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1. Was ist Wirtschaftspolitik?
“Wirtschaftspolitik ist die Gesamtheit der Entscheidungen, die darauf abzielen, wirtschaftliche Prozesse zu beeinflussen.”
z.B. - Beschließen eines Bundeshaushalts
- Bundesbankentscheidungen (z.B.
zu Zinssätze)
- “Aktionsprogramme” zur Wirtschaftsförderung
Es werden drei Gruppen von staatlichen Aktivitäten unterschieden:
1) Reaktion auf wirtschaftliche Ereignisse und Entwicklungen.
2) Aktive Entscheidungen in die Wirtschaft hinein.
3) Korrektur wirtschaftlicher Prozesse
Staatsqoute:
Als Staatsqoute bezeichnet man den Anteil der staatlichen Ausgaben am Bruttosozialprodukt eines Landes. Die Staatsqoute hatte in den letzten Jahren eine steigende Tendenz. In Deutschland ist die Staatsqoute im Vergleich zu anderen europäischen Ländern niedrig.
Staatsbeschäftigte:
18,6% aller Beschäftigten sind im Staatsapparat beschäftigt.
Also in den Verwaltungen, Schulen, Unis, bei Post, Bahn, Müllabfuhr usw..
Widerspruch zwischen Privatautonomie und hoheitlicher Politik:
Wirtschaftspolitik Û Marktwirtschaft
1) Die Politik soll sich laut marktwirtschaftlicher Theorie nicht in die Wirtschaft
einmischen.
2) umgekehrt soll sich die Wirtschaft aus der Politik heraushalten.
Holger Budelmann VWL III 18.10.
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2. Steuerungsebenen der Wirtschaft und Regulierungsmechanismen
Es werden fünf Ebenen der wirtschaftlichen Steuerung unterschieden:
1) Selbsteuerung durch den Markt
2) politische Steuerung durch den Staat
3) soziale Steuerung durch Klassen und Gruppen
4) Produktionssteuerung durch Technologie
5) kulturelle Steuerung durch Mentalitäten
meritorische Güter:
Das sind öffentliche Güter, die nicht auf dem Markt gekauft werden können.
Fordismus:
Der Fordismus wurde abgeleitet aus der Technologie.
1) Technologie: Massenproduktion
Fließband
2) Markt: oligopolistische Strukturen
3) soziale Beziehungen: Kooperation (Korporation)
relativ hohe Masseneinkommen
4) politische Steuerung: Interventionismus
Sozialpolitik
Keynesianismus
Binnenmarktorientierung
5) kulturelle Mentalität: Massenkonsum
Wachstum
3. Wirtschaft und Staat
Charakterisierung der Wirtschaft: Alle Wirtschaftssubjekte wollen ihren
individuellen Nutzen maximieren.
Charakterisierung des Staats: Soll öffentliche Güter bereitstellen
Þ zuständig für den allgemeinen Nutzen
(Infrastruktur, Schutz des Eigentums usw.
)
Holger Budelmann VWL III 25.10.1994 Seite 3
Ziele, Ebenen, Träger und Instrumente der Wirtschaftspolitik
1. Ziele der Wirtschaftspolitik
Was erwarten die Leute von der Wirtschaftspolitik?
Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die Befriedigung der Bedürfnisse erfolgen soll. Dazu kann aber eine Reihe von Einzelfaktoren genannt werden:
1) effiziente Ressurcenallokation
2) Stabilität (stabiles Wachstum)
3) soziale Sicherheit und Gerechtigkeit
Stabilität:
- Preisstabilität
- Krisenfreiheit
- hohe Beschäftigung (Vollbeschäftigung)
soziale Sicherheit und Gerechtigkeit:
- Demokratisierung
- Nichtdiskriminierung
Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967:
Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht: Hauptorientierung
Rahmen: marktwirtschaftliche Ordnung
Operationalisierungen:
- Stabilität des Preisniveaus
- hoher Beschäftigungsgrad
- außenwirtschaftliches Gleichgewicht
- stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum
Effizienzziel:
Als Voraussetzung für Effizienz müssen vorhanden sein:
- Infrastruktur
- vernünftige Wirtschaftssteuerung
- Ordnungspolitik
Holger Budelmann VWL III 25.10.
1994 Seite 4
stabiles Wachstum:
- die Wirtschaft gerät immer wieder in Krisen (Konjunktur - Wellenbewegungen)
- bei Stagnation: wirtschaftspolitisches Gegensteuern (vgl.: Keynes)
Gerechtigkeitsziel:
Die Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit ist zu Krisenzeiten nicht immer gewährleistet, da Leute, die zwar arbeiten wollen, aber wegen der Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben, ihren Arbeitswunsch nicht realisieren können.
Nicht alle Ziele werden automatisch durch die Marktsteuerung gewährleistet. Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es nun, die Defizite der Marktsteuerung wieder auszugleichen. Ein wichtiges Ziel hierbei ist es, die Demokratisierung weiter voran zu treiben.
außenwirtschaftliches Gleichgewicht:
- Tendenz zu Leistungsbilanzüberschuß
Þ dadurch langfristig Ungleichgewicht
Probleme bei der Zielbestimmung:
- Was ist eigentlich Effizienz?
- Wie hoch darf die Schwankung der Konjunktur sein?
- Was ist Umweltverträglichkeit?
- Vollbeschäftigung bei welcher Arbeitslosigkeit?
- freiwillige Arbeitslosigkeit
- unfreiwillige Arbeitslosigkeit
Allgemein: Jede Zielbestimmung wird von der persönlichen Ansicht beeinflußt.
Zielkonflikte:
Einzelne Ziele können sich in ihrer Verwirklichung gegenseitig stören. Um das zu verhindern, müssen die Ziele so formuliert werden, daß sie sich nicht widersprechen.
Þ ABSTIMMUNG
Ziel-Mittel-Verhältnis:
- Frage, ob das gewählte Mittel geeignet ist, das angestrebte Ziel zu realisieren
- Frage, in welchen Maße ein Mittel angewendet werden soll.
Holger Budelmann VWL III 25.10.1994 Seite 5
2.
Ebenen und Träger der Wirtschaftspolitik
Ebenen:
1) Internationale Organisationen
(EU, OECD usw.)
2) Nationalstaat
(Bundesbank, Behörden, Parlament usw.)
3) Regionale Institutionen
(z.B. Bundesländer)
4) Lokale (kommunale) Ebene
Grundsatz der Subsidarität:
Alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen sollen möglichst auf einer dezentralen Ebene stattfinden. Die zentralen Ebenen sollen nur aktiv werden, wenn dezentrale Ebenen nicht in der Lage sind, vernünftige Entscheidungen oder Maßnahmen zu treffen.
Geldmengenpolitik oder die Festlegung der Spurbreite der Eisenbahn sind Aufgaben für die zentrale Ebene.
Dieser Grundsatz der Subsidarität ist umstritten, weil er konsequent angewendet auch zu einem Sozialabbau führen kann. (z.B. durch Verlagerung der Krankenpflege von Krankenhäusern oder mobilen Schwestern auf die Familien.)
Aus diesem Grundsatz heraus können auch Konflikte entstehen, wenn Träger und Finanzierer einer Maßnahme auf verschieden Ebenen agieren.
(z.B. Städte und Gemeinden müssen immer mehr Geld für Sozialhilfe ausgeben, obwohl ihr Gesamtanteil am Steueraufkommen vom Bund nicht erhöht wird.)
3. Die wirtschaftspolitische Willensbildung
Prozeß der demokratischen Willensbildung:
Holger Budelmann VWL III 25.10.
1994 Seite 6
Asymmetrischer Pluralismus:
1) Verbraucherinteressen sind schwierig zu organisieren.
