 Individuelle Direktwerbung mittels E-Mail 51
3.3.
2.2 Formen der direkten Kommunikation durch
Usenet News und Mailinglisten 52
3.3.2.3 Formen der direkten Kommunikation durch das
World Wide Web 55
3.3.
3 Paradigmenwechsel der kommerziellen Kommunikation
im Internet 56
3.3.3.1 Aktivität statt Passivität, Dialog statt Monolog 56
3.3.3.
2 Individualisierung statt Massenansprache 58
3.4 Formen der Entgeldpolitik im Internet 61
3.4.1 Preispolitik 61
3.4.2 Rabattpolitik 62
3.
4.3
1.1 Ideenfindung mit Hilfe des Internet 65
3.5.1.2 Produkttests im Internet 66
3.5.
2 Modifikation bestehender Produkte 66
3.5.3 Kundendienst 67
3.5.3.1 Individueller Kundendienst 67
3.
5.3.2 Allgemeiner Kundendienst 69
3.6 Formen und Möglichkeiten der Distributionspolitik im Internet 69
3.6.1 Strategische Entscheidungen bezüglich der
Distributionspolitik 69
3.
6.1.1 Nutzung des Internet als Verkaufsmedium durch Intermediäre 70
3.6.1.2 Nutzung des Internet als Verkaufsmedium durch Hersteller 73
3.
6.2 Operative Entscheidungen bezüglich der
Distributionspolitik 75
3.6.2.1 Auftragserfassung 75
3.6.
2.2 Physische Distribution 77
3.7 Marketingforschung im Internet 78
3.7.1 Datensammlung über Nutzer und Käufer 79
3.7.
2 Wirkungskontrolle internetinterner Werbeformen 81
4 Welche Faktoren stehen der weiteren Kommerzialisierung des
Internet entgegen? 84
4.1 Das Problem der Regulation von Kryptisierungsmethoden 84
4.1.1 Formen der Kryptografie 85
4.1.2 Möglichkeiten der Schlüsselinfrastruktur bei Public-Key- Kryptografieverfahren 87
4.
1.2.1 Teilnehmerautonom verwaltete Verschlüsselung 87
4.1.2.2 Zentral regulierte Verschlüsselung 88
4.
1.3 Digitale Signaturen 90
4.2 Das Problem elektronischer Zahlungssysteme 91
4.2.1 Formen elektronischen Geldes 94
4.2.
1.1 Smartcards 95
4.2.1.2 Digital Cash 96
4.2.
1.3 Micropayments 97
4.2.1.4 Kreditkartenlösungen 98
4.2.
1.5 Digital Checks 99
4.2.1.6 Digital Bank Checks 99
4.2.
1.7 Digitale Coupons 100
4.2.2 Prognose über die Verbreitung elektronischer
Zahlungssysteme 100
4.2.3 Mögliche finanzpolitische Folgen der Verbreitung
elektronischer Währungen 102
4.
3 Urheberrechtliche Probleme 104
4.3.1 Durch Multimedialität und Interaktivität aufgeworfene
Probleme 106
4.3.2 Durch den internationalen Charakter des Internet
aufgeworfene Probleme 107
4.3.
3 Durch die Kopiermöglichkeiten des Internet
aufgeworfene Probleme 108
5 Zusammenfassung 110
6 Literaturverzeichnis 112
7 Abkürzungsverzeichnis 125
8 Versicherung 127
1 Einleitung
”The grabbing hands grab all they can
All for themselves - after all
It’s a competitive world.”
M.L. Gore
Vor dem Jahr 1995 wäre es in der Bundesrepublik Deutschland wohl nicht möglich gewesen, eine politologische Arbeit über einen Teilbereich der Thematik Internet zu schreiben. Bis dahin war dieses Metacomputernetzwerk noch zu unbekannt und wurde von zu wenigen Personen genutzt, um eine Relevanz für diesen Fachbereich für sich beanspruchen zu können. Daß sich dies in den letzten zwei Jahren grundlegend geändert hat und das Internet sich von einem von wenigen Spezialisten genutzten Medium zu einem gesamtgesellschaftlich bedeutenden Phänomen entwickelte, hängt vorrangig mit seiner Kommerzialisierung zusammen.
Dabei handelt es sich um eine Wechselwirkung zwischen Wachstum und kommerzieller Nutzung des Internet: Die zunehmenden Nutzerzahlen waren für viele kommerzielle Anbieter der Grund, sich im Internet zu präsentieren, das zunehmende Angebot wiederum zog weitere Nutzer an, etc.
Durch Wachstum und Kommerzialisierung, die eng miteinander zusammenhängen, vollzog sich die Wandlung des Internet von einem primär informations- und kommunikationsorientierten zu einem Unterhaltungs- und Einkaufsmedium. Diese Wandlung ist noch nicht abgeschlossen und es ist auch unwahrscheinlich, daß das Internet seine ursprünglichen Eigenschaften gänzlich verlieren wird, doch eine tendenzielle Verstärkung der letzten beiden Nutzungsarten ist nicht von der Hand zu weisen.
Diese Arbeit hat zum Ziel, die Art und Weise der Kommerzialisierung des Internet zu erkennen, zu systematisieren und darauf aufbauend Prognosen über deren weitere Entwicklung anzustellen. Dazu wird es zuallererst nötig sein, die Entwicklung des Internet, die Funktionsweise seiner Applikationen, deren Nutzung und demografische Daten der Nutzer darzustellen. Im Anschluß werden die kommerziellen Aktivitäten, die auf den Applikationen, vor allem dem World Wide Web, zu beobachten sind, anhand einer wirtschaftlichen Systematik eingeordnet und bewertet.
Dabei sollen trotz der vom Anbieter ausgehenden Herangehensweise auch die Konsequenzen für den Nutzer nicht vergessen werden.
Letztlich werden Aktivitäten untersucht, die zur Zeit unternommen werden, um die Kommerzialisierung des Mediums weiter voranzutreiben. Anhand der beispielhaft ausgewählten Thematiken Kryptografie, elektronische Zahlungsmittel und Urheberrecht sollen ebenso die Problemstellungen wie auch die entwickelten Lösungsansätze dargestellt werden. In diesen Zusammenhängen sollen auch die jeweils denkbaren Konsequenzen, die die verschiedenen Ansätze mit sich bringen können, nicht unerwähnt bleiben.
Mittels dieser Vorgehensweise werde ich versuchen, sowohl die bisherigen kommerziellen Aktivitäten im Internet strukturiert zu präsentieren, als auch deren zukünftige Möglichkeiten darzulegen. Das Erstellen von Prognosen wird in dem ebenso schnell wachsenden wie sich wandelnden Medium Internet jedoch durch viele Unsicherheitsfaktoren erschwert, weshalb ich mich weitestgehend auf die Schilderung denkbarer zukünftiger kommerzieller Nutzungsweisen und der damit verbundenen Folgen beschränken möchte.
Aufgrund der dynamischen Entwicklung des Internet ist nicht damit zu rechnen, daß diese Arbeit endgültige Antworten auf die Fragen bringt, welche die Kommerzialisierung des Internet aufwirft. Vielmehr soll sie primär als Bestandsaufnahme dienen, die Gründe für bisherige Aktivitäten darlegt und mögliche Weiterentwicklungen aufzeigt.
2 Geschichte und Funktionsweise des Internet
Als "interconnected networks" (bzw. in Kurzform internets) werden miteinander verbundene Computernetzwerke bezeichnet. Das Internet dagegen ist ein Metanetzwerk und wurde ab 1982 als die Gesamtheit der miteinander vernetzten internets, die das Protokoll Transmission Control Protocol/Internet Protocol (TCP/IP) benutzen, definiert. Ein Protokoll ist ein Satz von Regeln, der die Art des Datentransfers zwischen Netzwerken festlegt.
