C g jung - psychologie-vortrag
C.G. Jung
Psychologie-Vortrag
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Seine Jugend
3. Die Studienzeit
4.
Okkultismus und Parapsychologie
5. Das Burghölzli
6. Sigmund Freud
7. Die Auseinandersetzung mit dem Unbewussten
8. Psychotherapie
9. Die Familie und Haus
10.
Seine Reisen
11. Der Turm
12. Ueber das Leben nach dem Tode
1. Einleitung
Ich habe diesen Vortrag aus zwei verschiedenen Büchern über C.G. Jung zusammengefasst.
Es war eher schwierig über ihn zu schreiben, da die Bücher autobiographische Aufzeichnungen sind und alles aus seiner Sicht geschrieben ist. Ich habe versucht vieles aus seinem Leben zu berücksichtigen. Seine Reisen, seine Familie, die Jugendzeit, einfach die Dinge, die mich interessiert haben.
2. Seine Jugend
Am Anfang dieses Kapitels "Die Jugend" möchte ich ein Zitat von C.G.
Jung bringen.
Mein Leben ist die Geschichte einer Selbstverwirklichung des Unbewussten.
Alles was im Unbewussten liegt, will Ereignis werden.
Carl Gustav Jung wurde am 26. Juli 1875 als Sohn eines Pfarrers geboren. Seine Kindheitserinnerungen reichen weit zurück und er konnte sich noch im hohen Alter an vieles, das sich in seiner frühesten Kindheit ereignet hatte, erinnern.
Die Kindheit verlief nicht ohne innere und äussere Schwierigkeiten. Er war lange ein Einzelkind, seine Schwester Gertrud wurde erst neun Jahre nach ihm geboren. Sein Wesen war verschlossen und am liebsten hing er seinen Träumereien nach, er konnte es nicht ausstehen, wenn er in seinem Spiel gestört oder beobachtet wurde.
Zwischen Jung und seiner Mutter bestand eine starke, wenn auch nicht unproblematische Beziehung. Jung sagte selber über seine Mutter, dass sie eine sehr gute Mutter gewesen sei, mit einer grossen animalischen Wärme, dass sie ungeheuer gemütlich und korpulent war.
Ihre grosse, geistige Begabung blieb verborgen hinter einer wirklich lieben, dicken alten Frau, die sehr gastfreundlich war, ausgezeichnet kochte und viel Sinn für Humor hatte.
Sie hatte alle hergebrachten traditionellen Meinungen, aber handkehrum trat bei ihr eine unbewusste Persönlichkeit in Erscheinung, die ungeahnt mächtig war - eine dunkle, grosse Gestalt, die unantastbare Autorität besass.
Emilie Jung soll, wie schon ihre Mutter, das "zweite Gesicht" besessen haben. Von jeher interessierte sie sich lebhaft für seltsame oder "okkulte" Vorkommnisse und nahm später regen Anteil an den spiritistischen Untersuchungen ihres Sohnes.
Die Tatsache, dass in Jungs viertem Lebensjahr eine längere Trennung von seiner Mutter eintrat, da sie für mehrere Monate ins Spital nach Basel musste und er die Ehe der Eltern nicht als sehr glücklich erlebte, hat ihn nachhaltig beeinflusst. Er hatte Mühe, sich in die Welt und ins Leben hinein zu entwickeln.
Mit sechs Jahren kam Jung in die Dorfschule in Klein-Hüningen, und gleichzeitig begann sein Vater ihm Lateinunterricht zu geben.
Er ging gern zur Schule, er fand dort Kameraden, mit denen er spielen konnte. Dennoch überwog schon in jenen Jahren seine "Passion des Alleinseins, die Entzückung der Einsamkeit". Dies führte zu einer Neurose des 12jährigen, er litt an Ohnmachtsanfällen und konnte daher nicht zur Schule gehen. Er überwand dann aber die Neurose aus eigener Kraft.
Die entscheidenden Ereignisse seiner Kinderjahre lagen nicht im Ablauf des täglichen Lebens, sondern in der Welt seiner Phantasien, in ungewöhnlich reichen und bedeutungsvollen Träumen, sowie seinen religiösen Ueberlegungen und Erfahrungen, von denen er jedoch zu niemanden sprach, da er sie als ein Geheimnis betrachtete.
Als 17-19jähriger Jüngling führte er zahlreiche heftige Diskusionen mit dem Vater über religöse Fragen, die jedoch stets unbefriedigend verliefen.