Þ heterogene Interessen
2) Wirtschaftliche Interessen sind leichter zu organisieren
Þ homogene Interessen
Stufen der Demokratie:
1) Demokratie: Volk Þ Politik
2) pluralistische Demokratie:
Volk Û Interessen Û Politik
3) Verbändedemokratie:
Volk Û Interessen Û Verbände Û Politik
Im Idealfall werden neben den Interessen auch die Ressourcen berücksichtigt.
Wirtschaftspolitik und Wahlzyklus:
- Opportunismus von Regierung, Parlament und Parteien vor den Wahlen durch Wahl-
versprechungen. (z.B. keine Steuererhöhung)
- “getunte” Wirtschaftsdaten
4.
Instrumente der Wirtschaftspolitik
Administrative Regulierungen:
Festsetzung gesetzlicher Regelungen durch:
- Ordnungsregeln
- Eigentumsrecht Þ Garantien
- Wettbewerbsrecht
- Bauordnung
- Mitbestimmung
usw.
Holger Budelmann VWL III 25.10.1994 Seite 7
Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Anreize:
Festlegen von Rahmenbedingungen durch:
z.B. Zinsen durch die Bundesbank
Þ Geldanleger reagieren auf den Rahmen
z.
B. Anreize durch Sonderabschreibungen
Þ Investoren reagieren auf den Rahmen
staatliche Wirtschaftstätigkeit:
- Angebot von öffentlichen Leistungen:
Einrichtungen (Schulen, Krankenhäuser usw.)
- Gewährung von Hilfe (z.B. Sozialhhilfe)
- Bereitstellung von Infrastruktur
- teilweise Auftreten als Konkurenz zur Privatwirtschaft
Allgemein: Bereitstellung von öffentlichen Gütern.
Holger Budelmann VWL III 01.
11.1994 Seite 8
Die Geschichte der Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland
1. Phase: Restauration und Wiederaufbau (1945-1955)
Ausgangssituationen:
Ausgangssituation 1: Weichenstellung nach dem zweiten Weltkrieg
Auf den Konferenzen der Siegermächte in Jalta und Potsdam wurden vier Faktoren zur Neugestaltung der deutschen Gesellschaft und somit auch der deutschen Wirtschaft festgelegt.
4 Faktoren zur Neugestaltung:
1) Entmilitarisierung
2) Entnazifizieren
3) Dezentralisierung
4) Demokratisierung
In dieser Zeit wurden von den Siegermächten - hauptsächlich von den Sowjets - noch intakte Fabrikanlagen zur Begleichung von Reparationsleistungen demontiert.
Ausgangssituation 2: Beginn des “kalten Kriegs”
Der sogenannte “Kalte Krieg” begann bereits 1946, als die Siegermächte sich nicht mehr auf gemeinsame Interessen einigen konnten. Er führte zunächst zu einer Polarisierung der Lager.
Auf der einen Seite standen die Westalliierten USA, England, Frankreich und Kanada und auf der anderen Seite die UdSSR. Diese Aufspaltung der Lager verursachte, daß in Osteuropa sozialistische und in Westeuropa marktwirtschaftlich orientierte Regierungen und Staaten errichtet worden sind. Deutschlands Teilung wurde davon verursacht. In den westlichen Besatzungszonen wurde ein einheitlicher Wirtschaftsraum geschaffen. Besiegelt wurde die Teilung Deutschlands durch die am 20.06.
1948 durchgeführte Währungsreform (Einführung der “Deutschen Mark” (DM) ) sowie durch die Einsetzung des parlamentarischen Rates durch die Besatzungsmächte, der für den Westen Deutschlands einen Verfassungsentwurf, das sog. “Grundgesetz” erarbeiten sollte. Der von diesem Rat verfaßte Entwurf erlangte am 07.09.1949 durch die Gründung der “Bundesrepublik Deutschland (BRD)” Gültigkeit.
Die Geschwindigkeit mit der die Währungsreform und die Staatenneugründung vorangetrieben wurde, läßt sich auf Stabilisierungsinteressen der USA zurückführen, die mit Sorge beobachteten, wie in Osteuropa sowjetfreundliche Regime entstanden (vgl.
oben).
Im Oktober 1949 wurde auf dem Besatzungsgebiet der Sowjets ein weiterer deutscher Staat, die “Deutsche Demokratische Republik (DDR)” gegründet, deren Entstehung als Reaktion auf die Gründung der BRD verstanden werden darf.
Holger Budelmann VWL III 01.11.1994 Seite 9
Wirtschaftspolitische Maßnahmen zum Aufbau:
Anmerkung: Alle folgenden Darstellungen beziehen sich auf Westdeutschland!
1) Überwindung von Engpässen (1946-48)
1.1) Die aktuelle ökonomische Notsituation wurde durch massive wirtschaftspolitische
Intervention überwunden.
Als Beispiel kann die mit allen Mitteln vorangetriebene
Erweiterung der Eisenbahnkapazität genannt werden, den eine funktionierende
Infrastruktur ist Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Aufschwung.
1.2) schneller Wiederaufbau der Kohleförderung
Þ Anreize für Bergleute (z.B. Wohnungen, mehr Lebensmittel)
1.3) drastische politische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation
2) Währungsreform am 20.
06.1948
- Gründung der “Bank deutscher Länder”
- Seit der Einführung der DM Þ großes Angebot auf dem Markt
3) Investitionsförderung
Þ Anreize durch Abschreibung (hauptsächlich degressive Abschreibung)
4) Marshall-Plan Hilfe (seit 1949)
Vielen westeuropäischen Ländern ist durch den Marshallplan starke Wirtschaftshilfe
seitens der USA gewährt worden.
Insgesamt wurde an die BRD ca. 1,5 Mrd. DM von 1949-52 gezahlt. Angesichts von
Gesamtinvestitionen von über 40 Mrd.
DM in diesem Zeitraum, hat der Marshall-Plan
in Westdeutschland nicht die wesentliche Rolle gespielt.
Funktion des Marshall-Plans:
Die Funktionsweise kann in sechs Schritte aufgeteilt werden:
1) Kreditvergabe durch US-Regierung an Bundesregierung in $
2) Kreditvergabe durch Bundesregierung an Importeure in $
3) Einkauf von Importeuren in den USA in $
4) Kreditrückzahlung der Importeure an Kreditanstalt für Wiederaufbau in DM
5) Kreditvergabe der Kreditanstalt für Wiederaufbau an Investoren zu niedrigen Zinsen
in DM --- Rückzahlung Investoren an Kreditanstalt für Wiederaufbau
6) Rückzahlung Kredit an US-Regierung in $
Holger Budelmann VWL III 01.11.1994 Seite 10
5) Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
- z.B. durch starken Wohnungsbau
6) Investitionshilfegesetz
- Investitionshilfeabgabe:
Teile der Gewinne der Konsum- und Investitionsgüterindustrie wurden
abgeschöpft, um damit Investitionen in der Schwerindustrie (Eisen, Kohle und
Stahl) bezahlen zu können.
7) Montanmitbestimmung, Betriebsverfassungsgesetz und Tarifvertragsgesetz
8) Montanunion (EGKS)
- gegründet 1950
- sechs europäische Länder haben durch diese Union ihre Montanproduktion
untereinander abgestimmt.
Diese sechs Länder haben später die EWG gegründet.
