Experiment sherifs
Zum Experiment von Sherif, in dem er ein Ferienlager aufbaute und so Gruppenbildungen untersuchen wollte.
I.)
Erläutern Sie, welche Annahme Sherif mit seinem ersten "Eingriff" (der Neuzusammensetzung der Gruppen entgegen der ersten Sympathiebildung) überprüfen wollte. Welches Ergebnis ließ sich feststellen? (1. und 2. Stadium)
Ich denke, Sherif wollte durch die Neuordnung der Gruppen entgegen der Sympa-thien der Jungen vor allem überprüfen, ob der Zusammenhalt beziehungsweise das Wir-Gefühl innerhalb einer Gruppe von den "natürlichen" und unbeeinflußten, spon-tanen Sympathien abhängt.
Zusätzlich zur Beantwortung dieser Tatsache konnte er auch seine Beobachtungen der Gruppenstrukturen so weit aus unabhängig von der spontanen Sympathie ma-chen und somit die Ergebnisse unverfälschter werden lassen.
In seinem Experiment zeigte sich, dass die einzelnen Jungen jeweils die anderen Mitglieder ihrer Gruppe, die ihnen spontan eigentlich weniger sympathisch gewesen waren, nach der zweiten Phase für charakterlich ansprechender hielten, als die Jun-gen aus der ihnen gegenübergestellten Gruppe.
Eine einige Tage lang aufgebaute Beziehung zwischen den Jungen wurde nach ei-ner zweiten Phase in unterschiedlichen Gruppen offenbar vollends zerstört und an-stelle der spontanen Einzelbindungen traten in den Untergruppen gebildete Gruppen-sympathien.
Die Jungen hätten ebenso gut an den ursprünglichen Bindungen festhalten und die-se über das Zugehörigkeitsgefühl zur Gruppe stellen können.
Dass dies nicht der Fall war, obwohl ihre ursprüngliche von äußeren Faktoren weit-gehend unbeeindruckte Beurteilung der späteren entgegengestellt war, zeigte Sherif, dass das Wir-Gefühl einer Gruppe schwerer wiegt als eine erste Sympathie, weiter noch, dass dieses Wir-Gefühl offenbar auch eine ganz neue Sympathieempfindung der Jungen erschuf und nicht nur alte Sympathien in den Hintergrund treten lies.
Beschreiben sie, worum es im 4.
Stadium des Ferienlager-Experiments (Z 98 ff) ging. Was wollte Sherif in dieser Phase untersuchen? / Erläutern sie die Maßnahmen, die der Versuchsleiter im 4. Stadium traf. Wodurch unterscheiden sich die in "Phase 1" hergestellten Situationen von denen in "Phase 2" und welche unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich feststellen?
In dem vierten Stadium seines Experiments ging es Sherif um die Rückgliederung der beiden Kleingruppen in eine gemeinsame Großgruppe.
Er wollte damit untersuchen, ob es möglich war, in den zwei nahezu verfeindeten Gruppen, die aufgebauten Spannungen und Aggressionen wieder abzubauen und in allgemeine Gesamtgruppen umfassende Sympathie umzuwandeln.
Dieses vierte Stadium lässt sich wiederum in zwei unterschiedliche Phasen einteilen:
In der ersten wurden die beiden Gruppen in alltäglichen Situationen wieder zusam-men geführt; gemeinsam gingen sie ins Kino, nahmen ihre Mahlzeiten ein und feier-ten.
Diese alltäglichen Situationen ohne jeden eindringlichen Appell an einen Zusammen-halt der Jungen dienten denen aber nur dazu, ihre Gruppenkonflikte direkt und offen auszutragen. Entgegen der Überlegung Sherifs, die Gruppen so näher zueinander zu bringen, sorgten die gegenseitigen Angriffe nur für eine weitere "Verhärtung der Fronten".
In der zweiten Phase des vierten Stadiums befanden sich die Jungen ebenfalls in einer gemeinsamen Großgruppe und die direkten Aktivitäten waren denen aus der ersten Phase recht ähnlich, aber nun kam ein weiterer Faktor hinzu: Die gesamte Gruppe musste mit gewissen Widrigkeiten zurechtkommen, die ihrer aller Grundbe-dürfniserfüllung bedrohte. Die für die Jungen scheinbar zufälligen "Angriffe" auf das Wohlergehen jedes einzelnen Gruppenmitgliedes, schlossen sie enger zusammen und verstärkten zunächst nur für kurze Zeit ihr Zusammenhaltsgefühl innerhalb der Großgruppe.
Ein einzelnes dieser scheinbar zufälligen Ereignisse reichte allerdings nicht aus, den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe dauerhaft zu stärken und die Jungen verfielen bald schon wieder in ihre alten Verhaltensmuster des gegenseitigen Attackieren.
Nachdem den Gruppen jedoch in mehrere Situationen dieser Art gekommen waren fühlten sie sich wieder als Großgruppe und abschließende Befragungen ergaben ein gemeinhin freundschaftliches Gefühl unter den Mitgliedern der Gruppen.
Sherifs These fand also nur teilweise Bestätigung: Durch das reine zusammenführen der Gruppe in nicht gegeneinander gerichteten Aktivitäten konnte kein enger Zusam-menhalt erreicht werden, eine Festigung des Gruppengefühls entstand erst nach mehreren von außen ausgehenden "Angriffen" auf das Wohlbefinden aller Mitglieder der gesamten Gruppe.
