Liberalismus, nationalismus, konstitutionalismus und die bürgerliche öffentlichkeit
Liberalismus, Nationalismus, Konstitutionalismus, Burschenschaften
in Deutschland 1805-1848
Konstitutionalismus
-Regierungsform, die auf einer Verfassung beruht
-Bestandteil liberaler und nationalistischer Auffassungen über Staatsaufbau
Liberalismus:
-liberalis (lat.): freiheitlich; eines Mannes würdig
-Staats-, Wirtschafts-, Gesellschaftslehre
-Wurzeln im Vernunftdenken der Aufklärung (Locke, Montesquieu)
à Naturrecht (unantastbare Grundrechte); evolutionärer Fortschritt
-Staatsgrundlage: Gesellschaftsvertrag von freien und gleichen Menschen
-Allgemeininteresse erfüllbar durch größtmögliche persönliche Freiheit
à Einschränkung staatlicher Macht gegenüber Individuum
à Menschenrechte
à Verfassungsstaat (Gewaltenteilung, Grundgesetze/Konstitution, Rechtsstaat)
à Parlamentswahlen mündiger Bürger
à freie Wirtschaft (teilweise bis heute erhalten)
-Stütze: Bildungs- und Besitzbürgertum
Þ Utilitarismus (Nutzen), Laissez faire (Autoritätsauflösung), klass. Nationalöko-
nomie (A. Smith)
Nationalismus:
-übergreifender Begriff à”Integrationsideologie von Großgruppen“ (Eugen Lemberg)
-übersteigertes Bewußtsein der Macht & Bedeutung der eigenen Nation
à Egalisierung/Solidarisierung des Individuums in/mit Nation und souveränem
Nationalstaat, Aktivierung eines starken Nationalwillens (größer als Einzelwille
à gemeinsame Leistung à Verbundenheitsgefühl), Konstitutionalismus
-Nation: innerhalb eines Staates lebende Gemeinschaft vom Menschen gemeinsamer
Herkunft, Sprache, kultureller und politischer Entwicklung mit starkem internen
Zusammengehörigkeitsgefühl (à Volkssouveränität, romantische Volkstumsauffas-
sung)
-Erforschung/Erhebung national-spezifischer Eigenarten in Gegenüberstellung mit
anderen Nationen
-nationale Ziele durch Führungselite (von Volk gestützt) à Pflicht für jedes Mitglied
à sinngebend für deren Leben
-Entstehung in Westeuropa durch
· Wunsch nach verpflichtender Gemeinschaft aufgrund des Zerfalls historischer So-
zialgruppierungen (à Industrialisierung/Proletarisierung, Soziale Frage)
· zunehmender Integration des politisch gebildeten Individuums in Staatsgefüge (à
Fundamentalpolitisierung, Opferbereitschaft)
· aufklärerische Freiheitsideen während französischer Revolution (Rousseau)
à erschwert durch Kleinstaaterei, Obrigkeitsdenken und Zerfall der politischen
Bindungen
Þ Imperialismus (Kolonialreiche), Chauvinismus (übertriebenes Nationalgefühl)
Entwicklung Nationalismus und Liberalismus
-moderne Begriffsdefinition/-entstehung von Nation, Patriotismus, Nationalstaat, Volk
während französischer Revolution
-Nationalgefühl von Napoleon z.T. gefördert, dennoch heftigst antifranzösisch
-konstitutionelle Ansätze im Rheinbund, besonders Baden und Bayern
-1807-14 trotz napoleonischer Fremdherrschaft liberal-nationale Reformen in Preußen
unter Hardenberg, von Stein, Humboldt, Clausewitz/Gneisenau/Scharnhorst:
Bauernbefreiung, Zunftaufhebung, Gewerbefreiheit, allgemeine Schulpflicht, Fach-
Minister, städtische Selbstverwaltung, Wehrpflicht mit modernem Volksheer à bis
1848 in fast allen Territorien
-1815 Enttäuschung durch Wiener Kongreß (Restauration, Metternich) à aktive poli-
tische Bewegung, freiheitlichere Verfassungen in Bayern und Baden, Entstehung
erster Burschenschaften (à Turnbund Jahn 1815/Jena) à “Grundsätze & Beschlüsse
der deutschen Burschenschaften” = erstes systematisches Programm des deutschen
Liberalismus à Pflegung “nationaler Traditionen”, Fundamentalpolitisierung durch
lokale Vereinigungen
-1817 Wartburgfest (Erinnerung an Thesenanschlag & Völkerschlacht) à Verbren-
nung reaktionärer Symbole, nationalistisch-liberale Reden à Regierung beunruhigt
-1819 Ermordung des reaktonären russischen Beamten von Kotzebue durch Burschen-
schaftler Karl Ludwig Sand à Symbol liberalen und nationalen Protests à Karlsba-
der Beschlüsse (Universitätsüberwachung, Verbot der Burschenschaften, Zensur à
“Demagogenverfolgung”)
-1820 Wiener Schlußakte à Unterdrückung durch Polizeiapparat
-1821-29 erfolgreicher griechischer Freiheitskampf à neuer Antrieb, Symbolwirkung
-bis 1830 Massenbewegungen in Deutschland mit Zentren in Südwestdeutschland
unter Professoren, Beamte, Juristen, Journalisten, Fabrikanten (Großbürgertum &
Intelligenz) sowie Handwerker, Kleinhändler, Wirte (Kleinbürgertum) & Bauern
infolge zunehmende Politisierung
-Norddeutscher Lib.