Die verschiedenen Glaubensrichtungen entfremdete Vater und Sohn.
Mit seiner Schwester Gertrud verband ihn Herzlichkeit und Achtung. Er sagte einst über sie: "Ihr äusseres Leben war still, zurückgezogen und verlief im engen Kreise verwandtschaftlicher und freundschaftlicher Beziehungen. Sie war höflich, freundlich, versagte aber den neugierigen Blicken in ihr Inneres zu sehen. So starb sie auch, klaglos, ihr eigenes Schicksal nicht erwähnend, in vollkommener Haltung. Sie legte ein Leben ab, das sich innerlich erfüllt hatte, unberührt von Urteil und Mitteilung.
"
3. Die Studienzeit
Als Zwanzigjähriger begann Jung sein Medizinstudium an der Universiät von Basel. Ein Jahr später starb der Vater, und die Mutter zog mit ihm und seiner Schwester in die Baselbieter Vorortsgemeinde Binningen, in ein Haus bei der Bottminger Mühle.
Schwerwiegende finanzielle Probleme stellte die Fortsetzung des Studiums in Frage. Ein Onkel stellte ihm dann einen Teil des Geldes zur Verfügung, den Rest verdiente er sich mit arbeiten, und so konnter er sein Studium weiterführen. Die Studienzeit war eine sehr schöne Zeit für Jung.
Voll von Freundschaften und Erlebnissen. Während dieser Zeit hielt er einige Vorträge über theologische und psychologische Themen.
Gespräche und Diskussionen gaben ihm wertvolle Anregungen. Meist gelang es Jung vortrefflich, den ungebärdigen Chorus von fünfzig bis sechzig Studenten aus allen Fakultäten geistig zu dominieren und in spekulative Zonen hinüberzuzaubern, die weitaus den meisten von ihnen ein fremdes Wunderland waren. Der eigenwillige Outsider Jung hielt zeitweilen alles unter seinem geistigen Daumen was ihm sehr gut gefiel.
4 Okkultismus und Parapsychologie
Unser Weltbild entspricht nur dann der Wirklichkeit, wenn auch das Unwahrscheinliche darin seinen Platz hat.
Dies schreibt C.G. Jung am Anfang des Kapitels Okkultismus und Parapsychologie, ein sehr beieindruckendes Kapitel, wenn man daran glaubt. Von 1895 bis 1899 fürte Jung mit seiner Cousine Helene Preiswerk, spiritistische Experimente durch. Dies war damals nichts Aussergewöhnliches, denn Tischrücken, Mediumismus, Geistersehen und Aehnliches waren sehr in Mode.
Einige Zeit vor Beginn der Experimente ereignete sich bei Jung zu Hause zwei Spukphänomene.
Die Platte eines runden Esstisches aus Nussbaumholz, ein altes Familienerbstück, zeriss mit lautem Knall, und etwa zwei Wochen später zersprang mit ähnlichen explosionsartigem Knall ein Brotmesser in der Schublade des Buffets in vier Teile. Es befindet sich noch heute im Besitz der Familie Jung.
Helene Preiswerk war das elfte Kind von fünfzehn Geschwistern. In den Sitzungen mit ihrem Vetter fiel das junge Mädchen in Trance, und Phantasiegestallten sprachen aus ihr.
Ueber die Ereignisse seiner Untersuchungen schrieb Jung später seine Doktordissertation: "Zur Psychologie und Pathologie, sogenannter okkulter Phänomene". Helena Peiswerk starb mit dreissig Jahren.
Jung bezeichnete sie als eine Frühvollendete. Anscheinend, so führte er aus, waren die in Tranceaussagen zu Wort gekommen überlegen weibliche Gestalten mit einer reiferen Persönlichkeit. Diese hatten die innere Entwicklung vorgezeichnet. Als er das Wintersemester 1902-03 in Paris bei Pierre Janet studierte, traf er seine Cousine noch einmal an. Er lud sie in die Oper ein, aber von Spiritismus war nicht mehr die Rede. Bis in sein hohes Alter hat sich Jung mit Fragen des "Okkultismus" oder wie es bald hiess, der "Parapsychologie" beschäftigt.