Zusammenfassung der Weichenstellung:
1) Eigentumsverhältnisse blieben unverändert
2) Währungsreform
3) Gründung der BRD
2. Phase: Binnenmarktgestütztes Wachstum - Fordismus - (1955-1975)
Wichtige wirtschaftspolitische Gesetze:
1956: Gesetz über die “Deutsche Bundesbank”
- die Bundesbank erhielt eine eigene Autonomie
drei Ziele:
1) Stabilität des Preisniveaus
2) Reibungslosigkeit des Zahlungsverkehrs
3) Versorgung der Wirtschaft mit Geld
1957: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
1) gewährleistet den freien Wettbewerb
2) verbietet Kartelle (es gibt jedoch einige Ausnahmen)
3) Fusionen werden kontrolliert (Regelung in einer späteren Novelle)
1957: Gesetz zur Rentenreform (“Dynamisierung der Renten”)
- Anpassung der Renten an die allgemeine Lohnsteigerung
1961: Außenwirtschaftsgesetz
- Aufhebung der Reglementierung des Außenhandels
(seit 1957 DM konvertierbar)
1967: Gesetz zur Sicherung des Wachstums und zur Stabilisierung der Wirtschaft
Holger Budelmann VWL III 01.11.1994 Seite 11
Arbeitsförderungsgesetz
- aktive Arbeitsmarktpolitik
- Qualifikation der Arbeitnehmer
- Umschulung in zukunftssichere Berufe
Dieses Gesetz soll eingreifen, bevor Leute ihre Arbeit verlieren, darum die
Bezeichnung “aktive” Arbeitsmarktpolitik.
Die 2. Phase kann in zwei Teilphasen eingeteilt werden:
1. Teilphase: Wirtschaftswunder
- stürmische Entwicklung
- reichlich, billige Arbeitskräfte
- starke Kapitalförderung durch den Staat
- hohe Nachfrage (“Nachholbedarf”)
- deutsche Industrie füllte ein “Vakuum” auf dem Weltmarkt
- Staatseinnahmen stiegen stark an
2. Teilphase: Normalisierung
- Eingliederung der BRD in den normalen Wirtschaftszyklus
- Anwendung keynesianischen Instrumenten zur Wirtschaftsförderung
- stärkere staatliche Nachfrage (Investitionen)
Der Staat versuchte die wirtschaftliche Stabilität zu sichern und
Reformen durch zuführen.
Holger Budelmann VWL III 08.11.
1994 Seite 12
3. Phase: Weltmarktorientierte Modernisierung (1975-1989)
3.1 Die Wirtschaftskrise 1975:
Faktoren, die die Krise auslösten:
1) innere Faktoren
- Zurückbleiben der Realeinkommen
- Zurückbleiben der effektiven Nachfrage
aber
- hohe Ausweitung des Kapitalstocks
Þ dadurch Überkapazität und Überakkumulation
2) äußere Faktoren
- ähnliche Entwicklungen in anderen Marktwirtschaften
- allgemeiner weltwirtschaftlicher Abschwung - Synchronisation mit Abschwung
in der BRD. Anders als in der Krise von 1967, wo nur in der BRD ein
Abschwung stattfand, in den anderen Ländern aber nicht. Daher konnte 1975
die mangelnde Binnennachfrage nicht zum Teil von Exporten aufgefangen
werden.
3) Ölfaktor
- Kostenschub durch hohe Rohstoffpreise (Ölkrise)
- Ölfaktor war ein Auslöser aber nicht Ursache der Krise
4) Umweltfaktor
- Umweltzerstörung wurde 1975 erstmals wirtschaftspolitisch thematisiert
- Erstmals Nachdenken über die Endlichkeit der Ressourcen.
3.2 Reaktionen auf Unternehmerseite: Rationalisierung, Konzentration,
Internationalisierung:
1) neue Technologien / Rationalisierungen verursachten eine Kostenersparnis
2) Konzentrations- und Zentralisationswelle
in den 50er Jahre: branchengleiche Fusionen / Aufkäufe
ab 60er/70er Jahre: zunehmend branchenfremde Fusionen / Aufkäufe
Vertikale Konzentration: z.B. Elektrohersteller kauft Waschmaschinenfabrik
Diagonale Konzentration: z.B. Marmeladenfabrik kauft eine Hotelkette
3) Neue Welle der Internationalisierung
- Warenexport
- neu: Kapitalexport durch Direktinvestitionen
Holger Budelmann VWL III 08.
11.1994 Seite 13
3.3 Paradigmenwechsel der Wirtschaftspolitik: Angebotsorientierung, Deregulierung:
Durch wirtschaftspolitische Maßnahmen die internationalen Expansion stärker gefördert. Die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit sollte durch Entlastungen im Inneren verbessert werden. Diese Entlastungen bedeuteten Steuersenkungen und Lockerung von Vorschriften.
Im wesentlichen können drei verschiedene Maßnahmenarten unterschieden werden:
1) ab 1975 gab es viele Punktgesetze (Gesetze, die auf ein bestimmtes Ziel gerichtet
sind.
): z.B. Haushaltsstrukturgesetz von 1976
2) Deregulierung durch Beseitigung von Unflexibilitäten einzelner Gesetze
z.B. Arbeitsrechtbestimmungen
Alle diese Maßnahmen sollten in Zeiten der Krise dazu dienen, wirtschaftliche Stabilität und wirtschaftliches Wachstum zu gewährleisten. Obwohl die Maßnahmen die Härten der Krise abfedern konnten, gingen die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten in den letzten vierzig Jahren immer weiter zurück.
Das Diagramm zeigt die Abnahme der
Wachstumsraten in Prozent.
3.4 Neue Probleme der Wirtschaftspolitik: Umweltzerstörung
Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es nicht nur für Stabilität und Wachstum zu sorgen, sondern auch für eine gesunde Umwelt, die die Zukunft sichert. Deshalb ist es immer schwierig, wirtschaftliche und ökologische Interessen gegeneinander abzuwiegen.
Holger Budelmann VWL III 08.11.
1994 Seite 14
4. Phase: Vereinigungsboom und Vereinigungskrise in Deutschland
- Binnenmarkt und Integrationskrise in Europa (ab 1990) -
4.1 Die deutsche Vereinigung:
Wirtschaftliche Unterschiede zwischen der BRD und der DDR:
1) Produktions- und Leistungsniveau
- BRD technologisch hoch entwickelt
- DDR verpaßte Anfang der 80er Jahre den technologischen Anschluß
Investitionen in der DDR (zwischen 1971 - 1988):
- individueller Konsum: + 41 Mrd.
- gesellschaftlicher Konsum: + 68 Mrd.
- Dienstleistungen: + 35 Mrd.
- Modernisierungsinvest.
: - 95 Mrd.
2) Steuerungsmechanismus
3) Außenwirtschaftliche Bindung:
- DDR: Mitglied im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Zusammenschluß von
sozialistischen Staaten). Wirtschaft ist sehr stark vom Export nach Ost-
europa abhängig.
- BRD: Mitglied in der EU. Außenhandel aber mit allen anderen Ländern der
Welt. Auch stark Exportabhängig, aber differenzierter und nicht in dem
Maße wie die DDR.
Drei Maßnahmen zur wirtschaftlichen Integration der ehm. DDR in die BRD:
1) Währungsunion am 01.07.1990
2) schnelle Privatisierung des Produktionsapparats (abgewickelt durch “Treuhand”)
Die Treuhandanstalt wurde bereits im März 1990 von der damaligen “Modrow-
Regierung” gegründet.
3) Abfederung der sozialen Probleme durch Transferleistungen von Westen nach Osten.
Aus der Wiedervereinigung resultierende Probleme für die Wirtschaft:
1) Nach der Einführung der Marktwirtschaft im Osten brachen wenig produktive also
nicht konkurrenzfähige Unternehmen schnell zusammen.
Die Industrieproduktion
schrumpfte zwischen 1990 und 1992 auf 1/3 des Stands vor der Vereinigung zusam-
men.
2) Die rechtlichen Probleme um ungeklärte Eigentumsverhältnisse wurden unterschätzt.
Die von der Bundesregierung verfolgte Maxime: “Rückgabe vor Entschädigung”
brachte enorme Investitionshemmnisse mit sich. Trotzdem befinden sich heute ca.
