Gewässer nach dem seerechtsübereinkommen
1. Allgemeines
Gerade in der internationalen Handelsschiffahrt wie auch auf dem Gebiet der Luftfahrt kann es immer wieder vorkommen, daß man die dienstliche Tätigkeit unter Berücksichtigung des internationalen Status der Beteiligten vornehmen muß. Hierbei stellt sich einem dann durchaus das eine oder andere Mal die Frage: “Wieso eigentlich, dieser liberianische Tanker mit der philipinischen Besatzung und dem englischen Kapitän befindet sich doch eindeutig in bundesdeutschen Gewässern ? Hier kann doch das bundesdeutsche Recht voll und ganz zur Anwendung kommen, oder etwa nicht ???”
Diese Frage kann, wie es im Bereich der Rechtswissenschaften eigentlich der Regelfall ist, mit einem klaren “Jein” beantwortet werden. Damit man aber bei entsprechender Notwendigkeit auf diesem Rechtsgebiet nicht zwangsläufig ins Straucheln gerät (und sich vielleicht sogar ein wenig blamiert), habe ich im folgenden ein paar Hinweise dazu nieder geschrieben.
Damit nicht ich mich im Eventualfall blamiere, sei mir an dieser Stelle der Hinweis gestattet, daß ich für die umfassende Richtigkeit oder die Betrachtung der Thematik von allen Seiten keine Gewähr übernehme.
1.
1 Vorschriftenlage
Die wohl wichtigste gesetzliche Grundlage bei der Behandlung der Thematik “internationale Schiffahrt in nationalen Gewässern” ist das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen. Hierbei handelt es sich, wie sollte es auch anders sein, um eine internationale Vorschrift. Der Begriff der “Vorschrift” oder “gesetzlichen Grundlage” ist daher hier eigentlich nicht ganz korrekt. Denn es bleibt nun mal ein internationales Übereinkommen, und wird nicht automatisch zu einem bundesdeutschen Gesetz. Aber hierfür hat die Legislative in unserem Staat mittlerweile Sorge getragen:
Am 14.09.
94 ist das Gesetz zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 in Kraft getreten. Gem. Artikel 3 dieses Vertragsgesetzes ist das Seerechtsübereinkommen damit am 16.11.
1994 auch für die Bundesrepublik Deutschland zu geltendem Recht geworden.
Bevor dieses Übereinkommen aber etwas intensiver betrachtet werden soll, möchte ich ein paar Anmerkungen zu dem umfassenderen Begriff des “Staatsgebietes” machen. Dies soll im wesentlichen dem Verständnis dienen und weist weitergehend auch ganz interessante Aspekte auf.
2. Das Staatsgebiet
Das Staatsgebiet als solches teilt sich in drei Bereiche auf:
+ Staatslandgebiet
+ Staatsluftgebiet
+ Staatswassergebiet
2.1 Staatslandgebiet
Hierzu gehört das feste Land innerhalb der Staatslandgrenzen (auch unterirdisch).
Weiterhin ist diesem auch das schwimmende Staatsgebiet zugehörig, allerdings bei Schiffen nur auf die Bordwände beschränkt. Konkret bedeutet dies:
• die unter der Heimatflagge eines Staates fahrenden Handelsschiffe auf hoher See
(also nicht in fremden Hoheitsgewässern)
• Wetterschiffe und Feuerschiffe auf dem freiem Meer
• Kriegsschiffe
(diese aber auch innerhalb von für sie fremden Hoheitsgewässern, da das Innere der Schiffe eine
Art “diplomatischen Charakter” hat)
2.2 Staatsluftgebiet
Hierbei handelt es sich um den Luftraum über dem Staatsland- und Staatswassergebiet bis zur Atmosphäre. Für die wasserschutzpolizeilichen Tätigkeiten wohl nur am Rande interessant.
2.3 Staatswassergebiet
Hierbei handelt es sich um alle Gewässer innerhalb der Staatslandgrenzen.
Solche Gewässer sind:
• Binnengewässer
• Eigengewässer (Seen, Häfen, Kanäle, Flüsse, Ströme und die innerhalb der Staatslandgrenzen
gelegenen, vom Land umgebenen Seehäfen, Förden, Wattenmeere etc. (sogen. “maritime Eigen-
gewässer”)
• die der Meeresküste vorgelagerten Territorialgewässer (also die nach dem freiem Meere hin
durch die Hoheitsgrenze abgetrennten Wasserflächen).
Diese Wasserflächen werden häufig auch als “Küstenmeer” oder sogen. “12-Meilen-Zone”
bezeichnet.
2.
4 Der Grenzverlauf
Gegen das Gebiet anderer Staaten ist ein Staatsgebiet abgegrenzt durch die “Staatsgrenze” (“politische Grenze”). Sie kann auf dem Lande oder aber auch auf bzw. in Gewässern verlaufen.
2.4.1 Grenzverlauf auf dem Lande:
Vielfach werden die Grenzen durch natürliche Gegebenheiten wie Bergketten oder Flußläufe bestimmt.
Aber im heutigen Europa und auch in weiten Teilen der Erde werden die Grenzen erst durch künstliche Regelung aufgrund völkerrechtlicher Verträge zu “politischen Grenzen” festgelegt.
Sieht man von den Grenzen an den Meeresküsten einmal ab, so sind in der Regel alle Grenzen zwischen zwei benachbarten Staaten in besonderen Grenzverträgen vereinbart, durch Grenzkommissionen genau vermessen und durch Grenzsteine, Grenzpfähle, Zäune u.s.w., auf dem Wasser auch gelegentlich durch Grenztonnen, gekennzeichnet.
Durch die Landesgrenze wird das politische Inland vom politischen Ausland abgegrenzt.
Gelegentlich trifft man aber noch einige sogen “Exklaven” an (z.B. im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet).
Ein Überschreiten der Landesgrenze unter Umgehung der Kontrollstellen ist unerwünscht und nach deutschem Recht verboten.
2.4.
2 Grüne Grenze, nasse Grenze
Verläuft die Landesgrenze über Land, so spricht man von einer “grünen” (oder auch “trockenen”) Grenze im Gegensatz zur “nassen” Grenze, die durch Wasserteile, wie Flüsse oder Seen hindurchgeht oder an einem Ufer oder Strand verläuft. Diese Bezeichnungen sind jedoch nicht amtlich.