Er sagte einmal:
"Die irrationale Fülle des Lebens hat mich gelernt, nie etwas zu verwerfen, auch wenn es gegen alle unsere Theorien verstösst oder sich sonstwie als unerklärlich erweisst. Man ist dadurch zwar beunruhigt; man ist nicht ganz sicher, ob der Kompass richtig zeigt, aber in Sicherheit, Gewissheit und Ruhe macht man keine Entdeckungen.
5. Das Burghölzli
Die Jahre am Burghölzli, der Psychatrischen Universitätsklinik von Zürich, waren meine Lehrjahre. Im Vordergrund meines Interssens und meines Forschens stand die Frage: was geht in den Geistenskranken vor? Unter meinen Kollegen befand sich niemand, der sich um dieses Problem gekümmert hat.
Nachdem Jung sein Medizinstudium an der Universität von Basel im Juli 1900 beendet hatte, entschloss er sich für den Beruf des Psychiaters und übernahm am 10.
Dezember 1900 die Stelle des Assistenten von Prof. Dr. Eugen Bleuler, Professor für Psychiatrie and der Universtät Zürich und Direktor der Heilanstalt Burghölzli. Jung sprach später von diesem Augenblich als von einem "Eintritt ins Weltkloster", er habe sich damals während eines halben Jahres "wie in Klostermauern eingeschlossen", um sich an das Leben und den Geist einer Irrenanstalt zu gewöhnen. Neben seiner täglichen praktischen Arbeit las er die fünfzig Bänder der "Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie"; er wollte verstehen, wie der menschliche Geist auf seine Zerstörung reagiert. Was ihn vor allem beschäftigte, war die Suche nach dem Sinn der psychotischen Aeusserungen; es lag ihm daran, die oft skurrilen Sprachgebilde, die Wahnideen und stereotypen Gesten zu verstehen und aufgrund des Sinngehaltes den lebensgeschichtlichen Hintergrund der Krankheit zu erhellen.
Die Ergebnisse seiner Forschungen stellte er in den beiden Schriften "Ueber die Psychologie der Dementia Praecox" und "Der Inhalt der Psychose" dar. Durch die Beschäftigung mit den Patienten wurde ihm klar, dass Verfolgungsideen und Halluzinationen einen Sinnkern enthalten. Eine Persönlichkeit steht dahinter, eine Lebensgeschichte, ein Hoffen und ein Wünschen. Es wurde ihm zum ersten Mal deutlich, dass in der Psychose eine allgemeine Persönlichkeitspsychologie verborgen liegt, dass sich auch hier die alten Menschheitskonflikte wiederfinden. Auch in Patienten, die stumpf und apatisch oder verblödet wirken, geht mehr und Sinnvolleres vor, als es den Anschein hat.
Im Grunde genommen, entdecken wir im Geisteskranken nichts Neues und Unbekanntes, sondern wir begegnen dem Untergrund unseres eigenen Wesens.
Diese Einsicht war für C.G. Jung ein mächtiges Gefühlserlebnis. Die Jahre am Burghölzli waren entscheidend für Jungs spätere Entwicklung. Zu dieser Zeit lernte er auch seine spätere Frau Emma Rauschenbach kennen und lieben. Die beiden heirateten im Jahre 1903.
Ich werden dann später noch näher auf die Familie von Jung eingehen.
6. Sigmund Freud
Freud war ein grosser Mann und, was noch mehr ist, § ein Ergriffener.
In den Jahren seiner Bemühung um die Psychologie der Geisteskrankheiten wurde die Bekanntschaft mit den Schriften Freuds für Jung zu einer wesentlichen Erfahrung. Freud hatte durch seine grundlegenden Untersuchungen über die Psychologie der Hysterie und der Träume erstmals den psychologischen Gesichtpunkt in die Psychatrie gebracht. Es war vor allem seine Schrift "Die Traumdeutung", welche Jung beeindruckte.
1909 hielt Freud in Paris über dieses Werk einen Vortrag. Jung sagte darüber später, dass es für die damals jungen Psychiater eine Quelle der Erleuchtung war, während es für die Aelteren ein Gegenstand des Spottes war.
1906 sandte Jung sein Buch "Ueber die Psychologie der Dementia Praecox" (später als Schizophrenie bezeichnet) als einen eigenen Beitrag zur Psychologie der Geisteskrankheiten an Freud. Freud war sehr beeindruckt von der Leistung Jungs und im Februar 1907 fand die erste Begegnung, nach einem ausgiebigen Briefwechsel mit Freud statt. Die zwei verstanden sich auf anhieb sehr gut und sprachen beim ersten Treffen während 13 Stunden miteinander. Freud war der erste wirklich bedeutende Mann, dem er begegnete.
