Biographie
Physiologe, Pharmakologe
* 14. September 1849 in
Rjasan (bei Moskau) 27. Februar 1936 in St. Petersburg
(damals Leningrad)
Auf
viele Nervenreizungen erfolgt automatisch eine Reaktion.
Man nennt dies einen Reflex. Der Entdecker des bedingten
Reflexes ist Pawlow.
Er erhielt unter anderem dafür im
Jahre 1904 als erster Physiologe den Nobelpreis für
Medizin und Physiologie. In der Begründung heißt es:
"In Anerkennung seiner Arbeit über die Physiologie
der Verdauung, die das Wissen über wesentliche Aspekte
dieses Bereiches verbessert und erweitert hat."
Pawlow war das älteste von
zehn Kindern eines russisch-orthodoxen Geistlichen. Im
Jahre 1870 verließ er das Priesterseminar von Rjasan, um
auf der Universität von St. Petersburg Tierphysiologie,
Chemie und später zusätzlich Medizin zu studieren. 1881
heiratete er die Pädagogikstudentin Serafima Wassiljewna.
1884 legte er seine Doktorarbeit "Über die
zentrifugalen Nerven des Herzens" vor. Nach zweijährigem
Studienaufenthalt in Deutschland, wo er unter anderem bei
den Physiologen Carl Ludwig (1816-1895) in Leipzig und
Rudolf Peter Heinrich Heidenhain (1834-1897) in Breslau tätig
war, promovierte er 1886 zum Professor der Pharmakologie.
1891 wurde Pawlow mit der Einrichtung einer Abteilung für
Physiologie am Institut für Experimentelle Medizin in St.
Petersburg betraut und intensivierte seine bahnbrechenden
Versuche zur Physiologie der Verdauung. 1895 erhielt er
eine Professur für Physiologie an der Militärärztlichen
Akademie in St. Petersburg, die er bis 1924 innehatte.
Großzügig
unterstützt von der sowjetischen Führung konnte Pawlow
auch nach der Oktoberrevolution 1917 seine Experimente
fortsetzen und sogar ausweiten. In seinen letzten Jahren
widmete er sich der Erforschung der Großhirnrinde.
Anfangs beschäftigte sich
Pawlow mit der Innervation des Herzens; um 1890 begann er
sein Interesse auf den Verdauungstrakt zu lenken.
Ausgangspunkt hierfür und für die späteren
Untersuchungen waren Hunde. Um diese Zeit beschrieb er
erstmals, daß Hunde schon Magensaft absonderten, wenn sie
das Futter nur gesehen hatten. Bei der Beobachtung der
Versuchstiere auf dem Operationstisch bemerkte er auch, daß
jeder Schmerzreiz, von wo immer er ausging, die Tätigkeit
der Bauchspeicheldrüse aufhob.
Dies führte zu dem
klassisch gewordenen Experiment der "Pawlowschen
Hunde": Gibt man einem Hund eine bestimmte Menge Säure,
so wird eine bestimmte Menge Speichel produziert.
Verbindet man die Gabe mit einem akustischen oder
optischen Signal, so reicht bald nur dieses Signal aus, um
die Produktion des Speichels auszulösen. Aus dem unbedingten
Reflex ist ein bedingter Reflex (der
"Pawlow-Reflex") geworden. Seine Beobachtungen
veröffentlichte er 1897 in dem Buch "Die Arbeit der
Verdauungsdrüsen" und erregte damit in der Fachwelt
großes Aufsehen. In den nachfolgenden Jahren klärte
Pawlow alle wesentlichen physiologischen Vorgänge bei der
Verdauung und stellte seine Ergebnisse 1903 auf dem 14.
Medizinerkongreß in Madrid einer größeren Öffentlichkeit
vor.
Er zeigte, daß die allgemeinen Grundlagen der höheren
Nerventätigkeiten bei den höheren Tieren und bei den
Menschen dieselben sind, das heißt die bedingten Reflexe
haben beim Menschen die gleichen Mechanismen wie zum
Beispiel beim Hund. Schon 1902 hatten die englischen
Physiologen William Maddock Bayliss (1860-1924) und Ernest
Henry Starling (1866-1927) Pawlows Ergebnisse bestätigt.
Sie zeigten, daß eine Säure die Pankreassekretion anregt
und daß diese im Zwölffingerdarm provoziert wird, und
entdeckten damit ein Prinzip der biologischen Steuerung.
Pawlow baute sein Lehre vom bedingten Reflex und der damit
gekoppelten Physiologie der Verdauung aus, mit dem Ziel,
Zugang auch zur Hirnrinde und ihren physiologischen
Leistungen zu finden.
Nicht zuletzt aufgrund
seiner Reflexphysiologie spielte Pawlow eine wichtige
Rolle in der "materialistischen" Ideologie der
damaligen sowjetischen Philosophie. Er war Mitglied von
acht Akademien, Träger aller russischen Gelehrtengrade
und Inhaber unzähliger ausländischer Ehrenzeichen und
Medaillen physiologischer, psychologischer, zoologischer
und anderer wissenschaftlicher Institutionen.
Sein Leben
war ein Beispiel der Liebe zur Wissenschaft und zur Treue
gegenüber wissenschaftlichen Ideen, und noch in seinem
86. Lebensjahr war er täglich in seinem Laboratorium und
bei seinen Hunden. Kurz vor seinem Tode wandte er sich mit
einem Brief an die Jugend: "Denkt daran, daß die
Wissenschaft vom Menschen das ganze Leben verlangt, und hättet
ihr zwei Leben, sie würden nicht ausreichen. Seid
leidenschaftlich in eurer Arbeit und in euren Forschungen.
Lernt, sammelt Tatsachen, häuft Tatsachen an. Die
Tatsachen sind die Luft des Gelehrten; ohne sie kein
Aufstieg, ohne sie bleiben eure ´Theorien´ leere Bemühungen.
"
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