Lieben
LIEBEN
Aus psychologischer und medizinischer Sicht « liebend ».
Von Luc Wyss
Ein später Besucher : « Glauben Sie ja nicht, ich wäre wegen Ihnen oder mir vorbeigekommen. Ich werde mich noch heute Nacht umbringen. Auf dem Weg dorthin kreuzte ein Bekannter meinen Weg und verlangte von mir, ich soll bei Ihnen vorbeikommen bevor ich mich umbringen würde. Also für ihn soll ich das machen, nicht für mich, das wäre ja wohl zwecklos.“
Sicher! Und was soll ich jetzt, da Sie hier sind? „Das wär’s, ich war da.
Ich gehe jetzt.“ OK, dann richten Sie dem Andern einen schönen Gruss von mir aus. „Wem? Meinem Bekannten? Sie sind ein Idiot, denn sehe ich nicht mehr!“ Richtig, Sie sind wirklich ein Idiot. „Ich, warum?“ Nun, weil Sie einen Toten umbringen werden. „Woher wissen Sie, dass ich tot bin?“ Ich weiss es eben. „Stimmt! Aber das mit dem Idioten, da haben Sie recht.
Daran habe ich nicht gedacht. Und jetzt!? Was mache ich zum Leben?“
Lieben Sie! „Keiner liebt mich!“ Das trifft sich ja gut, dann beginnen eben Sie damit! „OK. Wie macht man das?“ Es ist einfach bis mittelschwer. Tun Sie es so: nehmen Sie nur dann, wenn es gegeben ist und geben Sie nur dann, wenn es genommen wird, sonst warten Sie! „Ist dass alles“. Ja, beginnen Sie gleich damit! „OK, kommen Sie, ich lade Sie auf die Gasse zu einem Bierchen!“ Nein, danke. „Sehen Sie, es klappt nicht“.
Doch, dazu müssten Sie nur Ja zu meinem nein sagen, also zum Beispiel „in Ordnung, bitte“. „Und was habe ich davon?“ Sie haben geliebt, ich habe auch etwas davon und somit leben Sie wieder und Sie mögen es. „Also gut, ich tu’s, habe ja nichts mehr zu verlieren. Also gut, bitte!“ Herzlichen Dank. Ich hätte da noch zwei Fragen bevor ich gehe.“ Ja? „Warum haben Sie nein gesagt und nicht ja.
Zweitens, warum klappt das?“
Diese Geschichte ist wahr. Der Besucher ist Pilot. Er hatte Bilanz gezogen. Der harte Selbstmord, den er vorhatte, war wahrscheinlich. Ich selbst bin Facharzt für Psychiatrie. Ich schreibe diesen kleinen Aufsatz weil lieben und sterben wollen grosse Themen unter jungen Menschen sind.
Dann auch, weil ich im „Fundus“ den Aufsatz „Liebe, eine Geisteskrankheit“ gelesen habe. Bisher der einzige Aufsatz über „Liebe“ und er soll nicht alleine sein.
Liebe ist ein Substantiv. Aber zuerst war das Verb, was in der Literatur ohne weiteres nachgeschlagen werden kann. Also war „lieben“ vor „Liebe“. Ein Verb, ein Tätigkeitswort also, etwas, was wir tun können.
Also haben das Menschen getan, zumindest der „homo sapiens“, der denkende. Aber es hat nicht geklappt.
Lieben, ohne etwas dabei zu tun, funktioniert nicht. Dann fand der Mensch nachdenkend, dass es auch das Adverb gibt. Dann versuchte er ein neues Mal mit dem Lieben, verwendete das Verb lieben als Adverb, eben liebend…etwas tun. So gesellte sich das Wort, das am Anfang war mit den Tätigkeiten des denkenden und handelnden Menschen.
Er wurde neu zum „homo amans“, zum liebenden Menschen, zum leibesfähigen Menschen. Also zum Beispiel liebend arbeiten (ohne zu mobben), liebend spielen (fair play), liebend Sex machen (nicht pornographisch), liebend zuhören (ohne Vorurteile, staunend) und so weiter.