Dem Internet zugehörig sind des weiteren miteinander vernetzte Computer, die zu dem speziellen Adreßraum des Internet gehören, was sich durch den sogenannten Domain-Namen ausdrückt. Sie machen den Kern des Netzes aus. Die Rechner, die nur zeitweise bzw. vermittelt mit diesem Kern vernetzt sind, zählen zur Peripherie des Internet.
Ein, wenn nicht sogar das wesentliche Merkmal des Internet ist dessen Dezentralität. Das Internet hat keinen Besitzer, sondern seine Teilnetze und Geräte gehören jeweils den einzelnen Netzwerkbetreibern, die somit als Teilbesitzer des Internet angesehen werden können.
Die wenigen zentralen Organisation des Internet wie die 1992 von zahlreichen internationalen Institutionen als Dachverband gegründete Internet Society (ISOC) und die von der US-amerikanischen National Science Foundation (NSF) gegründete InterNIC übernehmen lediglich einzelne koordinierende und administratorische Aufgaben. Dazu zählen die Standardisierung neuer Programme oder Protokolle, die Koordination der Forschung und des Betriebs der einzelnen Netze, die Ausbildung internationaler Kooperation (ISOC) und die zentrale Vergabe der Domainnamen (InterNIC). Sonstige Aufgaben wie Finanzierung und Verwaltung der einzelnen Netze liegen im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Netzwerkbetreiber.
Das Internet ist auf drei Ebenen organisiert: Zum einen gibt es die lokalen Netzwerke "(LAN´s), bei denen Hostbetreiber und Systemadministratoren die zentrale Rolle spielen", die auf der nächsthöheren Ebene zu regionalen Netzwerken verknüpft werden, die ursprünglich (in den USA) zumeist von (staatlichen) Non-Profit-Organisationen betrieben wurden, seit den frühen neunziger Jahren jedoch zunehmend privaten Betreibern übereignet werden. Die oberste Ebene bildet letztlich die Gesamtheit dieser regionalen Netzwerke: das Internet.
Der hierarchische Aufbau spiegelt sich auch im Adreßsystem des Internet wider.
Es gibt fünf Netzwerk-Adreßklassen (von denen jedoch nur drei praktische Relevanz haben), die sich dadurch unterscheiden, wie viele Hosts, also einzeln erreichbare vernetzte Computer, an ein Netzwerk angeschlossen werden können.
Ferner gibt es mehrere Kategorien von Domains, wobei die höchste, die sogenannte Top-Level-Domain, innerhalb der USA den Typ des Inhabers kennzeichnet (z.B. ".com" für kommerzielle Unternehmen, ".edu" für den Erziehungsbereich, etc.
). Außerhalb der USA steht die Top-Level-Domain für das Land, in dem der Inhaber der Adresse angesiedelt ist (z.B. ".de" für Deutschland oder ".va" für den Vatikan).
Unterhalb dieser Bezeichnung finden sich noch unterschiedlich viele Unterhierarchien, die Ort und/oder Art des Domaininhabers weiter spezifizieren. So bezeichnet die E-Mail-Adresse
"Hill@stud-mailer.uni-marburg.de" beispielsweise einen Nutzer, der in Deutschland an der Universität Marburg am Studenten-"Postrechner" beheimatet ist.
2.1 Geschichte des Internet
2.
1.1 Die militärischen Ursprünge des Internet
Die Entstehung des Internet kann man als Treppenwitz der Computergeschichte bezeichnen, da ausgerechnet das US-Verteidigungsministerium dafür verantwortlich ist. Eine hierarchisch organisierte und straff geführte staatliche Institution schafft ein dezentral organisiertes, unkontrollier- und unzensierbares, prinzipiell geradezu anarchisches Medium - und das auch noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Wenn man sich das alles vor Augen hält, kann man das Internet durchaus als erfolgreichste Fehlleistung des US-amerikanischen Militärs bezeichnen.
Dabei sind diese Widersprüche nur scheinbar und alle Eigenschaften des Internet auch unter militärischen Gesichtspunkten durchaus nachvollziehbar und sogar unumgänglich, wenn man die Entstehungssituation betrachtet: Im Verlaufe des militärisch-technischen Wettlaufs zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt im allgemeinen und den USA und der Sowjetunion im besonderen gründete das US-Verteidigungsministerium 1957 (nach dem sogenannten Sputnik-Schock) die Behörde Advanced Research Projects Agency (ARPA), die den USA in eben diesem Bereich einen Vorsprung erarbeiten sollte. Diese stellte 1968 ein Computernetzwerk vor, dessen Installation 1969 vom Verteidigungsministerium genehmigt wurde.
Es erhielt den Namen ARPANet, verband vier Knotenrechner von Universitäten und Forschungseinrichtungen und wurde das erste Netzwerk des späteren Internet. Die Idee des ARPANet basierte auf der Mehrfachnutzung der damals noch sehr spärlich vorhandenen und teuren Computer, insbesondere von Forschungs-Großrechnern, durch möglichst viele Wissenschaftler landesweit. Das Netz war also vor allem ein Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung für die militärisch-technologische Forschung.
Seine Struktur verdankt es aber hauptsächlich der Angst vor einem feindlichen Angriff. Eine hierarchische Struktur kam schon deshalb nicht in Betracht, weil in diesem Fall der Ausfall einer Zentrale das ganze Netz kopflos und damit handlungsunfähig gemacht hätte. Auch kam die bisher genutzte leitungsorientierte Datenübertragung (circuit switching) nicht in Frage, weil sie als zu störanfällig galt.
Eine dezentrale Struktur auf Basis einer Zweiweg-Punkt-zu-Punkt-Kommunikation und eine paketorientierte Datenübertragung (packet switching) waren die Alternative. Das ARPANet war das erste Netzwerk, das auf packet switching basierte. Die wesentlichen Vorteile dieser Art der Datenübertragung sind, daß Sender und Empfänger nicht physisch miteinander verbunden sein müssen und die einzelnen Pakete, in die eine Datei oder Nachricht aufgeteilt wird, je nach Verfügbarkeit und Belastung unabhängig voneinander über verschiedene Datenleitungen versandt werden können, was die optimale Ausnutzung der Netzwege garantiert, selbst wenn mehrere Datenleitungen im Falle eines Angriffs zerstört worden wären. Nebenprodukt dessen ist, daß das Internet auch gegen Zensur unempfindlich ist, weil diese im System nicht vorgesehen ist und als Fehler ausgelegt wird. So stellte das Computerfachblatt c't im Zusammenhang mit dem Verfahren der Münchner Staatsanwaltschaft gegen den Online-Dienst CompuServe im Herbst 1995, das zur Sperrung von über 200 Diskussionsforen führte, treffend fest:
"[..
.] eine 'Zensur' des Internet gleicht dem Versuch, ein großes Sieb mit dem Daumen abzudichten. Das Konzept des Internet ist so ausgelegt, daß es auch nach einem atomaren Erstschlag noch funktionieren soll."
2.1.2 Das Internet als akademisches Forschungsnetz
Die Idee, auf der das ARPANet basiert, wurde über vom Militär abgewanderte Forscher in den USA an Privatunternehmen und Universitäten getragen, die damit begannen, eigene - zuerst lokale - Netzwerke aufzubauen.
Die Vernetzung der auf unterschiedliche Hardwarearchitekturen basierenden Netzwerke wurde durch das 1974 entwickelte TCP/IP ermöglicht.