2.4.3 Grenzverlauf an Flüssen
Nach allgemein verbindlichen völkerrechtlichen Verträgen ist die Grenzziehung in Flüssen wie folgt:
• an nicht schiffbaren Flüssen in der mathematischen Mittellinie des Wasserlaufs, d.h.
von beiden Ufern gleich entfernt
• an schiffbaren Flüssen in der jeweils tiefsten Fahrrinne für die Schiffahrt, dem “Talweg” oder der
“Grube”, genauer gesagt in der “Talwegachse” als Verbindungslinie der jeweils tiefsten Stellen der Fahrrinne
• bei Brücken, die über Grenzgewässer führen, gilt die Brückenmitte als Landesgrenze.
2.4.4 Grenzverlauf auf Binnenseen
Der für Deutschland wohl wichtigste Grenzbinnensee ist zweifellos der Bodensee, dessen Anlieger Deutschland, Österreich und die Schweiz sind. Für den norddeutschen Bereich hat die Regelung des Grenzverlaufs auf Binnenseen nur eine untergeordnete, für die Wasserschutzpolizei Wilhelmshaven gar keine Bedeutung.
2.
4.5 Grenzverlauf an den Meeresküsten
Die Grenzziehung an den Meeresküsten bietet gegenüber der in den Grenzlandgebieten mancherlei Schwierigkeiten. Man hat zwar völkerrechtliche Grundsätze über die Grenzziehung aufgestellt, daneben werden aber zahlreiche staats- und wirtschaftspolitische sowie historische Einwände der einzelnen Uferstaaten mehr oder weniger stillschweigend anerkannt, so daß die Abweichungen von den “Grundsätzen” oft erheblich sind.
Nur so viel: Die natürliche Staatslandgrenze an der Meeresküste wäre an sich die Linie, in der sich Land und Wasser berühren: die sogen. Küsten- oder Strandlinie. Diese Linie ist jedoch veränderlich mit dem jeweiligen Wasserstand, sie ist ferner veränderlich durch die Arbeit des Meeres, das hier Teile der Küste abreißt und dort durch Anschwemmung von Sand neue Küstenlinien schafft.
Die Entwicklung hat es daher mit sich gebracht, daß man sich in der Frage der Grenzziehung an der Meeresküste auf die Festlegung gewisser “Grundsätze” beschränken und den Uferstaaten eine gewisse Freiheit in der Ziehung ihrer Staatslandgrenzen belassen mußte:
• Grenzverlauf an Gezeitengewässern (z.B. Nordsee)
Hier stellt die mittlere Spring-Niedrigwasserlinie die Staatslandgrenze dar, d.h. die Grenze liegt
auf einer gedachten mittleren Linie, bis zu der das Meer zur Zeit des “Springniedrigwassers”
(kurz nach Voll- und Neumond) zurückweicht.
Diese Linie, die sich kartenmäßig festlegen läßt, entspricht im übrigen der “Null-Meter-Tiefen-
linie” in den Seekarten (sogen.
K0).
• Grenzverlauf an gezeitenfreien Gewässern (z.B. mittlere und östliche Ostsee)
Hier wird die Staatslandgrenze auf die sogen. Mittelwasserlinie festgelegt. Hierbei handelt es
sich um eine gedachte Strandlinie, die als Mittel aus vielen Einzelwasserständen errechnet worden ist.
In der Ostsee wird mittlerweile eine Niedrigwasserlinie als Grenzlinie abgesetzt, die
jedoch von der Mittelwasserlinie nur unwesentlich abweicht.
• Grenzverlauf an Meeresküsten mit Klippen, Riffs, trockenfallenden Bänken, Sänden etc.
Sind diese nicht mehr als die doppelte Breite des Küstenmeeres vom Festland aus vorgela-
ert, so werden sie in das Staatslandgebiet mit einbezogen (z.B. die ostfriesischen Inseln).
Die Staatslandgrenze verläuft dann in der seewärtigen Spring-Niedrigwasserlinie der Inseln etc.
Sind diese Bänke o.ä. mehr als die doppelte Breite der Territorialgewässer dem Festland vor-
gelagert, haben diese ihre eigene Staatslandgrenze und somit auch ihre “eigenen Eigengewässer”, jedoch kein eigenes Küstenmeer.
• An der offenen Küste gelegene Seehäfen
Die Staatslandgrenze überquert in Fortsetzung ihres bisherigen Verlaufs in Linie der äußersten
seewärts gelegenen festen, ständigen Hafenbauten (Molenköpfe u.s.w.
) die Hafeneinfahrt.
Anlagen vor der Küste und künstliche Inseln gelten nicht als solche Hafenbauten.
• Bei Reeden
Die Staatslandgrenze verläuft im allgemeinen in der Linie der äußeren Reedegrenzen. Sie
werden somit in das Küstenmeer (“Territorialgewässer”) mit einbezogen.
• Bei Buchten
Hier ist jeweils die Öffnungsweite maßgebend, sofern es sich um Buchten handelt, deren Küsten
zu einem einzigen Staat gehören.
Bei großen flachen Einbuchtungen der Küstenlinie folgt die Grenze der Küstenlinie nach den o.
a.
allgemeinen Grundsätzen (Niedrigwasserlinie).
Bei Einbuchtungen, deren äußere Entfernung zwischen den Niedrigwassermarken 24 sm nicht überschreitet, überquert die Staatslandgrenze die Wasserfläche als gradlinige Verbindung zwischen den äußersten Spitzen.
Bei Einbuchtungen, deren äußere Öffnungsweite 24 sm überschreitet, liegt die Staatslandgrenze
dort, wo eine gerade Linie das Gewässer 24 sm überquert und die größtmögliche Wasserfläche
eingeschlossen ist.
• Bei Flußmündungen
Mündet ein Fluß unmittelbar in das Meer, so ist die Basislinie eine Gerade, die quer über die Mündung des Flusses zwischen den Punkten gezogen wird, die auf der Niedrigwasserlinie seiner
Ufer liegen.
