Gliederung:
Soziale Frage und ihre Lösungsversuche
Gliederung:
Was ist die Soziale Frage?
Woraus resultiert die Soziale Frage?
Die Situation der Arbeiter im 19. Jahrhundert
Der sozialistische Lösungsansatz
Die Anfänge der Arbeiterbewegung
Die kirchliche Sicht der sozialen Frage
Staatliche Maßnahmen
Maßnahmen der Unternehmer
1.Was ist die Soziale Frage?
Als soziale Frage wird die Summe der ökonomischen Probleme, die aus der industriellen Revolution resultieren und damit das bürgerliche Leben im 19.Jahrhundert, dem Zeitalter der Industrialisierung, prägen, bezeichnet.
Jedoch wurden die sozialen Probleme von jeder Bevölkerungsgruppe anders bewertet. So meinten Teile der Wohlhabenden, dass das Problem seine Ursprünge in der fehlenden Moral, Trunksucht und Faulheit der Arbeiter habe.
Die Soziale Frage selbst war für sie die Frage danach, ob sich die Arbeiterschaft als in ihr Weltbild integrierbar erweisen würde.
Demgegenüber meinten viele Bildungsbürger(Wissen, aber wenig Geld) mit, das Problem liege in der Klassenunterschieden zwischen der „wohlhabenden“ - und der „arbeitenden Klasse“.
Im Gegensatz dazu schienen die Arbeiter vor allem an der Beseitigung der Symptome interessiert zu sein ohne dabei nach deren Ursachen zu fragen.
Diese unterschiedlichen Anschauungen machten eine einheitliche Lösung, die alle Beteiligten zufrieden stellen würde, nicht möglich.
2. Woraus resultiert die soziale Frage?
Wie bereits im Kapitel „Was ist die soziale Frage?" erwähnt, stellt sich letztgenannte als Summe einer Anzahl von Problemen dar, die durch den Industrialisierungsprozess hervorgerufen wurden.
Die Industrialisierung selbst ist als der Wandel der feudalen Agrargesellschaft zur kapitalistischen Industriegesellschaft zu sehen, durch den es nicht zuletzt zu Veränderungen in den Familien-(von groß- in Kleinfamilie) und in dem Zusammenhang auch in den Arbeitsverhältnissen(auch Nachtarbeit) kam.
Die ländlichen Gegenden boten der wachsenden Bevölkerung nicht mehr genug Verdienstmöglichkeiten und es kam zu einer Landflucht. Die Menschen strömten in die Städte, um hier Arbeit zu finden und ihre Familien ernähren zu können.
Tauschhandel war in den Städten nicht möglich, also musste Geld verdient werden, auch musste man eine Unterkunft bezahlen, da nun die Arbeitstätte nicht mehr gleich Wohnstätte war, wie es größtenteils in der Agrargesellschaft der Fall gewesen war.
Durch diese plötzliche Konzentration vieler Menschen in einer Stadt, kam es zu einem deutlichen Überangebot an Arbeitskräften, so dass die Arbeiter in ihrer Not auch schlecht bezahlte Arbeitsplätze unter schlechten Arbeitsbedingungen annahmen und somit gemeinsam mit dem gnadenlosen Konkurrenzkampf der Fabriken untereinander zu einer so rapiden Absenkung des Lohnniveaus beitrugen, dass die alleinige Arbeitsleistung des Familienvaters oft nicht ausreichte, um die Familie zu versorgen.
Frauen und Kinder waren billigere Arbeitskräfte.
Dies machten sich vor allem die besonders stark konkurrenzgeplagten Betriebe der Textilindustrie zunutze, die schon bald größtenteils schlecht bezahlte Frauen und Kinder beschäftigten. Der Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt stieg dadurch noch mehr, was zu noch stärkerem Absinken des Lohnniveaus führte.
Während die berufstätigen Frauen einer Doppelbelastung ausgesetzt waren, da sie noch immer die Verantwortung für Haushalt und Kinder hatten, ergaben sich viele der arbeitslosen Männer dem Alkoholismus.