In den achtziger Jahren entstanden unter Beteiligung der National Science Foundation (NSF) verschiedene wissenschaftlich und akademisch genutzte Netzwerke sowie einige Firmennetzwerke, die 1983 mit dem ARPANet zum "ARPA Internet" (später "Internet") verbunden wurden, während ein Teil des ARPANet, der nur militärischen Zwecken diente (Milnet), abgekoppelt wurde. Heute ist der militärische Bereich weitgehend vom zivilen Internet abgekoppelt, benutzt geschlossene Verbindungen und eigene Protokolle.
Durch die Beteiligung der NSF wurde die weitere staatliche Finanzierung des Internet gesichert, die vorher aufgrund des militärischen Ursprungs bereits sehr großzügig war. 1986 gründete die NSF ihr eigenes Hochgeschwindigkeitsnetz NSFNet, das zu einem der vier US-Glasfaser-Backbones wurde und welches zur weitgehenden Bedeutungslosigkeit des ARPANet und dessen Auflösung 1990 führte. Ebenfalls im Jahr 1986 wurde das Domain Name System (DNS) eingeführt, das den zum Internet gehörenden Rechnern und Netzen (Domains) nach einem hierarchischem System eindeutige Adressen zuordnet.
Neben der starken universitären Nutzung kam in den achtziger Jahren ein zweiter Faktor hinzu, der die Entwicklung des Internet maßgeblich beeinflussen sollte: Aufgrund der wachsenden Verbreitung von PCs entstand eine Nutzersubkultur von Hackern, Crackern und sonstigen, meist jungen Computerspezialisten, die Mailbox-Systeme einrichteten, welche zum Softwaretausch und zur Kommunikation dienten und über das Telefonnetz miteinander verbunden waren. Diese wurden nach und nach an das Internet angeschlossen und trugen so entscheidend zur Entwicklung der Netzkultur bei, die sich unter anderem durch die gegenseitige Hilfe vor allem gegenüber Einsteigern, eine funktionierende Selbstkontrolle (unter dem Begriff Netiquette zusammengefaßte Verhaltensregeln) und eine Protesthaltung gegen Kommerzialisierungstendenzen auszeichnet.
In Europa wurden mit Verspätung wesentliche Merkmale der US-Infrastruktur übernommen. Auch hier bildeten sich Mailbox-Systeme (z.T. wurden diese aus den USA importiert), auch hier entwickelte sich das Internet auf einer hauptsächlich universitären Basis, auch hier wurde der Internetverkehr über einen Backbone (den 1992 in Betrieb genommenen EBone) abgewickelt.
So verwundert es nicht, daß auch die europäische Internetstruktur sich ähnlich der US-amerikanischen entwickelt hat, wenngleich auch mit zeitlichem Rückstand.
2.1.3 Der Rückzug der NSF
1987 wurde von der NSF ein erster Schritt weg von der universitär geprägten Internetgemeinschaft in Richtung Privatisierung unternommen, als die Firmen IBM und MCI in die Wartung des im Jahre zuvor gegründeten NSFNet eingebunden wurden, welches damals noch primär Universitäten und Forschungsstellen miteinander verband. Die Richtlinie, die das NSFNet dem öffentlichen Interesse vorbehielt, führte allerdings dazu, daß kommerzielle Unternehmen weiterhin eigene Netzinfrastrukturen aufbauten. Drei der vier US-Backbones entstammen diesem Zweig: Das PSInet von Performance Systems International und das AlterNet von UUNET Technologies, Inc.
, die beide der 1991 gegründeten Commercial Internet Exchange Association (CIX) angehören, sowie das 1992 gegründete SprintLink.
Im Rahmen des "High Performance Computing Act" der US-Regierung von 1991 fand eine radikale Kurskorrektur zugunsten kommerzieller Interessen statt, die unter anderem den schrittweisen Rückzug des Staates aus dem Internet vorsah. Statt wie bisher die Wahrung des öffentlichen Interesses wurde nun die Schaffung eines Informationsmarktplatzes zum primären Ziel erklärt. Im März 1993 wurde ein erster großer Schritt in diese Richtung getan, als die NSF drei wesentliche Aufgabenfelder des NSFNet-Betriebs an die von Privatunternehmen geführte Organisation InterNIC abgab. Ein weiterer Rückzug kam mit der Einstellung des NSFNet-Backbones zum 30.4.
1995. Die daran angeschlossenen 17 regionalen Betreiber bekommen die bisher an das NSFNet gezahlten Staatsgelder direkt ausgezahlt und sollen dafür auf dem freien Markt "backbone services" dafür erwerben bzw. mieten. Dies alles sind Schritte des "sunset schedule", nach dem die NSF sich bis 1998 gänzlich aus der Finanzierung ihres (ehemaligen) Netzes zurückziehen will. Die Übertragungswege des Internet werden privatisiert.
Der NSFNet-Program Officer David Staube bezeichnete 1995 die Phase der letzten acht bis neun Jahre als die des Marktaufbaus, in der die NSF die Infrastruktur des Internet errichtete und deren Nutzung ankurbelte.
Diese sei nun abgeschlossen. "The market can stand on its own-without our seed money." Von diesem Sichtweise aus gesehen erscheint eine solche Einschätzung der Internetentwicklung durchaus nachvollziehbar, dennoch erstaunt es, daß der ursprüngliche Anspruch der Wahrung des öffentlichen Interesses und die damit verbundene Limitierung der kommerziellen Nutzung des Netzes nicht erwähnt werden. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dieser Anspruch hätte nie wirklich existiert.
Neben dieser Öffnung des Internet gegenüber kommerziellen Interessen war es die Implementierung des leistungsstarken und anwenderfreundlichen Dienstes WWW (World Wide Web, vergleiche Abschnitt 2.2.
5) im Jahr 1992, die die Ausweitung des Nutzerkreises von universitären Einrichtungen auf Privatpersonen und Unternehmen begünstigte. Die Kommerzialisierung des Internet besteht also nicht nur aus dem Entstehen kommerzieller Netzwerkanbieter, sondern auch und vor allem aus der Anwendung des Internet durch private Unternehmen.
2.1.4 Privatisierung des Internet: Veränderung der Besitzverhältnisse der Übertra-gungswege
Angesichts des Staatshaushaltsdefizits der USA verwundert es nicht, daß die US-Regierung die Finanzierung des Internet von der staatlichen Organisation NSF auf privatwirtschaftliche Unternehmen übertrug. Ein erster und gravierender Schritt war das bereits beschriebene "sunset schedule" für das NSFNet und der damit verbundene Rückzug der staatlichen Förderung für das Internet.
Die NSF fungierte bis zur Einstellung ihres Backbones als wichtiger - und einziger nicht-privatwirtschaftlicher - Bereitsteller von Datenübertragungswegen.
Im Internet traten an die Stelle des NSFNet "fünf private Telephonkonzerne wie Alternet, ANS, MCI und Sprint, die nun den sogenannten Internet-Backbone betreiben. Firmen wie IBM und MCI haben nun das Sagen." Vor allem MCI hat mit 40% des gesamten Internetverkehrs (Eigenangabe) eine tragende Rolle bei den Betreibern.
Zu dieser Entwicklung kommt auch noch eine Wende in der US-Telekommunikationspolitik, die neue Regulierungsmodelle mit einem Schwerpunkt auf Deregulierung entwickelt. Parallel dazu fallen in der Europäischen Union 1998 die Netz- und Telefondienstmonopole.