Abschließend sei noch erwähnt, daß die Staatslandgrenze an der Meeresküste im allgemeinen weder auf dem Lande noch auf dem Wasser durch Kennzeichen markiert ist.
2.4.6 Verlauf der Hoheitsgrenze in den Küstengewässern
Die Hoheitsgrenze ist die Grenze, bis zu der ein Staat seine Hoheitsbefugnisse ausüben kann. Im Landgebiet fällt sie mit der Staatslandgrenze zusammen.
An der Meeresküste schließt sich an das durch die Staatslandgrenze begrenzte Gebiet nach See noch das Küstenmeer (sogen. “Territorialgewässer”) an, das dann gegen das “freie Meer” (bzw.
hohe See) hin durch die “Hoheitsgrenze” abgeschlossen wird.
Soweit der genaue Verlauf der Hoheitsgrenze durch einen Uferstaat amtlich bekanntgegeben ist, wird er auch als rote Linie in die Seekarte eingetragen.
Soviel zu dem Begriff des Staatsgebietes. Bereits hier wurde deutlich, daß das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen im Bereich der “Wassergrenzen” eine durchaus als erheblich zu bezeichnende Rolle darstellt. Im weiteren Verlauf dieser kurzen Abhandlung soll daher noch intensiver auf diese internationale Übereinkunft eingegangen werden.
3.
Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen mit den sich daraus ergebenden Gewässerkategorien
3.1 Allgemeines
Daß es sich bei dieser Übereinkunft um ein internationales Übereinkommen handelt, ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Eigennamen und wurde weiterhin auch von mir bereits begründet. Daß es durch ein entsprechendes Vertragsgesetz der Bundesregierung weiterhin für Deutschland Gültigkeit hat, ist ebenfalls bereits gesagt worden.
Gem. Artikel 2 des Vertragsgesetzes hat die Bundesregierung aber außerdem ohne Zustimmung des Bundesrates die Ermächtigung zur Inkraftsetzung eines Übereinkommens zur Durchführung des Teiles XI des Seerechtsübereinkommens durch RVO. Dieser Teil behandelt die Genehmigung zur Versenkung, Beimengung, Beseitigung in die Hohe See von Stoffen, die geeignet sind, die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Meeres, des Meeresbodens und der Luft zu verändern, wenn dies vorgenommen werden soll von
a) deutschen Schiffen,
b) deutschen Flugzeugen,
c) von Schiffen oder Flugzeugen, die im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik beladen wurden und
d) von Anlagen im Bereich des Festlandsockels der Bundesrepublik Deutschland.
Zuständige Genehmigungs- und Ahndungsbehörde ist hier im Übrigen das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie.
Nun aber konkret.
Was besagt das Seerechtsübereinkommen im Einzelnen und welche Bedeutung hat es im weiteren Sinne für die Arbeit der Wasserschutzpolizei ? Die folgenden Ausführungen sind den einzelnen Gewässerkategorien nach geordnet, da dies im wesentlichen auch dem Aufbau des Übereinkommens entspricht. Bei diesen einzelnen Gewässerarten handelt es sich um:
• Innere Gewässer
• Küstenmeer
• Anschlußzone
• Ausschließliche Wirtschaftszone
• Festlandsockel
• Hohe See
3.2 Innere Gewässer eines Staates gem. Artikel 8
Die landwärts der normalen Basislinie des Küstenmeeres gelegenen Gewässer sind die Binnengewässer bzw.
Inneren Gewässer und unterliegen voll und ganz dem nationalen Recht und beinhalten insofern keine Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer rechtlichen Handhabung.
3.3 Küstenmeer
3.3.1 Was ist das Küstenmeer ?
Nach Artikel 2 I erstreckt sich die Souveränität eines Küstenstaates jenseits seines Landgebietes und seiner inneren Gewässer [..
.] auf einen angrenzenden Meeresstreifen, der als Küstenmeer bezeichnet wird. Weiterhin erstreckt sich gem. Artikel 2 II eben diese Souveränität des Küstenstaates sowohl auf den Luftraum über dem Küstenmeer als auch auf den Meeresboden und Meeresuntergrund des Küstenmeeres.
Der Begriff der Souveränität besagt hierbei nichts anderes, als daß der jeweilige Staat unabhängig vom Einfluß anderer Staaten seine höchste Herrschaftsgewalt ausüben kann. Dies besagt jedoch nicht automatisch, daß totalitäre Maßnahmen gegenüber anderen Staaten, deren Staatsangehörigen und deren Fahrzeugen etc.
innerhalb dieses Herrschaftsbereiches ausgeübt werden können, da nach wie vor völkerrechtliche Verträge wie z.B. die UN-Charta oder die Europäische Menschenrechtskonvention uneingeschränkt zu beachten sind. Dies aber nur am Rande.
Gem. Artikel 3 hat jeder Küstenstaat das Recht, die Breite seines Küstenmeeres bis zu einer Grenze festzulegen, die höchstens 12 sm von den Basislinien entfernt sein darf.
Die seewärtige Grenze des Küstenmeeres ist dann die Linie, auf der jeder Punkt vom nächstgelegenen Punkt der Basislinie um die Breite des Küstenmeeres entfernt ist.
Gem. Proklamation der Bundesregierung über die Ausweitung des deutschen Küstenmeeres verläuft die seewärtige Begrenzung des Küstenmeeres der Bundesrepublik Deutschland in der Nordsee in einem Abstand von 12 Seemeilen (d.h. 22,224 km), gemessen von der Niedrigwasserlinie und den geraden Basislinien. Die bestehende Tiefwasserreede bleibt Bestandteil des deutschen Küstenmeeres.
Die seitliche Abgrenzung des bundesdeutschen Küstenmeeres zum Königreich der Niederlande und zum Königreich Dänemark wird die Bundesregierung erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Der Ems-Dollart-Vertrag bleibt jedoch unberührt.
Zum Schutz des Meeres, z.B. bei der Bearbeitung von evtl. Tankerunfällen, wurde die Erweiterung des Küstenmeeres in der Deutschen Bucht eingeführt.
Somit ist dort auch die nationale Vorschrift der SeeSchStrO gültig.
