Tsunami
Die Iraker müssen die Folgen eines Krieges fürchten
Brennende Ölquellen, Kriegstrümmer und zerschossene Kläranlagen: Hunderttausende Iraker könnten bei einem Krieg Opfer einer ökologischen Katastrophe werden, warnen Umweltschützer.
Es sind nicht allein die Bomben, vor denen sich die Menschen im Irak bei einem Krieg fürchten müssen. Mit Zehntausenden Toten rechnet die Vereinigung Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) durch die direkten Folgen eines längeren konventionellen Irak-Kriegs. Hunderttausende könnten Opfer einer ökologischen Katastrophe werden, warnen Umweltschützer. Brennende Ölquellen, Kriegstrümmer und zerschossene Kläranlagen bedrohen Menschen und die Natur, die sie ernährt, zu vergiften.
«Allein durch den völligen Zusammenbruch der Infrastruktur ist mit bis zu 200.
000 Toten zu rechnen, etwa durch Infektionskrankheiten», sagt die Autorin der britischen IPPNW-Studie, Jane Salvage. Die riesigen irakischen Ölfelder könnten leicht bei Kämpfen in Brand geschossen werden, warnt Greenpeace-Energieexperte Jörg Fedder. «Wenn dieser Krieg stattfinden sollte, wird es ein ökologisches Desaster geben. Das würde die noch immer unter den Kriegsfolgen von 1991 leidende Zivilbevölkerung noch tiefer ins Elend stürzen.»
Da es über die Szenarien des drohenden Irak-Krieges nur Spekulationen gibt, fußen die Befürchtungen großenteils auf den Erfahrungen aus dem Golfkrieg von 1991. Die Kindersterblichkeit im Irak stieg damals auf das Dreifache der Vorjahre, wie der Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, Helmut Röscheisen, berichtet.
In Kuwait, wo die Ölquellen monatelang brannten und Millionen Barrel Erdöl in die Wüste und ins Meer flossen, sei die durchschnittliche Lebenserwartung von 66 auf 63 Jahre gesunken. Während der Ölbrände habe sich zudem die mittlere Temperatur durch die dichte Rauchschicht lokal um zehn Grad Celsius abgekühlt.
Das vor zwölf Jahren ausgelaufene Öl habe bereits 40 Prozent des kuwaitischen Grundwassers verseucht, schreibt die britische Zeitschrift «New Scientist» (Nr. 2386, S. 12). Nach Schätzungen des Oldenburger Umweltbiologen Thomas Höpner wurden damals rund eine Million Tonnen Erdöl zu Kriegszwecken ins Meer geleitet, etwa um Truppen die Landung an der Küste zu erschweren.
«Die schwerste maritime Ölkatastrophe aller Zeiten», urteilte Höpner nach der Inspektion ölverschmutzter Strände. Das Watt im Persischen Golf gilt als eine der fünf weltweit wichtigsten Regionen für Watvögel. Zu spüren bekamen die Folgen der Verschmutzung auch die Garnelenfischer, deren Geschäft für Jahre beschädigt wurde.
Der Konflikt von 1991 hinterließ nach Informationen des «New Scientist» rund 250 Tonnen Splitter uranhaltiger Munition in Kuwait, dem Irak und Saudi-Arabien. Die Gefährlichkeit dieser Munition ist nicht geklärt. Ihr Einsatz in Bosnien-Herzegowina habe dort jedoch nach Erkenntnissen des UN-Umweltprogramms UNEP zu «deutlichen radioaktiven Brennpunkten» geführt.
Röscheisen betont, das Golfkrieg- Bombardement habe 1991 mehrere Dutzend chemische, biologische und nukleare Anlagen zerstört. «Über den Verbleib der Stoffe kann nur spekuliert werden.»
Die Zerstörung von Kläranlagen könnte die bereits stark geschädigten Sumpfgebiete am Unterlauf des Tigris vergiften. Die wichtigen Rastgebiete für Zugvögel sind nach einer Studie der Organisation BirdLife International nicht nur bedeutende Laichgründe für die Millionen Dollar schwere Garnelenindustrie am Persischen Golf, sondern auch seit Jahrtausenden Heimat des Ma'dan-Volksstammes. Aber nicht nur diese Menschen wären betroffen, es würde auch das Trinkwasser zahlreicher weiterer Flussanwohner gefährdet.
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