Die Telekommunikation wird eine "durch Privatisierung, Deregulierung und Globalisierung weltweit im totalen Umbruch stehende Branche". Das alles sind Teile der erwarteten Bildung einer sogenannten Multimediabranche, die vermutlich die Bereiche Telekommunikation, Fernsehen und Computer beinhalten und umstrukturieren wird. Diese neue Struktur wird Schwemmle zufolge nicht mehr nach den drei genannten Branchen unterscheiden, sondern zwischen den Segmenten Multimedianetze, Endgeräte und Dienstleistungen/Inhalte, die offline und online betrieben und an private und geschäftliche Anwender verkauft werden. Eine ähnliche Struktur sehen Bane et al. entstehen, die jedoch spezifischer zwischen den Marktsegmenten Content (Inhalt), Packaging (Bündelung und Präsentation von Inhalten), Transmission network (Übertragungsnetzwerke), Manipulation infrastructure (Software und speichernde Hardware) sowie Terminals (Endgeräte) unterscheiden.
Der erste Schritt zur Schaffung dieser neuen Metabranche ist die Bildung strategischer Allianzen, die z.
Zt. noch vornehmlich in der sich umstrukturierenden Telekommunikationsbranche stattfindet, aber ansatzweise auch Konzerne aus den genannten Branchen, sowie Handelsunternehmen und finanzstarke Mischkonzerne einbezieht. Ziel der jeweiligen Akteure ist es, möglichst umfassende Netzinfrastrukturen (breit- und schmalbandige Netze, Funk- und Satellitenverbindungen) zu erreichen, möglichst viele und attraktive Dienstleistungen und Inhalte sowie Hard- und Software bzw. andere elektronische Geräte bereitstellen zu können. Die Schwerpunktgebiete dieser Aktivitäten sind Europa, Amerika und der ostasiatische Raum. Als wichtige Allianzen wären zu nennen:
- World Partners Company: Neben der amerikanischen AT&T, dem umsatzstärksten Telekommunikationsunternehmen der Welt, gehören dieser Allianz der Zusammenschluß Unisource, die japanische Fernverkehrsgesellschaft KDD, Singapore Telecom und als assoziierte Mitglieder weitere Telekomgesellschaften aus Asien und Australien an.
- Unisource ist ein 1992 gegründetes Joint Venture von niederländischen, schwedischen, schweizerischen und spanischen Telekommunikationsunternehmen.
- Concert Communication ist eine Allianz aus der British Telecom (BT) und der amerikanischen Telefongesellschaft MCI, die sich beide unter den zehn umsatzstärksten ihrer Branche befinden.
- Global One: Ebenso wie Concert Probleme mit der US-Kartellbehörde hatte, wurde auch diese Allianz erst nach langen Verhandlungen im Juli 1996 von der EU-Kommission genehmigt. Es handelt sich um ein Joint-Venture aus der Deutschen Telekom AG, der France Telekom und Sprint Corp., dem drittgrößten Telekommunikationsunternehmen der USA.
- Vebacom GmbH: Dieses vor allem auf dem deutschen Markt aktive Gemeinschaftsunternehmen besteht aus der Veba AG (Stromversorger), der britischen Cable & Wireless sowie seit Oktober 1996 dem Energiekonzern RWE.
Die Bildung dieser sowie einiger weiterer kleinerer Allianzen ist ein dynamischer Prozeß. Das Erschließen von Finanzquellen (für Aufkäufe und Beteiligungen) und kartellrechtliche Hürden sind die größten Hemmnisse dieser Entwicklung. Da jedoch davon ausgegangen wird, daß in Zukunft nur noch wenige Global Player Chancen auf den Märkten für Telekommunikation, Datenverarbeitung und multimediale Anwendungen haben werden, versuchen die Konzerne weiterhin, diese Probleme aus dem Weg zu räumen, um sich die besten infrastrukturellen Ausgangspositionen zu sichern.
Folge der Verschärfung dieses internationalen Wettbewerbes wird der Abbau von Arbeitsplätzen in den Telekommunikations-Stammgesellschaften, der nachrichtentechnischen Industrie, der Unterhaltungselektronik und bei Hardwareherstellern sein. Es ist damit zu rechnen, daß die voraussichtlich neu entstehenden Arbeitsplätze in dem Feld "Multimedia" die so verlorengehenden Plätze nicht nur quantitativ nicht aufwiegen, sondern sich auch qualitativ durch den Verlust kollektiver Schutzrechte (z.B.
bei der sogenannten Scheinselbständigkeit von Telearbeitern) negativ auswirken werden.
Auch bringt die Bildung branchenübergreifender Allianzen möglicherweise Unternehmensgebilde hervor, die in mehreren Branchen marktbeherrschend sein können.
"Dabei gibt die amerikanische Gesetzgebung in den USA ebenso den Weg zu einer neuen Konzentrationswelle frei wie die Deregulierung in der BRD - über das Auftreten neuer Anbieter weg bilden sich integrierte Telekommunikationskomplexe heraus. Statt dessen wäre zu fordern, dass kartellrechtlich diese Entwicklung nicht unterstützt wird: ein Monopolist auf dem Gebiet der Betriebssysteme wie Microsoft dürfte kein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen sein wie Microsoft Network, Fernseh- oder Radiosender oder Verlage mit hohem Marktanteil dürften keine Netzbetreiber sein."
Auf diesen wettbewerbsrechtlichen Aspekt kann im Rahmen dieser Arbeit lediglich aufmerksam gemacht werden.
2.
2 Funktionsweise der Dienste des Internet
Die Zahl der Dienste ist nicht von der Struktur des Internet vorgegeben, sondern vielmehr von den Bedürfnissen der Nutzer und dem Einfallsreichtum der Programmierer abhängig. Diese müssen jedoch die spezielle Architektur des Internet berücksichtigen, die auf dem Client-Server-Prinzip basiert. Ein Server ist ein Computer, der einen Dienst bereitstellt, ein Client derjenige, der den Dienst nutzt. Im folgenden werden die wichtigsten Dienste des Internet kurz vorgestellt.
2.2.
1 Electronic Mail (E-Mail)
Electronic Mail oder abgekürzt E-Mail ist ein 1971 entwickelter Dienst und stellt das Internetpendant zum Briefversand dar. Dabei wird die Netzwerktechnik genutzt, um auf diesem Wege elektronische Nachrichten innerhalb von Sekundenbruchteilen zu versenden. E-Mail ermöglicht bidirektionale Individualkommunikation. Neuere E-Mail-Programme können mittels MIME (Multipurpose Internet Mail Enhancements) auch multimediale Nachrichten verschicken. E-Mail ist mit 35 Millionen Nutzern 1995 und voraussichtlich 60 Millionen 1996 momentan der meistgenutzteste Dienst im Internet.
2.
2.2 Mailinglisten und Usenet News
Durch Mailinglisten wurde E-Mail auf einen weiteren Adressatenkreis ausgedehnt. Eine Mailing List entspricht einem Verteiler, also einer Liste von Adressen von Personen, die regelmäßig Informationen zu bestimmten Themenkreisen erhalten möchten (z.B. Rundbriefe von Vereinen oder ähnliches). Da jedes Mitglied dieser Liste allerdings sowohl empfangen als auch (an alle oder per privater E-Mail an einzelne) senden kann, bieten Mailinglisten polidirektionale Massenkommunikation.
Im Internet übernimmt ein E-Mail-Roboter, ein sogenannter Mailserver, die Aufgabe des Versandes. Meist kann man bei diesem mittels einer einfachen E-Mail eine Mailingliste abonnieren. Der Mailserver übernimmt nun die Aufgabe, alle eingehenden Nachrichten an alle weiterzusenden, die die Liste abonniert haben. So entstehen Interessengemeinschaften, die sich z.T. über hochspezielle Themen austauschen.