Das Maß aller Dinge zur Eingrenzung des bundesdeutschen Küstenmeeres ist die bereits häufiger erwähnte Basislinie. Gem. Artikel 5 handelt es sich hierbei um die Niedrigwasserlinie entlang der Küste, wie sie in den vom Küstenstaat amtlich anerkannten Seekarten großen Maßstabs eingetragen ist.
U.U.
kann auch die Regelung der geraden Basislinien gem. Artikel 7 herangezogen werden. Letztere wird immer dort herangezogen, wo die Küste tiefe Einbuchtungen und Einschnitte aufweist oder wo sich eine Inselkette entlang der Küsten in ihrer unmittelbaren Nähe erstreckt. Diese gerade Basislinie wird somit zur Grenzfindung in unserem Bereich herangezogen, da wir neben den der ostfriesischen Küste unmittelbar vorgelagerten ostfriesischen Inseln auch die tiefe Einbuchtung der Jade haben. Die Methodik der geraden Basislinie besagt eigentlich nichts anderes, als daß Bezugspunkte mit geraden Linien verbunden werden. Wann und unter welchen Bedingungen eine solche gerade Basislinie gebildet werden darf, kann der geneigte Leser im Artikel 7 in aller Ausführlichkeit nachlesen.
Für die weiteren Ausführungen sind diese Grundsätze nicht von wesentlichem Belang.
Auf die Grenzziehung des Küstenmeeres bei Flußmündungen, Buchten, Häfen, Reeden sowie trockenfallenden Erhebungen bin ich ebenfalls bereits eingegangen. Die Vorschriften hierfür ergeben sich aus den Artikeln 9 ff.
3.3.2 Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Küstenmeer ?
Grundsatz: Innerhalb der Hoheitsgewässer gilt immer das Recht des jeweiligen Anliegerstaates !!
Gem.
Artikel 17 genießt weiterhin die sogen. “friedliche Schiffahrt” (Sport- und Handelsschiffahrt) aller Staaten das Recht der friedlichen Durchfahrt. Die Bedeutung der Begriffe “Durchfahrt” und “friedliche Durchfahrt” ergibt sich aus den Artikeln 18 und 19. Grundsätzlich besagt dies (mit eigenen Worten) nichts anderes, als daß Schiffe fremder Staaten, sofern sie keine Diplomaten- oder Kriegsschiffe o.ä. Behördenschiffe sind, das nationale Küstenmeer einer für sie fremden Nation “mit guter Absicht” ungehindert durchfahren dürfen.
Nicht ganz uninteressant ist der Hinweis aus Artikel 20, daß Unterwasserfahrzeuge und Unterseeboote beim Befahren des Küstenmeeres über Wasser fahren und ihre Flagge zeigen müssen.
Gem. Artikel 21 bleibt es dem jeweiligen Küstenstaat unbenommen, bezüglich der friedlichen Durchfahrt eigene Gesetze und sonstige Vorschriften zu erlassen, soweit sie in Übereinstimmung mit dem Seerechtsübereinkommen und den sonstigen Regeln des Völkerrechts stehen. Diese eigenen Gesetze und Verordnungen müssen sich hierbei aber auf bestimmte, somit vorgeschriebene und eingegrenzte Regelungsbereiche beziehen.
Dem Küstenstaat bleibt außerdem gem. Artikel 22 die Möglichkeit, das Durchfahren des Küstenmeeres an die Bedingung der Benutzung bestimmter Schiffahrtswege oder Verkehrstrennungsgebiete zu binden.
(Insb. kann dies für Fahrzeuge mit gefährlichen Gütern erfolgen)
Gem. Artikel 23 müssen fremde Schiffe mit Kernenergieantrieb und Schiffe, die nukleare oder sonstige ihrer Natur nach gefährliche oder schädliche Stoffe befördern, bei der Ausübung des Rechts der friedlichen Durchfahrt durch das Küstenmeer die Dokumente mitführen und die besonderen Vorsichtsmaßnahmen beachten, die in internationalen Übereinkünften für solche Schiffe vorgeschrieben sind.
Nach diesen Ausführungen muß zwangsläufig die Frage aufgeworfen werden, ob ein Staat die Durchfahrt seine Küstenmeeres auch ver- oder behindern darf.
Außer in den Fällen des Artikel 19 darf der Küstenstaat gem. Artikel 24 die friedliche Durchfahrt fremder Schiffe durch das Küstenmeer nicht behindern.
Im Umkehrschluß und direkt aus diesem Artikel 24 ergibt sich dann aber auch, daß der Küstenstaat alle in seinem Küstenmeer für die Schiffahrt bestehenden und ihm zur Kenntnis gelangten Gefahren in geeigneter Weise bekanntmacht (Wracks, Untiefen, sonstige Gefahrenstellen etc.).
Für die bloße Durchfahrt durch das Küstenmeer darf der Küstenstaat gem. Artikel 26 keine Gebühr erheben. Eine Ausnahme ist jedoch dann gegeben, wenn das Schiff bestimmte Dienste in Anspruch genommen hat.
Nun muß sich ein Küstenstaat aber verständlicherweise auch nicht alles gefallen lassen.
Daher stehen also einem solchen Staat gem. Artikel 25 im Falle der nicht-friedlichen Durchfahrt eines fremden Schiffes sogen. Schutzrechte zu. Diese verfolgen für den Küstenstaat den Zweck zu, die nicht-friedliche Durchfahrt zu verhindern. Konkret besagt Artikel 25, daß der Küstenstaat hierzu die erforderlichen Maßnahmen treffen kann. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, wobei aber besondere Wertigkeit auf die Einschränkung der Erforderlichkeit gelegt werden sollte, die wohl analog zu dem verfassungsrechtlich garantierten Übermaßverbot staatlicher Maßnahmen zu zählen ist.
3.3.3 Strafgerichtsbarkeit auf fremden Schiffen innerhalb des Küstenmeeres gem. Artikel 27
Dieser Artikel findet seine Anwendung auf Handelsschiffe und Staatsschiffe, die Handelszwecken dienen. Daher an dieser Stelle nochmals der Hinweis, daß auf z.B.