90% des ostdeutschen Produktionspotentials in westlicher Hand.
Holger Budelmann VWL III 08.
11.1994 Seite 15
3) Ein weiterer wesentlicher Grund für die Krise in der ostdeutschen Wirtschaft war das
“Wegbrechen” des osteuropäischen Exportmarkts, weil in anderen ehemals sozialisti-
schen Ländern auch Reformen in Gange waren, die dort ebenfalls massive wirtschaft-
liche Probleme mit sich brachten
Anmerkung: Im Gefolge der deutschen Wiedervereinigung hat es in den westlichen
Bundesländern einen gewaltigen Konsumboom gegeben.
4.2 Europäische Integration
Stufen der Integration:
1) Freihandelszone: keine Zölle untereinander, aber eigenständige
Zollpolitik gegenüber Drittländern
2) Zollunion: keine Zölle untereinander und gemeinsame
Zollpolitik gegenüber Drittländern
3) Gemeinsamer Markt: Liberalisierung von Waren-, Dienstleistungs-,
Kapital- und Personenverkehr.
4) Wirtschaftsunion: Liberalisierung und gemeinsame Wirtschafts-
politik.
5) EWG
Intra-EWG-Handelsquote:
Diese Quote bezeichnet den Anteil des Gesamtaußenhandels aller EU-Ländern, der
durch gegenseitigen Importe und Exporte erreicht wird.
Die Tendenz ist steigend, wenn
auch unregelmäßige Sprünge auftreten.
1958: 37%
1970: 50%
1980: 51%
1990: 65%
Fünf Konvergenzkriterien zum Beitritt zur Währungsunion:
Erst wenn ein Land diese fünf Kriterien erfüllt hat, die im “Maastricht-Vertrag” verein-
bart worden sind, kann es am Ende der 90er Jahre der Währungsunion beitreten. Heute
erfüllt nur Luxemburg alle diese Kriterien.
1) Preisstabilität (Preisniveau darf nicht über 3% des Durchschnitts der drei besten
liegen.)
2) Neuverschuldung (darf nicht > 3% des BSP sein)
3) Staatsverschuldung (muß < 60% des BSP sein)
4) langfristige Zinsen (dürfen nicht mehr als 2% über Durchschnitt der drei besten
liegen.)
5) langfristige Stabilität des Wechselkurses.
Holger Budelmann VWL III 08.11.1994 Seite 16
Ergänzung zu: “Warum Wirtschaftspolitik gemacht wird.”:
Die Wirtschaftspolitik eines Staates soll da eingreifen, wo der freie Markt nicht in der Lage ist, die Bedürfnisse der einzelnen Menschen zu befriedigen, bzw. dort wo der Markt zu “Ungerechtigkeiten” führt. Allgemein kann dieses Marktversagen für drei Punkt erklärt werden.
Marktversagen:
1) Markt kann keine öffentlichen Güter zur Verfügung stellen.
z.B. - Sicherheit (Bundeswehr, Polizei)
- Gesundheit
2) Externalitäten
negative: z.B. Kosten der Umweltzerstörung
positive: z.
B. Schutz von schlecht patentierbaren Verfahren
3) unvollkommene Märkte
Der Staat wacht u.a. darüber, daß sich keine unerlaubten
Kartelle bilden können.
Holger Budelmann VWL III 15.11.
1994 Seite 17
Wirtschaftspolitik: Die Schaffung des Ordnungsrahmen
1) Freiheit - Eigentum - Sozialstaat:
- Der Ordnungsrahmen des Grundgesetzes -
Im Grundgesetz haben die Mitglieder des parlamentarischen Rats keine Wirtschaftsordnung für die Bundesrepublik Deutschland vorgeschrieben. Jedoch garantiert das Grundgesetz Rechte, aus denen sich die legitime Existenz der sozialen Marktwirtschaft ableiten läßt. Der Begriff der “sozialen Marktwirtschaft” ist erst Jahre nach dem Grundgesetz ins Leben gerufen worden.
Für nähere Informationen über die Wirtschaftsfreiheit des Einzelnen und dem Gebot der Sozialstaatlichkeit vergleiche Kopie Nr.: 4VL-F2 vom 15.11.
1994.
2) Wettbewerbspolitik
2.1. Wettbewerbstheoretische Grundpositionen:
2.1.1.
Antifeudaler Kampfbegriff: Wettbewerbsfreiheit
Wettbewerbsfreiheit als feudaler Kampfbegriff enthielt die Forderung die Handels- und Gewerbebeschränkungen des ausgehenden Mittelalters aufzuheben. Er wurde von dem aufstrebenden Bürgertum entwickelt, die damit nicht nur wirtschaftliche sondern auch politische Freiheit von den feudalen Systemen durchsetzen wollten. Gefordert wurde ein Staat, der sich vollkommen aus dem Wirtschaftsgeschehen heraushält und nur noch die Rahmenbedingungen für ein freies Wirtschaften schaffen soll. Diese Rahmenbedingungen sind: a) Sicherheit nach außen, b) Ordnungsrahmen, c) Infrastruktur.
Diese System der Wirtschaftsfreiheit konnte durchgesetzt werden, aber schon bald zeigten sich auch die Nachteile einer kapitalistischen Gesellschaft ohne soziale Absicherung und garantierter Rechte, für Leute die kein Eigentum an Produktionsmitteln hatten. Die Wirtschaftsfreiheit führte zu sozialen Spannungen und Polarisierungen.
Die beiden Pole waren auf der einen Seite die wohlhabenden Unternehmer und Händler und auf der anderen Seite die Arbeiter, die ohne soziale Absicherung auf die Arbeit für die Produktionsmittelbesitzer angewiesen waren. Als weiterer Nachteil zeigte sich die Tatsache, das die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nicht gleichmäßig verlief, sondern periodischen Krisen unterworfen war.
Holger Budelmann VWL III 15.11.1994 Seite 18
Diese sozialen Mißstände führten zu der Gründung der Arbeiterbewegung, die versuchte mit unterschiedlichen Mitteln und unterschiedlichen Zielrichtungen die Lage der Arbeiter zu verbessern.
Das Auseinanderklaffen der Aussagen der klassischen Theorie und der Realität führte dazu, daß in Reaktion auf die Realität die klassische Wirtschaftstheorie weiterentwickelt wurde.
Das klassische Theorie geht davon aus, daß der Markt alleine und ohne Einwirkung von außen in der Lage ist, Wohlstand für alle zu schaffen. Die Klassiker sagen, daß der wirtschaftliche Egoismus des einzelnen letztendlich zum Gemeinwohl aller beiträgt. In diesem Zusammenhang sprach Adam Smith von der “unsichtbaren Hand”, die für das Funktionieren der Wirtschaft verantwortlich sein soll.
Die klassische Theorie wurde in zwei Hauptrichtungen weiterentwickelt:
Klassik
Realität
Marxismus Neoklassik
Kritik an Klassik Immunisierung der Klassik
- Menger
- Walras
- Jevens
2.1.2.
Das Modell der vollständigen Konkurrenz
Bei der Theorie der “vollständigen Konkurrenz” wird davon ausgegangen, das der Preis und die Menge eines Guts auf einem Markt durch den Markt selber geregelt wird. Weitere Voraussetzungen für vollständige Konkurrenz sind, daß es nur homogene (gleichartige) Güter gibt, der Markt transparent ist, d.h., daß alle Anbieter und Nachfrager alle Preise kennen und so der Preise überall gleich sein muß. Die Bildung von Monopolen ist bei dem Modell der vollständigen Konkurrenz nicht möglich.
Da laut Theorie der Markt alles zur Zufriedenheit aller Beteiligten selber regelt, werden auch keine wettbewerbspolitischen Aussagen getroffen, weil der Wettbewerb wegen der totalen Markttransparenz überall fair ist.
