Belegarbeit zum thema "parteien"
SPD
Wir sind bereit.
Belegarbeit zum Thema „Parteien“
Parteien als wichtige politische Entscheidungsträger
Gliederung:
1. Was ist Politik ? ....
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2.1.
Was sind Parteien ? ......
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.. Seite 6
2.2. Die geschichtliche Entwicklung der Parteien ..
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Seite 7-8
2.3. Aufgaben und Organisation der Parteien ....
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.... Seite 9
2.4.
Wann sind Parteien verboten ? ......
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.. Seite 10
2.5. Das Parteiengesetz ..
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Seite 11
2.6. Wie werden die Parteien finanziert ? ....
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.... Seite 12
3.1.
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ......
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.. Seite 13
3.2. Die Organisation der SPD ..
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Seite 13
3.3. Was will die SPD „Unsere erklärten Ziele“ ....
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.... Seite 13
3.4.
Zur Geschichte der Sozialdemokratie in Deutschland ......
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.. Seite 14-20
3.5. Bündnis 90/Die Grünen ..
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Seite 21
3.6. Auszüge aus dem „rot-grünen“ Koalitionsvertrag ....
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.... Seite 22-31
3.7.
Das Grundsatzprogramm der SPD ......
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.. Seite 32
3.8. Das SPD-Wahlprogramm für die Bundestagswahl 1998 ..
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Seite 33
Ergänzungen zu den Texten :
4.1. Artikel 21 Grundgesetz ....
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.... Seite 34
4.2.
Das Grundsatzprogramm ......
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.. Seite 34
4.3. Die Demokratie ..
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Seite 35-36
4.4. Der Konservatismus ....
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.... Seite 36
4.5.
Der Liberalismus ......
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.. Seite 37
4.6. Der Sozialismus ..
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Seite 38
4.7. Der Kommunismus ....
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.... Seite 39
4.8.
Die Sozialdemokratie ......
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.. Seite 40
4.9. Die Kommunistische Partei Deutschlands ..
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Seite 41
4.10. Die Weimarer Republik ....
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.... Seite 42-46
4.11.
Das Gothaer Programm ......
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.. Seite 47
4.12. Das Sozialistengesetz ..
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Seite 48
4.13. Der Revisionismus ....
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.... Seite 48
4.14.
Die Internationale ......
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.. Seite 49-50
4.15. Der Spartakusbund ..
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Seite 51
4.16 Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands .....
... Seite 51
4.17. Der Versailler Friedensvertrag .
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. Seite 52
4.18. Der Juniaufstand ...
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..... Seite 53
4.
19. Das Godesberger Programm .....
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... Seite 54
4.20. Der Bolschewismus .
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. Seite 54
4.21. Das Rätesystem ...
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..... Seite 55
Wichtige Personen :
5.
1. Kurt Schumacher .....
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... Seite 56
5.2. Karl Heinrich Marx .
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. Seite 56
5.3. Friedrich Engels ...
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..... Seite 58
5.
4. Stephan Born .....
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... Seite 58
5.5. Ferdinand Lassalle .
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. Seite 58
5.6. August Bebel ...
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..... Seite 60
5.
7. Wilhelm Liebknecht .....
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... Seite 62
5.8. Eduard Bernstein .
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. Seite 62
5.9. Karl Johann Kautsky ...
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..... Seite 62
5.
10. Rosa Luxemburg .....
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... Seite 64
5.11. Friedrich Ebert .
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. Seite 64-65
5.12. Wilhelm Pieck ...
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..... Seite 65
5.
13. Walter Ulbricht .....
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... Seite 65
5.14. Carlo Schmid .
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. Seite 67
5.15. Willy Brandt ...
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..... Seite 67
5.
16. Herbert Wehner .....
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... Seite 69
5.17. Gustav Heinemann .
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. Seite 69
5.18. Egon Bahr ...
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..... Seite 70
5.
19. Helmut Schmidt .....
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... Seite 70
5.20. Hans-Jochen Vogel .
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. Seite 72
5.21. Oskar Lafontaine ...
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..... Seite 72
5.
22. Gerhard Schröder .....
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... Seite 74
5.23. Karl Liebknecht .
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. Seite 76
5.24. Paul Levi ...
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......
..... Seite 76
1.
Was ist Politik ?
Das Wort Politik stammt aus dem griechischem und bedeutet soviel wie Staatskunst .
Ursprünglich war Politik die Lehre von der Verfassung einer Polis, welche die
wichtigste Staatsform der Griechen und die Hauptträgerin der klassischen griechischen
Kultur gewesen ist .
Heutzutage ist Politik hauptsächlich eine Gemeinschaftsgestaltung, die auf die Durchsetzung von Vorstellungen zur Ordnung sozialer Gemeinwesen und auf die Verwirklichung von Zielen und Werten gerichtet ist .
Zu den Grundelementen der Politik gehören die Macht, die Gestaltungskraft und letztlich das Bestreben nach Wertverwirklichung (Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden) .
Ausgehend von dem wichtigsten Gestaltungsobjekt, dem „Staat“, wird vor allem jedes auf den Staat bezogene und in seinem Namen vollzogene Handeln als Politik verstanden .
Handlungsträger können außer dem Staat, aber auch Parteien, Verbände,
Gewerkschaften, etc.
sein .
Ziel politischen Handelns ist es, mehr Macht zu erlangen bzw. die staatliche Herrschaft auszuüben oder zu beeinflussen .
Demgemäß wird zwischen Innenpolitik und Außenpolitik unterschieden .
2.1.
Was sind Parteien ?
Allgemein ist eine Partei ein Zusammenschluß von Menschen gleicher oder ähnlicher politischer, sozialer, wirtschaftlicher und weltanschaulicher Willensrichtung, um sich im staatlichen Leben Einfluß zu verschaffen.
Wer in einer Partei mitarbeitet, verschafft sich über die Wahlen hinaus die Möglichkeit, auf die politische Auseinandersetzung Einfluß zu nehmen . Mit dem Satz „Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit“, unterstreicht das Grundgesetz Art.21 die Bedeutung der Parteien als politische Entscheidungsträger .
Hauptcharakteristikum einer politischen Partei ist ihre Organisation, welche die sozialen und
politischen Ideen ihrer Mitglieder zielführend bündelt, um wirtschaftliche, soziale und
staatliche Ordnungsprinzipien durch die Übernahme von Regierungsverantwortung
zu realisieren .
Die Ziele einer Partei werden in ihrem Programm, die Strategie zu deren Durchsetzung in so genannten Wahlplattformen formuliert .
Mitglieder bzw. die von ihnen gewählten Funktionäre einer Partei sind generell bereit, Funktionen im Staatsapparat auf jeder Ebene zu übernehmen.
In den USA und einigen anderen Staaten gibt es keine Mitgliederparteien mit förmlichem Beitritt, Mitgliedsbeitrag und –aktivitäten, sondern „offene“ Parteien.
Die staatsrechtliche Stellung der Parteien wird in den jeweiligen Landesverfassungen
geregelt. In demokratisch verfaßten, d. h.
rechtsstaatlichen Ländern der Erde sind normalerweise nur solche Parteien zugelassen, die sich zu demokratischen
Grundsätzen bekennen . Parteien in Diktaturen sind, wenn sie nicht der
unterdrückten Opposition angehören, in der Regel Macht- und Interessenkartelle, die nur
pro forma den Begriff in ihren Namen tragen, aber nichts mit demokratischen Organisationen
gemein haben .
Parteien können konfessionell oder weltanschaulich, interessenorientiert oder regional ausgerichtet sein . Der Parlamentarismus kennt im Wesentlichen zwei Hauptrichtungen: Beharrungs-Parteien (konservative oder monarchistische) und
Bewegungs-Parteien (republikanische, liberale, sozialistische bzw. sozialdemokratische, kommunistische und ökologische) .