Kriegsschiffen fremder Nationen im für sie fremden Küstenmeer immer das Recht des die Nationalflagge führenden Kriegsschiffs uneingeschränkte Geltung hat.
Wird auf einem das Küstenmeer durchfahrende fremden Schiff während dieser Durchfahrt eine Straftat begangen, so darf der Küstenstaat den Täter nicht festnehmen oder eine Untersuchung durchführen.
Dieser Grundsatz hat jedoch auch seine Ausnahmen, nämlich immer dann, wenn es sich um gewisse Straftaten handelt:
• Straftat wirkt sich in ihren Folgen auf den Küstenstaat aus
• Straftat ist geeignet, den Frieden des Küstenstaates oder die Ordnung im Küstenmeer zu stören
• die Hilfe der örtlichen Behörden wird erbeten
• Maßnahmen zur Unterdrückung des unerlaubten Verkehrs mit Suchtstoffen oder psychotropen Stoffen sind erforderlich
Strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen sind jedoch in jedem Fall möglich, wenn es sich um ein Fahrzeug handeln sollte, daß erst nach Verlassen der inneren Gewässer das Küstenmeer durchfährt.
In jedem Fall ist aber bei einem Einschreiten ein Diplomat oder Konsularbeamter des Flaggenstaates anzurufen.
3.3.
4 Zivilgerichtsbarkeit auf fremden Schiffen innerhalb des Küstenmeeres gem. Artikel 28
Der Küstenstaat soll ein das Küstenmeer durchfahrendes fremdes Schiff weder anhalten noch umleiten, um eine Zivilgerichtsbarkeit gegenüber einer an Bord des Schiffes befindlichen Person auszuüben.
Der Küstenstaat darf jedoch Vollstreckungs- oder Sicherungsmaßnahmen in Zivilsachen gegen das Schiff nur wegen Verbindlichkeiten oder der Haftung ergreifen, die für das Schiff selbst während oder wegen seiner Durchfahrt durch die Gewässer des Küstenstaates entstanden sind.
Dies berührt nicht das Recht des Küstenstaates, in Übereinstimmung mit seinen Rechtsvorschriften Vollstreckungs- oder Sicherungsmaßnahmen in Zivilsachen gegen ein fremdes Schiff zu ergreifen, das in seinem Küstenmeer liegt oder dieses nach Verlassen der inneren Gewässer durchfährt.
3.4 Anschlußzone
3.
4.1 Was ist die Anschlußzone ?
Die Anschlußzone zieht sich, der Reihe folgend, noch weiter in Richtung der hohen See hinaus, als es das Küstenmeer bereits tut.
Die Anschlußzone darf sich maximal 24 sm über die Basislinien des Küstenmeeres hinaus erstrecken. Da das Küstenmeer der Bundesrepublik Deutschland eine Breite von 12 sm aufweist, ergibt sich für Deutschland eine rechnerische Breite der Anschlußzone von weiteren 12 sm, die über die seewärtige Begrenzung des Küstenmeeres hinausgeht
3.4.2 Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus der Anschlußzone ?
Gem.
Artikel 33 kann der Küstenstaat in einer an sein Küstenmeer angrenzenden Zone (Anschlußzone), die erforderliche Kontrolle ausüben, um
• Verstöße zu verhindern, wenn es sich um einen der folgenden Regelungsbereiche handelt:
- Zoll- und sonstige Finanzgesetze
- Einreise- oder Gesundheitsgesetze
- die diesbezüglichen sonstigen Vorschriften
• Verstöße gegen diese Gesetze und sonstigen Vorschriften, die in seinem Hoheitsgebiet oder
seinem Küstenmeer begangen worden sind, zu ahnden
Die Anschlußzone weist somit die wesentliche Eigenschaft auf, daß in ihr eingeschränkt das nationale Recht des jeweiligen Staates Geltung hat.
3.5 Ausschließliche Wirtschaftszone
3.5.1 Was ist die Ausschließliche Wirtschaftszone ?
Gem. Artikel 55 ist die ausschließliche Wirtschaftszone ein jenseits des Küstenmeeres gelegenes und an dieses angrenzendes Gebiet, das einer festgelegten besonderen Rechtsordnung unterliegt, nach der die Rechte und Hoheitsbefugnisse des Küstenstaats und die Rechte und Freiheiten anderer Staaten durch die Bestimmung des Seerechtsübereinkommens geregelt werden.
Hört sich wirklich gut an, läßt sich aber auf Anhieb nicht sofort verstehen (zumindest war dies bei mir gegeben). Genaueres ergibt sich aber gleich aus den Ausführungen zum Artikel 56.
Zumindest beschreibt Artikel 57 die verständliche Einschränkung, daß die ausschließliche Wirtschafts-zone sich nicht weiter als 200 sm von den Basislinien des Küstenmeeres aus erstrecken darf.
Wieder hochgerechnet bedeutet dies, daß die maximale Breite dieser Zone für bundesdeutsche Verhältnis, von der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres aus gesehen, 188 sm beträgt.
Die Fälle, in denen ein Küstenstaat in einer an sein Küstenmeer angrenzenden Meereszone lediglich die ausschließliche Fischereihoheit beansprucht (sogen. “Fischereizone”), sind besonders gekennzeichnet.
Die Bundesrepublik Deutschland z.B. beansprucht eine solche Fischereizone in einer Breite von 200 sm. Diesbezüglich wurde eine Proklamation der Bundesrepublik Deutschland über die Errichtung einer ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland in der Nord- und Ostsee erlassen.
3.5.
2 Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus der ausschließlichen Wirtschaftszone ?
Dem Wortlaut des Artikel 56 nach hat der Küstenstaat in der Ausschließlichen Wirtschaftszone
• souveräne Rechte zum Zwecke der
- Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung, Bewirtschaftung der lebenden und nichtlebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds,
- hinsichtlich anderer Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung und Ausbeutung der Zone,
- wie der Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind.