2.1.3. Theorie der unvollständigen Konkurrenz
Im Gegensatz zur Theorie der vollständigen Theorie werden bei der Theorie der unvollständigen Theorie erstmals das Bestehen von Unsicherheiten auf den Märkten und daraus resultierende wettbewerbspolitische Schlußfolgerungen thematisiert.
Holger Budelmann VWL III 15.11.
1994 Seite 19
2.1.4. Theorie des wirksamen Wettbewerbs
Diese Theorie ist neueren Datums und untersucht stärker als die alten, welche Faktoren den Wettbewerb beeinflussen. Vertreter dieser Theorie ist die sog. “Harvard School”.
Dabei werden folgende Aussagen getroffen:
- Dynamik der wirtschaftliche Entwicklung wird durch die Unterschiede der einzelnen
Wettbewerber verursacht.
- Wettbewerb als Verlaufsform soll bestimmte Wohlstands- und Zielfunktionen erfüllen.
Nach Katzenbach werden folgende Funktionen unterschieden:
- statische Funktionen
- Faktorallokation
- Konsumentenallokation
- Einkommensallokation
- dynamische Funktionen
- exogene Schocks
- Fähigkeit, den technischen Fortschritt voranzutreiben
Als günstig für den Wettbewerb werden weite Oligopole mit mäßiger Produktdifferenzierung angesehen.
Wettbewerb: als politisches Instrument soll nur die Richtungssteuerung dienen.
2.1.
5. Freier und potentieller Wettbewerb
neoliberale Position: keine Beschränkungen
- freie Marktwahl
- Vertragsfreiheit
Chicagoer Schule: “Survival of the fittest”
- auch Monopole sind zugelassen
Monopole unterliegen einem potentiellen Wettbewerb, weil andere Unternehmen versuchen können, das Monopol zu brechen. Das (kurzzeitige) Brechen von Monopolen wird auch “Hit and run” genannt. In diesem Zusammenhang spricht Baumol auch von den “Contestable markets”, was “angreifbare Märkte” bedeutet.
Zusammenfassung:
Harvard School
- wirksamer Wettbewerb
Chicago School
- freier Wettbewerb
- potentieller Wettbewerb
Holger Budelmann VWL III 15.11.
1994 Seite 20
2.2. Operationalisierungen: Wettbewerbstest
Es gibt drei verschieden Gruppen von Wettbewerbstest. Vergleiche dazu Kopie 4VL-F3
- Marktstruktur
- Marktverhalten
- Marktergebnis
2.3. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
2.
3.1. GWB: “Das Grundgesetz der Marktwirtschaft”
- Vorgeschichte: alliierte Wettbewerbsverordnungen
- erster Entwurf: 1948 (sehr scharfe Bestimmungen)
- striktes Kartellverbot
- scharfe Wettbewerbskontrolle
- Fusionskontrolle
- Verabschiedung 1957 (abgemilderte Version ohne Fusionskontrolle und Erlaubnis
bestimmter Kartelle)
- ab 1973: erste Änderungen: abgemilderte Fusionskontrolle eingeführt
Bundeskartellamt:
Das Bundeskartellamt ist eine bundesunmittelbare Behörde mit Sitz in Berlin, die zwar in ihrer Arbeit unabhängig ist, aber zum Bundeswirtschaftsministerium gehört. Die Aufgabe des Amts ist, die Bestimmungen des GWB umzusetzen und zu überwachen. Es hat 250 Mitarbeiter, von denen 110 Akademiker sind. Als untergeordnete Stellen gibt es auch Landeskartellbehörden, die aber nur für Kartelle und Fusionen zuständig sind, bei denen nur Firmen aus dem betreffenden Bundesland beteiligt sind.
Eine Übersicht über die vorhandenen wettbewerbsbeeinträchtigenden Strategien ist auf der Kopie Nr. 4VL-F4
2.3.2. Kartellverbote (mit Ausnahmen)
Alle Kartellverträge, die wettbewerbsbeschränkenden Charakter haben, sind unwirksam.
Ausnahmen hiervon:
- Konditionskartelle
- Rabattkartelle
- Strukturkrisenkartelle
- Rationalisierungskartelle
- Ex- und Importkartelle
- Kooperationskartelle für kleine und mittlere Unternehmen
§8 GWB: Kartelle können erlaubt werden, wenn sie der Gesamtwirtschaft und dem Gemeinwohl dienen.
Erlaubt werden können sie auf Antrag von Bundeswirtschaftsminister (Ministerkartelle)
Holger Budelmann VWL III 15.11.1994 Seite 21
2.3.3. Behinderungsstrategien
Behinderungsstrategien werden eingesetzt, wenn ein Mißbrauch einer marktbeherrschenden Position vorliegt.
Die verschiedenen Formen können auf der Kopie Nr. 4VL-F6
2.3.4. Konzentrationsstrategien: Fusionskontrolle
Übersicht auf Kopie Nr. 4VL-F7
Fusionen: Vor jeder Fusion muß geprüft werden, ob diese Fusion zu einer marktbeherrschenden Stellung führt.
Es werden zwei Gruppen von Fusionen unterschieden:
1) Gruppe 1: Nur Meldung nötig, dann Prüfung
2) Gruppe 2: Antrag, dann Genehmigung
Bei der Gruppe 2 handelt es sich um Fusionen von Großunternehmen. Man nennt diesen Vorgang auch “präventive Fusionskontrolle”
Ein Bundeskartellamt verhängtes Fusionsverbot kann vom Bundeswirtschaftsminister wieder aufgehoben werden.
Beispiel: 1986 hat das Bundeskartellamt die Fusion von Daimler-Benz und MBB verboten. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Hausmann hat jedoch zugestimmt, so daß diese “Elefantenhochzeit” doch stattfinden konnte. Diese Ministererlaubnis führte zu einer heftigen Diskussion über die Richtigkeit des “Ministervetos”.
2.
3.5. Wettbewerbspolitische Ausnahmebereiche
Andere Bestimmungen gelten für:
- Bundesbank
- Landwirtschaft
- Banken und Versicherungen
- öffentliche Betriebe (z.B. Stadtwerke)
2.4.
Europäische Wettbewerbspolitik
Die europäische Wettbewerbspolitik bezieht öffentliche Unternehmen mit ein. Sie wacht auch über das Subventitionsverbot.
Auch hier sind Kartelle verboten. Ausnahmen gibt es z.B. bei Kartellen, die den technischen Fortschritt vorantreiben.
- Mißbrauchsverbot
- Fusionskontrolle: - nur aktiv wenn zwei oder mehr EU-Staaten betroffen sind:
Fragen: 1) Marktbeherrschung (ja oder nein) ?
2) Marktbeherrschung (gut oder schlecht) ?
Marktbeherrschung ist gut, wenn es gegen Konzerne aus den USA oder Japan geht.
Holger Budelmann VWL III 22.11.1994 Seite 22
3) Mitbestimmung
3.1. Begründungsansätze zur Notwendigkeit der Mitbestimmung
3.
1.1. systematisch theoretische Begründung
Ursprung dieses Begründungsansatzes:
klassische Marktsicht (der Markt regelt alles so, daß alle zufrieden sind) hatte bei der
zunehmenden Anzahl von Großunternehmen keine Gültigkeit mehr.
klassisches Modell:
Auf dem Markt stehen zwei einzelne Individuen miteinander in Beziehung.
bei Großunternehmen:
Auf dem Markt stehen Unternehmen miteinander in Beziehung. Innerhalb der Unter-
nehmen stehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer untereinander in Beziehung.
