Liberalismus, neoliberalismus, soziale marktwirtschaft
Liberalismus, Neoliberalismus, soziale Marktwirtschaft
Nach Aufbruch der feudalistischen Strukturen in Europa, insbesondere in
Frankreich (vgl. Französische Revolution) und in England, etablierten sich
neue,
freie Handelsstrukturen, die dem Einzelnen den größt möglichsten Erfolg in
Bezug
auf seine Fähigkeiten und Kenntnisse ermöglichen sollte. Der Erfolg des
Einzelnen sollte nicht durch staatlichen Einfluss wie Steuern,
Handelsbeschränkungen, Arbeitsvorschriften etc. beeinträchtigt werden. Die
"Bibel" des Wirtschaftsliberalismus ist das Epoche machende Werk "Der Reichtum
der Nation" (1776) von Adam Smith. Wenn man alle Aktivitäten freigibt, so
meinen
Smith und seine Anhänger, dann wird das Marktgesetz von Angebot und Nachfrage
den ganzen Komplex des Wirtschaftslebens so regeln, dass sich optimale
Harmonie
von selbst einstellt.
Drei Ziele dieser Harmonie sollten gleichzeitig erreicht
werden: 1. günstige Produktions- und Gewinnchancen für den Unternehmer,
2. automatische Selbstregulierung von Wirtschaftskrisen und
3. größtmöglichste soziale Gerechtigkeit. Im gesellschaftlichen und
kulturellen
Bereich betont der Liberalismus den Spielraum des Individuums.
Chancengleichheit
für alle, Abschaffung der Stände, Bauernbefreiung, Freizügigkeit, Bildung für
jeden, Meinungs- und Redefreiheit, Toleranz, Vorurteilslosigkeit und auch
Frauenemanzipation sind die Forderungen.
Dies führte zu einer raschen
innovativen Industrialisierung, sowie zu einer massiven Umverteilung der
Produktionsmittel. In diesem System ist der Aufstieg vom Küchenjungen zum
Millionär möglich. Was aber wird aus dem, der ihn nicht schafft? Das "laissez
faire" des Liberalismus bedeutet eine Bevorzugung des Starken und eine
rücksichtslose Benachteiligung des Schwachen. Negative Auswirkung dieses
(Wirtschafts-) Liberalismus war die Vernachlässigung der sozialen Komponente.
Die Industrieallisierung führte zu einer breiten Verelendung der in
Abhängigkeit
beschäftigten Massen; z.B.
7 Tage-Woche mit jeweils 14 stündigen
Arbeitszeiten,
bei geringster (die Lebenserhaltung nicht deckender) Lohnzahlung, Kinderarbeit
etc.. Die Situation der Arbeitenden war so schlecht, dass die Gefahr einer
Revolution bestand, d.h. ein Aufstand gegen das bestehende wirtschaftliche
System (z.B.
siehe dazu Gründung von Arbeitsbildungsvereinen in Deutschland
und
die staatliche Repression gegen die "Sozialistengesetze"). Durch die
Liberalisierung der Wirtschaft kam es zu einem sozialen Ungleichgewicht zu
Gunsten der Besitzenden (Kohle- und Stahlbarone).
Der Liberalismus, die "Religion der Freiheit" (Benedetto Croce), kann das
Problem der Gleichheit nicht lösen. Um eine Eskalation zu verhindern musste
staatlicherseits der bis dahin bestehende Liberalismus zu Gunsten des
Neoliberalismus eingeschränkt werden.
Der Neoliberalismus beinhaltet eine soziale Komponente, d.h.
dass die
Interessen
der Arbeiter, aber dennoch Besitzlosen, in einem bestimmten Maß gewahrt werden
(vgl. Einführung des Sozialversicherungssystem in Deutschland durch Bismarck).
Der Neoliberalismus besteht bis heute in den meisten westlich geprägten
Staaten
der Erde.
