Die deutschen parteien sind vor allem als weltanschauungsparteien
Die deutschen Parteien sind vor allem als Weltanschauungsparteien
entstanden. Dabei spielte früher auch die Zugehörigkeit zu einem Stand oder
einer Klasse eine entscheidende Rolle. Im vorstehenden Schema lassen sich
vier politische Grundhaltungen erkennen. Man sollte die wichtigsten
Parteien der BRD aber nicht nach einer solchen geschichtlichen Entwicklung
beurteilen wollen.
SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands)
- entstand im späten 19.Jhdt.
als Arbeiterpartei mit marxistisch
geprägter revolutionärer Programmatik; Neugründung 1945
- Durch das Godesberger Programm (1959) Wandel zur linken
Volkspartei Öffnung für alle Wählerschichten
- Ziel: demokratischer Sozialismus
- Grundwerte/leitende Prinzipien: Freiheit, soziale Gerechtigkeit
und Solidarität
Demokratie als Prinzip, das alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringen soll
- Ziele der 90er: aktive Arbeitsmarktpolitik, Gleichstellung von
Mann und Frau, ökologischer Umbau der Industriegesellschaft und Angleichung
der Lebensverhältnisse innerhalb Deutschlands (Ost-West)
CDU (Christlich-Demokratische Union)
- 1945 als Sammlungsbewegung christlicher Kräfte gegründet
(gleichsam die CSU in Bayern)
- christlich-konservative und soziale Volkspartei mit liberalen
Einflüssen
- Ziel: freiheitlich-demokratische Grundordnung bewaren
- Geleitet von Subsidiaritätsprinzip, Hilfe zur Selbsthilfe und
Integration der BRD in den Westen
- Ziele der 90er: Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland
(Ost-West), schlanker Staat , ökologische Weiterentwicklung der sozialen
Marktwirtschaft und Verbesserung der inneren Sicherheit
FDP (Freie Demokratische Partei)
- 1948 gegründet um die Spaltung des Liberalismus (19.Jhdt.) zu
überwinden
- 50er und 60er: bürgerlich-mittelständische Partei mit stark
nationalem Einschlag
- Ende der 60er linksliberal frühe 80er wieder wirtschaftsliberal
- In jeder der wechselnden Koalitionen liberales Kollektiv
- Bezeichnete sich nie als Volkspartei; hat den Ruf einer Partei
der Wohlsituierten (unternehmensfreundlich)
- Als Zünglein an der Waage oft verhältismäßig großen polit. Einfluss
Bündnis 90 / Die Grünen
- Entstehung 1990 aus Zusammenschluss des ostdeutschen Bündnis 90
(Vereinigung von Bürgerrechtsgruppen in der ehemaligen DDR) und den
westdeutschen Grünen
Zu den Grünen:
- Entstehung in den 70ern aus verschiedenen Gruppierungen
(Umwelt-, Friedens-, Anti-Atom- und Frauenbewegung)
- Ursprünglich als parlamentarisches Sprachrohr der bunten
außerparlamentarischen Bewegung keine Partei im herkömmlichen Sinne (
Basisdemokratie )
- Inzwischen kein Selbstverständnis als Antipartei mehr, aber
fundamentalistische Positionen (z.B. Ausstieg aus der NATO, sofortiger
Atomkraftausstieg, drastische Energiesteuern)
- Inzwischen Kompromissbereitschaft bei Koalitionsabkommen
PDS (Partei des demokratischen Sozialismus)
- 1989 aus dem Zusammenbruch der SED (DDR) entstanden
- innerparteilich: sozialistischer Pluralismus, auch Stalinisten
geduldet
- Sucht neuen sozialistischen Mittelweg zwischen Kapitalismus und
Sowjetkommunismus
- Ziele: Veränderung der Eigentumsverhältnisse (Formen des
Privateigentums an Produktionsmitteln neben starkem Sektor
gesellschaftliches Eigentum)
- Viele Anhänger in den neuen Ländern, wo sie als Protestpartei
fungiert
Republikaner
- Gründung 1983
- 1989 erstmals die 5%-Hürde genommen (Berlin; Europaparlament)
- Aufstieg eingedämmt durch Thematisierung der
Ausländerproblematik und feindlichkeit in der Gesellschaft
- Vorwurf an die anderen Parteien, die deutschen Interessen würden
nicht richtig wahrgenommen
- Insgesamt rechtsgerichtet; bemüht um moderates Image
Das Parteiensystem in der Bundesrepublik
Die Existenz mehrerer, mindestes zweier Parteien ist ein typisches
Kennzeichen einer freiheitlich-demokratischen Ordnung.
