4. fet - ausarbeitung
Drehverfahren und Drehmaschinen
Allgemeines
Die technologische Bedeutung des Drehens kann am Anteil der produzierten Drehmaschinen am Gesamtwert der insgesamt produzierten spanabhebenden Werkzeugmaschinen gemessen werden: Die Drehmaschinen machen ca. 1/3 des Wertes aller spanenden Werkzeugmaschinen aus.
Das Drehen ist schon seit dem Altertum bekannt. Die Realisierung der Drehbewegung erfolgte zunächst durch den Schnurzugtrieb. Das Werkzeug wurde von Hand, mit Hilfe einer Unterstützung oder Auflage, geführt. Die Ent-wicklung der Drehmaschine als Werkzeugmaschine zur Metallbearbeitung erhielt nach der Erfindung der Dampf-maschine starken Auftrieb.
Bild 1 zeigt den Stand des Drehmaschinenbaues um 1840.
a bis c Leitspindel, Wechselräder, Support
d lose Stufenscheibe und Vorgelege
e bis g Zahnstange, Zugspindel und getrennte Führungen
h Planvorschub
Bild 1: Drehmaschine um 1840
Die Weiterentwicklung der Drehmaschine führte, neben dem Bau zahlreicher Varianten, auch zur Konstruktion der kurvengesteuerten Drehautomaten.
Bild 2: Vierspindel-Stangenautomaten (USA, 1894)
Übersicht der Drehverfahren
Die systematische Einteilung des Drehens erfolgt nach DIN E 85859, Teil 2.
Die Einteilung orientiert sich am Kriterium der Oberflächenfom und Kinematik des Zerspanungsvorganges.
Bild 3: Einteilung der Drehverfahren nach DIN E 8589 Teil 2
Längsdrehen: Drehen mit Vorschub parallel zur Werkstückachse.
Quer- oder Plandrehen: Drehen mit Vorschub senkrecht zur Werkstückachse.
Bild 4: Drehen zur Erzeugung ebener Flächen
A) Quer-Plandrehen, B) Längs-Plandrehen, C) Quer-Abstechdrehen
a Werkstück, b Werkzeug
Bild 5: Drehen zur Erzeugung kreiszylindrischer Flächen
A) Längs-Runddrehen, B) Schäldrehen, C) Quer-Runddrehen
a Werkstück, b Werkzeug
Bild 11: Nachformdrehen Bild 12: Drehen zur Erzeugung beliebiger, durch Steuerung der Schnittbewegung
a Werkstück, b Werkzeug bestimmter, nicht rotaionssymmetrischer Flächen
A) Längs-Unrunddrehen, B) Einstech-Unrunddrehen
a Werkstück, b Werkzeug, c Steuereinrichtung
Werkzeuge beim Drehen
Ein Drehmeißel besteht grundsätzlich aus Schaft und Schneidkörper.
Der Schaft hat meist rechteckigen (1:1 oder 1:1,6) oder kreisförmigen Querschnitt.
Bild 13: Arten von Drehmeißeln
Bild 14: Arten von Drehmeißeln
Arten von Drehmeißeln
Schruppdrehmeißel
Kräftige Ausführung; für hohe Zerspanleistungen
Schlichtdrehmeißel
Abgerundete Schneidenspitze für höchste Oberflächengüten
Bild 15: Schrupp- und Schlichtdrehmeißel Bild 16: Außen- und Innendrehmeißel
Außen- und Innendrehmeißel
Rechts- und Linksdrehmeißel
Bei Rechtsausführungen arbeitet man von rechts nach links.
Bild 17: Links- und Rechts-Drehmeießel Bild 18: Gerader, gebogener und abgesetzter Drehmeißel
Gerader, gebogener und abgesetzter Drehmeißel
Anwendung je nach Art der Dreharbeit und Zugänglichkeit der Bearbeitungsstelle.
Winkel am Drehmeißel
Die entsprechenden Winkel a, b, g, e, k, l am Drehmeißel zeigt
Für Schruppbearbeitung (Schwerstzerspanung) kann g auch negativ werden.
Bild 19: Winkel am Drehmeißel
Bild 20: Hauptsächlich verwendete Werkstoffe für Drehmeißel (Schneidstoffe)
Bild 21: Richtwerte für a, b, g
Spannen der Drehmeißel und Werkstücke
Drehmeißel sind, zur Vermeidung von Schwingungen und Rattermarken, kurz einzuspannen, sowie seknrecht zur Werkstückachse (Beachtung des Einstellwinkels k) und mittig zum Werkstück.
Bild 22: Außermittige Einspannung des Drehmeißels Bild 23: Spannen des Drehmeißels
Rattern
Rattern = Schwingungen an der Werkzeugmaschine und/oder am Werkzeug und/oder am Werkstück.