Geben, wenn genommen wird und nehmen, wenn gegeben wird, sonst warten ist ein vorläufiger Versuch, das Adverb liebend zu operationalisieren. Eine Gebrauchsanweisung, mit Garantie, also Haftpflicht, seitens dessen der Liebe ist. Nun das ist bekannt. Es war schon Karfreitag, dann und für Ostern.
Die Menschen haben also seit einiger Zeit die Garantie eingelöst und ist seither frei, den Erlös zu verwerten oder nicht.
Damit hat sich auch die Frage nach der Energiequelle, die lieben, genauer die Liebe sein soll, eingeführt. Ein Hinweis darauf, dass lieben(d) nötig ist, um auf die Energiequelle der Liebe zu stossen gibt die Fadenspule, die sich im Magnetfeld dreht. Mechanische Energie (zum Beispiel herabstürzendes Wasser) wandelt sich in elektrische Energie um. Sie können es mit der Hand nachmachen, alleine mit ihren beiden Händen (selbst liebend) oder mit einer Hand von Ihnen und einer Hand eines Nächsten. Bringen Sie dabei eine Hand in die Position „Geben“, also in die Supination, die andere in die Position „Nehmen“, also in die Pronation.
Dabei geben Sie beide Hände ineinander, aber ohne dass sie sich berühren. Es entsteht Energie. Sie merken das, weil sie sich teils in Wärme umwandelt. Skizze 1.
Skizze 1
Mit dem Adverb „liebend“ stossen wir auf die Energiequelle, die Leben kreiert.
Dabei wäre geben, wenn es nicht genommen ist, aufdrängen bis hin zu vergewaltigen (« …dem geb’ ich’s.
. »), dann wäre nehmen, wenn es nicht gegeben ist stehlen bis hin zur Korruption („…so, das war’s…“), dann „nicht warten“ die Ungeduld. Sie eröffnet dem liebesfähigen Menschen den Hass und die Lust auf den Tod.
Dabei ist die Wärme, die zwischen den beiden Händen entsteht nicht die von den Händen abgestrahlte, sondern sie entsteht im Mysterium des liebenden Aktes. Wäre ersteres der Fall, dann nähme die Temperatur in der Haut ab, doch sie nimmt zu.
Es stellt sich nun die Frage, was soll’s mit dem Warten.
Warten führt dazu, dass ein NEIN entweder zum Geben oder zum Nehmen die Ablehnung ist und dass im Warten das JA ist zum nein. Zudem liegen im Warten Alternativen drin. Sie stehen zur Wahl, was Freiheit bedeutet. Während des Wartens, und das liebende Warten kann ewig dauern, kann ich etwas anderes geben, oder etwas anderes nehmen und erst noch mit einem andern Andern.
Halten Handlungen an, so entstehen Stimmungen. Umgekehrt verschwinden Stimmungen, wenn deren sie erwirkende Handlungen ausfallen.
Im Zusammenhang des Adverbs liebend sind 7 Stimmungen von Belang: Todesstimmung↔Leidensstimmung↔Geduldesstimmung↔Standhaftigkeitsstimmung↔
Hoffnungsstimmung↔Liebesstimmung↔Glaubensstimmung. In der Glaubensstimmung kann der Tod überwunden werden, sofern dies der liebesfähige Mensch überhaupt will. Hält liebendes Tun an, so geht der Vektor von Leiden Richtung Hoffnung, Liebe und Glauben. Hält hassendes Tun an, so geht der Vektor von der Hoffnung ausgehend Richtung Tod. Geburt und Tod stehen für den wissenden und den liebenden Menschen fest, Liebe und Hass standen schon mit dem Urknall oder allen entsprechenden Mythen fest. Das können Sie am Anfang und am Schluss des Buches Hiob nachlesen und nachprüfen.
Liebend und hassend gesellen sich also als Adverben zum menschlichen Tun.
In der Psychologie waren dank Sigmund Freud 2 dialektische menschliche Triebe vorgestellt und bekannt geworden. Der Todes- und der Lebenstrieb, sowie der Ruhe- und der Tätigkeitstrieb. Als Energiequelle gab er die „Libido“ an, und als unbewusstes Urmotiv jeder Tätigkeit, jeden Handelns das Begehren des Sexualobjekts. Daran ist nichts auszusetzen, eine Theorie, die bisher nicht falsifiziert worden ist und die die Geisteswissenschaften haben eine Quantensprung machen lassen. Und trotzdem ist sie eine Lüge, nicht durch Verfälschung, sondern durch unbewusstes Auslassen.