Bei einem
Mehrheitssystem kann wieder zwischen einem Zweiparteiensystem und einem
Vielparteiensystem (z.B. Frankreich und Italien) unterschieden werden. Die
BRD gehört heute zu den Staaten, in denen zwei große Parteien ein solches
Gewicht besitzen, dass das ganze System einige Züge des Zweiparteiensystems
annimmt. Dies zeigt sich nicht nur darin, dass eine der großen Parteien,
die CDU, die absolute Mehrheit im Bundestag erringen konnte oder ihr stets
sehr nahe war. Es wird vor allem auch daran deutlich, dass CDU und SPD
alle möglichen, oft sehr unterschiedlichen Interessen und Richtungen in
sich vereinigen und sich als Volksparteien einander angleichen.
Dadurch,
dass die beiden großen Parteien alle Volksteile ansprechen und
repräsentieren wollen, wird es natürlich für eine kleinere Partei schwer,
sich zu behaupten. Allerdings ist damit nicht gesagt, dass in der BRD ein
Zweiparteiensystem funktionieren würde. Dabei kommt es nämlich nicht nur
auf die Existenz zweier Parteien an, sondern auch auf ihr Gleichgewicht.
In den Anfängen der Bundesrepublik, nach der ersten Bundestagswahl, fand
eine Aufsplitterung des Parteiensystems statt. Neben den bis heute
erhaltenen Parteien CSU, CDU, FDP und SPD existierten noch rechts die
Deutsch-Konservative Partei , im Bereich der regionalen und christlichen
Parteien der Wirtschaftliche Aufbauverband , die Niedersächsische
Landespartei und die Deutsche Zentrumspartei , sowie in der Linken die
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Letztere konnte noch 1945 unter
dem Bild Thälmanns und stalinistischer Parolen ihren Parteitag in Hamburg
ungehindert durchführen, obwohl sie die freiheitliche Grundordnung ablehnte
(siehe untenstehende Abbildung).
(Politik s. 143)
Die KPD wurde 1956 nach einem fünfjährigen Verfahren vom
Bundesverfassungsgericht verboten. Dieses Urteil basierte wie auch das
Verbot der Sozialistischen Reichspartei 1952- auf Artikel 21, 2 des
Grundgesetzes.
In der Zeit nach 1945 fanden in der Parteienlandschaft einige
Aufsplitterungen, sowie Neugründungen und Fusionen statt :
Die Rechte
Aus der Deutsch-Konservativen Partei wurde bereits 1946 die Deutsche
Rechtspartei , aus der wiederum die Sozialistische Reichspartei (SRP) 1949
und die Deutsche Reichspartei (DRP) 1950 hervorgingen. Nach dem Verbot der
SRP (s.o.
) flossen die Stimmen und Mitglieder der beiden Rechten der 1964
gegründeten Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) zu. Dieser
Zusammenschluss verschiedener Rechter schaffte `66-68 den Sprung in mehrere
Landesparlamente, blieb aber sonst eher erfolglos. Rechtsextreme Strömungen
lösten sich und fanden sich 1983 in der Deutschen Volksunion (DVU) und den
Republikanern zusammen.