Totale Verarmung, Krankheiten, die ihren Ursprung in Mangel- und Fehlernährung oder den katastrophalen hygienischen Verhältnissen hatten, Wohnungsnot, Familien- strukturen, die sich langsam auflösten, psychische Probleme und häufig völlig fehlende Schulbildung waren die Folgen, die, mit dem stark verharmlosenden Begriff der „sozialen Frage" umschrieben, das frühe 19. Jahrhundert prägten.
3.
Die Situation der Arbeiter im 19. Jahrhundert:
Obwohl die meisten Unternehmer Kalvinisten waren, also aus dem protestantischem Christentum stammten, Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Wohltätigkeit zu ihren Wertvorstellung zählten und sie sicher weder Unmenschen noch Sklaventreiber sein wollten, zwang der unerbittliche Konkurrenzkampf der freien Wirtschaft sie doch dazu, das Lohnniveau extrem niedrig zu halten.
Damit brachten sie ohne dies zu wollen viele Menschen aus der Arbeiterschaft in große soziale Not.
Die Arbeiter, die in der glücklichen Situation waren, einen Arbeitsplatz zu haben, verbrachten oft bis zu 14 Stunden am Tag in der Fabrik, bekamen wenn überhaupt maximal eine Woche Urlaub im Jahr und das oft auch nur, wenn sie bereits 10 Jahre von der Volljährigkeit an in dem Betrieb gearbeitet hatten, ohne Ausfälle aufzuweisen. Aber auch dann konnten sie den Zeitpunkt des Urlaubes nicht selbst bestimmen.
Während der Arbeitszeit bestimmte der Takt der Maschinen den Arbeitsrythmus der Arbeiter in der Fabrik.
Ein Verlangsamen des Arbeitstempos oder gar eine individuelle Pause, um vielleicht eine Toilette aufzusuchen oder ähnliches, war nicht möglich. Zudem mussten sich die Arbeiter dem strengen Fabrikreglement unterwerfen, dass sowohl den Arbeitsablauf, als auch das Verhalten auf dem Gelände der Fabrik regelte, von den Arbeitern ein Höchstmaß an Disziplin einforderte und all das mittels harter Strafen durchsetzte.
Für die an Heimarbeit auf dem Lande gewohnten Arbeiter war der Dienst in den großen Fabriken eine enorme Umstellung. Wenn auch die Fabriken der frühen Industrialisierung selten mehr als 300 Beschäftigte zählten, so war die Atmosphäre doch durch eine den Arbeitern unbekannte Anonymität geprägt. So war häufig sogar die unnötige Unterhaltung untereinander , genau wie alles andere von der Arbeit ablenkende, bei Strafe verboten.
Die sonstigen Arbeitsumstände waren für heutige Vorstellungen unhaltbar.
Die Räume vieler Arbeitsstätten waren viel zu dunkel und schlecht beheizt. Die Luft war voll mit Abgasen und Staub. Es war zugig und schmutzig . Die Arbeiter und Arbeiterinnen mussten oftmals die vielen Stunden ihrer Dienstzeit in ein und derselben Körperhaltung verbringen, also entweder an Maschinen stehend oder zum Beispiel an einem Webstuhl in gebückter Haltung sitzend.
Diese Zustände führten nicht selten zu berufsspezifischen Krankheiten und einem schnellen Verschleiß der Arbeiter und Arbeiterinnen.
Dies betraf besonders die in den Fabriken beschäftigten Kinder.
Die durch die Bevölkerungsexplosion in die Städte strömenden Menschenmassen, sprengen anfänglich den Rahmen der Unterbringungsmöglichkeiten. Wohnungen bestehen häufig nur aus einem Zimmer, das zugleich Wohn-, Schlaf- und manchmal auch noch Arbeitsraum ist. Bettgeher. Es kam nicht selten vor, dass eine Familie über 30 Schlafleute beherbergte.
Da auch die Heizkosten für viele Arbeiterfamilien zu hoch waren, war die Küche mitunter der einzig richtig beheizte Raum, der Wohnraum hingegen blieb kühl. Sanitäranlagen waren entweder auf dem Treppenabsatz zwischen den Etagen oder gar nicht im Haus zu finden.