Neben den reinen Weltanschauungsparteien und Klientelparteien gibt es Volksparteien,
die verschiedene Interessen unterschiedlicher sozialer Gruppen zu einem gemeinsamen Programm zusammenzubinden versuchen.
2.2. Die geschichtliche Entwicklung der Parteien
Politische Parteien gab es bereits in der Antike. Die Entwicklung der modernen Parteien als festgefügte Körperschaften war im allgemeinen ein Vorgang des 18. Und 19. Jahrhunderts, der stark vom Beispiel des englischen politischen Lebens beeinflußt war, wo sich zuerst im
18.
Jahrhundert Tories und Whigs als relativ feste Parteien herausbildeten, die geschlossen zu bestimmten politischen Fragen Stellung nahmen und sich in der Staatsführung
ablösten (Zweiparteiensystem). Schärfer umrissene Parteigruppen bildeten sich in den amerikanischen Unabhängigkeitskämpfen und in der Französischen Revolution .
In Deutschland entstanden die ersten Parteien während der Revolution von 1848 .
In den Jahren danach bildeten sich vier politische Hauptrichtungen heraus :
Die konservativen Parteien, die bürgerlichen bzw. liberalen Parteien, das katholische Zentrum und die Sozialdemokratie, von der sich im Laufe des Ersten Weltkrieges und endgültig 1919 die Kommunistische Partei abspaltete.
Die heutige Bedeutung erreichten die Parteien jedoch erst mit der mit der Einführung des parlamentarischen Regierungssystems und des allgemeinen und gleichen Wahlrechts
im Jahre 1918 .
In der Weimarer Republik gab es eine Vielzahl von Parteien .
Dies lag nicht zuletzt am derzeitigen Verhältniswahlrecht .
Dadurch gelang es auch kleinen Parteien, bereits mit geringen Wählerstimmen Abgeordnete ins Parlament zu schicken .
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und deren Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 1933 wurden die anderen Parteien verboten .
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches 1945 bildeten sich, mit Erlaubnis der Siegermächte, wieder verschiedene Parteien .
In der sowjetischen Besatzungszone schlossen sich im April 1946, unter dem Druck der sowjetischen Besatzungsmacht, die Kommunistische Partei und die dortige Sozialdemokratische Partei zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zusammen.
Die meisten Sozialdemokraten in den westlichen Zonen lehnten diesen Zwangszusammenschluß ab . Vor allem Kurt Schumacher unternahm alles, um eine solche Vereinigung zu verhindern . Dies gelang ihm aber nur in den westliche Zonen .
Mit Gründung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die in einzelnen Städten und Orten bereits im April und im Mai 1945 vollzogen wurde, konnte an die Tradition der Partei aus den Jahren vor 1933 angeknüpft werden .
Neu war dagegen die Christlich-Demokratische Union (CDU) . In ihr sammelten sich ehemalige Mitglieder des Zentrums, der konservativen und z.
T. auch liberalen Parteien .
Dabei spielte der Gedanke der Union, Christen beider Konfessionen zusammenzufassen, eine tragende Rolle. In der Partei setzte sich Konrad Adenauer (1876-1967), der spätere Bundeskanzler, als Parteiführer durch. In Bayern entstand gleichzeitig als christliche Partei die Christlich-Soziale Union (CSU), die nur in diesem Bundesland zur Wahl antritt und mit der CDU im Bundestag bisher eine gemeinsame Fraktion gebildet hat .
Liberale Politiker sammelten sich in der Freien Demokratischen Partei (FDP) .
Auch in ihr waren zu Beginn Politiker tätig, die schon vor 1933 in den Liberalen Parteien aktiv gewesen waren, so z.B. Theodor Heuss (1884-1963), der spätere erste Bundespräsident .
Im ersten Deutschen Bundestag 1949 waren 12 Parteien vertreten .
Inzwischen hat sich ihre Zahl auf fünf Parteien in vier Fraktionen verringert .
Dafür waren vor allem folgende Gründe ausschlaggebend :
Durch die Einführung der Fünf-Prozent-Klausel im Bundeswahlgesetz wurde den kleineren Parteien der Zugang zum Parlament erschwert .
Auf Grund des in Artikel 21, Abs. 2 des Grundgesetzes vorgesehenen Verbots von Parteien, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, wurden 1952 die neonazistische Sozialistische Reichspartei und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands durch das Bundesverfassungsgericht verboten .
Da im Gegensatz zur Weimarer Republik die Wirtschafts-, Sozial- und Staatsordnung der Bundesrepublik sich als relativ stabil erwies, gab es bislang kaum Ansatzpunkte für die Bildung neuer Parteien .
Den GRÜNEN, die sich als neue Partei aus Bürgerinitiativen für Umweltschutz und Teilen der Friedensbewegung gebildet haben, ist es gelungen, in den 70er Jahren in die meisten Landtage und 1983 in den Bundestag einzuziehen .
Heute erheben die Partei den Anspruch, Volksparteien zu sein, d. h.
ihre Mitglieder und ihre Wähler kommen aus allen Gruppen der Bevölkerung .
2.3. Aufgaben und Organisation der Parteien
Die Parteien haben im politischen System der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Stellung : Als einzige Organisation, in der sich Bürger zur Durchsetzung ihrer politischen Interessen zusammenschließen können, werden sie im Grundgesetz hervorgehoben .
In Art. 21(1) wird ihnen die Aufgabe zugewiesen, „ bei der politischen Willensbildung
des Volkes “ mitzuwirken .
Das heißt im einzelnen :
Parteien sind Organisationen, mit denen Bürger ihre Interessen aussprechen und an der Gestaltung des politischen Lebens teilnehmen .
Sie sollen Probleme, die politisch gelöst werden müssen, in der Gesellschaft feststellen und öffentlich darstellen und Lösungen dafür vorschlagen . Dabei treten sie mit den anderen Parteien in Wettbewerb .
Über ihre Mitglieder hinaus werben sie für ihre politischen Programme, besonders vor Wahlen, in denen sie die Grundzüge ihrer Politik darstellen .
Parteien beteiligen sich an der politischen Willensbildung, um politische Macht ausüben zu können . Zu diesem Zweck schlagen sie der Öffentlichkeit Kandidaten für die Wahlen zum Europäischen Parlament, im Bund, den Ländern und den Gemeinden vor .
Damit sind die Parteien entscheidend bei der Auswahl der politischen Führungselite auf den unterschiedlichen Ebenen des politische Systems beteiligt .
Ziel einer Partei oder einer Gruppe verwandter Parteien ist es, die Mehrheit im Parlament zu erhalten und damit den politisch beherrschenden Einfluß zu gewinnen .
Ihre Gegner im Parlament sind dann die im Wahlkampf unterlegenen Oppositionsparteien . Das Wechselspiel der Parteien ist eine der Grundvoraussetzungen des modernen Verfassungslebens, besonders des parlamentarischen Systems .
Die Parteien sind bestrebt, durch Beeinflussung der öffentlichen Meinung,
durch Gewinnung neuer Anhänger (Propaganda) und durch Verfechtung ihrer Ziele in den Parlamenten und anderen öffentlichen Körperschaften ihre Zwecke zu erreichen .
Die nötigen Mittel werden durch Beiträge und Spenden der Mitglieder und sympathisierender Kreise aufgebracht, manchmal auch erzwungen .
Dazu gibt es in der Bundesrepublik
Deutschland auch staatliche Zuschüsse zu den Wahlkampfkosten der Parteien.
Die einheitliche und möglichst wirkungsvolle Leistung der Partei zu sichern ist vor allem eine Frage der Parteidisziplin, was eine Frage der inneren Geschlossenheit ist, die nicht selten auch durch äußerliche Mittel (z.B. Fraktionszwang) gesichert wird. Abweichungen von der Parteilinie können zum Ausschluß aus der Partei führen.
