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  Vorurteile:

Untersuchen Sie anhand eines literarischen Beispiels das Zustandekommen von Vorurteilen und erklären Sie ihre möglichen Funktionen.    Quellen des Vorurteils:   Vorurteile sind nicht angeboren, sondern sie sind anerzogen. Sie bilden sich   in der Familie: Das Kleinkind orientiert sich an den Eltern; die Familie gibt Überlieferungen und Sitten, auch Vorurteile, weiter; in der Schule; durch weitere Kultur- und Umwelteinflüsse: Massenmedien, Literatur und Theater spielen dabei eine große Rolle.   Deshalb ist wohl niemand von Vorurteilen gefeit, denn das Kind übernimmt bereits die Vorurteilsbereitschaft aus der Gruppe, der es angehört.   Funktionen des Vorurteils: Es gibt für den Menschen jedoch eine Reihe von Gesichtspunkten, warum Vorurteile eine gewisse Funktion erfüllen. Beispielsweise machen sie den Fremden zum Außenseiter und heben damit das eigene Selbstwertgefühl; sie dienen der Umgehung eigener Problematik; sie erzeugen Prestigegefühl und dienen der Abwehr unangenehmer Einsichten.

Sie schaffen zum Beispiel auch Befriedigung, sich über Konkurrenten oder Außenseiter erhaben fühlen zu können.   Bekämpfung des Vorurteils:   Was also können wir tun, um der Vorurteile, die unsere kritische Meinungsbildung trüben und dazu führen, daß wir andere und andere uns verzerrt sehen und mit falschem Maß messen, Herr zu werden? Gegenwart und Geschichte müssen uns lehren, wohin Stereotypen und Vorurteile führen können.   Mit Gesetzen allein kann jedoch nur wenig erreicht werden, denn jedes vom Menschen gemachte Gesetz muß erst das Gewissen aktivieren, um zum Tragen zu kommen. Daher muß jeder zur Überwindung der Vorurteile stets sich selbst prüfen und an sich arbeiten, um von ihnen frei zu werden. Um die Vorurteile in ihrer Wirksamkeit einzuschränken und damit das Leben für uns alle erträglicher zu gestalten, müssen wir also Eigeninitiative ergreifen und durch zähe Arbeit an uns selbst zu rationaler, nicht emotionaler Urteilsbildung gelangen.     Was sind die Ursachen für das Vorurteil?   .

) Man urteilt aus einem naiven Selbstverständnis heraus und lehnt Gegenargumente mit unzureichenden Gründen von vornherein ab (der Nichtskönner, der Dummkopf, die ältere Generation) .) Das Vorurteil beruht auf einer instinkt sicheren Bequemlichkeit, die auf den eigenen Vorteil ausgeht, ohne sich um ein Urteil zu bemühen. .) Das Vorurteil beruht ferner auf ungeprüften, aus der Vergangenheit übernommenen Meinungen (Stellung zur jungen Generation). .) Es neigt zu falscher Verallgemeinerung („der Bayer, ein vertrottelter Biertrinker“) .

) Es hat eine emotionelle Wurzel, die sich Vernunftgründen entzieht.     Vorurteile verhindern, allgemein gesagt, die Verständigung im persönlichen und öffentlichen Leben: Im persönlichem Leben:   Dem Unglücklichen wird das Leben erschwert statt erleichtert (der Vorbestrafte, die ledige Mutter) Andersartigkeit an sich wird als negative Eigenschaft bewertet (das „schwächer“ Geschlecht, der Provinzler) Fremde Lebensgewohnheiten werden aus dem Gefühl heraus abgelehnt (der Punk, der Skinhead, der Schauspieler,...) Andere Anschauungen werden ungeprüft verworfen (Ablehnung moderner Kunst u. Musik, Ansichten der anderen Generation, der Andersgläubige)   Im öffentlichen Leben:   Im Fanatismus der Rassenhetze tritt die Unzugänglichkeit für Vernunftgründe besonders deutlich zutage, oft verbunden mit pseudowissenschaftlicher Begründung (Drittes Reich, Haltung zum Farbigen in den USA) Das nationalistische Vorurteil verhindert die heute so dringend notwendige Verständigung der Völker ( Israelis-Araber, Griechen-Türken)   Das Vorurteil ist leider alles andere als ein harmloser Irrtum.