Ein Bad in der Wohnung war nur ganz selten zu finden.
Die Wohnungen selbst waren nur spärlich eingerichtet und befanden sich zumeist in mehrstöckigen Mietskasernen. Dies und die mangelnde Hygiene erschwerten die Abwehr und die Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten.
Dies war besonders schlimm, da das Gesundheitswesen nicht genug ausgeprägt war und ein normaler Arbeitnehmer und Lohnempfänger sich auch keinen Arzt hätte leisten können. Längere Krankheiten waren damit automatisch mit einem sozialen Abstieg und völliger Verarmung verbunden. Auch gab es erst sehr spät Kranken- und Unfallversicherungen, die jedoch kaum das Existenzminimum sicherten, geschweige denn eine Familie versorgten.
Hilfe von den verschiedenen karitativen Einrichtungen, oder auch von den kirchlichen Hilfsorganisationen anzunehmen, war immer mit einer gesellschaftlichen Schmach verbunden und wurde deshalb weitestgehend vermieden.
4. Der sozialistische Lösungsansatz:
Das geringe Verständnis, das die Regierung für die materiellen Nöte der Arbeiter aufbrachte, hat viel zur Entstehung sozialistischer Bewegungen beigetragen. Aus der Arbeiterbewegung gingen verschiedene politisch und an der Verbesserung der Lage der Arbeiter interessiert Persönlichkeiten hervor. Sie wurden als Sozialisten bezeichnet und später auch als solche verfolgt.
Sie sahen und sehen den Ursprung allen Übels in den Klassenunterschieden.
Dies wird besonders anschaulich in einem Ausschnitt aus einer der wohl bekanntesten sozialistischen Schriften, dem von Karl Marx und Friedrich Engels verfassten „Kommunistischen Manifest", verdeutlicht.
Jedoch wird nicht nur die Ursache der Missstände in diesem Werk analysiert, es wird auch ein Lösungsansatz geliefert, der allerdings weniger als Möglichkeit zur Verbesserung der derzeitigen Situation der Arbeiter, als vielmehr als naturwendige Folge der Ungerechtigkeiten im kapitalistischen System formuliert wird :
Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes, der Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf."
In seinem Hauptwerk „Das Kapital", dessen erster Band 1867 herausgegeben wurde, stellt Marx in verschiedenen Theorien die Entwicklung vom Kapitalismus zum Kommunismus, der eine radikalisiertere Form des Sozialismus ist, dar :
In der kapitalistischen Wirtschaft wird menschliche Arbeitskraft als eine Ware betrachtet, deren Preis, wie auch bei jeder anderen Ware, sich nach den Herstellungskosten richtet. Der Preis menschlicher Arbeit entspricht also dem Wert jener Dinge, die der Arbeiter unbedingt braucht, um seine Arbeitskraft zu erhalten (Existenzminimum). Der Wert der geleisteten Arbeit übersteigt aber den Lohn, den er vom Unternehmer erhält (Mehrwerttheorie).
Diesen Mehrwert behält der Unternehmer als Gewinn für sich.
Er vermehrt damit sein Kapital, das in den Betrieb investiert wird, um neue verbesserte Maschinen anzuschaffen und um die Güterproduktion auszuweiten. Durch den Mehrwert werden die Kapitalisten immer reicher (Akkumulationstheorie).
Die Anhäufung des Kapitals konzentriert sich immer mehr in den Großbetrieben, während die kleineren Betriebe zurückbleiben und ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Auch die Kapitalisten schalten sich durch die erbarmungslose Konkurrenz gegenseitig aus, um den Profit zu vergrößern. Am Ende befinden sich alle Produktionsmittel in den Händen Weniger (Konzentrationstheorie).
Die Vervollkommnung der maschinellen Produktion erspart Arbeitskräfte.
Viele Arbeiter werden arbeitslos und um nicht zu verhungern, müssen die Proletarier für weniger Lohn arbeiten, was zu einer Massenverarmung führt (Verelendungstheorie).