2.
4. Wann sind Parteien verboten ?
Nach dem Grundgesetz sind in der Bundesrepublik Deutschland Parteien verboten, die nach ihrem Wesen, ihrer Organisation und Zielsetzung oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden suchen, ferner Parteien, die nationalsozialistische oder antisemitische Ziele verfolgen .
Sie verfallen der Auflösung, wenn das Bundesverfassungsgericht ihre Verfassungswidrigkeit festgestellt hat .
Falls, durch das Bundesverfassungsgericht, eine Verfassungswidrigkeit festgestellt wird,
wird die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtete Partei (Art. 21 GG) umgehend aufgelöst, und eine Gründung von Ersatzorganisationen verboten. Das gesamte Vermögen der Organisation kann zugunsten der Bundes- oder Landeskasse für gemeinnützige Zwecke eingezogen werden.
Den Antrag auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichts über die Verfassungswidrigkeit einer Partei kann der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung stellen.
Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wurden bislang zwei Parteien, die Sozialistische Reichspartei und die Kommunistische Partei Deutschlands, für verfassungswidrig erklärt.
2.5. Das Parteiengesetz
Das Parteiengesetz ist ein, auf der Grundlage von Artikel 21 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, zuerst 1967 verabschiedetes Gesetz, das gemeinsam mit dem
Grundgesetz und dem Bundeswahlgesetz den rechtlichen Rahmen für das bundesdeutsche Parteiensystem absteckt.
Das Parteiengesetz regelt die allgemeinen Bestimmungen des Grundgesetzes durch genauere
Festlegungen.
Die wichtigsten Aussagen, auf welche Weise die Parteien bei der
„politischen Willensbildung“ konkret mitwirken sollen, sind :
Parteien sind ein durch die Verfassung geschützter Bestandteil der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung .
Eine Organisation ist erst dann eine Partei, wenn sie sich dauernd, und nicht nur
momentan, an der politischen Willensbildung beteiligt .
Beteiligen sich Parteien dauerhaft an der politischen Willensbildung, erfüllen sie eine
wichtige öffentliche Aufgabe .
Parteien sind verpflichtet, die Ziele, die sie in der Politik verwirklichen wollen, in politischen Programmen festzulegen und
damit offen auszuweisen .
Derzeit gilt die Fassung vom 31. Januar 1994 .
Die Neufassung des bis dahin in der Fassung vom 3. März 1989 gültigen Parteiengesetzes war nötig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die bis dahin gängigen Regelungen der staatlichen Parteienfinanzierung 1992 für zum Teil verfassungswidrig erklärt hatte .
Die neue Regelung sieht vor, daß den Parteien vom Staat zur Wahrnehmung ihrer sich aus dem Grundgesetz ergebenden Aufgaben eine Teilfinanzierung gewährt wird . Diese bemißt sich nach dem Aufkommen an Mitgliedsbeiträgen, den eingenommenen Spenden sowie dem Wahlerfolg bei Landtags-, Bundestags- und Europawahlen .
2.6.
Wie werden die Parteien finanziert ?
Innerhalb einer Demokratie, etwa der Bundesrepublik Deutschland, benötigen die um die Macht konkurrierenden Parteien hohe Summen insbesondere, um parteiliche Öffentlichkeitsarbeit und Wahlkämpfe zu gestalten und um hauptamtliche Mitarbeiter zu beschäftigen. Neben Mitgliedsbeiträgen, Sonderabgaben der Mandatsträger und Spenden erhalten die Parteien auch staatliche Zuschüsse, deren Art und Höhe gesetzlich festgeschrieben sind. Die Subventionen dürfen nur als Mittel zum Wahlkampf Verwendung finden.
Die Summe richtet sich nach dem Spendenaufkommen und der Anzahl der Wählerstimmen, die eine Partei bei Bundestags-, Landtags- oder Europawahlen erzielt. Um größtmögliche Transparenz im Bereich der Parteienfinanzierung zu gewährleisten, unterliegen in der Bundesrepublik alle Parteien der Buchführungs- und Rechenschaftspflicht. Auch dürfen sie keine Spenden von politischen Stiftungen, gemeinnützigen Einrichtungen oder anonymen Geldgebern entgegennehmen .
Für die staatliche Finanzierung der Parteien gilt nach dem Parteiengesetz eine absolute Obergrenze für die Gesamtsumme der Aufwendungen und eine relative Obergrenze für die einzelne Partei . Die absolute Obergrenze wurde für 1994 auf 230 Millionen DM festgesetzt .
Die relative Obergrenze für die staatliche Finanzhilfe ist die Summe der von der Partei jährlich selbst erwirtschafteten Einnahmen .
Ein Anspruch auf staatliche Förderung erhält eine Partei erst dann, wenn sie bei einer Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer Landtagswahl ein Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte .
Derzeit erhalten die Parteien für jede für sie abgegebene Stimme 1 DM, bis zur fünfmillionsten Stimme 1,30 DM. Für jede Spende bis zu 6 000 DM erhalten sie
weiterhin 0,50 DM .
3.1. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, auch unter der Abkürzung SPD bekannt, ist eine der beiden führenden Parteien der Bundesrepublik Deutschland.
Die Partei hat gegenwärtig etwa 815 000 Mitglieder. Neben verschiedenen innerparteilichen Arbeitsgemeinschaften und den Landesverbänden ist vor allem die Jugendorganisation der SPD, die Jusos (Jungsozialisten), von größerer Bedeutung. Hier werden Mitglieder bis zum Alter von 35 Jahren integriert.
Der im studentischen Milieu angesiedelte, sich ebenfalls zur SPD als Mutterpartei bekennende SHB (Sozialistischer Hochschulbund) wird indessen offiziell nicht anerkannt.
3.2. Die Organisation der SPD
Das Statut von 1891 legte die Grundlagen der Parteiorganisation fest. Beim Wiederaufbau der
1933 vom nationalsozialistischem Regime zerschlagenen Parteiorganisation knüpfte die SPD 1945 an dieses Organisationsschema an und baute es später in der Bundesrepublik
Deutschland aus: Oberstes Organ ist heute der alle zwei Jahre tagende Parteitag, der den
Vorsitzenden, seine Stellvertreter und alle übrigen Mitglieder des Vorstandes wählt.
Dieser bestellt aus seiner Mitte das Parteipräsidium als geschäftsführenden Vorstand.
Vertreter der Bezirke und Landesverbände, die sozialdemokratischen Regierungschefs der Länder, die SPD-Fraktions-Vorsitzenden in Bund und Ländern und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung bilden den Parteirat.
Grundlage der Organisation sind die Bezirke, von denen sich mehrere zu einem
Landesverband zusammenschließen können.
Gliederungen unterhalb der Bezirke sind Unterbezirke (Kreisverbände) und Ortsvereine.
Die Arbeitsgemeinschaften, die in den einzelnen Sachbereichen auf die inhaltlichen Meinungsbildung in der SPD stark einwirken können, sind keine selbständigen Gliederungen und in ihrer Arbeit von der Zustimmung der Parteivorstände auf den einzelnen Ebenen
abhängig.
3.3.
Was will die SPD : „Unsere erklärten Ziele“
Wir, die Mitglieder der SPD, setzen unsere Kraft ein für die wirkliche Gleichheit der Lebensverhältnisse in einem geeinten Deutschland. Soziale Gerechtigkeit heißt für uns zuallererst, die Arbeitslosigkeit zu überwinden.
Um den Wohlstand zu sichern und die Lebensqualität zu verbessern, wollen wir die Industriegesellschaft ökologisch umbauen. Wir wollen ein gerechtes Steuersystem und eine sichere Energieversorgung ohne Atomkraft ebenso erreichen wie die Reform der sozialen Sicherung. Wir setzen uns ein für die Verwirklichung der Gleichstellung von Mann und Frau, sinnvolle Konzepte für die Krisenregionen und die Bewahrung von Frieden und Sicherheit durch internationalen Ausgleich.