Die Linke
Bereits 1945 begann die KPD wieder mit der Organisation ihrer
neugegründeten Ortsgruppen, im Osten Deutschlands mit Unterstützung der
Sowjetischen Besatzungsmacht, welche den deutschen Kommunisten Vorteile in
der Materialzuteilung gewährte. Stalin gab auch die Anweisung für den
Zusammenschluss von SPD und KPD nachdem sich ein deutlicher Stimmenverlust
der KP bei regionalen Walen zugunsten der SPD abzeichnete. Die Sowjets
verantworteten es 1945 schließlich auch, dass auf dem von ihnen besetzten
Teil Deutschlands ein Staat stalinistischer Prägung mit der SED als
Kaderpartei ausgerufen wurde.
(Weiteres siehe Abschnitt Entwicklung in der
DDR ).
In Westdeutschland wurde die KPD, nach anfänglichen Erfolgen, aufgrund
des Kalten Krieges und mit eintritt des Wirtschaftswunders immer
bedeutungsloser bis sie 1956, vom BVG in Karlsruhe als verfassungsfeindlich
eingestuft, verboten wurde.
Westdeutsches Parteiensystem als Ganzes
Nimmt man das Parteiensystem in Westdeutschland als Ganzes, so zeigen sich
in den vier Jahrzehnten zwischen der Gründung der Bundesrepublik 1949 und
der Widervereinigung 1990 vielfältige Veränderungen. Anfänglich gab es
viele Parteien mit Mandatschancen für den Bundestag. 1949 saßen dort 10
Fraktionen (CDU und CSU als Einheit gerechnet) und Gruppen, zudem noch 3
fraktionslose Abgeordnete und die gültigen Stimmen wurden bis auf einen
kleinen Rest (1,1%) in Mandate umgesetzt. Dies lag einerseits am noch nicht
so strengen Wahlgesetz (im Vergleich zu späteren Bundeswahlen) nach dem die
5%-Klausel nur für Länder bestand und ein Mandat über die Erststimmen
genügte, um Mitglied des Bundestages zu werden.
Andererseits wurde die
Auferstehung der vielfältigen Parteienlandschaft wie sie in der Weimarer
Republik schon bestand durch die strenge Lizenspraxis der Alliierten
besonders der Amerikaner und Franzosen- gebremst, da diese nur einem Teil
der Parteien die Möglichkeit einräumten, politisch aktiv zu werden.
Der entscheidende Unterschied zu Weimar war von Anfang an die Union. Mit
ihr entstand erstmals eine zweite Volkspartei neben der SPD mit
überkonfessioneller Anlage, d.h. die Union vereinte alle
christ-demokratischen Bewegungen vom katholischen Zentrum bis zu den
protestantischen Nationalen unter einem Dach. 1949 erhielten CDU und SPD
3\5 aller gültigen Stimmen (60,2%).
Neu im Bundestag
war die erst 1950 gegründete Vertreterin der Vertriebenen, der BHE (Block
der Heimatvertriebenen und Entrechteten); Zeichen dafür, dass die vor `49
erfolgte Lizenzvergabe der Alliierten nicht ausschlaggebend für politischen
Erfolg auf Bundesebene war.
Jede 15. Stimme (6,7%) blieb diesmal bei der Mandatszuweisung
unberücksichtigt ein sehr beachtlicher Wert. Die verschärfte Sperrklausel
zeigte ihre Wirkung. Die CDU konnte so ihre Koalition mit der FDP und der
DP fortführen und nahm zusätzlich den BHE in die Regierung auf. Die SPD
blieb weiterhin unter ihren verschiedenen fghdtj in der Opposition.