Während durch den technischen Fortschritt die Produktion immer weiter steigt, sinkt die Kaufkraft der verelendeten Massen. Die allgemeine Überproduktion führt periodisch zu Krisen, die schließlich ein solches Ausmaß annehmen, dass die Möglichkeiten der kapitalistischen Produktionsweise erschöpft sind (Krisentheorie).
Nun können die zum Klassenbewusstsein erwachten Proletarier die Macht übernehmen: Die Expropriateure werden exproriiert. (Zusammenbruchstheorie).
In einer Übergangsphase herrscht die revolutionäre Diktatur des Proletariats.
Sie beseitigt alle Klassenunterschiede während eine aus einer allgemeinen und geheimen Wahl hervorgegangene Körperschaft gleichzeitig die gesetzgebende und die ausführende Gewalt ausübt. Ist die klassenlose Gesellschaft errichtet, wird der Staat überflüssig, denn nach der Auffassung von Marx haben in der Geschichte jeweils nur die Besitzenden die Macht im Staat ausgeübt und diese dazu benutzt, die Besitzlosen auszubeuten und zu unterdrücken.
Doch nicht nur die wirtschaftliche Umgestaltung des Staates stand im Mittelpunkt der sozialistischen Bestrebungen. Der ganze Mensch in seinem Denken und Handeln sollte verändert werden. So sollte jeder nach den Leitmotiven der Gleichheit, der Freiheit, der Solidarität und für den Fortschritt handeln.
Die Gleichheit zielte darauf ab, dass jeder Mensch einen Sinn darin sehen konnte, für die Gemeinschaft zu handeln.
Dabei sollte das Motto gelten, dass je mehr ich für die Gemeinschaft tue, desto mehr kann auch die Gemeinschaft für mich tun.
Die Freiheit war nicht die, die der Liberalismus meinte, da die Sozialisten der Meinung waren, dass diese Freiheit nur ein Privileg der Begüterten und für alle anderen nur ein theoretisches und damit nicht nutzbares Recht ist. Diese Freiheit sollte unabhängig von ökonomischen Zwängen machen, was natürlich nur über eine Vielzahl an Institutionen mit Regelungen, Ge- und Verboten, Hilfen und Unterstützungen möglich werden konnte.
Die Solidarität sollte in Form von bedingungsloser gegenseitiger Unterstützung und gemeinsames Kämpfen für die Verbesserung der sozialen Verhältnisse helfen, das Elend, in dem sich die Arbeiter befanden, zu beenden.
Der Fortschritt sollte die Überwindung der alten untragbaren Zustände sein. Bildung, die jedem offen stand, sollte den Schlüssel dafür liefern, die Gründe für den Zustand besser analysieren und verstehen zu können.
Wissenschaftlicher Fortschritt sollte dann einen wichtigen Beitrag zur Abschaffung der Missstände leisten.
Wichtig zu unterscheiden sind die beiden sozialistischen Strömungen, die sich vor allem zur Zeit der Industrialisierung gegenüberstanden. Da waren zum einen die Vertreter des wissenschaftlichen Sozialismus, zu denen auch Friedrich Engels (1820-1895), Karl Marx (1818-1883), gehörten und die einen sehr radikalen Übergang vom kapitalistischen zum sozialistischen System für notwendig erachteten. Sie waren der Meinung, dass nur eine Revolution die nötigen Grundvoraussetzungen schaffen könnte, um den Sozialismus als Staatsform entstehen zu lassen. Sozialreformerische Bemühungen im derzeit vorhandenen Staat hätten zwar die Lage der Arbeiter zu diesem Zeitpunkt verbessern können, gleichzeitig aber auch die Revolution verzögern können und wurde deshalb abgelehnt.
Die dem entgegengesetzte Strömung war die der demokratischen Sozialisten.
