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  Sprache und soziale schicht

Basil Bernstein: Studien zur sprachlichen Sozialisation     Sprache und soziale Schicht   Es wird vermutet, daß unterschiedliche Sprechweisen mit der Organisation besonderer sozialer Gruppen zusammenhängen. Dazu wurden Untersuchungspläne sowie Forschungspläne erstellt. Verschiedene Gruppen wurden getestet. Der Autor und seine Mitarbeiter glauben, daß die Art des Ausdrucks der Intelligenz sehr wohl eine Sache des Lernens sein kann: besonders des frühen Erlernen der Ausdrucksformen (speech forms), die im Benutzer verschiedene Bedeutungsdimensionen schaffen und verstärken.     Soziale Schicht und sprachliche Entwicklung: Eine Theorie sozialen Lernens   Eine Prüfung der soziologischen und psychologischen Literatur zeigt, daß sozio - kulturelle Faktoren das Niveau schulischer Leistung heben oder senken können. Es ist klar, daß Kinder aus sozialen Randgruppen von einem frühen Alter an, ehe sie zur Schule kommen, verschiedenen besonderen Lernmustern ausgesetzt sind.

Diese Muster werden parallel zur Entwicklung des Kindes zunehmend verstärkt. Wenn man jedoch erforscht, welche Prozesse das aufwachsende Kind verinnerlicht, und die verschiedenen Einflüsse, denen es ausgesetzt gewesen ist, miteinander verbindet, ist die Antwort nicht länger klar. Untersuchungen der Sprachentwicklung bei Heimkindern zeigen, daß diese Kinder hinsichtlich ihres Wortschatzes oft sehr zurückgeblieben sind. Sprachforscher wie Kellmer Pringle und Tassner berichten über zwei Gruppen von Vorschulkindern, die man in bezug auf Alter, Geschlecht, IQ und familiären Hintergrund einander gleichgesetzt hatte. Die Gruppe, die einen Tageskindergarten besuchte, erwies sich einer Gruppe aus einem Heimkindergarten gegenüber in allen quantitativen Sprachmessungen als überlegen. Die Ergebnisse vieler Sprachuntersuchungen zeigen auch, daß das Niveau linguistischer Fähigkeiten vom IQ unabhängig sein kann, die Umwelt kann den Wortschatz unterschiedlich beeinflussen.

Auch ist es klar, daß die sprachliche Leistung für den schulischen Erfolg grundlegend ist. Die Existenz von Sprache steht im Zusammenhang mit dem Wunsch, sich auszudrücken und zu kommunizieren. Die tatsächliche Situation im Klassenzimmer verhindert oft effektiven Unterricht. Die Klassenstärken sind zu groß und damit verringert sich die Möglichkeit, individuell auf einen Schüler einzugehen. Aber grundlegend sei gesagt, daß ein Mittelschichtkind fähig ist, eine “öffentliche” Sprache gut zu gebrauchen und zu verstehen, aber es reagiert ebenso auf eine Sprache, die anderes strukturiert ist. Da die Umwelt des Kindes aus der unteren Arbeiterschicht anders strukturiert ist, bleibt es auf den Gebrauch einer “öffentlichen” Sprache beschränkt.

    Soziale Schicht, Sprache und Sozialisation   Der Autor führt hierzu ein Beispiel an, in dem er die beiden folgenden Geschichten von Peter Hawkins, Assistant Research Officer an der soziologischen Forschungsabteilung der Universität London aufnimmt. Dies ist das Ergebnis einer Analyse der Sprache von Fünfjährigen aus der Mittel- und Arbeiterschicht. “Den Kindern wurde eine Folge von vier Bildern vorgelegt, die eine Geschichte darstellten, und die Kinder wurden aufgefordert, diese Geschichte zu erzählen. Das erste Bild zeigt einige Jungen, die Fußball spielen; auf dem zweiten fliegt der Ball in das Fenster eines Hauses; das dritte zeigt eine Frau, die aus dem Fenster blickt, und einen Mann mit drohender Gebärde; und auf dem vierten laufen die Kinder davon.   “Drei Jungen spielen Fußball und ein Junge schießt den Ball und er fliegt durch das Fenster der Ball zertrümmert die Fensterscheibe und die Jungen schauen zu und er kommt raus und schimpft mit ihnen weil sie die Scheibe zerbrochen haben also rennen sie fort und dann schaut diese Dame aus ihrem Fenster und sie schnauzt die Jungen an.”   “Sie spielen Fußball und er schießt ihn und er fliegt rein dort er zertrümmert die Scheibe und die schauen zu und er kommt raus und schimpft mit ihnen weil sie sie zerbrochen haben deshalb rennen sie weg und dann sieht sie raus und sie schnauzt sie an.

”   Bei der ersten Geschichte braucht der Leser nicht die vier Bilder zu sehen, wohingegen der Leser für die zweite Geschichte die Bilder benötigt, um einen Sinn zu erkennen. Die erste Geschichte ist unabhängig von dem Zusammenhang, währen die zweite sehr viel enger an den Kontext gebunden ist. Wir haben es hier mit Unterschieden im Sprachgebrauch (use of language) zu tun, die in einem spezifischen Zusammenhang entstehen. Das erste Kind nimmt sehr wenig als selbstverständlich hin, während das zweite Kind sehr viel voraussetzt.   Geoffrey Turner, Linguist in der soziologischen Forschungsabteilung, zeigt, daß fünfjährige Arbeiterkinder, die unter gleichen Umständen wie bei Hawkins untersucht wurden, verglichen mit Mittelschicht - Kindern, weniger sprachliche Ausdrücke der Unsicherheit gebrauchen. Das bedeutet nicht, daß Arbeiterkinder zu solchen Ausdrücken keinen Zugang haben, sondern daß der jeweilige Kontext sie nicht auslöste.


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