Kein anderer Mensch, mit der Erfahrung die er damals besass, konnte sich mit Freud messen. Er bezeichnete ihn als ausserordentlich intelligent, scharfsinnig und in jeder Beziehung bemerkenswert. Und doch blieben seine ersten Eindrücke von Freud unklar, zum Teil auch unverstanden. Freuds Theorie über die frühkindliche Sexualität beeindruckte ihn stark.
Trotzdem konnten Freuds Worte seine Bedenken und Zweifel nicht beheben. Jung versuchte Freud seine Bedenken zu erklären, aber jedesmal hielt Freud ihm seinen Mangel an Erfahrungen entgegen.
1909 verliess Jung die Klinik Burghölzli wegen zu grosser Belastung durch seine ambulante Praxis in Küsnacht. Im gleichen Jahr wurden Jung und Freud an die Clark University, Worcester, Massachusetts, eingeladen. Jung hielt Vorlesungen über das Assoziationsexperiment, Freud über eine Darstellung der Psychoanalyse. Neben Meinungsverschiedenheiten auf sachlichem Gebiet; über Auffassung der Religion, der Sexualität und der Deutung von Träumen, traten Spannungen in der Beziehung auf.
Freud hatte wiederholt Anspielungen Jung gegenüber gemacht, dass er ihn als seinen Nachfolger betrachte. Diese Andeutung war Jung peinlich, den er wusste, dass er nie imstande sein würde, Freuds Ansichten sozusagen korrekt, d.
h. in seinem Sinne zu vertreten. Jung wollte seine geistige Unabhängigkeit nicht opfern.
1912 erschien Jungs Buch "Wandlungen und Symbole der Libido". Es enthält die psychologische Deutung der Phantasie einer jungen Amerikanerin vor dem Ausbruch einer Psychose. Die Publikation dieses Buches führte zum Bruch zwischen Freud und Jung.
Jung erlebte die Trennung aber auch als ein Opfer. Jung rechnete von Anfang an damit, mit der Veröffentlichung dieses Buches die Freundschaft mit Freud zu riskieren. Zwei Monate konnte er keine Feder anrühren und war von dem Konflikt gequält: Soll ich verschweigen, was ich denke, oder soll ich die Freundschaft riskieren. Schliesslich entschloss er sich zu schreiben und verlor mit dieser Entscheidung die Freundschaft mit Freud.
7. Die Auseinandersetzung mit dem Unbewussten
Die Erkenntnisse, um die es mir ging oder die ich suchte, waren in der Wissenschaft jener Tage noch nicht anzutreffen.
Ich musste selber die Urerfahrung machen und musste überdies versuchen, das Erfahrene auf den Boden der Wirklichkeit zu stellen.
Nach der Trennung von Freud begann für Jung eine Zeit der Unsicherheit und Desorientiertheit und zugleich befand er sich auf der Suche nach einem eigenen psychologischen Standpunkt, der nicht nur für ihn selbst, sondern auch für seine Patienten Gültigkeit besässe.
1913 trat er nach achtjähriger Tätigkeit als Privatdozent an der Universität Zürich zurück. Jung fühlte, dass er zuerst eine neue und ganz andere Orientierung finden müsste, und dass es unfair wäre, in einer aus lauter Zweifeln bestehenden Geistesverfassung, zu versuchen jungen Studenten etwas beizubringen. Damals begann Jung ein "Selbstexperiment", in welchem er die aus dem Unbewussten auftauchenden Phantasien und Inhalte zu fassen, zu verstehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Es war eine Art Meditation, die oft von starken Emotionen begleitet war.
Wider Erwarten stellte sich heraus, dass keine Phantasie, keines der zahlreichen Bilder, keine Figur, sich auf personalistisch-biographisches Erleben zurückführen liesse. Es waren Inhalte mythischer Natur, die einer unpersönlich-psychischen Sphäre entstammten. Erst nach sechs Jahren kam das Experiment zum Abschluss. Die Niederschrift seiner Erfahrungen bildeten den Inhalt des "Roten Buches", welches Jung mit seinen eigenen Zeichnungen illustrierte. Eine besondere Rolle spielte die Phantasiefigur eines alten Mannes, den Jung "Philemon" nannte und mit dem er lange Gespräche führte.