Es gibt moderierte und unmoderierte Listen. Während bei unmoderierten Listen keine Kontrollen existieren, fungiert bei dem ersten Typ eine Person (meist der Initiator der Liste) als Moderator, der Fragen beantwortet, auf Angebote außerhalb der Liste hinweist (sogenannte Frequently Asked Questions-Listen, die z.B. ständig wiederkehrende Fragen beantworten) oder Teilnehmer zurechtweist.
Usenet News ist das 1979 etablierte System verschiedenster öffentlicher Diskussionsforen. Diese sind hierarchisch in Themengebiete gegliedert.
Im Gegensatz zu Mailinglisten sind diese jedoch nicht per E-Mail, sondern über Newsreader genannte Programme erreichbar, die auf die lokalen Server zugreifen, auf denen die Nachrichten der Gruppe gespeichert sind. Auch sind Newsgroups im Gegensatz zu Mailinglisten relativ schwierig zu initiieren, weil dieser Vorgang durch eine genau festgelegte Prozedur reglementiert ist. Die Newsgruppen kann man als digitale "schwarze Bretter" verstehen.
2.2.3 Telnet
Dieser Dienst wurde 1972 etabliert, fungiert als Fernsteuerung und ermöglicht autorisierten Nutzern (die sich meist über Paßwörter ausweisen müssen), sich über das eigene Terminal bei einem entfernten Rechner anzuschließen ("einzuloggen").
Telnet wird vor allem zu Recherchezwecken benutzt, so daß man die Internetnetzwege nutzen kann, um sich vom eigenen Terminal aus an die Rechner von Bibliotheken und anderer Institutionen anzuschließen.
2.2.4 File Transfer Protocol (FTP)
File Transfer Protocol steht gleichzeitig für den Dienst, der den Austausch von Daten - vor allem von Computerprogrammen - ermöglicht, wie für das Protokoll, das diesen Dienst realisiert. Neben dem privaten Datenaustausch zwischen autorisierten Nutzern ist auch der Abruf von Daten aus Datenbanken via Anonymous FTP möglich, bei dem der Nutzer nicht bekannt sein muß. Wenn man die abrufbaren Daten nicht als Waren, sondern als Kommunikationsinhalte oder Botschaften begreift, funktioniert FTP ebenso wie der klassische Rundfunk: Ein Sender liefert Inhalte an beliebig viele Empfänger.
Telnet und FTP sind die ursprünglichen Internetdienste. Sie erfüllen die Anforderungen, die in den sechziger Jahren der Grund für die Einrichtung des Internet waren: Fernnutzung von (Hochleistungs-) Rechnern und Ressourcenteilung mittels Datenaustausch.
2.2.5 Gopher und World Wide Web
Das von der University of Minnesota entwickelte Gopher war "das erste umfassende, Dienste integrierende und benutzerfreundliche Werkzeug zur Navigation im Internet". Es fungierte als Suchdienst, den man bequem mit der Computermaus steuern konnte und der als Plattform auch Telnet und FTP integrierte.
Mittlerweile ist es weitgehend durch das noch benutzerfreundlichere World Wide Web (WWW, W3, Web) abgelöst worden. Das WWW wurde von dem Genfer Kernforschungszentrum CERN (Conseil Europeen pour la Recherche Nucleaire) entwickelt und 1992 im Internet als Public-Domain-Interface (also als öffentliches Gut) eingeführt. Viele Firmen entwickelten daraufhin Software für das WWW (z.B. die Browser genannten Navigationswerkzeuge von Mosaic oder Netscape), was dazu führte, daß es innerhalb kurzer Zeit zum Internetdienst mit der größten Nutzungsintensität wurde. Die Browsertechnologie, die eigene Art von Adressen, die die Art der Dateien spezifiziert (Uniform Ressource Locator, abgekürzt URL) sowie die eigene Sprache HTML (Hypertext Markup Language) und das eigene HyperText Transfer Protocol (HTTP), das die Kommunikation zwischen Webservern und -Browsern regelt, sind die wesentlichen Merkmale des WWW.
Seine Beliebtheit sowohl bei den Nutzern als auch bei Softwareentwicklern liegt vor allem in drei Eigenschaften des WWW begründet:
- Benutzerfreundlichkeit: Die einheitliche grafische Oberfläche, die bequeme Bedienung sowie die durch Browsertechnologie erreichte einfache Navigation machen das Web auch für Nutzergruppen interessant, die nur wenige Kenntnisse von Computertechnik haben. Durch Hilfsprogramme wie Kataloge (z.B. Yahoo!) oder die äußerst populären Suchagenten oder Suchmaschinen (z.B. Alta Vista) wird die Suche nach URLs ständig vereinfacht.
Die relativ einfache Programmierung von WWW-Pages führt des weiteren dazu, daß eine relativ große Anzahl an Personen auch zu Produzenten von Inhalten (Homepages) werden und sich so Informationen zu verschiedensten Themen im WWW finden. Allerdings darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Anbieter von Diensten sich nicht nur Programmierfähigkeiten aneignen müssen, sondern auch wesentlich mehr Programme und Speicherplatz benötigen als bloße Konsumenten.
- Integration anderer Dienste: Weiterentwicklungen der Browsertechnologie haben dazu geführt, daß das WWW sich mittlerweile zur Plattform entwickelt hat, die die meisten anderen Applikationen (u.a. E-Mail, News, FTP, Telnet, Gopher) in sich aufnimmt. Es ist damit die erste Applikation des Internet, die diese Eigenschaft besitzt.
- Hypermediaprinzip: Ein Vorteil des WWW ist seine durch HTML ermöglichte Hypermediafähigkeit. Es kann nicht nur Ton und bewegte Bilder übertragen, sondern auch einzelne Inhalte durch Verweise (Hyperlinks, Links) miteinander verbinden, wenn der Nutzer diese durch Anklicken aktiviert. Der Fülle der Links, mit der Webseiten untereinander auf sich verweisen, verdankt das World Wide Web auch seinen Namen, da durch dieses Prinzip Inhalte nicht mehr isoliert, sondern in einem Kontext zueinander stehen.
Das WWW wird oft als der multimediale Teil oder Dienst des Internet bezeichnet. Das bedeutet, daß es sich durch Integration oder auch Konvergenz, durch Interaktivität und durch Vernetzung auszeichnet. Es vereinigt mit "publishing, real-time-communication broadcast and narrowcast" erstmals bisher entgegengesetzte Medieneigenschaften.
Die Kommunikationsstruktur des WWW ist im Gegensatz zu Usenet nicht poli- sondern bidirektional aufgebaut. Ein Nutzer kann sich hier Bilder und Texte ansehen und - falls vom Verfasser vorgesehen - darauf antworten, er kann sie jedoch nicht verändern.
2.2.6 Sonstige Dienste
Weitere Internetdienste sind beispielsweise Internet Relay Chat (IRC), Multiple User Dungeons (MUDs), Internettelefondienste und Videokonferenzen, die alle verschiedene Formen der Kommunikation in Echtzeit ermöglichen, sowie Internetradio.
2.
3 Wachstum des Internet und geografische Verteilung der Zugänge
Das Wachstum des Internet wurde von verschiedenen Institutionen dokumentiert. Allerdings sind weder die Zahl seiner Nutzer noch die seiner Hosts aufgrund der dezentralen Struktur erfaßbar. Die Network Wizards (deren Host- und Domaindaten mit den weiter unten zitierten identisch sind) geben beispielsweise bezüglich ihrer Domain- und Hostzählung vom Juli 1996 folgendes zu bedenken:
"- We consider the numbers presented in the domain survey to be fairly good estimates of the minimum size of the Internet. We can not tell if there are hosts or domains we could not locate.
