Die massenpsychologie des faschismus
Die Massenpsychologie des Faschismus
Wilhelm Reich:
(1897 - 1957)
Schüler Freuds
1920: Eintritt in die Internationale psychoanalytische Vereinigung (IPV)
1928: Fachwissenschaftlicher Leiter der sozialistischen Gesellschaft für
Sexualberatung und Sexualforschung in Wien
1928 - 1934: Auseinandersetzung mit der Kommunistischen Int.,
den Austromarxisten, der KPD und mit Freud
1934: Ausschluß aus der KP und der IPV
Emigration in die USA, wo er sich bis zu seinem Tod mit der Orgon-
Therapie beschäftigte (Orgon Akkumulator)
Als sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland verschlechterte, rechneten viele Marxisten mit einem starken Ruck nach Lings. Man erwartete, daß die sich verschärfende soziale Not die Menschen radikalisieren werde. Nach Marx Theorie hätte es zu einer sozialen Revolution kommen müssen. Der Grund dafür, das dem nicht so war, war der, das sich eine Schere zwischen dem marxistischen Gedanken und den wirklichen ökonomisch ideologischen Verhältnissen gebildet hatte. Dem Verlangen nach gesellschaftlicher Veränderung, nach besseren Lebensbedingungen und nach mehr Freiheit stand eine handfeste Angst vor der Freiheit gegenüber, die die Menschen veranlaßte, sich in emotionale Abhängigkeit zu einer Bewegung zu flüchten, die ihnen eine paternalistisch verstandene Freiheit versprach.
Wollte der Faschismus siegen, so mußte er daher genau an diese irrationalen, mystischen und emotional infantilen Einstellungen der Menschen appellieren und in ihnen das Bedürfnis nach vertrauensvoller Anlehnung an jene Autoritäten bestärken, die neues Leben verhießen. Die Marxisten nahmen die Bedeutung der subjektiven Erfahrung, des psychischen und emotionalen Lebens und der religiösen Erlebniswelt zu deren eigenem Schaden nicht zur Kenntnis. Jene Welt des Unbewußten, die sich der Faschismus zunutze machte, wurde damals schon von Reich durchleuchtet. Er erkannte in der faschistischen Ideologie drei grundlegende Elemente, die alle an unbewußten Ängsten und Phantasien rühren und daher gerade prädestiniert waren, die Menschen unterschwellig zu beeinflussen und zu manipulieren.
Die Rassentheorie:
Den Kern der Rassentheorie bildet der versprochene Schutz der "Blutreinheit".
Jeder Mensch leidet unbewußt an Sexualängsten und muß mit verdrängten Trieben fertig werden.
Die Rassentheorie scheidet das Gute vom Bösen in einer Manier, die den Menschen, die sich mit dem Ariermythos identifizieren können, ein Gefühl der größeren Reinheit und Sicherheit verleiht und sie Krankheiten, Unreinheit und Sexualität den minderwertigeren Rassen zuschreiben läßt. Neger und Juden werden dann zu bequemen Zielscheiben und Sündenböcken für den Haß der Menschen, der sich aus ihrer sexuellen Misere oder aus ihrer wirtschaftlicher Notlage speist.
Die Familienideologie:
Die Zwangsfamilie erwartet traditionell, daß die Kinder ihren Eltern Gehorsam erweisen und versucht die Vorstellung einer beiderseitigen Verpflichtung durchzusetzen. Die faschistischen Idee verband den Stolz auf die eigene Familie mit dem Stolz auf die eigene Nation und Rasse. Tatsächlich machte sich der Faschismus typischerweise den autoritären Gehorsam des Kindes für seine Zwecke dienlich, indem er von den emotional infantilen, daß heißt Unselbständigen, eine engere Bindung an den Staat als an die eigenen Verwandten verlangte. Im Zusammenhang mit der Familienideologie baute der Faschismus vor allem auf die Kleinbürger und Arbeiter auf, in deren Familienideologie der Vater als absolute Autorität galt.
Die gleiche Stellung, die der Vorgesetzte dem Vater innerhalb des Produktionsprozesses einnimmt, hält dieser selbst innerhalb der Familie fest. Und seine Untertanstellung zur Obrigkeit erzeugt er neu in seinen Kindern, besonders seinen Söhnen. Aus diesen Verhältnissen strömt die passive hörige Haltung der kleinbürgerlichen Menschen zu Führergestalten.
Die Sexualfeindlichkeit:
Hitler postulierte die Unterordnung der Frau unter den Mann, Die Festigung ihrer Wirtschaftlichen Abhängigkeit versprach durchgreifende Maßnahmen gegen die Bewegung zur Geburtenkontrolle, gegen die Abtreibung und verhieß die Befreiung der deutschen Mädchen aus den "sinnlichen Klauen" der Juden. Im Faschismus offenbarten sich mithin ein mystifiziertes und orgastisches Verlangen, eine charakterlich tief verankerte Unterwürfigkeit und ein ungehemmtes Wuchern der schlimmsten Züge der patriarchistischen Familie. Diese Stellung des Vaters erfordert nämlich strengste Sexualeinschränkung der Frauen und Kinder.
Entwickeln die Frauen unter kleinbürgerlichen Einflüssen eine resignierende Haltung, ausgelöst durch ihre sexuelle Revolution, so entwickeln die Söhne neben einer untertänigen Stellung zur Autorität gleichzeitig eine starke Identifizierung mit dem Vater, die später zur gefühlsbetonten Identifizierung mit jeder Obrigkeit wird.
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