"Philemon sprach Dinge aus, die ich nicht bewusst gedacht hatte.
Ich nahm genau wahr, dass er es war, der redete und nicht ich." -
"Psychologisch stellte Philemon eine überlegene Einsicht dar. Manchmal kam er mir fast wie physisch real vor. er war mir das, was die Inder als Guru bezeichnen. Philemon und andere Phantasiegestalten brachten mir die entscheidende Erkenntnis, dass es Dinge in der Seele gibt, die nicht ich mache, sondern die sich selber machen und ihr eigenes Leben haben. Philemon stellte eine Kraft dar, die ich nicht war.
"
Dies bedeutete die Entdeckung der Autonomie psychischer Faktoren, welche für Jungs Psychologie des Unbewussten von grösster Bedeutung wurde. Weiter erzählte er über seine Entdeckung:
"Die Jahre, in denen ich den inneren Bildern nachging, war die wichtigste Zeit meines Lebens, in der sich alles Wesentliche entschied. Damals begann es, und die späteren Einzelheiten sind nur Ergänzungen und Verdeutlichungen. Meine gesamte spätere Tätigkeit bestand darin, das auszuarbeiten, was in jenen Jahren aus dem Unbewussten aufgwbrochen war und mich zunächst überflutete. Es war der Urstoff für ein Lebenswerk. von da an gehörte mein Leben der Allgemeinheit.
Es hat mich sozusagen 45 Jahre gekoste, um die Dinge, die ich damals erlebte und niederschrieb, in dem Gefäss meines wissenschaftlichen Werkes einzufangen. Mein Werk ist ein mehr oder weniger gelungenes Bemühen, diese heisse Materie in die Weltanschauung meiner Zeit einzubauen."
8. Psychotherapie
Der Arzt muss der Natur als Führerin folgen und was er dann tut, ist weniger Behandlung als vielmehr Entwicklung der im Patienten liegenden schöpferischen Keimen!
Aus den Erfahrungen der eigenen Auseinandersetzungen mit dem Unbewussten entwickelte Jung die Technik der aktiven Imagination in der analytischen Behandlung. Seine Experimente verschafften ihm die Erkenntnis, wie hilfreich es vom therapeutischen Gesichtpunkt aus ist, die hinter den Emotionen liegenden Bilder bewusst zu machen. Diese Bewusstmachung geschieht meist durch Deutung der Träume, kann aber durch die aktive Imagination wesentlich vertieft werden.
Es handelt sich dabei um eine bewusste Versenkung ins Unbewusste, dessen Inhalte beobachtet, dargestellt und meditiert werden. Sie werden gemalt, modelliert, gelegentlich getanzt oder in Phantasieserien als Handlungen oder Gesprächen mit den inneren Figuren aufgezeichnet.
"Denken Sie sich z.B. eine Phantasie aus", riet Jung, "und gestalten Sie sie mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Kräften. Gestalten Sie sie, als wären Sie selbst die Phantasie oder gehörten zu ihr, so wie Sie eine unentrinnbare Lebenssituation gestalten würden.
Alle Schwierigkeiten, denen Sie in einer solchen Phantasie begegnen, sind symbolischer Ausdruck für Ihre psychischen Schwierigkeiten."
Oftmals leitet die aktive Imagination die Heilung einer Neurose ein, denn sie baut Brücken zwischen dem Bewusstsein und bisher unannehmbaren Inhalten des Unbewussten. Die Bilder des Unbewussten sind Selbstdarstellungen psychischer Lebensprozesse, die durch die Imagination aus Erstarrung oder Verdrängung befreit werden können. Im Gegensatz zum passiven Traumgeschehen kann oder soll hier das ICH aktiv und mitgestaltend eingreifen. Die aktive Imagination ist ein Werk der schöpferischen Phantasie. Die schöpferische Bestätigung der Einbildungskraft entreisst den Menschen seiner Gebundenheit im "Nichtals" und versetzt ihn in den Zustand eines Spielenden, denn der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.
Zu einem Erfolg führt die aktive Imagination nur dann, wenn sie nicht als Ersatz für gelebtes Leben oder Flucht vor der Leistung des Bewusstsein dient. Das Unbewusste funktioniert aber nur befriedigend, wenn das Bewusstsein seine Aufgaben bis zum Rande der Möglichkeit erfüllt.