Mögliche Abhilfen:
- Spannverhältnisse am Werkstück, Werkzeug und an der Maschine ändern
(Werkzeug möglichst kurz einspannen)
- Spanstauchung verringern (Nachstellen der Spanleitstufe)
- Schnittiefe verkleinern
- Vorschub erhöhen
- kleinerer Eckenradius am Werkzeug
- Werkzeug nachschleifen
- Spanwinkel vergrößern
- Einstellwinkel vergrößern
- Freiwinkel verkleinern (leichtes "Übermittestellen")
- Dämpfung vergrößern (durch Anbrigenvon Dämpfungsmassen)
- Werkzeugstabilität vergrößern (größerer bzw. stabilerer Schaftquerschnitt)
Schwingungen bei dünnwandigen Büchsen
Bei der Bearbeitung von Werkstücken mit sehr geringen Wanddicken kann es vermehrt zum auftreten von Schwingungen kommen. Um die Schwingungen zu vermeiden, oder zu verringern kann man
a) Schnittdaten verändern (Schwingungsvermeidung - Verlassen des kritischen Frequenzbereichs)
b) Dämpfungselemente anbringen (Schwingungsdämpfung - Anbringen von Massen oder
Versteifungselementen; z.B. Dämpfungsdeckel, Gummirnge, .
..)
Um die Werkzeugdämpfung zu erhöhen ist es möglich Dämpfungsmassen am Drehmeißel anzubringen oder die Form des Drehmeißels entsprechend zu verändern (z.B. "Schwanenhals").
Bild 24: Dämpfungsdeckel bei dünnwandigen Büchsen Bild 25: Schwingungsdämpfung bei dünnwandigen Büchsen
Maßhaltigkeit und Oberflächengüte beim Drehen
Einhaltung von genauen Durchmessermaßen
Bei Schnittiefen unter 0,1 mm können Probleme durch Unterschreiten der Mindestspandicke auftreten.
Die Mindestspandicke kann verringert werden, durch:
- hohe Stabilität von Maschine, Werkzeug und Werkstück
- scharfes Werkzeug (Eckenradius ~ 0)
- großer Spanwinkel
Maßhaltigkeit beim gleichzeitigen Außen- und Innendrehen von dünnwandigen Büchsen
Bild 26: Werkzeuganordnung bei gleichzeitiger Außen- und Innenbearbeitung
Erreichbare Genauigkeiten beim Drehen
Schlichten, üblicherweise ......
......
......
. IT7 bis IT8
Mit Keramik- und Diamantwerkzeugen kann beim Schlichten bis zu IT5 erreicht werden.
Oberflächenrauhigkeit
Die theoretische Oberflächenruhigkeit ist abhängig vom Spitzenradius r und vom Vorschub s.
Für Rt gilt (s> 0,1 mm/U):
Rt...
......
.... Rauhtiefe [mm]
s ..
......
......
Vorschub [mm]
r ......
......
.. Eckenradius [mm]
Die tatsächliche Rauhtiefe weicht allerdings vom theoretischen Wert ab, wegen:
- Laufruhe der Maschine (Schwingungen)
- Verschleiß der Schneide
- Schnittgeschwindigkeit
Schlechte Oberfläche beim Schlichten
Mögliche Abhilfen:
- höhere Schnittgeschwindigkeit (vermeidet Aufbauschneide)
- kleinerer Vorschub
- scharfes Werkzeug (neu geschliffen oder verscheißfesteres Werkzeug)
- Spannverhältnisse bzw. Schwingungen überprüfen
- günstigere Schneidengeometrie (größerer Eckenradius, größerer Spanwinkel)
- bessere Spanbafuhr (zur Vermeidung von Beschädigungen der Werkstückoberfläche)
Durch eine Vorschubverkleinerung und eine Vergrößerung des Eckenradius würde man theoretisch immer eine Verringerung der Oberflächenrauhigkeit erzielen. In der Praxis tritt allerdings nur bis zu einem bestimmten Wert eine Verbesserung der Oberflächenqualität ein, und zwar der Mindestspandicke.
Die Mindestspandicke ist jener Wert, bis zu dem das Werkzeug noch sauber und gleichmäßig schneidet.
Bild 27: Werkzeugdämpfung
Plangedrehte Oberfläche ist ungenügend
In einem bestimmten Durchmesserbereich ist die Oberfläche aufgerissen. Weil sich die Schnittgeschwindigkeit vom größten Durchmesser zum kleinsten (bzw. bei Vollmaterialien ist die Schnittgeschwindigkeit in der Mitte null) ändert, kann in einem bestimmten Bereich Aufbauschneide entstehen.
Abhilfe: Regelung auf konstante Schnittgeschwindigkeit
Bild 28: Aufbauschneidenbildung in Folge Schnittgeschwindigkeits-
änderung beim Plandrehen
Gewindedrehen mit einschneidigen Werkzeug
Der Vorschub erfolgt entsprechend der Gewindesteigung durch die leitspindel. Die Zustellbewegung kann auf vier Arten erfolgen. Die Schnittaufteilung kann, je nach Gewindegröße, Werkzeug und Maschine zwischen einem und zehn Schnitten liegen.
Anzustreben ist eine gleichmäßige Belastung der Schneide, ohne zu starke Spanstauchung. Üblicherweise werden Schrupp und Schlichtstahl für die verschiedenen Schnitte verwendet.