Im Jahre 1957 setzte sich der Konzentrationsprozess weiter fort. Im
Bundestag gab es nun nur noch 4 Gruppen. Neben CDU/CSU und der SPD, die ihr
Tief von `53 zu überwinden begann (31,8%), gab es nur mehr die FDP und die
von der CDU gestützte DP, die ohne Hilfe des großen Koalitionspartners
nicht mehr nach Bonn zurückgekehrt wäre. Der BHE blieb knapp unter 5% und
so lag der Anteil nicht umgesetzter Stimmen diesmal bei 7,1%. Dank der
absoluten Mehrheit der Union bei der dritten Bundestagswahl konnte sie nun
auf die Stimmen der FDP verzichten und gründete nur noch eine Koalition mit
der DP, welche sich jedoch 1961 auflöste und zusammen mit dem BHE die
Gesamtdeutsche Partei (GDP) bildete, die 1964-66 fast vollständig zur CDU
wechselte.
Für die SPD begann 1959 ein nahezu radikaler Wandel.
Die Reformen des
Godeberger Parteitags markierten einen Kurswechsel von der sozialistisch
angehauchten Arbeiterpartei zur sozialen Volkspartei mit Akzeptanz der
Westintegration Deutschlands. Die klare Trennung der politischen Lager der
50er Jahre mit freier Marktwirtschaft und Westpolitik Adenauers und der FDP
auf der einen Seite und sozialistische Demokratie mit der Forderung nach
mehr Verstaatlichung und Neutralität in der internationalen Politik auf der
anderen war damit beendet. Der Weg zum System der sich in ihrer
Programmatik wenig unterscheidenden Großparteien war geebnet.
In der 4. Bundestagswahl 1961 bestanden nur noch 3 Fraktionen: CDU/CSU, SPD
und FDP. Diese Struktur, das Zwei-Parteien-System mit der FDP als
Mehrheitbeschaffer, blieb fast 22 Jahre lang erhalten; bis zum Frühjahr 1983.
Die CDU verlor 1961 die absolute Mehrheit (45,3% der Zweitstimmen) und war
damit wieder zur Koalition mit der FDP gezwungen. Der FDP gelang in diesem
Jahr ihr bestes Wahlergebnis überhaupt (12,8%) und ging, trotz der
Vorbehalte gegen Adenauer, wieder mit ihm eine Koalition ein. Die FDP
erreichte schließlich auch, dass Adenauer 1963 sein Amt an Erhard abgab.
Letzterer bekam die Probleme der damaligen Zeit jedoch nicht in den Griff.
Trotz der ersten deutschen Rezession nach dem Krieg und dem zunehmenden
Wertewandel konnte 1965 noch die Bundestagswahl gewonnen werden (47,6%).
Letzten Endes scheiterte die Koalition aber an der Diskussion um den
Haushaltsausgleich 1966 und die Union führte kurzzeitig eine
Minderheitsregierung bis sie im Dezember `66 eine Große Koalition mit der
SPD bildete; Zeichen dafür, dass die zwei Großparteien sich nun so nahe
gekommen waren, dass keine ideologischen Mauern mehr bestanden.
Die große Koalition wurde 1969 überraschend durch die sozial-liberale
Regierung unter Willy Brand, dem ersten Bundeskanzler der SPD abgelöst.
Eine neue Ära der SPD als Legislative Gewalt begann und hielt ab `74 unter
Helmut Schmidt- bis Oktober `82. In dieser Zeit, in der die Union erstmals
in der Rolle der Opposition war, begannen die Unionsparteien unter heftigen
innerparteilichen Diskussionen eine klare Linie festzulegen.
Der 1982 gestartete Versuch eines konstruktiven Misstrauensvotums
scheiterte nur knapp. Der Verdacht, dass einer der beiden Unionspolitiker,
die gegen den damaligen CDU-Vorsitzenden Barzel stimmten, von der DDR
bestochen worden war, scheint nicht unbegründet. Einige Monate später wurde
der Bundestag nach Ablehnung einer Vertrauensfrage des Kanzlers gemäß Art.
68 GG aufgelöst. Bei den anschließenden Neuwahlen erhielt die SPD erstmals
mehr Stimmen als die Union. Barzel trat daraufhin zurück und wurde von
Helmut Kohl als Parteivorsitzender abgelöst.