Jung über die Frage der Psychotherapie:
"Für mich gibt es dem Individuum gegenüber nur das individuelle Verstehen. Für jeden Patienten braucht man eine andere Sprache. So kann man mich in einer Analyse auch adlerianisch oder freudianisch sprechen hören. Der entscheidene Punkt ist, dass ich als Mensch einem anderen Menschen gegenüberstehe.
Die Analyse ist ein Dialog, zu dem zwei Partner gehören. Arzt und Patient sitzen einander gegenüber - Aug in Auge."
"In der Neurose steckt in Wirklichkeit ein Stück noch unentwickelte Persönlichkeit, ein kostbares Stück Seele, ohne welches der Mensch zu Resignation, zur Bitterkeit und sonstigen Lebensfeindlichkeiten verdammt ist. Die Neurosenpsychologie, die nur das Negative sieht, schüttet das Kind im Bade aus." " Das Hauptinteresse meiner Arbeit liegt nicht in der Behandlung von Neurosen, sondern in der Annäherung an das Numinose. es ist jedoch so, dass der Zugang zum Numinosen die eigentliche Therapie ist, und insoweit man zu den numinosen Erfahrungen gelangt, wird man vom Fluch der Krankheit erlöst.
Bei jeder tiefergehenden analytischen Psychotherapie wird das Uebertragungsproblem konstelliert. Es steht im Zentrum der analytischen Behandlung, denn in der Beziehung zum "Du" drückt sich die menschliche Ganzheit aus, und "die Seele lebt nur aus der menschlichen Beziehung."
Als während des ersten vielstündigen Gespräches zwischen Freund und Jung eine Pause eintrat, fragte Freud ganz unvermittelt: "Und was denken Sie von der Uebertragung?" Aus tiefster Ueberzeugung antwortete Jung, er hielte sie für das A und O der analytischen Methode, worauf Freud sagte: "Dann haben Sie die Hauptsache verstanden."
Das Wesentliche der Uebertragung besteht darin, dass der Artz an die Stelle einer Person der Kindheit gesetzt wird und dass aus dieser Projektion eine lebendige Beziehung entsteht. In der Uebertragungssituation stellen sich Arzt und Patient in den Dienst der Individuation als eines überpersönlichen Zieles. Kein Individuation vollzieht sich ohne Bezogenheit auf einen anderen Menschen.
So hat auch der Individuationsprozess zwei prinzipielle Aspekte: Einerseits ist er ein interner, subjektiver Integrationsvorgang, anderseits aber ein ebenso unerlässlicher objektiver Beziehungsvorgang. Das eine kann ohne das andere nicht sein, wennschon bald das eine, bald das andere mehr im Vordergrund steht.
9. Familie und Haus
Gerade in der Zeit, als ich an den Phantasien arbeitete, brauchte ich einen Halt in "dieser Welt". Es war mir notwendig, auch ein selbstverständliches rationales Leben zu führen, als Gegengewicht zu der fremden Innenwelt. So waren meine Familie immer eine beglückende Realität.
Emma Jung (1882-1955) stammte aus der Industriellenfamilie Rauchenbach in Schaffhausen. Als Jung sie das erstemal flüchtig erblickte, wusste er, dass sie seine Frau werden wird. Das klingt wie eine freundliche Anekdote, aber in Jungs leben sind meist die Anekdoten der Wahrheit am nächsten. Sechs Jahre später (1903) fand die Hochzeit statt. Ihre Kinder sprechen noch heute in Liebe und Verehrung von der Mutter. Im Laufe der Jahre wurden 5 Kinder geboren.
Agathe (1904), Gret (1906), Franz (1908), Marianne (1910) und Helene (1914). Emma Jung war eine stille, kluge und in sich geschlossene Persönlichkeit. Ernst und spontane Fröhlichkeit verbanden sich in ihrem Wesen und sie beeindruckte durch eine innere Ruhe, welche das oftmals vulkanische Temperament C.G. Jungs auf das schönste kompensierte. Man kannte sie als ideale Gastgeberin in dem Hause, wo die Freunde der Eltern und der Kinder ein und aus gingen.
in ihrem Sinn für Realität zeigte sie sich ihrem Manne überlegen und war ihm darum in vielen Dingen eine unentbehrliche Hilfe. Obwohl sie durch ihre Aufgaben in der Familie und in dem grossen Hause reichlich in Anspruch genommen wurde, lernte sie Mathematik, Latein und Griechisch und widmete sich während Jahrzehnten dem Studium altfranzösischer Texte.