Aus der psychologischen Forschung der Tierwelt konnte ein Trieb herausgefiltert werden, der auch das handeln des Menschen in der Natur massiv beeinflussen und mitbestimmen kann. Der Trieb zum Dableiben oder zum Fliehen. Nach dem 2. vatikanischen Konsil und demzufolge nach der Revolution an der Sorbonne 1967, setzte sich der „Erbe Sigmund Freud’s, Lacan“ mit dem nächste Mysterium um die menschlichen „Triebe“ auseinander. Er fand im Rahmen der Psychopathologie, dass das Begehren des denkenden Menschen sich selbst zum begehrten Objekt erkoren hat. Er stiess somit auf den menschlichen Trieb des „Sichnichtliebens“, und somit auf den Liebes- und Hasstrieb.
„Trieb“ verlor somit den exklusiven Anspruch des Natürlichen, selbstverständlich auch Tierischen. Das hat riesengrosse Verwirrung ausgelöst und die „Lacanaianer“ sind heute noch daran, nun wieder etwas klarer zu sehen, zu denken und zu schreiben. Tatsächlich ist der Homo Amans keine Erfindung der Natur, oder ganz einfach ein Evolutionsschritt, sondern er ist jemand Subjektives und Individuelles, wer der weiss, dass er ist und wer der unteilbar und einzugartig ist, und wer auch in der Natur lebt, schon gar zuerst in seinem vergänglichen Körper („…Asche zu Asche…“). Der wissende Mensch ahnte, dass es Leben gibt nach seinem Sterben, der liebende Mensch weiss es. Mehr ahnt er nicht und mehr weiss er nicht. Aber, die Adverben liebend und hassend lassen ihm keine Ruhe.
Sie stören ihn in seiner Selbstgefälligkeit und Selbstausgeglichenheit. Wegen diesen beiden Adverben kann er nicht in und mit der Natur ruhen, er kann nicht einfach einen Winterschlaf machen und er kann nicht einfach auf Raubzüge gehen, so wie es Tiere einfach nicht anders können. Der Mensch kommt sich eigentlich hier fremd vor, im falschen Film. Wen wundert es, wenn er tag träumt, dichtet, summt, malt, betet, bittet, teilt oder eben nicht?
Staatsschulen sind dazu da, neutral, von wegen objektiv, Wissen um Handlungs-und Seinsformenformen zu vermitteln. Religionen sind dazu da, um die Mysterien von Hass und Liebe zu vermitteln. Ideologien sind da, um die Liebe der materiellen Dialektik preiszugeben, dem Atheïsmus, nämlich der ältesten der Neurosen, dieser verdrängten Frustration von wegen der Ungeduld, Enttäuschungen und Leiden wegen der Liebe.
„Ohne Liebe kein Hass, dafür Gerechtigkeit, Wohlbefinden, im Namen des Enttäuschten und Betrogenen, der sich selbst zu Gott gemacht hat. Die Psychiatrie des 20. Jahrhunderts hat Liebe und Glauben zu einer Grundpathogenese des psychischen und mentalen Leidens gemacht. Sie hat dabei den Jäger, richtiger den Hirten zum Bock gemacht. Sie hat dabei vergessen, dass es der Liebe inhärent ist, sich nicht um die Gerechten zu kümmern, aber vorzüglich um die Leidenden. Die Psychiatrie des 21.
Jahrhunderts kümmert sich nun vorteilhaft um den Hirten, der früher der „Gott in weiss“ war. Warum ich von der Psychiatrie und der Medizin spreche. Ach, das ist doch wurscht, der Mensch kann sie beide, und vieles mehr eben auch liebend betreiben.
Und wie ging die Geschichte, die ich eingangs erzählt habe weiter? Ich weiss es nicht. Ich hörte aber, dass ihn jemand später sagen hörte:“…und was der Wyss da den lieben, langen Tag erzählt, das ist doch Katzenpisse. Aber, das mit dem geben, wenn genommen ist, dann dem nehmen wenn gegeben ist, und das mit dem Scheisswarten, das ist gut, Mensch….
“.
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