• ausschließliche Hoheitsbefugnisse, wie in den diesbezüglichen Bestimmungen des Überein- kommens vorgesehen, in Bezug auf
- Errichtung und Nutzung von künstlichen Inseln, von Anlagen und von Bauwerken
- die wissenschaftliche Meeresforschung
- den Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt
• andere der in dem Übereinkommen vorgesehenen Rechte und Pflichten.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß gem. Artikel 58 alle anderen Staaten, egal ob Küsten- oder Binnenstaaten, in der ausschließlichen Wirtschaftszone die in Artikel 87 genannten Freiheiten der Schiffahrt, des Überflugs und der Verlegung unterseeischer Kabel und Rohrleitungen sowie andere, völkerrechtlich zulässige, mit diesen Freiheiten zusammenhängende Nutzungen des Meeres, insb. im Rahmen des Einsatzes von Schiffen und Luftfahrzeugen sowie des Betriebes unterseeischer Kabel und Rohrleitungen, genießen.
Im Falle von “Zwistigkeiten” zwischen divergierenden Staaten bezüglich der Nutzung der ausschließlichen Wirtschaftszone schreibt Artikel 59 eine besondere Zurückhaltung bei der Lösung unter Berücksichtigung der internationalen Gemeinschaft als Ganzes vor.
(“Good will”)
Die Artikel 60, 61 und 62 beinhalten in aller Ausführlichkeit die Voraussetzungen für die
• Errichtung und Betreibung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerke
• Erhaltung der lebenden Ressourcen
• Nutzung der lebenden Ressourcen.
Da die Landespolizei innerhalb dieser ausschließlichen Wirtschaftszone nur sekundär zuständig ist, wenn überhaupt, sollen weitergehende Ausführungen an dieser Stelle unterbleiben. Für den interessierten Leser sei an dieser Stelle aber darauf hingewiesen, daß die in den drei Artikeln enthaltenen Vorschriften nicht ganz uninteressant sind, insb. unter dem Gesichtspunkt, in was für einer Entfernung vom Festland noch nationale Rechte bestehen.
Interessant an dieser Stelle ist vielleicht für den einen oder anderen, daß der Küstenstaat innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone die zulässige Fangmenge für die lebenden Ressourcen festlegt.
Gem.
Artikel 73 kann der Küstenstaat bei der Ausübung seiner souveränen Rechte zur Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung der lebenden Ressourcen in der ausschließlichen Wirtschaftszone die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich
• des Anhaltens,
• der Überprüfung
• des Festhaltens und
• gerichtlicher Verfahren
ergreifen, um die Einhaltung der von ihm in Übereinstimmung mit dem Seerechtsübereinkommen erlassenen Gesetze und Vorschriften sicherzustellen. (Haft und sonstige körperliche “Bestrafung” ist nicht erlaubt.)
Festgehaltene Schiffe und ihre Besatzung werden nach Hinterlegung einer angemessenen Kaution oder anderen Sicherheit sofort freigegeben.
Eine typische Maßnahme für internationale Übereinkommen beinhaltet der Absatz IV des Artikel 73.
Demnach setzt der Küstenstaat sofort den Flaggenstaat auf geeigneten Wegen von den ergriffenen Maßnahmen sowie von allen später verhängten Strafen in Kenntnis, wenn ein fremdes Schiff fest- oder zurückgehalten wird.
3.
6 Festlandsockel
3.6.1 Was ist der Festlandsockel ?
Gem. Artikel 76 umfaßt der Festlandsockel eines Küstenstaates den jenseits seines Küstengebietes gelegenen Meeresboden und Meeresuntergrund der Unterwassergebiete, die sich über die gesamte natürliche Verlängerung seines Landgebietes bis zur äußeren Karte des Festlandrands erstrecken oder bis zu einer Entfernung von 200 sm von den Basislinien, von denen aus die Breite des Küstenmeeres gemessen wird, wo die äußere Kante des Festlandrands in einer geringeren Entfernung verläuft. Auch dieser Hinweis ist auf den ersten Blick nicht so ohne weiteres zu verstehen. Die genaue Bemessung des Festlandsockels an dieser Stelle erläutern zu wollen, führt aus meiner Sicht zu weit, weshalb ich auch darauf verzichten möchte.
Hierbei handelt es sich um das der Küste unmittelbar vorgelagerte Gebiet. Für die Bundesrepublik Deutschland gilt als Festlandsockel der sogen. “Entenschnabel”, der meßtechnisch anhand der Durchschnittswassertiefe von 200 m sich ergeben hat.
3.6.2 Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Festlandsockel ?
Gem.
Artikel 77 übt der Küstenstaat über den Festlandsockel souveräne Rechte zum Zwecke seiner Erforschung und der Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen aus.
Mit diesen Ressourcen sind jedoch nicht die in der Wassersäule über dem Festlandsockel gemeint. Die in Artikel 77 erwähnten umfassen die mineralischen und sonstigen nichtlebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den seßhaften Arten gehörenden Lebewesen, d.h. solche, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund bewegen können.
Die genannten Rechte des Küstenstaates sind insoweit ausschließlich, als niemand ohne ausdrückliche Zustimmung des Küstenstaats den Festlandsockel erforschen oder seine natürlichen Ressourcen ausbeuten darf, selbst wenn der berechtigte Küstenstaat diese Tätigkeiten unterläßt.
Jedoch haben alle Staaten gem. Artikel 79 wiederum das Recht, auf dem Festlandsockel unterseeische Kabel oder Rohrleitungen zu verlegen (die Festlegung einer entsprechenden Trasse muß jedoch von dem berechtigten Küstenstaat genehmigt werden).
Interessant in diesem Zusammenhang ist noch der Artikel 85, welcher besagt, daß die Vorschriften des Übereinkommens über den Festlandsockel insoweit nicht das Recht des Küstenstaates berühren, den Meeresuntergrund unabhängig von der Tiefe des darüber befindlichen Wassers durch Anlage von Tunneln zu nutzen.
Weitere Vorschriften ergeben sich aus dem nationalen Festlandsockelgesetz, worauf aber nicht näher eingegangen werden soll. Im Festlandsockel gilt insb. der 28.
Abschnitt des StGB. Die StPO hat dort jedoch keine Anwendungsfunktion. Im neunten Teil des Bundesberggesetzes sind besondere Vorschriften für den Festlandsockel genannt. Dort wird u.a. auch gesagt, daß das BSH für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Festlandssockels zuständig ist.