Ohne den Wandel von der Klassen- zur Volkspartei, wie er mit den
Godesberger Programmen von 1959 noch eher angekündigt als dokumentiert
wurde, wäre der steile Aufstieg der SPD nicht möglich gewesen. Die durch
den Einfluss der Medien geförderte Konzentration der Wähler auf die beiden
großen Volksparteien hatte ihre Parallele im Rückgang der bei der
Mandatszuweisungen nicht zu verwertenden Stimmen. Ihr Anteil betrug 1961
5,8%, 1965 3,6%, 1969 5,4% (NPD verfehlte den Einzug in den Bundestag) und
1% 1972.
Auch in Folge blieb er niedrig.
1982 gelang in der Geschichte der BRD erstmals ein konstruktives
Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt. Die FDP wechselte den
Koalitionspartner und demonstrierte so ihre Macht als Zünglein an der Waage
. Neuer Kanzler wurde Helmut Kohl.
Ab 1983 hatte der Bundestag mit den Grünen wieder 4 Fraktionen. Den Preis
dafür musste vor allem die SPD zahlen, der nun die neue Partei viele Wähler
abnahm.
Sie sank deshalb von 38,2% im Jahre 1983 auf 37% bei der Wahl von 1987.
Diese erneute Auffächerung des Parteiensystems war Ausdruck des Wandels in
den Ansichten und Prioritäten, der sich seit den `60ern in der Bevölkerung
vollzog und von der Wählerschaft der Grünen besonders deutlich empfunden
wurde. Beim Blick auf den Bundestag könnte man sagen, dass sich innerhalb
von 12 Jahren ein ausgesprochenes Vielparteien- in ein
Dreiparteiensystem verwandelte und sich erst gut zwei Jahrzehnte später,
1983, wieder zu einer Vierergruppe ausweitete.
Eine solche Sichtweise wird der Entwicklung aber nicht ganz gerecht. Zwar
hatte die `57 nochmals verschärfte Sperrklausel in den `50ern und `60ern
eine beachtliche selektive Wirkung (ohne sie wären die kleineren Parteien
kräftiger geblieben), aber ein leichterer Zugang zum Bundestag hätte die
Dominanz der Großparteien wohl auch nicht gefährdet.
Diese war nämlich bereits 1949 gegeben, als es nur geringe Hürden gab, und
sie entsprach den Entwicklungstendenzen der sich immer deutlicher
herausbildenden Mittelstandsgesellschaft.
Entwicklung in der DDR
Nach der Konstituierung der DDR zögerte die Regierung Parlamentswahlen noch
um 1 Jahr heraus, um Parteien, Verwaltung und Justiz stärker in ihrem Sinne
umzugestalten. Auch in der SED galt es, sozialdemokratische Reste zu
beseitigen. Die intensive Schulung und Säuberung wurde in allen Richtungen
kräftig vorangetrieben.
Nach anfänglichem Widerstand seitens der CDU und der LDP erreichte die SED
im Juli 1950 durch erheblichen Druck ihr Ziel: Quoten und Einheitsliste
wurden eingeführt. Danach erhielt die SED 25% der Mandate, die ihr engstens
verbundenen Massenorganisationen bekamen 35%, ihre Filialparteien NPD und
DBP je 5%, CDU und LDP 15%. Als Kandidat wurde nur aufgestellt, wer an
seiner Zuverlässigkeit keinen Zweifel ließ.
Das führte zu einem
weitgehenden Personalwechsel und zu einem gefügigen Parlament.
Bei der Wahl wurde 1950 eine relativ offene Abstimmung praktiziert. Die
Wahlbeteiligung betrug 99,7% und die Einheitsliste erhielt 99,7% der Stimmen.
Die Volkskammer der DDR tagte nur selten, freie Diskussionen fanden nicht
statt. Das Parlament war reine Fassade.