- In summary, it is not possible to determine the exact size of the Internet, where hosts are located, or how many users there are."
Aufgrund der Erfassungsschwierigkeiten sollten die Wachstumsdaten mit entsprechender Zurückhaltung behandelt werden.
Tabelle 1: Wachstum der technischen Infrastruktur des Internet (Quelle: Lottor 1996B)
Zeitpunkt
Hosts
Netzwerke
Domains
1969
4
06/74
62
10/84
1.024
07/89
130.000
650
3.900
07/92
992.000
6.569
16.
300
07/93
1.776.000
13.767
26.000
07/94
3.212.
000
25.210
46.000
07/95
6.642.000
61.538
120.
000
07/96
12.881.000
134.365
488.000
Eine auf diesen Zahlen basierende Prognose rechnet für die folgenden Jahre mit einer weiteren Zunahme der Hostzahlen:
Tabelle 2: Prognose der Hostentwicklung (Quelle: Altobelli/Hoffmann, S.15)
Zeitpunkt
Hosts
Jahresende 1996
17.
681.000
Jahresende 1997
32.699.000
Jahresende 1998
56.831.000
Jahresende 1999
89.
729.000
Jahresende 2000
124.256.000
Aus den von der Internet Society gesammelten Daten läßt sich außerdem ersehen, wie sich die Anzahl der Internetanschlüsse global verteilt:
Tabelle 3: Geografische Verteilung der Internethosts (Quelle: Internet Society)
Region
prozentualer Anteil der Internethosts
Nordamerika
68,38
Lateinamerika
0,41
Westeuropa
22,04
Osteuropa
1,01
Mittlerer Osten
0,29
Afrika ohne Republik Südafrika
0,001
Republik Südafrika
0,62
Asien ohne Japan
1,06
Japan
2,41
Pazifik ohne Australien
0,66
Australien
3,12
An diesen Zahlen wird deutlich, daß das Internet vor allem Sache der reichen Industrienationen ist, insbesondere der USA. Neben der verschwindend geringen Quantität der An-schlüsse von Entwicklungs- und Schwellenländern an das Internet ist auch deren Qualität meist gering. So bieten 58 der 168 im weiteren Sinne an das Internet angeschlossenen Län-der lediglich E-Mail an.
Sie sind also von der Menge an Informationen, die im WWW vorliegen, abgeschnitten und können dort auch selbst keine Informationen anbieten.
2.4 Anzahl und demografische Daten der Internetnutzer
2.4.1 Anzahl der Internetnutzer
Noch schwieriger als die Zahl der Hosts ist die Zahl der Nutzer des Internet zu ermitteln. Nicht jeder Internetnutzer ist ja ein Host.
Viele Nutzer haben beispielsweise Zugang zum Internet über Universitäten, Arbeitgeber oder Familienangehörige. Deshalb kann man die Zahl der Nutzer auch nur sehr grob schätzen. Laut Batinic variierten die Schätzungen der weltweiten Nutzeranzahl 1996 zwischen 16 und 60 Millionen, je nachdem, wie viele Nutzer man durchschnittlich pro Host annahm.
Es kursieren auch Ergebnisse repräsentativer Umfragen, in denen sich die Befragten selbst als Nutzer des Internet einstufen. Durch diese Methode kann man die Zahl der Nutzer in dem Gebiet, in dem die Umfrage stattfand, zu dem Umfragezeitpunkt hochrechnen. Der Un-sicherheitsfaktor dieser Methode ist, daß die Ergebnisse je nach der Definition eines Nutzers stark differieren.
So wird ein Nutzer von einem Teil der US-amerikanischen Umfragen da-durch definiert, daß er in den letzten drei Monaten das Internet benutzt hat, daß er in den letzten zwölf Monaten das Internet benutzt hat oder ob er direkten Internetzugang hat.
CyberAtlas hat versucht, 21 Studien zur Anzahl der Internetnutzer in den USA zu einer "Consensus Estimate" zusammenzufügen und somit diese Unterschiede "einzuebnen".
Abbildung 1: Anzahl der US-Internetnutzer (Quelle: CyberAtlas 1996A)
Auf die gesamte Bevölkerung der USA ab einem Alter von 16 Jahren bezogen, hatten je nach Studie und deren Fragestellung zwischen 17% (IntelliQuest, Frage nach der Nutzung des Internet oder von Online-Diensten in den ersten drei Monaten 1996) und 23% (Nielsen Media Research, Frage nach Zugang zum Internet im August 1996) Zugang zum Internet oder Online-Diensten.
In der Bundesrepublik Deutschland gestaltet sich die Schätzung der Grundgesamtheit der Internetnutzer noch schwieriger, da es noch keine repräsentativen und verläßlichen Untersuchungen zu dieser Thematik gibt. Bachem geht davon aus, daß es in der BRD zwischen 2,5 und 3 Millionen Online-Nutzer gibt, also Personen, die entweder das Internet oder Online-Dienste nutzen (da die meisten Online-Dienste ihren Kunden inzwischen Übergänge zum Internet anbieten, sind deren Nutzer auch zumindest potentielle Internetnutzer). Davon nutzen ca.
1,8 Millionen Personen die Online-Medien mittels privater Anschlüsse, während der Rest auf die außer Haus-Nutzung an Arbeitsplätzen, Universitäten, InterneTcafés usw. fällt.
Auf die Gesamtbevölkerung der BRD ab einem Alter von 14 Jahren bezogen, ergab eine Umfrage im Februar 1996, daß 7% sich als Nutzer des Internet bezeichnen. In den USA ist die Nutzung des Internet also erheblich weiter verbreitet als in der Bundesrepublik.
2.4.
2 Demografische Daten der Nutzer
Ebenso wie bei der Erfassung der Nutzerzahlen des Internet gibt es auch bei der Erfassung demografischer Daten der Internetnutzer Probleme. So basieren viele Analysen der Nutzerstruktur auf internetinternen Umfragen. Neben der Tatsache, daß damit ausschließlich Internetnutzer im allgemeinen und in der Regel WWW-Nutzer im besonderen angesprochen werden, bevorzugt diese Art der Befragung auch noch die regelmäßigen Nutzer, da die Wahrscheinlichkeit bei ihnen größer ist, daß sie auf eine solche Umfrage stoßen, die meist als Fragebogen auf WWW-Seiten vorliegen und auf die an mehreren Stellen im WWW aufmerksam gemacht wird. Tatsächlich zeigen Vergleiche der Ergebnisse mit denen internetexterner Umfragen, daß die interne Befragungsmethode die Nutzungszeit und formale Qualifikation der Nutzer ebenso überschätzt wie den Anteil der Männer. Diese Umfragen können also hauptsächlich dazu genutzt werden, um die regelmäßigen Nutzer zu charakterisieren.
2.
4.2.1 Internetexterne Erhebungen
Die bekannteste und umfangreichste internetexterne Umfrage stammt von dem US-amerikanischen Marktforschungsunternehmen Nielsen Media Research und wurde im Auftrag des Commerce-Net im August/September 1995 sowie im März/April 1996 mittels Telefoninterviews erhoben. Dabei wurden in der ersten Umfrage über 4.200 abgeschlossenen Telefoninterviews mit repräsentativ ausgewählten Personen über 16 Jahren aus den USA und Kanada geführt. Die zweite Befragung wurde unter den bereits befragten Personen durchgeführt, was zu 2.