3.
4. Zur Geschichte der Sozialdemokratie in Deutschland
Die sozialdemokratische Partei ist die traditionsreichste deutsche Partei. Seit mehr als 135 Jahren setzt sie sich für Freiheit und soziale Gerechtigkeit ein. Wie keine andere Partei steht sie für Demokratie und Fortschritt. Ihre Wurzeln reichen bis in die Zeit der Revolution von 1848 zurück.
1848 – Anfänge der deutschen Arbeiterbewegung
Die Frühindustrialisierung und das Bevölkerungswachstum lösen in den Staaten des Deutschen Bundes Massenverelendung und tiefe Strukturveränderungen der Wirtschaft aus.
Noch widerstehen die Regierungen dem Verlangen des Volkes nach nationaler Einheit und Demokratie. Oppositionelle Bestrebungen werden scharf unterdrückt. Kurz vor und in der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 formieren sich erstmals zwei Strömungen der organisierten Arbeiterbewegung: der recht kleine Bund der Kommunisten unter Führung von Karl Marx und Friedrich Engels vornehmlich im Westen Preußens sowie die Arbeiterverbrüderung mit annähernd 15.000 Mitgliedern unter der Leitung von
Stephan Born vornehmlich in Berlin, Sachsen und in Teilen Nord- und Süddeutschlands.
Erste Gewerkschaften entstehen. Die Revolution scheitert, und die Anfänge der organisierten
Arbeiterbewegung werden unterdrückt.
1863 – 1869: Gründung der Arbeiterparteien
Während zwischen Revolution und Reichsgründung die Industrialisierung ungemein an Fahrt gewinnt, liberalisiert sich das politische Klima nach einem Thronwechsel in Preußen. Ferdinand Lassalle gründet 1863 in Leipzig den „Allgemeinen deutschen Arbeiterverein“, der sich auf dem Gothaer Kongreß 1875 mit der 1869 von August Bebel und Wilhelm Liebknecht in Eisenach gegründeten „ Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ zur „Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands“ vereinigt. Zum Teil eigenständig, zum Teil durch die Anstöße dieser Parteibildung, formiert sich die deutsche Gewerkschaftsbewegung in Berufsverbänden vornehmlich in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre.
1871 Reichsgründung – 1878 Sozialistengesetz
Die Gründung des Deutschen Reichs nach dem Krieg gegen Frankreich, unter Führung Bismarcks und Preußens, führt zu einem starken Wirtschaftsboom, in dem die Gewerkschaftsbewegung belebt wird. Diese und die Arbeiterparteien erleiden fortan zum Teil koordinierte Unterdrückungsmaßnahmen durch die konservative Reichsleitung, die Regierungen der Bundesstaaten und weite Kreise der Unternehmerschaft.
Nach zwei Attentaten auf Kaiser Wilhelm I.
, mit denen Sozialdemokraten nichts zu tun hatten, bringt Bismarck 1878 das Sozialistengesetz im Reichstag durch.
Mit ganz wenigen Ausnahmen – die Reichstagsfraktion besteht weiter – werden alle sozialistischen und freigewerkschaftlichen Bestrebungen verboten.
Sozialdemokraten werden zu „vaterlandslosen Gesellen“ erklärt, das vertieft die Spaltung der Gesellschaft im Kaiserreich .
1890/91 – SPD und Gewerkschaften im Aufwind
Durch die Industrialisierung nimmt der Anteil der Arbeiterschaft an der Erwerbsbevölkerung im Deutschen Reich rasch zu. Trotz des Sozialistengesetzes bleibt die Sozialdemokratie eine politische Bewegung, die Unterstützung bei der arbeitenden Bevölkerung findet.
Als das Sozialistengesetz nicht wieder verlängert wird, erreicht die SPD – so heißt sie seit 1890 – bei den Reichstagswahlen 1890 mit 19,7 Prozent der Stimmen den höchsten
Wähleranteil.
Sie gewinnt fortan durchgängig an Wählerstimmen hinzu, steht 1912 bei 34,8 Prozent und bildet nun auch die stärkste Fraktion im Reichstag. Die Gewerkschaften, deren Entwicklung in der Zeit des Kaiserreichs eng mit der SPD verbunden ist, formieren sich 1890 neu und erzielen seit 1895 ungeheure Mitgliederzuwächse.
Auf dem Erfurter Parteitag 1891 wendet sich die SPD eindeutig hin zu marxistischen Annahmen und Überzeugungen, doch setzte sich bald eine gemäßigte, sozialreformerische Parteilinie durch.
Das „Erfurter Programm“ lehnt sich in seinem theoretischen Teil an die Gesellschaftsanalyse von Marx und Engels an und fordert in seinem praktischen Teil unverzügliche, tiefgreifende Reformen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
Mit Veröffentlichungen von Eduard Bernstein, Karl Kautsky, Rosa Luxemburg und anderen setzen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts scharfe interne Auseinandersetzungen über die theoretischen Grundlagen und den politischen Kurs der Sozialdemokratie ein.
Im Vorfeld der Sozialdemokratie entfaltet sich eine breite Arbeiterkulturbewegung mit zahlreichen Kultur- und Freizeitorganisationen. Vor allem gründen sich eigene Organisationen für die Belange der sozialdemokratischen Frauen und Jugendlichen. Diese Vereine und Verbände verstärken die Bindung der Mitglieder an die Sozialdemokratie. Unter den sozialistischen Parteien, die sich 1889 in Paris zur sogenannten II. Internationale zusammengeschlossen haben, erringt die SPD eine Führungsrolle.
1914-1919 – Weltkrieg und Revolution in Deutschland
Obwohl die SPD nach ihrem Programm eine Partei bleibt, die revolutionäre Veränderungen in Wirtschaft und Politik fordert, wirkt sie teilweise in den Kommunen, in manchen Ländern sowie insbesondere mittels ihrer engen Verbindungen zu den Gewerkschaften an konkreten Reformvorhaben mit.
Nicht zuletzt unter dem Einfluß der Gewerkschaften entscheidet sie sich bei Ausbruch des von Deutschland maßgeblich mitverursachten Ersten Weltkrieges für die Unterstützung des Reichs in der militärischen Auseinandersetzung.
Diejenigen Teile, die diesen „Burgfrieden“ nicht mittragen wollen, gründen zunächst den Spartakusbund und, seit 1917, die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
Als im Zuge der militärischen Niederlage eine breite Volksbewegung über die deutschen Monarchien hinwegfegt, übernehmen die Mehrheits- und die Unabhängige Sozialdemokratie (MSPD, USPD) im „Rat der Volksbeauftragten“ die Reichsleitung und führen, von den Mehrheitssozialisten unter Friedrich Ebert vorangetrieben, allgemeine, gleiche Wahlen zu einer deutschen Nationalversammlung durch. Erstmals gibt es in Deutschland ein Frauenwahlrecht, das die SPD schon im Erfurter Programm 1891 gefordert hatte. Als erste Frau spricht Marie Juchacz 1919 in einem deutschen Parlament. Im Zuge der Revolution werden die Gewerkschaften endlich von der Unternehmerseite als Tarifpartner anerkannt.
Friedrich Ebert wird Reichspräsident. Die SPD wird zur maßgeblichen politischen Kraft auf dem Boden der Weimarer Verfassung, die sie als demokratische Grundordnung in weiten Bereichen mitgestaltet hat.
Am linken Rand der politischen Arbeiterbewegung formiert sich an der Jahreswende 1918/19 die KPD als neue, revolutionäre Kraft. Die KPD wird, indem sie den linken Flügel der Unabhängigen Sozialdemokraten an sich bindet, zur Massenpartei und gerät bald unter den Einfluß des sowjetischen Kommunismus. Die reformorientierten Teile der USPD vereinigen sich 1922 wieder mit der Mehrheitssozialdemokratie.