3.7 Festlandsockel
3.7.1 Allgemeines
Grundsätzlich kann gesagt werden, daß der Bereich der “richtigen” Hohen See für wasserschutz-polizeiliche Tätigkeiten nur eine nachgeordnete Rolle spielt, wenn man mal von der Nacheile absieht.
Da ich aber der Meinung bin, daß die Vorschriften des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen über den Bereich der Hohen See sehr interessant sind, möchte ich an dieser Stelle um Verständnis für etwas weitergehende Ausführungen bitten.
3.
7.2 Was ist die Hohe See ?
Gem. Artikel 86 gilt der die Hohe See beschreibende Teil VII des Übereinkommens für alle Teile des Meeres, die nicht zur ausschließlichen Wirtschaftszone, zum Küstenmeer oder zu den inneren Gewässern eines Staates [...] gehören.
Die Hohe See hat somit als Gebiet keine äußere Grenze, sondern lediglich eine Grenzlinie nach innen. Die Hohe See grenzt daher unmittelbar an die Hoheitsgewässer eines Küstenstaates.
3.7.2 Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus der Hohen See ?
In den Artikeln 87 ff. ergeben sich eine Vielzahl von Rechten und Pflichten für die die Hohe See befahrende Wasserfahrzeuge bzw.
für jeden einzelnen Staat. Im folgenden möchte ich daher dazu übergehen, diese Merkmale in Form einer Liste aufzuführen, wobei ich mich auf die aus meiner Sicht wichtigsten und interessantesten Merkmale beschränke:
Die Hohe See steht allen Küsten- und Binnenstaaten offen (Artikel 87 I)
Die Freiheit der Hohen See umfaßt (Artikel 87):
- Freiheit der Schiffahrt
- Freiheit des Überflugs
- Freiheit, unterseeische Kabel und Rohrleitungen zu verlegen
- Freiheit, künstliche Inseln und andere nach dem Völkerrecht zulässige Anlagen zu erreichten
- Freiheit der Fischerei
- Freiheit der wissenschaftlichen Forschung
Die Hohe See ist ausschließlich friedlichen Zwecken vorbehalten (Artikel 88)
Kein Staat darf irgendeinen souveränen Anteil an der Hohen See in Anspruch nehmen wollen (Artikel 89)
Die Bedingungen der Staatszugehörigkeit der Schiffe legt der jeweilige Nationalstaat fest (Artikel 91)
Schiffe fahren unter der Flagge eines einzigen Staates und unterstehen auf Hoher See seiner ausschließlichen Hoheitsgewalt, mit Ausnahme der besonderen Fälle, die ausdrücklich in inter-
nationalen Verträgen oder in dem Übereinkommen vorgesehen sind (Artikel 92 I)
Eine Schiff darf seine Flagge während der Fahrt nicht wechseln (außer bei Eigentumsübergabe) (Artikel 92 II)
Kriegsschiffe auf Hoher See genießen volle Immunität (gilt auch für Staatsschiffe, die zu Handelszwecken eingesetzt werden (Artikel 95 und 96)
Jeder Staat hat den Kapitän eines seine Flagge führenden Schiffes zur uneingeschränkten Hilfeleistung auf Hoher See zu verpflichten (Artikel 98 I)
Alle Staaten haben einen wirksamen Such- und Rettungsdienst auf hoher See einzurichten, zu unterhalten und zu verwenden (Artikel 98 II)
Die Beförderung von Sklaven ist zu verhindern, der Vorgang an sich ist verboten (Artikel 99)
Der Verkehr mit Suchtstoffen oder psychotropen Stoffen ist untersagt (Artikel 108)
Die Betreibung nicht genehmigter Rundfunksendungen von der Hohen See aus ist zu unterbinden (Artikel 109)
Besonderes Augenmerk verdient der Artikel 94, der die Pflichten des jeweiligen Flaggenstaates ausführlich beschreibt. Jeder Staat übt demnach seine Hoheitsgewalt und Kontrolle in
verwaltungsmäßigen
technischen
sozialen
Angelegenheiten über die seine Flagge führenden Schiffe wirksam aus.
Insbesondere hat jeder Staat
ein Schiffsregister zu führen
die Hoheitsgewalt nach seinem innerstaatlichen Recht über jedes seine Flagge führende Schiff sowie dessen Kapitän, Offiziere und Besatzung in Bezug auf die das Schiff betreffenden verwaltungsmäßigen, technischen und sozialen Angelegenheiten
auszuüben.
Jeder Flaggenstaat ergreift außerdem die für seine Flagge führenden Schiffe die Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit auf See erforderlich sind, unter anderem in bezug auf
Bau, Ausrüstung und Seetüchtigkeit der Schiffe
Bemannung der Schiffe
Arbeitsbedingungen und Ausbildung der Besatzung
Verwendung von Signalen
Aufrechterhaltung von Nachrichtenverbindungen
Verhütung von Zusammenstößen
Diese Maßnahmen umfassen solche, die notwendig sind, um sicherzustellen,
daß jedes Schiff von einem befähigten Schiffsbesichtiger besichtigt wird
daß jedes Schiff diejenigen Seekarten, nautischen Veröffentlichungen sowie Navigationsausrüs-
tungen und -instrumente an Bord hat, die für die sichere Fahrt des Schiffes erforderlich sind
daß jedes Schiff einem Kapitän und Offizieren mit geeigneter Befähigung unterstellt ist
daß die Besatzung nach Befähigung und Anzahl dem Typ, der Größe, der Maschinenanlage und der Ausrüstung des Schiffes entspricht
daß der Kapitän, die Offiziere und, soweit erforderlich die Besatzung, mit den anwendbaren internationalen Vorschriften
- zum Schutz des menschlichen Lebens auf See
- zur Verhütung von Zusammenstößen
- zur Verhütung, Verringerung und Überwachung der Meeresverschmutzung
- zur Unterhaltung von Funkverbindungen
vollständig vertraut und verpflichtet sind, diese zu beachten.
Ein Staat, der eindeutige Gründe zu der Annahme hat, daß keine ordnungsgemäße Hoheitsgewalt und Kontrolle über ein Schiff ausgeübt worden sind, kann dem Flaggenstaat die Tatsachen mitteilen.