- wirtschaftliche Arbeitsteilung nicht nur auf dem Markt, sondern auch
Arbeitsteilung innerhalb der Unternehmen
- dadurch gibt es nicht nur Individuen mit Marktbeziehungen, sondern auch
welche mit “Direktionsbeziehungen”
- unselbständiger Arbeitnehmer muß das Risiko mittragen, obwohl er nichts
zu entscheiden hat
Þ deshalb Forderung nach MITBESTIMMUNG
3.1.2. historische Begründung
- historisch schlechte Erfahrung mit dem Einfluß von Unternehmen auf die Politik.
z.B.
Nazis wurden von vielen Unternehmern gestützt.
Þ deshalb Forderung nach MITBESTIMMUNG
Þ wegen dieser schlechten Erfahrung wurde nach dem 2. Weltkrieg die
Sozialisierung der Großindustrie gefordert. In vielen Landesverfassungen
stand u.a., daß alle Betriebe der Montanindustrie verstaatlicht werden
sollten.
Dazu kam es aber nicht, weil das Grundgesetz dieses nicht vorsah
und der Grundsatz gilt: “Bundesrecht bricht Landesrecht”
3.2. Mitbestimmung im Unternehmen
1951: Montanmitbestimmung für Eisen-, Kohle- und Stahlindustrie. Betriebe müssen über
1000 Beschäftigte haben.
Regelfall: paritätische Verteilung der Sitze im Aufsichtsrat zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer. Zusätzlich wird von allen zusammen ein “neutraler Mann” gewählt, der
in Pattsituationen den Ausschlag geben soll.
Alle zusammen wählen einen Arbeits- direktor.
Derzeit fallen 47 Unternehmen unter die Montanmitbestimmung, davon 18 in den
neuen Bundesländern
Holger Budelmann VWL III 22.11.1994 Seite 23
1976: Mitbestimmungsgesetz (für alle Kapitalgesellschaften über 2000 Mitarbeitern)
Mitbestimmung im Aufsichtsrat:
Die Arbeitnehmervertreter werden in drei Gruppen gewählt:
1. Vertreter der Arbeiter
2. Vertreter der Angestellten
3.
Vertreter der leitenden Angestellten
- es gibt keinen neutralen Mann, sondern der Vorsitzende gibt bei einem Patt
den Ausschlag
- der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist immer ein Arbeitgebervertreter
Anzahl der betroffenen Unternehmen:
1979: 482 Unternehmen
1987: 492 Unternehmen
1992: 709 Unternehmen (davon 102 in den neuen Ländern )
3.3. Mitbestimmung in Betrieben
1952: Betriebsverfassungsgesetz (für alle Betriebe mit mehr als 5 Beschäftigten)
- bei fünf Mitarbeitern: ein Betriebsobmann
- Größe des Betriebsrat richtet sich nach Größe der Belegschaft
Betriebsräte haben:
- Informationsrechte
- Mitwirkungsrechte
- Mitbestimmungsrechte
Basis soll eine “vertrauensvolle Zusammenarbeit” zwischen Betriebsrat und Geschäfts-
führung sein
1972: Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes
Betriebe, die mehr als 1000 Beschäftigte haben und eine Kapitalgesellschaft sind,
müssen 1/3 der Aufsichtsratmitglieder aufgrund von Vorschlägen der Arbeitnehmer-
seite wählen lassen.
Holger Budelmann VWL III 22.11.1994 Seite 24
Stabilisierungspolitik 1: Fiskalpolitik
1) Das Problem: Konjunkturelle Schwankungen
Unterschiedliche Entwicklungen des Kapitalstocks und der Investitionen:
Annahme: Kapitalstock in Periode 0 = 100
Periode
I
D I in %
K
D K in %
I
10
-
110
10%
II
15
50%
125
13,5%
III
10
-33,3%
135
8,0%
Obwohl die Investitionen rückläufig sind, wächst der Kapitalstock.
Politik, die versucht, Schwankungen zu minimieren, heißt antizyklische Konjunkturpolitik:
bei Rezession: “Anschub-Maßnahmen”
bei Boom: “Brems-Maßnahmen”
Problem: Aufgrund der Trägheit der Verwaltung und Behörden kommen solche Maßnahmen oft zu spät in Gang, so daß sie unter Umständen mehr Schaden als nutzen. Z.B. Bremswirkung
wirkt erst, wenn schon wieder ein Abschwung herrscht, der dadurch noch verstärkt wird. In einem solchen Fall spricht man von “prozyklischer Konjunkturpolitik”, die gelegentlich auch “parallele Konjunkturpolitik” genannt wird.
2) Ansatzpunkte und Instrumente der Konjunkturpolitik
2.
1. Das Problem der “Früherkennung”
Wirtschaftspolitische Maßnahmen werden manchmal zu spät beschlossen, weil Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung zu ungenau oder einfach falsch sind.
Holger Budelmann VWL III 22.11.1994 Seite 25
Drei Instrumente zur Prognose der Wirtschaftsentwicklung:
1) Erklärungen aus theoretisch begründeten Theorien
2) Extrapolationen (Prognose aus vergangenen Entwicklungen)
3) Tendenzaussagen (Grundlage sind Befragungen der deutschen “Top-Manager”)
- IFO-Institut in München befragt Unternehmen, wie sie die wirtschaftliche
Entwicklung einschätzen
2.2.
Mengenkonjunktur und Preiskonjunktur
Eine Konjunkturpolitik soll nicht den Preis der Waren beeinflussen sondern das Volkseinkommen insgesamt. Þ keynesianische Sicht
2.3. Ansatzpunkt privater Konsum
Grundgleichung:
Frage: Wie kann der private Konsum durch eine Konjunkturpolitik beeinflußt werden?
Möglichkeiten zum Eingreifen sind gering. Einzige Möglichkeit: Steuern senken.
2.
4. Ansatzpunkt private Investitionen
Ein staatliches Fördern der privaten Investitionen möglich durch:
- Subventionen
- Abschreibungsvorteile
Insgesamt kann gesagt werden: Investitionen bremsen geht leichter, als welche fördern.
Vier Probleme: 1) viele Investitionen sind autonom
2) induzierte Investitionen hängen nur beschränkt vom Zins ab
I = f(DC) und I = f(DY)
3) Investitionen verursachen durch Kapazitätseffekt neue Unauslastung.
4) Gefahr des Mitnahmeeffektes durch Investitionserleichterungen
durch den Staat.
Holger Budelmann VWL III 22.11.
1994 Seite 26
2.5. Ansatzpunkt Außenhandelsüberschuß
Der Außenhandelsüberschuß ist wenig geeignet zur Konjunktursteuerung.
Þ trotzdem:
Der Außenhandel kann auch ein Motor der Konjunktur sein, wie es im Moment zu beo-
bachten ist. Beeinflußt wird der Außenhandel aber nicht durch eine inländische
Konjunkturpolitik sondern durch autonome Aufschwünge in importierenden Staaten.
2.
6. Ansatzpunkt Staatsnachfrage
STAATSAUSGABEN:
Träger: a) die Gebietskörperschaften
- Bund
- Länder
- Gemeinden
b) Ausgaben der Sozialversicherungsträger
Ausgabengruppen: - Personalausgaben
- sachliche Verwaltungsausgaben
- Zuschüsse und Zuwendungen
ökonomische
Funktionen: - laufende Ausgaben
- Personalausgaben Þ laufende
- Sachausgaben Þ Rechnung
- Investitionen Þ Kapitalrechnung
- Transferausgaben
Sachausgaben und Investitionen sind einzigen geeigneten Mittel zur Ankurbelung der Konjunktur.
3. Der öffentliche Haushalt als Instrument der Konjunkturpolitik
In einer Situation der Rezession muß ein Staat mehr Geld ausgeben, als eingenommen wird, um die Wirtschaft anzukurbeln. In einer Situation des Boom muß ein Staat weniger Geld ausgeben, als eingenommen wird, um die Entwicklung etwas abzubremsen und so eine sogenannte “Überhitzung” zu vermeiden.