Auch sie wollten Staat und Mensch neu kreieren. Doch hielten sie nichts von der Idee des revolutionären Umsturzes. Es schien viel wichtiger, sich im bereits vorhandenen System einzubringen und durch aktive Hilfe die Arbeiter zu Verbündeten zu machen. Nach der Einführung eines allgemeinen Wahlrechts würden die Sozialisten dann automatisch die absolute Mehrheit erlangen, da nun einmal der absolute Großteil der wahlberechtigten Bevölkerung aus Proletariern bestand, und würden daraufhin den Staat nach ihren Vorstellungen gestalten können. Ein wichtiger Vertreter dieser Gruppierung, die vor allem für die eher pragmatischen Ziele wie allgemeines Wahlrecht, Gleichberechtigung der Frau, aktive Sozialpolitik, gerechtere Steuerpolitik und bessere Bildungsanstalten kämpfte, war Ferdinand Lasalle (1825-1864).
5.
Die Anfänge der Arbeiterbewegung:
->heft -> Genossenschaften
6. Die kirchliche Sicht der sozialen Frage:
Die Kirche als Vertreter des Bürgertums sah grundsätzlich anfangs gar keinen Grund für ihr Eingreifen gegeben. Nun jedoch muss man differenzieren zwischen der katholischen und der evangelischen Seite.
Der Katholizismus war von starken inneren Spannungen, vor allem was die Rolle des Staates in der Gesellschaft anging, geprägt. Jetzt aber trugen zwei Personen zur Einigung der Katholiken bei: Zum einen der Mainzer Bischof Wilhelm Emanuel Freiherr von Ketteler, der die Ansichten der katholischen Kirche verbreitete.
Zum anderen war dort Reichskanzler Bismarck, der völlig unabsichtlich die Solidarität der Katholiken untereinander dadurch förderte, dass er versuchte den Einfluss der katholischen Kirche zurückzudrängen, z.
B. mit Entzug der Schulaufsicht und durch Einführung der Zivilehe.
Der wohl wichtigste Vertreter der katholischen Sozialbewegung ist Adolf Kolping, dessen 1849 gegründetes Kolpingwerk noch heute besteht. Diese Vereinigung lässt sich am besten durch Kolpings Wahlspruch charakterisieren: „Religion und Tugend, Arbeitsamkeit und Fleiß, Eintracht und Liebe, Frohsinn und Scherz."
So hieß es da nur generell, dass sich die Ausgestaltung von Staat und Gesellschaft an den christlichen Lehren orientieren solle und das Subsidiaritätsprinzip entstand. Dieses besagt, dass jedes Individuum in jeder Angelegenheit zunächst seine unmittelbare Umgebung um solidarische Hilfe bitten solle und wenn dies nicht ging, sollte immer erst die jeweils nächste Ebene (Gemeinde, etc.
) angerufen werde. So ist der Staat erst das letzte Glied in dieser langen Kette.
Besonders prägend auf den politischen Katholizismus wirkte ein Rundbrief des Papstes Leo XIII. „Rerum Novarum" .Im folgenden weist Leo XIII. auf die natürliche Ungleichheit der Menschen hin, denen als Buße die Arbeit auferlegt worden ist, wie auch oben bereits angedeutet, so dass es immer die Klasse der Besitzenden und die der Besitzlosen gibt, was so auch im kommunistischen Manifest von Marx zu finden ist.
Der Staat jedoch vertritt, nach christlicher Ideologie, ALLE, und im besonderen die Arbeiter, schon allein aus quantitativen Gründen, und da diese zudem auch nützliche Dienste für die Wohlfahrt des Staates leisten. Somit kann der Staat sie nicht im Elend leben lassen. Dazu sind folgende Passagen heranzuziehen: „ Wie immer sich die Regierungsform gestalten mag, stets werden unter den Bürgern jene Standesunterschiede da sein, ohne die überhaupt keine Gesellschaft denkbar ist."
Im Protestantismus erkannte Johannes Wichern der auch Kolping und Ketteler beeinflusste, als einer der ersten die Notstände des Proletariats und gründete er bereits 1833 das „Rauhe Haus", das sich um Obdachlose und verwaiste Kinder bemühte und die „Innere Mission", die sich sowohl sozial als auch seelsorgerisch um Obdachlose und kranke Arbeiter sorgte. Wichern war ein gläubiger Optimist, der der Inneren Mission die Kraft zutraute, das von der offiziellen Kirche entfremdete Volk wieder für das Christentum zu gewinnen.