: nationale Einheit unter Führung Preußens
Süddeutscher Lib.: nationale Ideen, Selbstverwaltung, Volksmiliz, Schwurgerichte
-1829-35 vierbändiges Staatslexikon von Rotteck à gemäßigt liberal, Verbreitung des
Gedankengutes
-Julirevolution 1830 in Frankreich à Hambacher Fest 1832 (Großdemonstration:
25000 Menschen, Bekenntniss zur deutschen Einheit und Freiheit)
-1833 Enthebung der “Göttinger 7” Professoren (u.a. Gebrüder Grimm, Dahlmann)
nach Protest gegen revidierte liberalere Verfassung
-1833/34 Zollgrenzen aufgehoben à kleindeutscher Wirtschaftsraum (List)
-1840-48 zahlreiche liberale/nationale Turn-, Gesangs-, Schützenvereine
-1848 Liberale “Märzminister” in Süddeutschland, Barrikadenkämpfe (Berlin) à
Nationalversammlung
„Turnvater Jahn“ und die Burschenschaften
-Friedrich Ludwig Jahn, 1778 als Sohn eines brandenburgischen Pfarrers geboren
-erfogloser Gymnasiast, Student (Theologie, Geschichte, Germanistik) und Lehrer
-1810 Veröffentlichung „Deutsches Volksthum“ (à Nationalgeist)
-Verbreitung des Nationalgeistes mit Fichte, Schleiermacher und Arndt
à einzigartige nationale Eigenarten, Deusche = Stammvolk, spannungsgeladenes
Nebeneinander der Nationen mit antifranzösischer Grundstimmung durch entge-
gengesetzte natürliche Anlagen, Volkserziehung durch Volksfeste notwendig
-Mitglied des “Deutschen Bundes”
-1811 historisches Turnen auf Hasenheide (Leibesübungen mit Musik & Kriegsspiel)
à volkstümlich, Stärkung physischer und moralischer Kraft des Volkes
-anschließende Etablierung an Universitäten (1814 “Jenaer Wehrschaft” und “Turn-
bund Jahn”, 1815 Urburschenschaften, 1818: 150 Turnbünde mit 120000 Mitglie-
dern, patriotische Reden/Lieder und Turnfahrten zur Erweckung von Vaterlandsliebe
-Burschenschaftler aktiv in “Befreiungskriegen” (1814/15); Jahn Kommandeur im
Lützower Freicorps, später Agitator für Volkserhebungen
-1816 Ehrendoktor und Veröffentlichung “Deutsche Turnkunst”
-1817 Mitwirkung von Burschenschaften an Wartburgfest
-1819 Ermordung Kotzebues à Schließung von Turnplätzen, Verbot der Burschen-
schaften (Karlsbader Beschlüsse) à 1820 Verhaftung („geistiger Urheber“), Haft
-1825 Freispruch
-1825 Mitwirkung von Burschenschaften am Hambacher Fest
-1833-39 Festungshaft für zahlreiche Mitglieder wegen umstürzlerischer Tätigkeiten
(à missglückter Frankfurter Wachesturm)
-1848 Burschenschaftler nehmen an Revolutionskämpfen und Nationalversammlung
teil
Quellenangabe
Literatur/: -dtv-Atlas Weltgeschichte; Deutscher Taschenbuchverlag, München; 2000
Bildquellen -Abituwissen Geschichte; Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt/Main; 2000
-Geschichte, Politik und Gesellschaft 1; Cornelsenverlag, Frankfurt/Main; 1998
-Von der französischen Revolution bis zum Nationalsozialismus; C.C. Buchners
Verlag, Bamberg; 2002
-Die Deutsche Geschichte 1756-1944; Lingen Verlag, Köln; 1992
-Brockhaus Enzyklopädie Band 4,11; F.
A. Brockhaus, Mannheim; 1990
Internet: -www.uni-jena.de/sport/historie/1550-1899.html
-www.home.
t-online.de/home/turnen/Dieter_und_Alexander_Frank.html
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