Man spricht auch vom “Durchbrechen des Gleichgewichts”.
Dieses Prinzip ist auch ein Beispiel für eine antizyklische Konjunkturpolitik.
Holger Budelmann VWL III 22.11.1994 Seite 27
3.1. Automatische Stabilisatoren (built-in-stabilizers)
Þ werden auch “eingebaute Stabilisatoren” genannt.
1. Stabilisator: progressive Einkommenssteuer
Bruttosozialprodukt:
Höhe:
Steuerqoute:
verfügbar:
I
100
20%
80
II
600 (6 · BSP 1)
30%
420
Die progressive Einkommenssteuer bremst den Aufschwung:
Þ “automatisches Bremseffekt”
2. Stabilisator: Sozialleistungen
“soziales Sicherungssystem bei Arbeitslosigkeit und Armut”
N = Nachfrage U = Unterstützung L = Lohn AL = Arbeitslose
Berechnung des Ausfalls der Nachfrage durch Arbeitslosigkeit:
ohne Sozialleistungen: DN = AL · L
mit Sozialleistungen: DN = Al · L - AL · U
3.2. Konjunkturpolitik durch Steuervariation
Referat:
3.2.
1. Einnahmekategorien
- Steuern
- Gebühren
- Beiträge
- Kredite (Ausgleich zw. Einnahmen und Ausgaben in öff. Haushalt)
usw.
3.2.
2. deutsches Steuersystem
Steuern sind Zwangsabgaben ohne direkte Gegenleistung. Die Gegenleistungen sind indirekt, als Beispiel kann die Bereitstellung der öffentlichen Güter genannt werden.
Steuern dürfen keinen bestimmten Zweck zugeordnet sein. Sie kommen alle in einen “großen Topf”. Eine Ausnahme hiervon ist die Mineralölsteuer, die zum Teil direkt für den Straßenbau verwendet wird.
Holger Budelmann VWL III 22.11.1994 Seite 28
WICHTIGE STEUERN:
direkte Steuern:
Sie werden direkt auf das Einkommen/ die Gewinne erhoben.
indirekte Steuern:
Steuerschuldner und Steuerträger sind hier nicht identisch. Der Schuldner wälzt die
Schuld auf den Träger ab.
z.
B. Umsatzsteuer, Verbrauchssteuern
tiefere Gliederung:
- Besitzsteuern: - Einkommenssteuer
- Vermögenssteuer
- Verkehrssteuern: - Umsatzsteuer
- Grunderwerbssteuer
- Realsteuern: - Gewerbesteuern
- Grundsteuern
- Verbrauchssteuern: - Mineralölsteuern
- Tabaksteuern
ANFORDERUNGEN AN EIN GUTES STEUERSYSTEM:
gerechte Verteilung der Steuerlast
kein Einfluß auf wirtschaftliche Entscheidungen
soll effiziente Verwaltung ermöglichen
soll für Steuerzahler verständlich sein
verträglich mit den Wachstumszielen
VERTEILUNG DER STEUERN: (Bund, Länder, Gemeinden)
Es werden zwei verschiedene Formen des Finanzausgleichs unterschieden:
1) vertikaler Finanzausgleich
2) horizontaler Finanzausgleich
STEUERSATZ UND STEUERAUFKOMMEN:
Die untenstehende Darstellung wird als “Laffer-Kurve” bezeichnet.
Holger Budelmann VWL III 22.11.1994 Seite 29
3.2.
1.3. Was ist steuerpolitisch machbar?
KONJUNKTURELLE STABILISIERUNG:
nach Methoden von Keynes:
z.B. Stabilitätsgesetz von 1967
Ziele: - hoher Beschäftigungsgrad (nicht Vollbeschäftigung!!!)
- stabiles Preisniveau
- außenwirtschaftliches Gleichgewicht
- stetiges, gleichmäßiges Wachstum
EINKOMMENS- UND VERMÖGENSUMVERTEILUNG:
Welche Art von Steuern ist gerecht:
- progressive Steuern (z.B.
Einkommenssteuer) ?
wer viel verdient muß einen prozentual höheren Anteil steuern zahlen
- proportionale Steuern ?
alle müssen den gleichen Steuersatz bezahlen
ZIELSETZUNGEN:
gesundheitliche: Soll die Tabaksteuer gesundheitliche Vorsorge finanzieren?
umweltpolitische: Soll Mineralölsteuer zur Beseitigung von Umweltschäden benutzt werden?
Holger Budelmann VWL III 29.11.1994 Seite 30
3.2.2. Die Wirkung der Steuerpolitik auf die Konjunktur
Haushalte reagieren auf eine Einkommenssteuererhöhung nicht mit geringeren Konsum, sondern sie fangen an, zu entsparen.
Þ keine konjunkturelle Dämpfung erreichbar
bei Impulsgebung durch Einkommenssteuersenkung wird mehr von den Haushalten gespart.
allgemein: Der Erfolg von Steuersenkungen oder Steuererhöhungen als Mittel der Konjunktursteuerung hängt von der Reaktion der Steuerzahler ab, die schlecht voraussagbar ist.
bei Unternehmen kann vorher auch nicht gesagt werden, ob steuerliche Anreize (z.B. Möglichkeit der Sonderabschreibung) wirklich zu einer verstärkten Investitionstätigkeit führt.
Investitionen hängen in erster Linie nicht von den Steuern ab, sondern I = f(Y,DY,i,.
..)
also: “Steuersatzänderungen sind nicht immer wirksam.”
Drei Möglichkeiten durch Steuern auf die Konjunktur einzuwirken:
1) Einführung neuer Steuern / Abschaffung von Steuern
2) Steuersätze verändern
3) Bemessungsgrundlage ändern
Beispiel: Variation des AfA-Satzes:
Ertrag-Kosten
AfA in %
G vor Steuer
Steuersatz %
Steuer abso.
liqui. Mittel
100
20%
80
50%
40
60
100
50%
50
50%
25
75
3.
3. Konjunkturpolitik durch Variation der Staatsausgaben
Änderungen der Staatsausgaben wirken immer direkt und unmittelbar auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. (siehe auch Kopie 5VL-F5)
Einkommensmultiplikator bei zusätzlichen Staatsausgaben:
DY = 1/s DAST
Holger Budelmann VWL III 29.11.1994 Seite 31
3.4.
Multiplikatorwirkung der Budgetpolitik
Wirkung des Multiplikators auf die Veränderung des Volkseinkommens als Reaktion auf eine Steuersenkung:
Der Staatsausgabenmultiplikator ist größer als der Steuermultiplikator.
Das HAAVELMO-THEOREM
Multiplikatoren sind wirklichkeitsfremd, weil ihre Wirkung nur theoretisch ist. Das von ihnen unterstellte zusätzliche Einkommen ist in Wirklichkeit immer nur eine Einkommensdifferenz, weil ein Arbeitsloser vorher Arbeitslosengeld oder ähnliche Leistungen bezogen hat.
Holger Budelmann VWL III 29.11.1994 Seite 32
3.
5. Der konjunkturelle Impuls des öffentlichen Budgets
Wir unterscheiden zwei verschiedene Arten von Impulsen:
1) expansive Impulse
2) kontraktive Impulse
neutraler Haushalt: ein Haushalt, der keine Einwirkungen auf die Konjunktur ausübt.
davon abgeleitet:
1) konjunkturneutrale Staatsqoute
2) konjunkturneutrale Finanzierungssaldo
beide werden vom Sachverständigenrat (5 Weisen) festgelegt
aktuelle Basis ist das Jahr 1985, in dem die Konjunktur “neutral” war.