7.
Staatliche Maßnahmen:
Staatliche Maßnahmen wurden erforderlich, jedoch zögerten die deutschen Staaten lange jegliche soziale Gesetzgebung heraus, vor allem mit Berufung auf die Theorie des Liberalismus, wonach staatliche Eingriffe nur wirtschaftlichen Fortschritt stören->Nachtwächterstaat. Um die sozialen Notstände zu lindern und dem Geschehen erstmals Luft zu machen wurde unter Veranlassung Bismarcks ein Entgegenkommen vom Staat eingeräumt. Dies geschah aber vielmehr aus Selbsterhaltung und Wahren der alten innenpolitischen Zustände, als aus humanitären/sozialen Gründen.
So entstand zunächst im März 1839 das 1. deutsche Kinderschutzgesetz, durch das Kinderarbeit unter 14 Jahren verboten wurde. Dieses Gesetz existierte aber vorerst nur auf dem Papier, da es keinerlei Kontrollen über die Einhaltung der Vorschriften gab.
Erst 1853 wurden Fabrikinspektoren eingesetzt, durch deren Kontrolle das Kinderschutzgesetz erst Effektivität erlangen konnte.
Ab den 80er Jahren wurde der Reichstag mit der Beratung einer umfassenden Sozialgesetzgebung aktiv. So setzte1883 Bismarck ein Gesetz zur Krankenversicherung durch. In einer knappen Abstimmung fand dann1889 auch die Gesetzesvorlage zur Alters- und Invaliditätssicherung die Zustimmung des Reichstags.
Ab 1890 entstand dann schließlich öffentlicher Nahverkehr, der es den Arbeitern erlaubte, für eine Stelle nicht mehr in die Stadt ziehen zu müssen, und der Bau von Sozialwohnungen für die Arbeiter begann. Außerdem wurde zur Erhöhung des Bildungsniveaus der Arbeiter die Schulen unterstützt, damit auch ärmere Kinder eine fundierte Bildung erhielten.
Eine Förderung der Gesundheitsfürsorge setzte ebenfalls ein, z.B. durch Impfungen gegen Pocken und den Bau von Geburtskliniken um gegen die hohe Kindersterblichkeit anzukämpfen.
8. Maßnahmen der Unternehmer:
Einige Unternehmer unternahmen im Zuge der Industrialisierung selbst etwas um die Not ihrer Arbeiter zu beseitigen. Sie gründeten betriebliche Unterstützungskassen, die im Krankheitsfall helfen und für Altersversorgung, Unfälle und Invalidität vorsorgen konnten.
Teilweise wurden Kindergärten eingerichtet, damit die Kinder der Arbeiter betreut werden konnten. Konsumvereine und Betriebswohnungen sollten ,für die Verringerung von Lebenshaltungskosten sorgen.
Genauer betrachtet dienten diese ganzen Maßnahmen seitens der Unternehmer aber nur dazu, die Arbeiter noch mehr von den Arbeitgebern abhängig zu machen und sie noch stärker an sich zu binden. Deshalb kritisierte die Arbeiterbewegung auch solche Maßnahmen der Unternehmer.
Im Großen und Ganzen betrachtet, bildeten die Aktivitäten der Unternehmer allerdings eine Art Vorstufe zu den staatlichen Sozialgesetzen.
Einiger dieser Unternehmer war z.
B. Alfred Krupp und Friedrich Harkot.
Obwohl die meisten Unternehmer vorrangig an niedrigen Kosten und einer Behauptung gegenüber der Konkurrenz interessiert waren, gab es einige Betriebe, die auf zufriedene Arbeiter wert legten. Ein Vorreiter war der Engländer Robert Owen. Er kümmerte sich seit 1799 um seine Arbeiter, in dem er ihnen Wohnungen baute, Schulen einrichtete und die Arbeitszeiten verkürzte.
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