800 abgeschlossenen Interviews führte. Die Repräsentativität der ersten Umfrage wird von verschiedenen Forschern bezweifelt, da die Verteilung der Antworten Menschen mit geringem Einkommen und geringer Bildung unterrepräsentiere und eine teilweise willkürliche Veränderung inkonsistenter Fragebögen durchgeführt worden sei. Alpar geht bezüglich der ersten Befragung von einer Überschätzung um etwa 15 % bei den Ergebnissen der Fragen nach Zugang und Nutzung des Internet sowie Nutzung des WWW aus.
Eine in der zweiten Befragung vorgenommene Aufteilung zwischen Langzeitnutzern, also Personen, die das Internet bereits in den drei Monaten vor August 1995 nutzten, und Neueinsteigern zeigt Trends bezüglich der Entwicklung der Nutzerstruktur auf:
- 23% der Langzeitnutzer gegenüber 11% der Neueinsteiger bezeichnen sich als "computer professionals".
- 67% der Langzeitnutzer gegenüber 60% der Neueinsteiger sind männlich.
- 70% der Langzeitnutzer gegenüber 59% der Neueinsteiger benutzen seit mindestens fünf Jahren einen Computer.
- 56% der Langzeitnutzer gegenüber 39% der Neueinsteiger haben mindestens einen College-Abschluß.
- 27% der Langzeitnutzer gegenüber 17% der Neueinsteiger leben in Haushalten mit mindestens US-$ 80.000 Jahreseinkommen.
Diese Beobachtungen lassen sich dahingehend interpretieren, daß es in den USA durch die verstärkte Nutzung des Internet durch breitere Bevölkerungsschichten (sogenannten Early Adopters) zu einer langsamen Verschiebung der Profile der Internetnutzer von vorwiegend männlichen, überdurchschnittlich gebildeten und verdienenden und zumeist im Computerbereich tätigen Personen (sogenannten Technology Developers/Pioneers) zum Bevölkerungsdurchschnitt kommt.
In der BRD haben internetexterne Umfragen aufgrund der geringen Anzahl der Internetnutzer meist keinen repräsentativen Charakter, so daß ihre Aussagen zurückhaltend interpretiert werden sollten. Außerdem beziehen sie sich auf die Nutzung von Online-Medien allgemein, was es unmöglich macht, die spezifische Internetnutzung herauszukristallisieren.
Zimmer zufolge stellt sich dabei folgende Nutzerstruktur dar:
- das Durchschnittsalter der Nutzer liegt bei etwa 30 Jahren.
- 82 % der Personen, die das Internet zu Hause nutzen sind männlich, während die männliche Dominanz bei der außer Haus-Nutzung mit 72 % geringer ist.
- 57 % der Nutzer verfügen über Abitur - davon 26 % des weiteren über einen Universitätsabschluß -, 28 % über Mittlere Reife, 13 % über einen Volks- oder Hauptschulabschluß.
- 44,4 % der Nutzer leben in Haushalten, die über ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 5.000 DM, 19,9 % in Haushalten, die zwischen 4.000 und 5.
000 DM, 18,9 % zwischen 3.000 und 4.000 DM und 11 % zwischen 2.000 und 3.000 DM verfügen.
Eine Bewertung dieser Ergebnisse zeigt, daß in der BRD die Online-Nutzung noch stärker als die Internetnutzung in den USA die Domäne überdurchschnittlich verdienender und gebildeter, mehrheitlich männlicher Personen ist.
"Ohne die Aussagefähigkeit des Prognos-Szenarios überbewerten zu wollen, läßt sich [...] festhalten, daß eine gleichmäßige und rasche Ausbreitung von Onlinediensten in allen Bevölkerungsschichten, wie sie optimistische Onlinemarktprognosen meist implizit voraussetzen, keineswegs gesichert ist."
2.4.
2.2 Internetinterne Erhebungen
Die umfangreichste internetinterne Erhebung stammt vom Georgia Institute of Technology, das die Angaben von 55.000 WWW-Nutzern sammelte. Die Befragungen finden seit Januar 1994 etwa alle sechs Monate statt und charakterisieren aufgrund ihrer Erhebungs-struktur (Fragebögen auf WWW-Pages, die die Befragten nach Selbstauswahl ausfüllen) vor allem die starken Nutzer des WWW. Ferner bezieht sich die Erhebung aufgrund der Hinweise darauf in international frequentierten Newsgroups und WWW-Sites auf die globale WWW-Population, vorausgesetzt, sie ist der englischen Sprache mächtig.
Trotz der Eigenheiten der WWW-internen Erhebungstechnik bestätigt auch diese Untersuchung im wesentlichen die in internetexternen Umfragen festgestellten Entwicklungen:
- Der Anteil der US-Amerikaner sank von 80,6 % in der dritten (April/Mai 1995) auf 73,5 % in der fünften Umfrage (April/Mai 1996).
Kanada und Mexiko (zusammen 8,44 % in der fünften Umfrage), Europa (10,82 %), Ozeanien (3,63 %) und Asien (1,81 %) haben dagegen leicht wachsende Anteile.
- Der Altersdurchschnitt der Befragten lag in der fünften Umfrage bei 32,95 Jahren entgegen 35 Jahren bei der dritten Umfrage. Der Altersdurchschnitt der europäischen Teilnehmer liegt mit 28,8 Jahren niedriger als der der Amerikaner.
- Der Anteil der Frauen an der WWW-Population stieg kontinuierlich von 5% im April/Mai 1994 auf 31,4% im Oktober/November 1996. Dabei ist das Internet in Europa mit einem Frauenanteil von19,8% besonders männlich dominiert.
- Das Ausbildungsniveau sinkt von seinem sehr hohen Niveau etwas ab.
Beleg dafür ist die Anzahl von Befragten mit akademischen Titeln, die von der zweiten (Oktober/November 1994) bis zur fünften Umfrage von 13 auf 4 % sank.
- Der durchschnittliche Verdienst der Befragten hält sich relativ stabil und lag bei der fünften Umfrage bei 88.200 DM, wobei der Durchschnittsverdienst der US-Nutzer mit 90.580 DM deutlich über dem der europäischen Nutzer (78.400 DM) liegt.
Eine ähnlich durchgeführte, auf den deutschsprachigen Teil des WWW bezogene Umfrage von Fittkau/Maaß kam zu folgenden Ergebnissen:
- der Anteil der Männer ging von 94 % (Oktober/November 1995) auf 91% (April/Mai 1996) zurück.
- das Durchschnittsalter lag konstant bei 29 Jahren.
- der Anteil der Studenten ging von 48 auf 40 %, der von Angestellten von 33 auf 30 % zurück, während sich der Anteil der Selbständigen von 9 auf 10 % und der der Schüler und Auszubildenden von 4 auf 5 % erhöhte.
Der hohe Anteil der Studenten an den deutschsprachigen WWW-Vielnutzern kann als Hauptgrund für das geringere Durchschnittsalter und den geringeren Durchschnittsverdienst der europäischen gegenüber den amerikanischen Befragten angesehen werden (auch in vielen anderen europäischen Ländern haben Studenten aufgrund des kostenlosen Internetzugang und einen relativ hohen Anteil an den Internetnutzern).
2.4.3 Beobachtungen
Die Daten und Schätzungen über Nutzerzahl und -demografie belegen, daß Zugang und Nutzung des Internet gesellschaftliche Ungleichheiten nicht nur widerspiegeln, sondern daß diese im Internet auch vervielfacht werden.