Im Juni 1909 bezog die Familie Jung ein eigenes Haus in Küsnacht. Das haus wird heute von den Familien seines Sohnes und eines seiner Enkel bewohnt. Bevor Jung den Turm in Bollingen baute, ich werde später darauf eingehen, verbrachte er während einigen Jahren die Ferien mit Frau und Kindern auf der Insel vor der Mündung des Linthkanals beim Zürcher Obersee.
Dort führte sie ein richtiges Räuber- und Indianerleben.
Sie hausten in Zelten, und zwei Segelschiffe, ein Ruderboot und ein Kanu standen zur Verfügung. Das Essen wurde in Schmerikon eingekauft und zum Holzsammeln ging es in den Wald und das Wasser wurde aus dem See geschöpft. Die Ferien auf der Insel waren jedesmal ein grosses Erlebnis, sowohl für die Kinder wie für den Vater; denn er spielte mit und war ganz dabei und fürchtete niemals, seine Autorität zu verlieren. Die Jungs waren auf jeden Fall eine sehr glückliche Familie.
10. Seine Reisen
Die Begegnung mit fremden Kulturen, die grossen Reisen nach Nordafrika, zu den Indianern in Neu-Mexiko, nach Zentralafrika und schliesslich nach Indien übten einen entscheidenden Einfluss auf Jung aus.
Nordafrika
Im März 1920 begleitete Jung einen Freund über Algier nach Tunis und Sousse. Allein fuhr er von dort nach dem südlich gelegenen Dfax und in die Oasenstadt Tozeur. Er war nun endlich dort, wohin er sich oft genug gesehnt hatte, nämlich in einem nichteuropäischen Land, wo keine europäische Sprache gesprochen wurde und keine christlichen Voraussetzung herrschten, wo eine andere Rasse lebte und eine andere historische Tradition und Weltanschauung das Gesicht der Menge prägte. Er hatte sich oft gewünscht, den Europär einmal von aussen zu sehen, gespiegelt in einem in jeder Hinsicht fremden Milieu. Und dies fand er in Nordafrika. Es waren tiefliegende, bisher unreflektierte und von westlichen "Fortschritte" zugedeckte seelische Inhalte, die ihm bewusst wurden.
Die Pueblo-Indianer
1925 besuchte Jung mit amerikanischen Freunden die Indianer New-Mexikos, und zwar die städtebauenden Pueblos. Aber in wirklichkeit gab es nur Dörfer. Die Siedlungen lagen auf der weiten Hochebenen von Taos, etwa 2300 Metern über dem Meer, von der sich die Gipfel alter Vulkane bis zu 4000 Metern erheben.
Jungs grosse Erfahrung dieser Reise war die Begegnung mit einem Häuptling der Taos-Pueblos, einem Mann zwischen vierzig und fünfzig Jahren. Wenn sich Jung je gewünscht hatte, Klarheit zu gewinnen über den weissen Mann, so erfüllte es sich in diesem Gespräch, wenn auch auf erschreckende Weise. Der Häuptling sagte wie grausam die weissen aussehen.
Ihre Lippen sind dünn, ihre Nasen spitz, ihre Augen haben einen starren Blick, sie suchen immer etwas. Was suchen sie? Die Weissen wollen immer etwas, sie sind immer unruhig und ratlos.
Wir wissen nicht, was sie wollen. Wir verstehen sie nicht. Wir glauben, dass sie verrückt sind. "Sie seien verrückt, meinter der Häuptling, weil sie sagen, dass sie mit dem Kopf denken, während die Indianer mit dem Herzen denken.
Jung war betroffen. Die lange Reihe blutiger Ereignisse im Namen der Zivilisation und Religion des weissen Mannes kam ihm in den Sinn. Damit hatter er genug. Was wir als Kolonisation, Heidenmission, Ausbreitung der Zivilisation bezeichnen, hat noch ein anderes Gesicht, ein Raubvogelgesicht, das mit grausamer Konzentration nach ferner Beute späht, ein Gesicht, das einen Geschlechtes von See- und Landräuber würdig ist. Alle die Adler und sonstigen Raubtiere, die unsere Wappenschilder zieren, schienen ihm passende psychologische Exponenten unserer wahren Natur zu sein.
Es gäbe noch viel über seine Reisen zu berichten, doch auf allen seinen Reisen wurde ihm etwa immer das Gleiche bestätigt, wie der Europär von Aussen in einer anderen Kultur ist.