Der öffentliche Dienst wurde in hohem Maße von der SED durchdrungen; schon
`48 konnte keine wichtige personelle Entscheidung ohne sie getroffen
werden.
Immer mehr Beamte traten so der SED bei.
Binnen kurzer Zeit wurde die DDR zu einem völlig auf die Ziele der SED
ausgerichteten und straff von ihr beherrschten Staat umgewandelt.
Innerhalb der Partei gewann der Generalsekretär Ulbricht zunehmend an
Macht. Nach dem schnell niedergeschlagenen Aufstand am 17./18. Juni 1953,
der ursprünglich der Arbeiterschaft entsprang, aber schnell
allgemeinpolitischen Charakter annahm, wurden zahlreiche Opponierende wegen
Fraktionsbildung ausgeschaltet und Ulbricht beherrschte nun die Partei
unangefochten.
Die ab `58 schwelende Berlinkrise und die Kollektivierung der
Landwirtschaft förderten die Neigung zur Flucht in der Bevölkerung. Die DDR
sah sich wegen Massenabwanderungen gezwungen, 1961 durch den Mauerbau den
Staat nach westen abzuriegeln.
Im Mai 1971 trat der fast 78jährige Ulbricht zurück und schlug Erich
Honecker als seinen Nachfolger vor. Nun galt der Grundsatz der
Kollektivität für die Entscheidungen der Partei auf allen Ebenen, die
verstärkte Verbindung mit der UdSSR und eine noch stärkere Einbettung in
das von der Sowjetunion geführte sozialistische Staatensystem.
Der Sozialismus wurde als Zukunft der ganzen deutschen Nation bezeichnet;
die Übertragung auf den Westen sollte in einem friedlichen Wettbewerb
erreicht werden ( Grundsätze und Ziele 1946).
Neben der SED mit ihren um 1955 ca.
1,4 Mio. und zu Beginn der `70er etwa 2
Mio. Mitgliedern (Tendenz steigend) spielten die anderen Parteien in der
DDR nur eine periphere Rolle. Sie hatten die Aufgabe, die Ziele des
Staates, also die der SED, in den von ihnen betreuten Bevölkerungskreisen
zu verdeutlichen und damit zu fördern. Seit der Gleichschaltung 1950 waren
sie zu völliger Loyalität bereit.
Entsprechend ihrer geringen Bedeutung war die Mitgliederzahl der ehemals
bürgerlichen Parteien in den `50er und `60er Jahren sehr niedrig und lag
deutlich unter 100 000.
Sie nahm in den `70ern aber wieder zu und stieg im
folgenden Jahrzehnt noch stärker auf mehr als 100 000 an. Ein Parteibuch
hier erlaubte es, nicht Mitglied der SED werden zu müssen.
Gegen Ende der `70er verstärkte sich die Protestbereitschaft und
Unzufriedenheit der Bevölkerung, die ökologischen Probleme wurden immer
unübersehbarer und die Friedensbewegung fand auch in der DDR Resonanz. Es
bildeten sich oppositionelle Kreise, häufig im Schutz der Kirche, und es
kam zu Demonstrationen, zuerst im Februar 1982 in Dresden, `83 in Jena und
Berlin.
Die Regierung suchte sich Erleichterung zu schaffen, indem sie mehr
Ausreisegenehmigungen erteilte (Höhepunkt `84). Im Juni 1987 gab es in
Berlin, im Februar `88 in Dresden Zusammenstöße zwischen Polizei und
Demonstranten.
Im Jahre 1989 spitzte sich die Entwicklung schnell zu. Ungefähr 10-20% der
Wähler befolgten Aufrufe, sich von Kommunalwahlen fernzuhalten oder mit
nein zu stimmen und die Auszählungen zu beobachten. Im offiziellen Ergebnis
fand das keinen Niederschlag, was einen wochenlangen Streit,
Vertrauensschwund in die Partei und eine enorme Zahl von Parteiaustritten
nach sich zog. Die SED geriet völlig in die Defensive, Massenabwanderungen
trugen zur Destabilisierung des Regimes bei.