Um nun zu entscheiden, ob ein Haushalt expansiv oder kontraktiv ist, werden neutrale Werte für das zu untersuchende Jahr berechnet (auf Zahlenbasis 85) und mit den Ist-Werten verglichen.
Berechnung des konjunkturellen Impuls:
1) potentialorientierte Kreditaufnahme
2) + inflationsbedingte Steuermehreinnahmen
3) + auslastungsbedingte Steuermehr- oder mindereinnahmen
=========================================================
4) = konjunkturneutraler Finanzierungssaldo
5) - tatsächlicher Finanzierungssaldo
=========================================================
6) = konjunktureller Impuls
wenn der konjunkturelle Impuls < 0, expansiver Impuls
wenn der konjunkturelle Impuls > 0, kontraktiver Inpuls
Zahlenbeispiel: (Zahlen aus 1993)
1) potentialorientierte Kreditaufnahme 41,2 Mrd DM
2) + inflationsbedingte Steuermehreinnahmen 1,0 Mrd DM
3) + auslastungsbedingte Steuermehr- oder mindereinnahmen -5,0 Mrd DM
=========================================================
4) = konjunkturneutraler Finanzierungssaldo 37,2 Mrd DM
5) - tatsächlicher Finanzierungssaldo 43,0 Mrd DM
=========================================================
6) = konjunktureller Impuls -5,8 Mrd DM
(expansiver Impuls)
andere Methode: siehe Kopie 5VL-F6
Holger Budelmann VWL III 29.11.
1994 Seite 33
3.6. Das Problem der Staatsverschuldung
siehe dazu auch Kopie 5VL-F7-8
crowding out:
In dem Maß, in dem sich der Staat am Kapitalmarkt verschuldet, behindert er private Kreditnehmer und behindert damit auch die Wirtschaftsentwicklung.
Manövrierspielraumsargumentation:
Je mehr Haushaltsgelder für Zinsen und Tilgung ausgegeben werden müssen, desto weniger Spielraum bleiben dem Staat für andere Ausgaben.
4) Probleme antizyklischer Fiskalpolitik
4.1.
Mitnahmeeffekt
Bedeutet, daß einige Unternehmen nur Investitionen wegen der steuerlichen Anreize oder Subventionen tätigen, obwohl sie sonst nicht auf diesem Feld tätig sind.
Das führt z.T. zu sehr teuer erkauften Investitionen.
4.2.
Zeitverzögerung
Wegen der mangelnden Früherkennung von konjunkturellen Problemen werden geeignete Maßnahmen zu spät beschlossen und vor allem zu langsam umgesetzt, so daß sie manchmal sogar erst dann greifen, wenn die konjunkturelle Entwicklung schon wieder umgeschlagen ist und so diese neue Entwicklung noch fördern und nicht bremsen.
5) Konjunkturpolitik in der BRD seit den 60er Jahren
5.1. Das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstum der Wirtschaft (GWB)
1967: Beschluß des GWB nach einer langen Diskussion. Ludwig Ehrhardt war ein strikter
Gegner des GWB. Er sprach vom “Teufelswerk”.
Das Grundgesetz wurde zur Legitimation des GWB geändert:
§109 Abs. 2 GG: wirtschaftliches Gleichgewicht muß gewährleistet werden
§109 Abs. 3 GG: Grundsätze für eine konjunkturgerechte Haushaltspolitik sollen
per Gesetz festgelegt werden
Holger Budelmann VWL III 29.11.1994 Seite 34
Inhalte des GWB:
1) Ziele: a) Stabilität des Preisniveaus
b) hoher Beschäftigungsgrad
c) außenwirtschaftliches Gleichgewicht
d) angemessenes und stetiges Wachstum
Alle vier Ziele zusammen werden als “magisches Viereck” bezeichnet.
2) Das GWB legt die marktwirtschaftliche Ordnung fest.
3) Die vier Ziele legen Handlungsanweisungen an die Regierungen der Gebietskörperschaften
fest.
Informationspflicht:
1) Die Regierung muß immer im Januar einen Jahreswirtschaftsbericht vorlegen
2) alle zwei Jahre muß ein Subventionsbericht vorgelegt werden
Koordinierungspflichten:
1) Konzertierte Aktion (abgestimmte Aktion)
2) öffentliche Hände müssen:
- mittelfristige Finanzplanung
- mehrjährige Investitionsprojekte
- antizyklische Konjunkturpolitik
3) Maßnahmen abstimmen / Instrumente
- Ausgaben verzögern / vorschieben
- zusätzliche Kredite
- Konjunkturausgleichsrücklage bilden
- steuerliche Variationen zur Investitionsförderung
5.2. Etappen der Konjunkturpolitik
1) Anfang 1967: erstes mal Konjunkturpolitik (GWB)
öffentliche Investitionsprogramme lösten einen Boom aus
2) Krise 74-75: über 1 Mio. Arbeitslose
öffentliche Investitionsprogramme wegen der hohen Zahl der
Arbeitslosen nicht mehr so erfolgreich
Haushaltsstrukturgesetz
3) 76-77: Restriktionspolitik Staatsschuldenabbau
4) 76-77: expansives Zukunftsinvestitionsprogramm
5) Anfang 80er: keine “echte” Konjunkturpolitik ab diesem Zeitpunkt
6) ab 82: kontraktive Politik ---- Haushaltsoperationen
7) ab Mitte 80er: konjunktureller Aufschwung (wirt.pol.
Maßnahmen induziert durch
Gesellschaftspolitik und Hauskonsulidierung)
8) ab 90er: Wiedervereinigung (Konjunkturpolitik wider Willen)
Anstieg der Verschuldung ---- Defizit-Finanzierung
im Westen: Nachfrageboom
danach Problem:
Haushaltspolitik als Schuldenkonsulidierung
Holger Budelmann VWL III 06.12.1994 Seite 35
Stabilisierungspolitik 2: Geldpolitik
1) Theoretische Grundlagen
1.1. Güterwirtschaft und Geldwirtschaft
Funktionen des Geldes:
1) Recheneinheit
2) Zahlungsmittel (auch Kreditmittel)
3) Wertaufbewahrungsmittel
Eigenschaften des Geldes / Anforderungen an das Geld:
1) Das Geld muß teilbar sein
2) Das Geld muß homogen (gleichartig) sein
3) Das Geld muß universell akzeptiert sein
Wichtig: Es muß ein Vertrauen in die Wertbeständigkeit des Geldes geben.
Vertrauen kann geschaffen werden durch:
1) Monopolisieren des Rechts Geld herzustellen und auszugeben.
Geldemission durch die Zentralbanken
2) Erklärung zum gesetzlichen Zahlungsmittel.
3) Knapphalten der Geldmenge durch die Zentralbank, aber die Geldmenge muß
ausreichen, um alle Wirtschaftstransaktionen durchführen zu können.
1.2. Geldnachfrage und Geldangebot
Quantitätsgleichung des Gelds:
- gilt aber nur bei Vollbeschäftigung bzw. Y Vollbeschäftigung
M * V = Y * P
M = Geldmenge V = Umlaufgeschwindigkeit Y = Volkseinkommen P = Preise
Wenn die Umlaufgeschwindigkeit V konstant ist, bewirkt eine Erhöhung der Geldmenge M eine Erhöhung der Preise.
Geldmenge bei Keynes:
L = Lt + Ls = Lt( Y ) + Ls( i )
Holger Budelmann VWL III 06.12.1994 Seite 36
1.3. Die Transmission monetärer Impulse
1) Welcher Zusammenhang besteht zwischen Bestimmung der Geldmenge durch die
Zentralbank und der Geldnachfrage durch die Güterwirtschaft?
2) Wie hängen Geldmenge und Inflation zusammen?
a) neoquantitätstheoretischer Ansatz:
Geldpolitik hat die wesentliche Aufgabe in der Stabilisierung
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