Nach Erhalt einer solchen Mitteilung untersucht der Flaggenstaat die Angelegenheit und ergreift gegebenenfalls die notwendigen Abhilfemaßnahmen.
Jeder Staat läßt über jeden Seeunfall oder jedes andere, mit der Führung eines Schiffes zusammenhängende Ereignis auf Hoher See, an dem ein seine Flagge führendes Schiff beteiligt war und wodurch der Tod oder schwere Verletzungen von Angehörigen eines anderen Staates oder schwere Schäden an Schiffen oder Anlagen eines anderen Staates oder an der Meeresumwelt verursacht wurden, von oder vor einer entsprechend befähigten Person eine Untersuchung durchführen.
Ebenfalls von nicht unerheblicher Bedeutung, zumindest für den asiatischen Bereich, sind die Artikel 100 bis 107, in denen die Bekämpfung der Seeräuberei auf der Hohen See behandelt wird. Der Grundsatz aus dem Artikel 100 lautet, daß alle Staaten in größtmöglichem Maße bei der Bekämpfung der Seeräuberei zusammenzuarbeiten haben.
Aus dem Artikel 101 ergibt sich dann die Definition der Seeräuberei:
jede rechtswidrige Gewalttat oder Freiheitsberaubung oder jede Plünderung, welche die Besatzung oder die Fahrgäste eines privaten Schiffes oder Luftfahrzeugs zu privaten Zwecken begehen und die gerichtet ist
- auf Hoher See gegen ein anderes Schiff oder Luftfahrzeug oder gegen Personen oder Vermö-
genswerte an Bord dieses Schiffes oder Luftfahrzeuges
- an einem Ort, der keiner staatlichen Hoheitsgewalt untersteht, gegen ein Schiff, Luftfahrzeug,
Personen oder Vermögenswerte
jede freiwillige Beteiligung am Einsatz eines Schiffes oder Luftfahrzeugs in Kenntnis von Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß es ein Seeräuberschiff oder -luftfahrzeug ist
jede Anstiftung zu einer der zuvor bezeichneten Handlungen oder jede absichtliche Erleichterung einer solchen Handlung.
Gem.
Artikel 104 kann ein Schiff oder ein Luftfahrzeug, je nach Recht des Flaggenstaates, seine Staatszugehörigkeit behalten oder verlieren, wenn es zu einem Seeräuberschiff oder -luftfahrzeug geworden ist.
Weiterhin gestattet Artikel 105 jedem Staat, ein Seeräuberfahrzeug aufzubringen, die auf dem Fahrzeug befindlichen Personen festzunehmen und die dort befindlichen Vermögenswerte zu beschlagnahmen.
Die Gerichte des Staates, dem das aufbringende Fahrzeug angehört, entscheiden über die zu verhängenden Strafen und weitergehenden Maßnahmen.
Gem. Artikel 107 darf ein Aufbringen wegen Seeräuberei nur von Kriegsschiffen oder Militärfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen vorgenommen werden, die deutlich als im Staatsdienst stehend gekennzeichnet und als solche erkennbar sind und die hierzu befugt sind.
3.
7.3 Strafgerichtsbarkeit auf der Hohen See
Artikel 97 schreibt die Verhaltensmaßregeln bezüglich der Strafgerichtsbarkeit in Bezug auf Zusammenstöße oder andere mit der Führung eines Schiffes zusammenhängenden Ereignissen vor. Dort wird ausgesagt:
Im Falle einer solchen Lage auf Hoher See, welche die strafrechtliche oder disziplinarische Verantwortlichkeit des Kapitäns oder einer sonstigen im Dienst des Schiffs stehenden Person nach sich ziehen könnten, darf ein Straf- oder Disziplinarverfahren gegen diese Person nur vor den Justiz- oder Verwaltungsbehörden des Flaggenstaats oder des Staates eingeleitet werden, dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt
In Disziplinarangelegenheiten ist nur der Staat, der ein Kapitänspatent, ein Befähigungszeugnis oder eine andere Erlaubnis erteilt hat, zuständig, die Entziehung dieser Urkunden nach dem vorgeschriebenen gesetzlichen Verfahren zu erklären, auch wenn der Inhaber nicht die Staatsangehörigkeit des ausstellenden Staates besitzt.
Ein Festhalten oder Zurückhalten des Schiffes darf, selbst zu Untersuchungszwecken, nur von den Behörden des Flaggenstaats angeordnet werden.
3.7.
4 Betretungsrecht
Der Artikel 110 beschreibt die Voraussetzungen des Betretens von fremden Schiffen auf der Hohen See. Gem. Absatz I darf ein Kriegsschiff, das auf der Hohen See einem fremden Schiff begegnet (mit Ausnahme eines Schiffes, welches nach den Artikeln 95 und 96 vollständige Immunität genießt), abgesehen von den Fällen, in denen ein Eingreifen auf vertraglich begründeten Befugnissen beruht, dieses nur anhalten, wenn begründeter Anlaß für den Verdacht besteht, daß
das Schiff Seeräuberei betreibt
das Schiff Sklavenhandel betreibt
das Schiff nicht genehmigte Rundfunksendungen verbreitet und der Flaggenstaat des Kriegsschiffs nach Artikel 109 auch die Gerichtsbarkeit hat
das Schiff keine Staatszugehörigkeit besitzt
das Schiff, obwohl es eine fremde Flagge führt oder sich weigert, seine Flagge zu zeigen, in Wirklichkeit aber dieselbe Staatszugehörigkeit wie das Kriegsschiff besitzt.
In all diesen Fällen kann das Kriegsschiff die Berechtigung des Schiffes zur Flaggenführung überprüfen. Zu diesem Zweck kann es ein Boot unter dem Kommando eines Offiziers zu dem verdächtigen Schiff entsenden. Bleibt der Verdacht nach Prüfung der Dokumente bestehen, so kann es eine weitere Untersuchung an Bord des Schiffes vornehmen, die so rücksichtsvoll wie möglich durchzuführen ist.
Im Falle eines unberechtigten Anhaltens muß der entstandene Schaden ersetzt werden.
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