11. Der Turm
Seit er sich entschlossen hatte, ein Haus zu bauen, stand für Jung fest, dass er am Wasser bauen würde. Der eigenartige Charme des Ufers am Zürichsee hatte ihn schon seit jeher fasziniert, und so kaufte er 1922 das Land in Bollingen. Die einzelnen Gebäudeteile entstanden in mehreren Bauetappen.
Der Bau des ersten Turmes hatte 1923, zwei Monate nach dem Tod der Mutter begonnen. Jung hat ihn mit zwei italienischen Arbeitern selbst aufgebaut.
1956, ein Jahr nach dem Tod seiner Frau, war der gesamte Bau vollendet. Während das Haus in Küsnacht der Welt und den Menschen offenstand, zog sich Jung hier in die Stille und das Schweigen zurück. Im Alter verbrachte er fast die Hälfte des Jahres in seinem Turm, arbeitend und ausruhend. Eine weisse oder farbige Fahne an einem improvisierten Mast auf dem Dach meldete, dass Besuch unerwünscht sei. Dann herschte das Gesetz der Einsamkeit. Einsamkeit war für ihn eine Heilquelle, die ihm das Leben lebenswert machte.
12. Ueber das Leben nach dem Tode
Das sogenannte Leben ist eine kurze Episode zwischen zwei grossen Geheimnissen, das doch nur eines ist.
Jung hatte seine Gedanken über den Tod als persönliche Auffassung formuliert. Es ging ihm nicht um objektiv gültige Aussagen, vielmehr lagen ihnen eigene Erfahrungen zugrunde, und er folgte dem Strom der in ihm aufsteigenden seelischen Bildern.
Der Mensch muss sich darüber ausweisen können, dass er sein möglichstes getan hat, sich eine Auffassung über das Leben zu machen und sei es mit dem Eingeständnis seiner Ohnmacht. Wer das nicht tut, hat etwas verloren.
Es gab nur einen Gedanken, den Jung als wissenschaftlichen Beitrag zum Problem des Todes, oder eines Lebens nach dem Tode, betrachtete. Er leitete ihn ab aus der Tatsache, dass die Seele, zu einem Teil wenigstens, in eine Späre relativer oder absoluter Raum- und Zeitlosigkeit reicht. Aus der Tatsache, dass die Seele schon in diesem bewussten Leben in eine relativ unausgedehnte und zeitlose Sphäre reicht, schloss Jung auf einen Zusammenhang zwischen dem, was im allgemeinen Sprachgebrauch als Diesseits und als Jenseits bezeichnet wird. Es scheint, als sei das Leben ein Zwischenspiel in einer langen Geschichte. Sie bestand schon, bevor ich war, und wird auch witerhin bestehen.
1944 hatte sich Jung den Fuss gebrochen und einen Herzinfarkt erlitten.
In Todesnähe hatte er Visionen, die ihn mit einer nicht beschreibenden Seeligkeit erfüllte. Aus allen diesen Gefühlen, die auf ihn einstürzten überwog jedoch letzten Endes das Gefühl der tiefen inneren Ruhe. Von aussen gesehen und solange wir ausserhalb des Todes stehen, ist er von grösster Grausamkeit. Aber sobald man darinsteht, erlebt man ein so starkes Gefühl von Ganzheit und Frieden und Erfüllung, dass man nicht mehr zurückkehren möchte. Das Erlebnis der Todesnähe hatte Jung zu neuen Einsichten über das Leben geführt, vor allem über die Bedeutung des Ja-Sagens zum Sein.
Schon lange vor seinem Tode hatte eine Zeit der Vorbereitung, eine Art Rückzug in das innere Reich eingesetzt.
Jung konnte auf sein Leben, das ihm unendlich viel an innerer und äusseren Erfüllung, aber auch an Entäuschung und Leiden gebracht hatte, mit Befriedigung zurückschauen.
Jung sagte kurz vor seinem Tod: " Ich bin zufrieden, dass mein Leben so gegangen ist. Wie hätte ich so viel erwarten können? Es waren lauter nicht zu erwartende Dinge, die sich ereigneten. Manches hätte vielleicht anders sein können, wenn ich selber anders gewesen wäre. So war es aber, wie es sein musste; denn es ist dadurch so geworden, weil ich so bin, wie ich bin."
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