Die heutige Weltlage bietet aber wenig Hoffnung, daß wir wirklich der erwünschten vorurteilsfreien Zukunft entgegengehen.     Als literarisches Beispiel läßt sich hier sehr gut „Der Talisman“ von Johann Nestroy anführen, wo Nestroy die verhängnisvolle Macht des Vorurteils aufzeigt.   Der arbeitslose rothaarige Friseurgeselle Titus Feuerfuchs kann nur mit Hilfe einer Perücke - seines Talismans - im Hause der Frau von Cypressenburg Karriere machen. Zwei jüngst verwitwete Damen interessieren sich für Titus. Er wird der Herrin, ebenfalls Witwe, vorgestellt, die ihm aufgrund seiner blonden Haarpracht als Sekretär einstellt, nachdem sie bereits einen anderen rothaarigen, jedoch gut gebildeten Mann wieder weggeschickt hatte. Der gesellschaftliche Aufstieg ist ihm durch den Schwindel mit der Perücke mühelos gelungen.


Seine wahre Haarfarbe kommt jedoch ans Tageslicht, der Empörkömmling stürzt sich ins Bodenlose. Als eine reiche Erbschaft winkt, wird Titus für die Witwen wieder interessant, doch heiratet er die ebenfalls rothaarige Salome Pockerl, als seine finanzielle Lage dank einem reichen Vetter gesichert ist.     Als weiteres literarisches Beispiel läßt sich außerdem „Andorra“ von Max Frisch anführen; ein Drama über das ganz gewöhnliche, „dumme Vorurteil“.   In diesem Stück geht es um die Gefährlichkeit von Vorurteilen, welche anhand des Schicksals von Andri, der in die Rolle eines Juden gedrängt wird, gezeigt wird. Die Andorraner mißbrauchen ihn als Sündenbock, dem alles Böse zugeschrieben wird. Sie sind unbarmherzig und einzig an ihrem Vorurteil festhaltend er wäre ein typischer Jude und deshalb mit allen Nachteilen behaftet, die man diesem Volk andichtet.

Somit wandelt sich sein Charakter, was ihn natürlich einsam, leidend und verzweifelt macht.   Frisch geht es vor allem darum, die Menschen darauf hinzuweisen, daß man sich kein „Bild“ vom anderen machen soll, denn dadurch gibt man ihm keine Chance, Eigenleben zu entwickeln, verbaut sich aber auch zusätzlich den Weg, ihn wirklich kennenzulernen. Das Stück ist das Exempel dafür, daß der andere der Schlechte ist, der Sündenbock, der schließlich vernichtet werden muß. Wenn es diesen anderen nicht gibt, dann erfindet man ihn eben. So wird der Antisemitismus zur unerbittlichen, harten Metapher der Urbösen des Menschen, das auf die Vernichtung des anderen aus ist. Hier läßt sich erkennen, daß das Böse zunächst nicht so sehr im einzelnen als vielmehr in der Gruppe ihren Ursprung hat.

Diese aber besteht wieder aus den einzelnen und ihren Vorurteilen.   Das Andorra-Phänomen:   Schreibt man einer Person bestimmte Eigenschaften zu, so wird man sie entsprechend behandeln. Die meisten Personen werden sich nach einiger Zeit entsprechend verhalten, wodurch der Beurteiler in seinem Urteil bestärkt wird. Es handelt sich um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.   Beispiel: Ernst Stark, ein Elektroniker, beginnt in einem neuen Betrieb. Der Vorgesetzte meint, daß ein Mitarbeiter in diesem Alter noch nicht die notwendige Erfahrung hat und schreibt ihm daher jeden Handgriff genau vor.

Nach einiger Zeit sieht Stark, daß keine Eigeninitiative gefragt ist und erledigt nur die vorgeschriebenen Handgriffe, auch wenn er bessere Möglichkeiten zur Erledigung der Arbeit erkennt.

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