Eine Sonderform des Neoliberalismus entstand im Nachkriegsdeutschland in den
westlichen Zonen und der darauf folgenden BRD. Umgesetzt vom späteren
Wirtschaftsminister Ludwig Erhard beinhaltet sie eine noch stärkere
Einbeziehung
der Arbeitnehmerinteressen. Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft fiel
etwa zeitgleich mit dem Wirtschaftswunder am Anfang der 50er Jahre.
Politisch
soll diese Marktwirtschaft ein hohes Maß an individueller Freiheit
gewährleisten. Um Monopol Bildungen zu verhindern und die politische Macht der
Wirtschaft zu verhindern, führt der Staat zusätzlich eine aktive
Wettbewerbspolitik durch. Der Zusatz "sozial" soll darauf hinweisen, dass in
diesem System auch soziale Absicherungen für die Bevölkerung eingebaut sind.
Somit versucht die Soziale Marktwirtschaft eine Synthese zwischen
wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit
darzustellen. Der
Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital sollte durch die sogenannte
"Sozialpartnerschaft" aufgehoben werden, d.h.
das Mitbestimmungsrecht der
Arbeitnehmer wurde wie z.B. bei der Montanen Mitbestimmung gesetzlich
geregelt,
weiterhin wurde die Verpflichtung der Besitzenden im Rahmen der sozialen
Marktwirtschaft von den Gründungsvätern der BRD im Artikel 14 des Grundgesetz
auch festgeschrieben. (Artikel 14, Absatz 2: "Eigentum verpflichtet, sein
Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.") Die Ziele dieser
Marktwirtschaft sind: Vollbeschäftigung, stetiges Wirtschaftswachstum,
Stabilität des Preisniveaus sowie außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft wurde von der sogenannten "Freiburger
Schule" zwischen 1930 und 1950 entwickelt.
Es war eine Gruppe von Ökonomen der
Universität Freiburg.
Ursächlich ist die soziale Marktwirtschaft aber ein Produkt des Kalten
Krieges.
Es war ein Gegengewicht zu dem in der damaligen DDR proklamierten
Sozialistischen Modell der Planwirtschaft, in dem das Eigentum an
Produktionsmitteln dem ganzen Volk (Volkseigener Betrieb) zustand. Da in der
Nachkriegs BRD nicht absehbar war wie sich dieses sozialistische Modell zu
Gunsten der arbeitenden Bevölkerung entwickeln würde, musste hier im Gegensatz
zur Entwicklung z.B. Frankreichs oder Englands besonderen Wert auf die
Absicherung der arbeitenden Bevölkerung gelegt werden.
Anmerkung; Kritik
Mit Auflösung des Staates DDR und dem Scheitern dieses Experiments, nämlich
einen sogenannten Sozialistischen Staat zu schaffen, verschwindet auch in dem
jetzt wieder vereinten Deutschland der Anspruch an eine sozial abgefederte
Marktwirtschaft, siehe dazu derzeitige Rentenreform, Gesundheitsreform, die
nur
auf Abbau der bis dahin vom Staat garantierten Rechte zu Gunsten einer
marktwirtschaftlichen Verantwortung des Einzelnen hinauslaufen.
Begünstigt wird dies durch die Globalisierung der Märkte, der
Internationalisierung von Großkonzernen, die wiederum ganz dem ursprünglichem
Liberalismus zugewannt sind. Sie sind in der Lage durch globale
Standortauswahl
ihren sozialen Verpflichtungen zu entgehen, d.h. sie setzten ihren Standort
so,
dass sie der geringsten staatlichen Kontrolle bei ihrem Streben nach Gewinn
(share holder value) ausgesetzt sind. Unsere nationalen Regierungen stehen
diesem Problem zur Zeit recht hilflos gegenüber.
Quellen: Bundesgesetzbuch (BGB)
Encarta Enzyklopädie
Fremdwörter Lexikon
Sowi Buch: Franz Josef Floren "Wirtschaft-Gesellschaft-Politik"
Wolff, R. P. "Das Elend des Liberalismus", suhrkamp Bd.352
Zeitzeugen
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