Scheidelinie zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten ist die Frage der Demokratie –
die Kommunisten streben eine Diktatur nach sowjetischem Vorbild an.
1918/19-1933: Spaltung – Kampf um die Demokratie – Niederlage
Die Frühzeit der Weimarer Republik ist von starken innenpolitischen Auseinandersetzungen um den Versailler Friedensvertrag und um die Konsolidierung der neuen Machtverhältnisse im Innern des Reichs geprägt. Mit Hilfe eines Generalstreiks gelingt es im Frühjahr 1920, den reaktionären Kapp-Lüttwitz-Putsch niederzuschlagen. Erst in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre stabilisiert sich das politische System. Die SPD kann, etwa im Bereich des Arbeitsrechts und der Sozialpolitik, wichtige Reformen durchsetzen, die einen modernen Sozialstaat zum Ziel haben. Sie führt die Regierungen in einer Reihe von Bundesstaaten, vor allem Preußen, und wird auch in vielen Großstädten bereits zur wichtigsten gestaltenden politischen Kraft.
Mit dem Hereinbrechen der Weltwirtschaftskrise ab 1930 erstarken die extremen Kräfte in der deutschen Politik.
Die Arbeitslosigkeit nimmt ein nie gekanntes Ausmaß an. Begünstigt durch konservative und reaktionäre politische Kreise, die bis weit in das bürgerliche Parteienspektrum hineinreichen, gewinnt die extreme Rechte in der Hitler-Bewegung ungemein an Einfluß. Die anhaltende Spaltung der deutschen politischen Arbeiterbewegung, die sich alltäglich in scharfen Auseinandersetzungen dokumentiert, begünstigt diesen Aufstieg, verursacht ihn aber nicht. Ende Januar 1933 wird Hitler Reichskanzler.
Der Terror der Nationalsozialisten gegen Kommunisten und Sozialdemokraten, später auch gegen bürgerliche Kräfte, setzt ein. In der Abstimmung im Reichstag über das Ermächtigungsgesetz, mit dem alle bürgerlichen Parteien Hitler formell zum Diktator machen, bäumt sich die deutsche Sozialdemokratie als einzige politische Kraft gegen diese furchtbare Entwicklung auf.
1933-1945 Widerstand und Emigration
Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung werden Sozialdemokraten wie auch andere Gegner des Nationalsozialismus verhaftet, mißhandelt, ermordet. Führungskräfte der Sozialdemokratie halten als Exil-Parteivorstand (Sopade) zunächst von Prag, später von London aus die Führungsstruktur der Sozialdemokratie aufrecht. Sie versuchen, Kontakt zu halten und, wo das möglich erscheint, Widerstandszirkel zu organisieren.
Solche Widerstandsgruppen bilden sich vielfach im Arbeitermilieu, teilweise auch unter dem Einfluß linkssozialistischer Gruppen. Die Sozialdemokraten, die seit den frühen 1920er Jahren energisch gegen die Hitler-Bewegung gekämpft haben, setzen den Kampf fort und versuchen im Prager Manifest von 1934, die demokratischen Kräfte zu bündeln.
Trotz Annäherungen gibt es keine Einigung mit den kommunistischen Exil- und Widerstandskräften.
Sozialdemokraten und Gewerkschafter wie Julius Leber und Wilhelm Leuschner beteiligen sich an dem gescheiterten Aufstandsversuch vom 20. Juli 1944 und werden von Hitlers Schergen umgebracht.
1945-1949 – Neubeginn und Teilung
Die Zerstörung Deutschlands durch die nationalsozialistische Diktatur führt am 8. Mai 1945 in die bedingungslose Kapitulation und in die Aufteilung des Deutschen Reichs in Besatzungszonen. Unter Kurt Schumacher, der eine Vereinigung mit den Kommunisten kategorisch ablehnt, formiert sich in den Westzonen die SPD als eine demokratisch-sozialistische Volkspartei, die eine Öffnung zu den Mittelschichten anstrebt.
In der Ostzone gelingt es der KPD unter Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht mit Unterstützung der sowjetischen Machthaber, die starken sozialdemokratischen Kräfte in ein Parteibündnis zu zwingen (Zwangsvereinigung 1946) und die SED als diktatorische Einheitspartei zu konstituieren.
Mehr als fünftausend SPD-Mitglieder werden verhaftet, Tausende müssen flüchten. Kommunisten besetzen die Schlüsselpositionen der neuen Partei, und der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund gerät unter deren Herrschaft.
In den Westzonen können sich die Gewerkschaften zunächst unter der Aufsicht der Westalliierten neu formieren. Sie überwinden ihre richtungsgewerkschaftliche Spaltung und bilden 1949 in München den Deutschen Gewerkschaftsbund als Einheitsgewerkschaft, die parteipolitisch unabhängig ist, gleichwohl aber in ihren Zielen vielfach mit der Sozialdemokratie übereinstimmt.
1949 entstehen die Bundesrepublik Deutschland und die DDR; am Bonner Grundgesetz, das in den Verfassungsberatungen des Parlamentarischen Rats vorbereitet wurde, haben Sozialdemokraten, allen voran Carlo Schmid, maßgeblich mitgewirkt. Die SPD erreicht im Westen bei den ersten Wahlen zum Deutschen Bundestag 29,2 Prozent der Stimmen.
Mit ganz knapper Mehrheit kann die CDU die Führung der jungen Republik übernehmen, während die SPD sich in der Rolle der „konstruktiven Opposition“ sieht.
1949-1969 – Wiederaufbau, ‚Kalter Krieg‘, Westintegration
Als Oppositionspartei im Bundestag gewinnt die SPD in den 1950er Jahren immer stärkeren Einfluß in den Städten und Ländern. Außenpolitisch zunächst von dem Vorrang der Wiedervereinigung geleitet, lehnt sie – obgleich prinzipiell proeuropäisch orientiert – Adenauers Westpolitik ab. Sie bejaht die Römischen Verträge (u. a. Vertrag zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft) und schwenkt Ende der 50er Jahre auf den Kurs der Westintegration ein, ohne das Ziel der Wiedervereinigung aus den Augen zu verlieren.
In der DDR haben am 17. Juni 1953 gegen den Massenaufstand von Arbeitern nur noch sowjetische Panzer die Herrschaft des SED-Regimes gerettet:
Der Aufstand wird blutig niedergeschlagen. 1961 vollendet der Mauerbau auch physisch die Spaltung des Landes.
Die SPD verabschiedet 1959 nach einem längeren kontroversen Diskussionsprozeß das Godesberger Grundsatzprogramm und öffnet sich damit endgültig zur Volkspartei.
Sie gewinnt breite Wählerschichten hinzu, nicht zuletzt aus kirchlich gebundenen Kreisen.
Willy Brandt und Herbert Wehner führen die Partei in die Regierungsverantwortung – zunächst ab 1966 im Rahmen einer Großen Koalition mit der CDU, seit 1969 in einer
sozial-liberalen Koalition mit der FDP.
Dem gehen wichtige Veränderungen auf der Ebene der Bundesländer, so 1966 die Übernahme der Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen, und 1969 die Wahl des Sozialdemokraten Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten voraus. In den meisten Großstädten der Bundesrepublik hat die SPD in den 1950er und 1960er Jahren das Vertrauen der Mehrheit der Wähler in der Kommunalpolitik gewonnen.