Wie bereits die internationale Struktur der Internetanschlüsse globale Ungleichheiten deutlich gemacht hat, so zeigen die Eigenschaften der Internetnutzer innergesellschaftliche Ungleichheiten auf. Auch wenn die Nutzerschaft des Internet und insbesondere des WWW heterogener wird und sich in den meisten demografischen Eigenschaften dem Bevölkerungsdurchschnitt langsam annähert, so ist die Nutzung doch nach wie vor von Privilegien abhängig. Dazu gehören Bildung (in vielen Ländern ist die Internetnutzung für Studenten kostenlos oder subventioniert), finanzieller Wohlstand (die Kosten eines PC, des Internetzugangs, vor allem in Deutschland hohe Telefonkosten, etc.) und nicht zuletzt die Beherrschung der Technik und der englischen Sprache. Diese Privilegien haben auch in den Industrienationen, die vorwiegend die Nutzerschaft des Internet stellen, weite Teile der Bevölkerung nicht. Der Generalsekretär der International Telecommunikation Union, Pekka Tarjanne, nennt vor allem den Wohlstand als entscheidenden Faktor für den Zugang:
"To date, access to communications facilities has been largely dictated by wealth: the wealth of a country, an organizantion or an individual familiy.
"
3 Kommerzielle Nutzung des Internet
Für wirtschaftliche Unternehmungen gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Internet zu nutzen. Dazu zählen:
- die interne Kommunikation
- die Kommunikation mit anderen Unternehmen
- die Kommunikation mit potentiellen und tatsächlichen Kunden
- der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen
- der Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen
- die Abwicklung finanzieller Transaktionen
- die Beobachtung der Kommunikation in bestimmten Teilen des Internet
Für die Kommerzialisierung des Internet sind vor allem die Aspekte relevant, die die Kommunikation und Interaktion mit dem (nicht dem Unternehmen angehörenden) Individuum berühren. Deshalb werden die Verbesserung der internen Kommunikation z.B. durch die Nutzung der Internethard- und software in sogenannten Intranets oder auch die Business-to-Business-Kommunikation nicht berührt.
Im folgenden werden die für die kommerzielle Nutzung des Internet relevanten wirtschaftlichen Begriffe erläutert und darauf aufbauend die möglichen Systematiken ihrer Anwendung diskutiert.
3.1 Begriffserläuterungen
3.1.1 Die Begriffe Markt und elektronischer Markt
Wenn im folgenden vom Markt die Rede ist, wird darunter die Gesamtheit ökonomischer Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer Gruppe gleichberechtigter Wirtschaftssubjekte verstanden, die ohne Zwang institutionalisierte Geschäftstransaktionen vollziehen.
In den letzten Jahren hat sich der spezifizierende Begriff des elektronischen Marktes herausgebildet. In einem elektronischen Markt stehen sich mehrere rechtlich unabhängige Anbieter und Nachfrager gegenüber und tauschen über einen elektronischen Preisbildungsmechanismus frei Güter und Dienstleistungen aus.
Vorteile elektronischer Märkte sind die Reduktion von Such- und Produktkosten auf Nachfragerseite und Kostenreduktion bei Geschäftstransaktionen sowie schnellere und bessere Informationen über Marktbedürfnisse auf Anbieterseite. Man unterscheidet zwischen zentralen und dezentralen elektronischen Märkten, wobei in den dezentralen im Gegensatz zu den zentralen Märkten keine zentrale preisbildende Institution (wie etwa bei Auktionen) vorhanden ist, sondern Anbieter und Nachfrager direkt miteinander kommunizieren und über eigene elektronische Absatz- bzw. Beschaffungssysteme versuchen, die für sie günstigsten Preise zu ermitteln. Die informations- und kommunikationstechnologische Infrastruktur, die einem elektronischen Markt zugrunde liegt, ist der elektronische Marktplatz.
Ein offener elektronischer Markt ist vor allem durch drei Kriterien definiert:
1. Technologische Offenheit: Benutzer heterogener technischer Einrichtungen haben Zugriff auf das Handelssystem.
2. Benutzeroffenheit: Der Zugang ist einfach, allgemein bekannt und an verschiedenen Stellen gleichartig.
3. Juristische Offenheit: Diese Offenheit ist zum einen dadurch definiert, daß jeder Interessierte das Recht zur Teilnahme und ein Recht auf Anonymität hat, also daß er seinem Geschäftspartner nicht unbedingt bekannt sein muß.
Neben dieser Offenheit der Kommunikationssysteme ist auch eine Offenheit von der Marktseite gegeben, nämlich Offenheit für beliebige Nachfrager, Anbieter und Produkte.
An dieser Definition gemessen ist das Internet noch kein dezentraler offener elektronischer Markt, entwickelt sich jedoch dahin.
Im Gegensatz zu der Dezentralität ist die Offenheit dem Internet nicht systemimmanent. Die technologische Offenheit wird mit Hilfe übersetzender Sprachen wie TCP/IP und die sich im Internet immer mehr ausbreitende Computersprache Java nahezu erreicht, der Zugang wird durch den steigenden Wettbewerb von Zugangsanbietern erleichtert (wenn er auch aufgrund mangelnder Einwählknoten durch die unterschiedlich hohen Telefonkosten noch nicht als an verschiedenen Stellen gleichartig bezeichnet werden kann). Die juristische Offenheit im Sinne eines anonymen Zugangs ist im Internet nur bei Gastzugang, öffentlichen Mailboxen und einigen Providern vorhanden.
3.1.2 Die Begriffe Marketing und Electronic Marketing
Der Begriff Marketing hat mehrere Dimensionen; man kann ihn als Maxime, Mittel und Methode verstehen.
Eine Maxime ist Marketing für die Verantwortlichen eines Unternehmens, die ihre den Markt berührenden Entscheidungen an den Erfordernissen und Bedürfnissen der Verbraucher orientieren. Als Mittel versteht man Marketing als die Gesamtheit der Maßnahmen, die zum Erreichen dieser Maxime ergriffen werden. Wenn diese Mittel auf der Basis einer systematischen Entscheidungsfindung ergriffen werden, spricht man schließlich von Marketing im Sinne einer Methode.
Es gibt vier sogenannte Managementfunktionen, die für den Marketingbereich von Bedeutung sind und seine Werkzeuge ausmachen:
- Zum einen ist dies die Sammlung von Informationen über die Umwelt, über vorhandene Instrumente und Möglichkeiten zur Marktbeeinflussung, über innerbetriebliche Restriktionen sowie über die Wirkungen, die die Instrumente unter verschiedenen Umweltsituationen haben.
- Eine zweite Managementfunktion ist die Planung, die auf der Kenntnis der Marktgegebenheiten basiert. Ihre absatzpolitischen Aktionsparameter sind Produktpolitik, Entgeldpolitik, Distributionspolitik und Kommunikationspolitik, die jeweils eine Fülle von Handlungsmöglichkeiten und Strategien beinhalten.
Aufgrund ihrer englischsprachigen Bezeichnungen (product, price, place, promotion) werden diese vier Begriffsobergruppen auch als die vier "Ps" bezeichnet. Das Ergebnis des Abwägens, welche dieser Instrumente wie stark gewichtet werden, wird mit dem Begriff "Marketing-Mix" beschrieben.
Das Marketing beinhaltet somit alle Phasen des Verkaufsprozesses, nämlich Verkaufsvorbereitung, die Verkaufsdurchführung und die Verkaufsnachbereitung. Während die Verkaufsvorbereitung hauptsächlich aus Werbung, Absatzförderung und Promotion/Public Relation (den drei Kernbereichen der Kommunikationspolitik) besteht, umfaßt die Verkaufsdurchführung mit
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