Handelt es sich um ein Labor- oder um ein Feldexperiment? Begründen Sie ihre Entscheidung.
Ich denke, dass das Experiment sowohl als Feld- als auch als Laborexperiment betrachtet werden kann.
Für die Beschreibung als Feldexperiment sprechen folgende Faktoren:
Die Situation war weitestgehend eine alltägliche und die herbeigeführten Verände-rungen waren keine unrealistischen sondern nur an richtiger Stelle eingesetzte Ereig-nisse, die auch in jedem anderen Ferienlager hätten eintreffen können.
Das Experiment (und es ist als solches zu bezeichnen, da die Geschehnisse unter der ständigen Kontrolle des Versuchsleiters standen) fand Platz in einer weitestge-hend natürlichen Situation und die beobachtenden Personen bestimmten zwar die Aktivitäten der Versuchspersonen, aber sowohl die Umgebung als auch das alltäg-liche Verhalten sind kaum zu unterscheiden von den "gewöhnlichen" Vorgängen in einem Ferienlager, so dass nur im zweiten und vierten Stadium ein direkter Eingriff durch die Versuchsleiter stattfand. Die erste Phase war das ganz gewöhnliche Ken-nenlernen von Kindern im Ferienlager, das im Nachhinein vom Versuchsleiter ausge-wertet wurde.
Die zweite Phase war zwar bewußt beeinflußt und somit keine rein "natürliche" Situation, aber auch sie war, genau wie Phase vier nur die Nachbildung einer realen Situation, d.h. eigentlich beobachteten die Versuchsleiter nur eine alltäg-liche Situation.
Zusammengefaßt spricht genau diese Tatsache für ein Feldexperiment, dass die Si-tuation, die die Versuchsleiter beobachteten nicht frei erfunden sondern sehr real und nur in eine besondere Umgebung versetzt war.
Dahingegen spricht auch einiges dafür, Sherifs Experiment als Laborexperiment zu bezeichnen. Denn fast der gesamte Versuchsablauf fand in einem gesonderten Ge-biet statt, dem Camp, so dass die meisten Einflüsse von außen, vor allem die für den Versuch relevanten ("Unabhängigen Variablen", im Gegensatz zu irrelevanten Din-gen wie dem Wetter), komplett von den Versuchsleitern kontrolliert werden konnten.
Die Ereignisse, die die gesamte Gruppe betrafen, hat der Versuchsleiter bewußt her-bei geführt, und auch wenn sie ebensogut in jedem anderen "gewöhnlichen" Camp hätten passieren können, waren sie doch von ihm gesteuert und zur rechten Zeit ein-gebracht.
Das Experiment ist kaum eindeutig zuzuordnen, auch wenn ich eher zu der Betrach-tung als Laborexperiment tendieren würde, wobei für mich vor allem die Abgeschie-denheit und daraus hervorgehende Isolation von von außen kommenden Beeinflus-sungen entscheidend ist.
Bestimmen Sie im Einzelnen die Hypothesen, die unabhängigen und abhängigen Variablen. > Formulieren Sie die Lösung dieser Aufgabe in "wenn-dann-Sätzen"
Wenn eine Gruppe von Menschen mit ähnlichen Voraussetzungen aufeinander trifft, dann bilden sich spontan Sympathiebegründete Bindungen zwischen einzelnen Mit-gliedern.
Wenn diese Großgruppe entgegengesetzt der spontanen Sympathien in kleinere Gruppen eingeteilt wird, dann stören die vorher gebildeten Sympathien nicht das Gruppengefühl innerhalb der Kleingruppe.
Im Gegenteil: Wenn eine Gruppe entgegengesetzt von Sympathien besteht, dann wiegt das Gruppengefühl stärker als eigene Sympathien.
Wenn zwei Gruppen in einen Konflikt gegeneinander geraten, dann verstärken sich der Gruppenzusammenhalt innerhalb der Gruppe und auch die Aggression gegen-über der anderen Gruppe immer weiter.
Wenn zwei Gruppen in einem Konflikt einander gegenüber stehen, dann verstärkt das das Wir-Gefühl und führt zu einer Überschätzung der Leistung und charakterlichen Stärke der Mitglieder (ingroup-Mitglieder) und einer Unterschätzung dieser Eigenschaften bei den Mitgliedern der anderen Gruppe (outgroup-Mitgliedern).
Wenn zwei Gruppen gegeneinander starke Aggressionen hegen, dann erhöhen die-se nur auch immer weiter den Gruppenzusammenhalt innerhalb der Gruppe.
Wenn zwei stark verfeindete Gruppen bei gemeinsamen Aktivitäten aufeinander tref-fen, dann werden diese "harmlosen Aktivitäten" die gegenseitigen Aggressionen noch weiter anstacheln.
Wenn diese beiden Gruppen als Großgruppe einer Bedrohung aller Mitglieder ge-genüber stehen, dann fühlen sie sich zu einer großen Gruppe zusammengeschlos-sen.
Wenn von diesen Angriffen allerdings nur einer der die Gesamtheit bedrohenden Art stattfindet, hält der Zusammenschluß der Großgruppe nicht lange an.
Wenn zwei Kleingruppen gemeinsam immer wieder "Angriffen" auf alle Mitglieder der beiden Gruppen ausgesetzt sind, dann verbinden diese "Angriffe" die beiden Klein-gruppen zu einer Großgruppe.
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