1969-1982: Reformen, Demokratie, Frieden
Die Zeiten sind reif für den Aufbruch aus konservativer Erstarrung und für Reformen und neue Wege der Friedenssicherung und Entspannung. 1969 wird Willy Brandt der erste
sozial-demokratische Bundeskanzler der Nachkriegsgeschichte. Er ergänzt die Westintegration durch die „neue Ostpolitik“, die durch Verträge mit der Sowjetunion, Polen, der Tschechoslowakei und durch einen Grundlagenvertrag mit der DDR, der durch weitere Verträge ausgefüllt wird, zu einem geregelten Nebeneinander mit den kommunistisch regierten Ländern führt. Sie erreichen Erleichterungen für die Menschen in Deutschland und stärken die Verbindungen zwischen den beiden Teilstaaten.
Für diese Politik, an deren Entwicklung auch Egon Bahr einen wichtigen Anteil hat, erhält Willy Brandt 1972 den Friedensnobelpreis.
Ende der 1960er Jahre kann sich die SPD zugleich an die Spitze starker Reformkräfte der westdeutschen Gesellschaft setzen, die auch von der Studentenbewegung in Gang gesetzt worden sind. 1972 erringt Willy Brandt einen überzeugenden Wahlsieg.
Nach Enttarnung des DDR-Spions Guillaume im Kanzleramt übergibt er 1974 das Amt des Bundeskanzlers an Helmut Schmidt.
Unter sozialdemokratischer Führung wird in den 1970er Jahren die Herausforderung des Links-Terrorismus überwunden, und es gelingt der sozial-liberalen Regierung, die Folgen der Ölkrisen und andere weltwirtschaftliche Turbulenzen zu meistern. Die Politik dieser beiden sozialdemokratischen Kanzler für ein modernes Deutschland mehrt die soziale Gerechtigkeit durch den Ausbau des Sozialstaats und verschafft der Bundesrepublik Deutschland internationales Ansehen.
Die Sozialdemokratie führt eine intensive Debatte über Abrüstung, Rüstungspolitik und Friedenssicherung.
1982-1989 – Opposition, Erneuerung, deutsche Vereinigung
1982 verläßt die FDP die sozialliberale Koalition und verschafft den Unionsparteien die Mehrheit in Bonn. Die SPD wird auf die Rolle der Opposition zurückgeworfen und beginnt einen anhaltenden Prozeß programmatischer Erneuerung, in dem sie ihre Rolle als demokratische Partei in einem hochentwickelten Industrieland neu definiert und Antworten auf die Herausforderungen durch die neuen sozialen Bewegungen formuliert. Als politische Kraft erstarkt sie in den Landtagen und übernimmt Regierungsverantwortung in der Mehrheit der Länder. Obwohl 1987 Willy Brandt den Vorsitz der Partei in die Hände von Hans-Jochen Vogel übergibt, bleibt seine Stimme in der Politik von Gewicht. Sie wird besonders deutlich gehört, als 1989 die Berliner Mauer fällt – „Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört“ -, die kommunistischen Diktaturen zusammenbrechen und die beiden deutschen Staaten vereinigt werden können.
Noch unter der SED-Diktatur wird in der DDR von mutigen Bürgerrechtlern wie Markus Meckel und Martin Gutzeit die SDP (Sozialdemokratische Partei in der DDR) als Bruderpartei der westdeutschen SPD gegründet; noch vor der deutsch-deutschen Vereinigung verschmelzen 1990 beide Parteien.
Die 1990er Jahre – die Zukunft gewinnen
1989 wird in Berlin ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet.
Als große linke Volkspartei entwickelt die SPD, seit 1995 von Oskar Lafontaine geführt, neue Konzepte zur Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, die soziale und ökologische
Gesichtspunkte berücksichtigt und die Herausforderung der Globalisierung ernst nehmen.
1998-2002 : „Der Weg der neuen Mitte“
Am 17. April 1998 wurde auf einem Sonderparteitag in Leipzig der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder mit mehr als 93 Prozent der Stimmen offiziell zum Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl am 27. September 1998 gewählt.
Damit wurde die bereits nach der Landtagswahl in Niedersachsen am 2. März 1998 vom
SPD-Präsidium getroffene Entscheidung bestätigt.
Bei der Bundestagswahl am 27.09.1998 gewann die SPD die entscheidende Mehrheit der Wählerstimmen und übernahm damit in der Koalition mit den Grünen die
Regierungsverantwortung. Gehart Schröder wurde Nachfolger des seit 1982 amtierenden Bundeskanzlers Helmut Kohl.
3.5. Bündnis 90/Die Grünen
Ökologische Parteien entstanden aufgrund eines vermehrten Umweltbewußtseins und daraus
resultierender Bürgerinitiativen in den siebziger Jahren vor allem in Westeuropa. Diese so
genannten „grünen Bewegungen“ entwickelten sehr schnell parteiähnliche Strukturen und
stellten Kandidaten für Kommunal-, Landtags- und später Bundestagswahlen auf.
Exemplarisch für die Verinstitutionalisierung einer Bürgerbewegung ist die Geschichte und
Entwicklung der Partei „Die Grünen“:
1985 wurde zum ersten Mal ein Mitglied der Partei Minister
1993 gründeten „Die Grünen“ nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten
gemeinsam mit dem Zusammenschluß der Bürgerbewegungen der in Auflösung begriffenen DDR eine neue Partei, das „Bündnis 90/Die Grünen“, dessen Mitglieder heute in den meisten Landtagen vertreten sind
seit 1994 stellen „Die Grünen“ die drittstärkste Fraktion im Bundestag
Eine Erscheinung scharf am Rande des allgemeinen Demokratieverständnisses sind die
reaktionär-nationalistischen Republikaner, die speziell die in den neunziger Jahren verstärkt
aufkeimende Ausländerfeindlichkeit in weiten Kreisen der Bevölkerung zeitweise geschickt
für sich zu nutzen verstanden.
3.
6. Auszüge aus dem „rot-grünen“ Koalitionsvertrag
Das von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Bündnis 90/Die GRÜNEN vereinbarte Regierungsprogramm orientiert sich an folgenden gemeinsamen Zielen:
Wirtschaftskraft durch nachhaltiges Wachstum und Innovation stärken und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen
ökologische Modernisierung als Chance für Arbeit und Umwelt nutzen
die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates durch Sanierung der öffentlichen Finanzen zurückgewinnen
eine zukunftsorientierte Bildung und Ausbildung für alle Jugendlichen sichern und Chancengleichheit herstellen
den Sozialstaat sichern und erneuern und die solidarische Gesellschaft stärken
den Generationenvertrag erneuern und auf eine neue Grundlage stellen
die natürlichen Lebensgrundlagen auch für die nachfolgenden Generationen sichern und bewahren, eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft schaffen
Sicherheit für alle gewährleisten
Bürgerrechte und soziale Demokratie stärken und eine Kultur der Toleranz in einer solidarischen Gesellschaft neu begründen
die Gleichstellung von Frauen in Arbeit und Gesellschaft entscheidend voranbringen
die Innere Einheit Deutschlands vollenden, indem die Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse weiter vorangebracht wird
den Staat modernisieren, indem wir die Verwaltung bürgernäher gestalten und überflüssige Bürokratie abbauen
die friedliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn weiterentwickeln, die Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union voranbringen, die Solidarität mit den Ländern des Südens stärken und weltweit eine nachhaltige Entwicklung fördern
die Zusammenarbeit mit den Kirchen sowie anderen gesellschaftlichen Gruppen und Verbänden fördern
1. Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Stärkung der Wirtschaft
1.1. Abbau der Arbeitslosigkeit
Unser wichtigstes Ziel ist der Abbau der Arbeitslosigkeit.
Die hohe Arbeitslosenzahl von 4,4 Millionen (Jahresdurchschnitt 1998) ist die schwerste politische Erblast, die die alte Bundesregierung hinterläßt.
Die neue Bundesregierung wird alles daran setzen, die Arbeitslosenzahl in den nächsten vier Jahren Schritt für Schritt abzubauen.