Bild 29: Verschiedene Schnittaufteilungen beim Gewindedrehen
Berechnungsverfahren
Zerspanungskraftkomponenten und Zerspanleistung
Schnittgeschwindigkeit: v = d.p.n
Vorschubgeschwindigkeit: u = s.n
Wirkgeschwindigkeit: ve = v + u
Bild 30: Geschwindigkeiten beim Drehen Bild 31: Spangrößen beim Drehen
Bild 32: Kräfte beim Drehen
Die Flächenlast auf den Schneidkeil wirkenden Schnittlasten werden durch die s.
g. Zerspankraft FZ und ihre Komponenten ersetzt.
FZ = FS + FV + FP
100% 30% 10% für Drehen in % von FS
100% 75% 20% 5% in % von FZ
Hauptschnittkraft
Vorschubkraft
Passivkraft
Zerspanleistung: PZ = PS + PV = FS.v + FV.u
Mechanische Antriebsleistung: Elektrische Antriebsleistung:
PV kann gegenüber PS vernachlässigt werden, sodaß gilt: PZ ~ PS
Der Gesamtwirkungsgrad der Drehmaschine verschlechtert sich bei Teillast und hohen Drehzahlen erheblich.
Bild 33: Verhältnis zwischen Motorleistung und Wirkungsgrad
beim Drehstrom-Asynchronmotor
Grenzen für die Wahl der Schnittleistung
Es gilt: PS = FS .
v = A . ks . v
Grenzen durch die Werkzeugmaschine:
- Leistungsaufnahme, PS < PAntr
- Stabilität der Maschine (Deformation, Schwingungen)
- Rattern (abhängig von b, h, v, Steifigkeit, Dämpfung des Systems)
Grenzen durch das Werkzeug:
- Standzeit
- Werkstoff
- Schneidkeilgeometrie
- Temperaturempfindlichkeit, Wärmeabfuhr
Grenzen durch das Werkstück:
- Stabilität (z.B. Fliehkräfte, dünnwandige Bauteile)
- Oberflächengüte
- Werkstoff
Bild 34: Auswirkung der Rattergrenze auf das Zeitspanungsvolumen Bild 35: Drehzahlstufung bei einer Drehmaschine
beim Drehen
Berechnung der Hauptzeit
Die Hauptzeit tH besteht aus der Summe aller Zeiten, in denen das Werkzeug am Werkstück die beabsichtigte Veränderung ausführt = Arbeit verrichtet.
Für Z=konst.
gilt:
Z Zeitspanvolumen [mm³/s]
VZ zerspantes Volumen [mm³]
Ist das Zeitspanvolumen nicht konstant, so muß die Hauptzeit aus den, mit der Vorschubgeschwindigkeit zurückgelegten, Vorschubwegen ermittelt werden.
Längsdrehen
L.....
......
..Gesamt-Drehlänge [mm]
u = s.n v = d.p.n
L = lf + lak + z1 + z2 lf .
......
.....Fertigteillänge
lak .
......
..Anlaufweg des Werkzeugs
z1, z2 ....
.Aufmaße
Bild 36: Gesamt-Drehlänge beim Längsdrehen
Gewindedrehen
Die Berechnung erfolgt analog dem Längsdrehen, wobei der Vorschub der Gewindesteigung P (unter Berücksichtigung der Gangzahl des Gewindes) entspricht.
i ....
......
....Anzahl der Schnitte, mit hG als Gewindetiefe
g ..
......
.....Gangzahl
P .
......
......
Gewindesteigung
Plandrehen
Man unterscheidet zwischen Plandrehen mit konstanter Drehzahl und konstanter Schnittgeschwindigkeit (abhängig von der Drehmaschine).
a) Konstante Drehzahl (n = konst.)
Die Schnittgeschwindigkeit verändert sich linear mit dem Durchmesser nach der Gleichung: v = d.p.n
Die Berechnung der Hauptzeit tH erfolgt wie beim Längsdrehen:
mit va = Da.p.
n
Gesamt-Drehlänge:
Bild 37: Gesamt-Drehlänge beim Plandrehen
b) Stufenlose Drehzahlregelung (v = konst.)
Plandrehen mit konstanter Schnittgeschwindigkeit zeichnet sich durch größere Wirtschaftlichkeit, bessere Oberflächen-güte und kürzere Hauptzeit aus.
Auf Grund der vom Hauptantrieb vorgegebenen Drehzaglen nmin und nmax kann maximal eine, durch Dmin und Dmax begrenzte, Kreisringfläche mit v=konst. bearbeitet werden ® Aufteilung des Regelbereichs in drei Teilbereiche.
Die Berechnung der Teilbereiche I und III erfolgt analog Pkt. a) mit konstanter Drehzahl.
Berechnung der Hauptzeit tH im Bereich II:
mit v = d.p.n = 2.r.p.n
damit:
Mit:
Bild 38: Regelung auf konstante Schnittgeschwindigkeit
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