Mitte des Jahres gab es etwa 500 Oppositionsgruppen. Die Bürgerbewegungen
forderten Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden, sowie Schutz und Bewahrung
der Natur.
Anfang Oktober kam es zu friedlichen Massendemonstrationen, die eine Welle
politischer Ereignisse zur Folge hatten.
Am 18. Oktober trat Honecker zurück; Egon Krenz wurde sein Nachfolger. Kurz
darauf trat auch der Ministerrat zurück, die Mauer war geöffnet (9. Nov.),
erste Gespräche zwischen SED und den Oppositionsgruppen kamen in Gang; CDU
und LPD lösten ihre enge Bindung an die SED und die Volkskammer strich den
Führungsanspruch der SED aus der Verfassung.
Anfang Dezember trat die gesamte Parteiführung zurück. Auf dem Parteitag
15./16.12. beschloss die Partei (jetzt SED/PDS) eine
marxistisch-leninistische Linie. Die alte Führungsstruktur wurde
aufgehoben, ebenso das Fraktionsverbot; die geheime Wahl aller
Funktionsträger wurde vorgeschrieben, was zu innerparteilicher Demokratie
führen sollte.
Gysi wurde zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Bis zu den Volkskammerwahlen im März `90, die ganz im Zeichen der deutschen
Einheit standen (am Wahlkampf hatten Westparteien entscheidenden Anteil),
organisierten und reorganisierten sich zahlreiche Parteien.
Die Wahl ließ schließlich erkennen, dass das Parteiensystem des
wiedervereinigten Deutschland dem der alten BRD entsprechen würde freilich
mit regionalen Besonderheiten in den neuen Bundesländern wie einer Partei
links von der SPD, der PDS, oder einer der CSU befreundeten Gruppe, der
DSU. Für das Bündnis 90, das sich so großen Anteil am Ingangkommen der
Herbstrevolution zuschreiben durfte, war das Ergebnis (2,8%) sehr
enttäuschend. Die PDS dagegen durfte zufrieden sein, da sich immerhin jeder
sechste Wähler für sie entschieden hatte (16,4%).
Noch vor der formellen Wiedervereinigung Deutschlands fusionierten die
jeweils entsprechenden Parteien in Ost und West.
Die ersten Gesamtdeutschen
Wahlen wurden auf den 2. Dezember angesetzt.
Entwicklung nach der Wiedervereinigung
Das Parteiensystem der nun um 5 Bundesländer erweiterten BRD änderte sich
nur unwesentlich.
Bei den folgenden Bundestagswahlen war ein leichtes zunehmen der PDS zu
erkennen: 1994 zog sie durch 4 Direktmandate in den Bundestag ein; `98
schaffte sie die 5%-Hürde. Bei den Landtagswahlen im Osten wird die PDS
kontinuierlich stärker, da sie über eine Basis aus ehemaligen SED-
Anhängern und jungen Wählern verfügt. Wahlergebnisse über 20% sind dadurch
zu erklären, dass viele PDS aus Protest wählen.
In den alten Bundesländern
bleibt die PDS aber unbedeutend. Unklar scheint noch der genaue Kurs der
PDS, da sie sich zwar der Demokratie verpflichtet hat, aber auch Leninisten
im links- außen-Flügel duldet. Ebenso wie für die FDP im Osten sind die
Wähleranteile von Bündnis 90/Die Grünen verschwindend gering.
1998 kam es auf Bundesebene zum Regierungswechsel. Die SPD gewann die
Wahlen, Gerhard Schröder wurde Bundeskanzler. Die Regierungspartei
entschied sich für eine Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen.
Die Tatsache, dass sich trotz des bedeutenden Umbruches in der BRD keine
Änderungen im Parteiensystem ergaben spricht für die Stabilität und
Kontinuität des Staatssystems.
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