Eine starke, wettbewerbsfähige und an Nachhaltigkeit orientierte Wirtschaft ist die Grundlage für Arbeitsplätze, für Wohlstand und für soziale Sicherheit.
Wir wollen eine Erneuerung der sozialen und ökologischen Marktwirtschaft.
Arbeit und Umwelt gehören untrennbar zusammen. Wir wollen eine zukunftsfähige Politik, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele gleichberechtigt miteinander verbindet. Ziel ist dabei auch die gleichberechtigte, existenzsichernde Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben.
1.2. Bündnis für Arbeit und Ausbildung
Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird die neue Bundesregierung alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren. Wir wollen ein Bündnis für Arbeit und Ausbildung.
Gemeinsam mit Gewerkschaften und Unternehmen werden wir konkrete Maßnahmen vereinbaren, um die Arbeitslosigkeit abzubauen und allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu sichern. Zu diesem Bündnis für Arbeit und Ausbildung haben alle Beteiligten in fairem Geben und Nehmen ihren Beitrag zu leisten.
Dabei geht die neue Bundesregierung von folgenden Grundsätzen aus:
Gewerkschaften und Unternehmen sind zuständig für eine beschäftigungsorientierte
Tarifpolitik und für eine Organisation der Arbeit, die dem Flexibilisierungsbedarf der Betriebe und dem Wunsch der Beschäftigten nach mehr Zeitsouveränität Rechnung trägt.
Aufgabe der Wirtschaft ist es, die Anstrengungen für Investitionen und Innovation zu
verstärken. Wirtschaft und öffentliche Verwaltung stehen in der Pflicht, durch Erhöhung der Lehrstellenzahl jedem Jugendlichen einen qualifizierten Ausbildungsplatz zu geben.
Die neue Bundesregierung wird die Rahmenbedingungen schaffen für nachhaltiges Wachstum und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Dazu gehört eine umfassende Steuerreform, die Senkung der gesetzlichen Lohnnebenkosten, die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung und eine Innovationsoffensive in Bildung, Forschung und Wissenschaft.
Beim Bündnis für Arbeit und Ausbildung sollen unter anderem zu folgenden Themen Vereinbarungen gefunden werden:
Sicherung einer qualifizierten Ausbildung für alle Jugendlichen
Integration erwerbsloser Jugendlicher in den Arbeitsmarkt
Beschäftigungschancen für Geringqualifizierte
Flexible und beschäftigungswirksame Organisation der Arbeitszeit, z.
B. Teilzeitarbeit,
Altersteilzeit sowie Einstiegsteilzeit für Jüngere; beschäftigungswirksamer Abbau von Überstunden; die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit
Neuregelung der Anrechnung von Entlassungsabfindungen auf das Arbeitslosengeld
Modernisierung der beruflichen Bildung und der Weiterbildung
Verbesserte Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Produktivkapital
Verstärkung der Branchen- und Regionaldialoge mit dem Ziel, die Innovationsanstrengungen in den Branchen und Regionen zu steigern.
Die neue Bundesregierung wird im Lichte der Ergebnisse des Bündnisses für Arbeit ihre Festlegungen über mögliche politische und gesetzgeberische Maßnahmen hinsichtlich der Sicherung einer qualifizierten Ausbildung für alle Jugendlichen, der Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital und der Arbeitszeitpolitik treffen.
1.3. Jugend braucht Zukunft - Ausbildung für alle
Die neue Bundesregierung wird alles daran setzen, daß den Jugendlichen Chancen für ein
selbstbestimmtes Leben eröffnet werden.
Dazu gehört vor allem die Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit.
Die Ausbildung der Jugend ist die wichtigste Investition für die Zukunft unseres Landes.
Kein Jugendlicher darf von der Schule in die Arbeitslosigkeit geschickt werden.
Wir wollen, daß alle Jugendlichen, die länger als sechs Monate arbeitslos sind, einen Ausbildungsplatz oder einen Arbeitsplatz erhalten.
Wir setzen auf die Jugend unseres Landes. Zur Modernisierung unserer Gesellschaft braucht
Deutschland qualifizierte, motivierte, kreative junge Menschen, die individuelle
Entwicklungschancen mit politischem, sozialem und kulturellem Engagement verbinden.
Deshalb wollen wir ihnen mehr Möglichkeiten der Beteiligung eröffnen.
2. Gerechte Steuern, ökologische Steuer- und Abgabenreform
2.1. Große Steuerreform
Nach den Steuer- und Abgabenerhöhungen der alten Bundesregierung ist für die große Mehrheit der Bevölkerung die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Ziel der neuen Bundesregierung ist es, die Gesamtbelastung bei Steuern und Abgaben zu senken.
Die neue Bundesregierung wird unmittelbar nach Amtsantritt ein Steuerentlastungsgesetz für eine große Steuerreform vorlegen. Ziele der Steuerreform sind die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, mehr Steuergerechtigkeit und eine deutliche Vereinfachung des deutschen Steuerrechts.
Zu dieser Steuerreform gehören:
die Senkung der Steuersätze bei der Lohn- und Einkommensteuer
eine Erhöhung des Kindergeldes
eine Reform der Unternehmensbesteuerung zur Stärkung der Investitionskraft der
Unternehmen.
Die große Steuerreform entlastet die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen in drei Reformstufen in den Jahren 1999, 2000 und 2002. Diese Steuerreform ist solide finanziert und berücksichtigt die schwierige Finanzlage der Länder und Gemeinden. Die Entlastung erfolgt entsprechend dem schrittweisen Aufwuchs der Steuermehreinnahmen durch die vorgesehene Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage.
Die erste Stufe tritt zum 1. Januar 1999 in Kraft.
Sie umfaßt gegenüber dem Tarif 1998 folgende Maßnahmen:
Anhebung des Kindergeldes für das erste und zweite Kind von 220 DM auf 250 DM
Verbesserung des Grundfreibetrages von 12.360 DM auf 13.020 DM, wie bereits
beschlossen
Senkung des Eingangssteuersatzes von 25,9 Prozent auf 23,9 Prozent
Senkung des Körperschaftsteuersatzes für einbehaltene Gewinne von 45 Prozent auf 40
Prozent
Senkung des Spitzensteuersatzes für gewerbliche Einkünfte von 47 Prozent auf 45 Prozent
2.2.
Senkung der Lohnnebenkosten durch eine ökologische Steuer
Die neue Bundesregierung will Beschäftigung fördern und umweltfreundliches Handeln
belohnen. Dazu werden wir eine ökologische Steuer- und Abgabenreform durchführen.
Mit der ökologischen Steuer- und Abgabenreform setzen wir marktwirtschaftliche Anreize für
die Entwicklung energiesparender und umweltschonender Produkte und neuer
Produktionsverfahren und für ein umweltbewußtes Verhalten der Verbraucherinnen und
Verbraucher. Die ökologische Steuer- und Abgabenreform ist ein marktwirtschaftliches
Instrument moderner Technologie- und Industriepolitik. Sie fördert den Strukturwandel und
schafft neue Arbeitsplätze.
Die neue Bundesregierung wird dafür sorgen, daß die Sozialabgaben gesenkt werden.
Die Entlastung der Arbeit durch eine Senkung der gesetzlichen Lohnnebenkosten ist ein
Eckpfeiler unserer Politik für neue Arbeitsplätze.
Dazu werden wir zum einen Strukturreformen durchführen, um die Zielgenauigkeit und
Wirtschaftlichkeit der sozialen Sicherungssysteme zu verbessern. Zum anderen werden wir
die gesetzlichen Lohnnebenkosten im Rahmen einer ökologischen Steuer- und
Abgabenreform senken. Wir werden die Sozialversicherungsbeiträge von heute 42,3 Prozent
des Bruttolohns durch die Einnahmen aus der ökologischen Steuerreform auf unter 40 Prozent
senken. Das entlastet Beschäftigte und Unternehmen.
Die konkrete Ausgestaltung der ökologischen Steuer- und Abgabenreform erfolgt
wirtschaftspolitisch vernünftig und sozial verträglich.
Die neue Bundesregierung wird eine
soziale Flankierung der ökologischen Steuerreform sicherstellen. Dabei wird berücksichtigt,
inwieweit die Haushalte bereits durch die große Steuerreform, die Senkung der Sozialbeiträge
oder durch andere Reformen entlastet werden.
Die Finanzmittel aus der Belastung des umweltschädlichen Energieverbrauchs werden im
Rahmen der Steuer- und Abgabenreform in vollem Umfang an Bürgerinnen und Bürger und
an die Unternehmen zurückgegeben. Entscheidend für den ökonomischen und ökologischen
Erfolg der Steuer- und Abgabenreform sind ihre Berechenbarkeit sowie ausreichende
Anpassungszeiträume.
Unser Ziel ist eine in zeitlich vorgegebenen Schritten kalkulierbare Belastung des
Energieverbrauchs. Diese Grundidee wird bereits in anderen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union, wie z.
B. Großbritannien, praktiziert.
Das Ziel, die Sozialversicherungsbeiträge auf unter 40 Prozent zu senken, wollen wir in drei Schritten erreichen. In einem ersten Schritt werden wir 1999 die Sozialversicherungsbeiträge um 0,8 Prozentpunkte senken. Hierfür sind die Erhöhung der Mineralölsteuer für Kraftstoffe um 6 Pfennig pro Liter, eine Anhebung der Steuer auf Heizöl um 4 Pfennig pro Liter, bei Gas um 0,32 Pfennig pro kWh und für Strom um 2 Pfennig pro kWh vorgesehen.
In der Stromerzeugung eingesetzte Energieträger werden ausschließlich über die Besteuerung des Stroms erfaßt.
Wegen der noch ausstehenden europäischen Harmonisierung der
Energiebesteuerung wird in diesem ersten Schritt die energieintensive Wirtschaft bei Heizöl,
Gas und Strom nicht belastet.
Wir werden den Einsatz regenerativer Energieträger fördern und diese durch die ökologische
Steuerreform nicht belasten. Damit verbessern wir die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der
Erzeugung und des Handels erneuerbarer Energien. Auch für die Stromerzeugung aus
Kraftwerken mit hohen Wirkungsgraden werden wir Anreize schaffen.
Dieses Konzept einer ökologischen Steuer- und Abgabenreform entspricht in den Grundzügen
den Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Harmonisierung der Energiebesteuerung,
die auch eine Besteuerung des Stromverbrauchs vorsehen.
Die neue Bundesregierung wird mit der Übernahme der EU-Präsidentschaft am 1.
Januar
1999 entschieden darauf hinwirken, daß die europäische Harmonisierung der
Energiebesteuerung beginnt. Dabei sollen die bisherigen Vorschläge der EU- Kommission
ökologisch wirksamer ausgestaltet werden. Die neue Bundesregierung wird die
Ratspräsidentschaft der EU für eine europäische Initiative zur Abschaffung der
Steuerbefreiung für Kerosin, Schiffsbrennstoffe und für das Herstellerprivileg auch auf
internationaler Ebene nutzen.
Die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung der beiden weiteren Schritte der
ökologischen Steuerreform zur zusätzlichen Senkung der gesetzlichen Lohnnebenkosten auf
unter 40 Prozent kann erst Mitte 1999 getroffen werden, wenn die Ergebnisse der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft vorliegen. Bei der konkreten Ausgestaltung dieser Schritte muß auch
die konjunkturelle Lage und die Preisentwicklung auf den Energiemärkten berücksichtigt
werden.
3.
Moderne Energiepolitik
3.1. Zukunftsfähige Energieversorgung sicherstellen
Die neue Bundesregierung wird eine zukunftssichere, umweltverträgliche und kostengerechte
Energieversorgung sicherstellen. Erneuerbare Energien und Energieeinsparung haben dabei
Vorrang; dazu gehört auch ein 100.000-Dächer-Programm.
Die Umstrukturierung der Energieversorgung muß den technologischen, ökologischen und
energiewirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung tragen.
Wegen ihrer großen
Sicherheitsrisiken mit der Gefahr unübersehbarer Schäden ist die Atomkraft nicht zu
verantworten. Deshalb wird die neue Bundesregierung alles unternehmen, die Nutzung der
Atomkraft so schnell wie möglich zu beenden.
Noch in diesem Jahr wird die neue Bundesregierung zu Gesprächen über einen neuen
Energiekonsens einladen. Gemeinsam mit der Energiewirtschaft sollen die Weichen gestellt
werden für den Weg zu einem neuen, zukunftsfähigen Energiemix ohne Atomkraft.
Die neue Bundesregierung wird die Entwicklung zukunftsfähiger Energieversorgungssysteme
und wirksame Maßnahmen zur Energieeinsparung fördern. Sie ist der Überzeugung, daß der
Einstieg in neue Energiestrukturen von wachsender wirtschaftlicher Dynamik gekennzeichnet
sein wird, die durch eine Neugestaltung des Energierechts noch befördert werden wird.
Dabei
geht es insbesondere um einen diskriminierungsfreien Netzzugang durch eine klare rechtliche
Regelung und die Schaffung und Sicherung fairer Marktchancen für regenerative und
heimische Energien und eine gerechte Verteilung der Kosten dieser zukunftsfähigen Energien.
Die neue Bundesregierung wird den Kohlekompromiß von 1997, der betriebsbedingte
Kündigungen ausschließt, umsetzen.
Die neue Bundesregierung wird sich gemäß ihrem Grundsatz ”Vorrang der Einsparung vor
der Erzeugung” mit einem breiten Maßnahmenbündel der Förderung von Einspartechnologien
widmen, nicht zuletzt auch angesichts der großen Exportchancen.
Die neue Bundesregierung wird die Hemmnisse beseitigen, die heute noch eine verstärkte
Nutzung regenerativer Energien und den breiteren Einsatz der Kraft-Wärme-Koppelung
behindern. Die neue Bundesregierung wird Instrumentarien entwickeln, die zur Anpassung
der Strompreise in den neuen Ländern an das Westniveau führen.
3.
2. Ausstieg aus der Atomenergie
Der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie wird innerhalb dieser Legislaturperiode
umfassend und unumkehrbar gesetzlich geregelt. Dazu vereinbaren die Koalitionsparteien
folgendes schrittweises Verfahren. In einem ersten Schritt wird als Teil des
100-Tage-Programms eine erste Änderung des Atomgesetzes mit folgendem Inhalt eingebracht:
Streichung des Förderzwecks
Einführung einer Verpflichtung zur Sicherheitsüberprüfung, vorzulegen binnen eines Jahres
Klarstellung der Beweislastregelung bei begründetem Gefahrenverdacht
Beschränkung der Entsorgung auf die direkte Endlagerung
Aufhebung der Atomgesetz-Novelle von 1998 (mit Ausnahme der Umsetzung von
EU-Recht)
Erhöhung der Deckungsvorsorge
Im zweiten Schritt wird die neue Bundesregierung die Energieversorgungsunternehmen zu
Gesprächen einladen, um eine neue Energiepolitik, Schritte zur Beendigung der Atomenergie
und Entsorgungsfragen möglichst im Konsens zu vereinbaren. Die neue Bundesregierung
setzt sich hierfür einen zeitlichen Rahmen von einem Jahr nach Amtsantritt.
Als dritten Schritt wird die Koalition nach Ablauf dieser Frist ein Gesetz einbringen, mit dem
der Ausstieg aus der Kernenergienutzung entschädigungsfrei geregelt wird; dazu werden die
Betriebsgenehmigungen zeitlich befristet.
Der Entsorgungsnachweis wird angepaßt.
Zur Entso
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