Vi
Wirtschaft
Mit der Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland im Oktober 1990 wurde
auch der Zusammenschluss der beiden unterschiedlichen Wirtschaftssysteme
(Planwirtschaft, soziale Marktwirtschaft) eingeleitet. Die erforderlichen
Umstrukturierungen brachten zum Teil schmerzliche Prozesse in Gang. Allein
der massive Stellenabbau im Zuge der Privatisierung ehemals staatseigener
Betriebe hatte eine stark anwachsende Arbeitslosigkeit zur Folge, ein
Problem, das in den neuen Bundesländern bis dahin nicht bekannt war. Weil
die Eigentumsfrage für bestimmte Liegenschaften nicht geklärt war, kam es
zur Verzögerung notwendiger privater Investitionen - in manchen Fällen
blieben sie sogar ganz aus. Trotz einiger Anstrengungen (z. B.
Transferzahlungen, Steuerbegünstigungen) ließ sich in den neuen
Bundesländern ein wirtschaftlicher Aufschwung im erhofften Maß nicht
verzeichnen. Vor allem auf dem Arbeitsmarkt bestehen zwischen den alten und
den neuen Bundesländern große Unterschiede. Nach Angaben des Bundesamtes für
Arbeit lag die Arbeitslosenquote 1997 in den alten Bundesländern bei 11
Prozent, in den neuen Bundesländern dagegen bei 19,5 Prozent.
Die Arbeitslosenquote für die gesamte Bundesrepublik befand sich im Februar
1998 mit mehr als 12 Prozent auf dem absoluten Höchststand seit 1945. Damit
waren in Deutschland offiziell 4,8 Millionen Menschen ohne Arbeit, zuzüglich
einer erheblichen Dunkelziffer aus erwerbswilligen, aber nicht gemeldeten
Personen. Nachdem im Sommer die Vier-Millionen-Marke unterschritten worden
war, stieg die Zahl der Arbeitslosen bis Dezember 1998 wieder auf rund 4,2
Millionen an.
Im Westen wie im Osten Deutschlands führten Rationalisierungsmaßnahmen zum
Phänomen des "jobless growth": Output und Unternehmensgewinne wachsen, ohne
dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Gesamtzahl der Erwerbstätigen
in Deutschland liegt bei 41 023 500 Personen. Davon sind 60 Prozent in
Dienstleistungsunternehmen, 37 Prozent in der Industrie und 3 Prozent in der
Landwirtschaft beschäftigt.
Trotz der dramatischen Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt und der
hohen Staatsverschuldung (1998: rund 2,2 Billionen DM) gehört die
Bundesrepublik nach wie vor zu den weltweit führenden Industrienationen. Das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 2 134 Milliarden US-Dollar (1998).
Hiervon erwirtschaftet der Dienstleistungssektor 44,1 Prozent, das
verarbeitende Gewerbe 23,60 Prozent, das Baugewerbe 5,50 Prozent und die
Landwirtschaft 1,1 Prozent.
Rechnerisch ergibt sich daraus ein BIP pro Kopf
von 26 010 US-Dollar.
A. Landwirtschaft
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Die Mehrzahl der Bauernhöfe im Westen des Landes sind relativ klein; rund 75
Prozent haben eine Fläche von höchstens 20 Hektar. Sie werden von ihren
Besitzern und deren Familien oft als Nebenerwerbsbetriebe bewirtschaftet. In
der Landwirtschaft arbeiten rund 1,3 Millionen Menschen. Die gesamte
landwirtschaftlich genutzte Fläche betrug 1996 circa 17,3 Millionen Hektar.
Gut zwei Drittel der Fläche entfallen auf Ackerland, knapp ein Drittel auf
Grünland. In den letzten Jahren stellten viele Betriebe wirtschaftlich
erfolgreich auf eine biologisch-dynamische Produktionsweise um und schlossen
sich zum Teil alternativen Vermarktungsorganisationen an.
Die besten Anbaugebiete befinden sich am Südrand des Norddeutschen
Tieflands. Angebaut werden hauptsächlich Zuckerrüben, Kartoffeln, Gerste,
Weizen, Hafer und Roggen, Mais und Raps. In einigen klimatisch begünstigten
Gebieten wird in Sonderkulturen Wein angebaut. Namhafte Anbaugebiete liegen
u.
a. in Franken, in Rheinhessen, an der Mosel und am Kaiserstuhl. Große
Bestände an Rindern, Schweinen, Schafen und Geflügel werden zunehmend in
spezialisierten Betrieben gezüchtet. Deutschland nimmt in der EU den ersten
Rangplatz als Milcherzeugerland sowie hinsichtlich der Produktion von
Schweinefleisch ein. 89 Prozent des Nahrungsbedarfs können in Deutschland
durch einheimische Produkte gedeckt werden.
B.
Forstwirtschaft und Fischerei
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Forstwirtschaft und Fischerei spielen in Deutschland eine beträchtliche
Rolle. Bei der Aufforstung wurden schnell wachsende Nadelhölzer bevorzugt;
heute bemüht man sich allerdings, die Anteile der ökologisch wertvolleren
Laubhölzer zu erhöhen. Die wirtschaftlich bedeutendsten Ressourcen befinden
sich in den großen Wäldern im Südwesten; über 70 Prozent davon sind
Nadelholz. Der seit den achtziger Jahren bekannte saure Regen verursachte
zum Teil gravierende Waldschäden, welche die Existenzgrundlage der
Forstwirtschaft lang- oder mittelfristig massiv bedrohen.
Die wichtigsten Fischereihäfen des Landes sind Bremen, Bremerhaven und
Cuxhaven an der Nordsee und Kiel an der Ostsee. Die Fangmenge beläuft sich
auf durchschnittlich 318 785 Tonnen (1997), der überwiegende Anteil davon
sind verschiedene Seefische, besonders Heringe.
C. Bergbau
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Deutschland verfügt über verschiedene Bodenschätze. Steinkohle wird u. a.
zur Energieerzeugung und zur Herstellung von Eisen und Stahl eingesetzt. Sie
lagert vor allem in den Revieren des Ruhrgebiets und des Saarlands.
Allerdings sind die Fördermengen im Lauf der Zeit stark zurückgegangen:
Während 1987 noch rund 82 Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr gefördert
wurden, waren es 1997 nur noch 47 Millionen Tonnen. Ein Grund für die
sinkende Nachfrage nach Steinkohle ist der billigere Energieträger Erdöl.
Nach UN-Schätzungen verfügt Deutschland über die fünftgrößten
Braunkohlereserven der Welt. Sie wird z. B. im rheinischen Revier
(Köln/Aachen), in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier (Halle/Leipzig)
im großen Maßstab abgebaut.
Allerdings wurden auch bei der Braunkohle die
Fördermengen im Lauf der Zeit zum Teil stark reduziert. Hintergrund hierfür
sind u. a. die erheblichen Umweltbelastungen, die sowohl die Verbrennung
(zur Energiegewinnung) als auch der Braunkohleabbau selbst mit sich bringen.
Reiche Vorkommen an Kalisalzen gibt es vor allem im Südwesten um Freiburg,
Steinsalzlagerstätten finden sich in Niedersachsen sowie in Bayern.
Bescheidene Erdöl- und Erdgasvorkommen gibt es im Norden in der Nähe der
Mündungen von Ems und Weser sowie östlich von Kiel.
Deutschland besitzt
darüber hinaus vergleichsweise kleine Lagerstätten an Blei- und Zinkerzen.
D. Industrie
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Der wichtigste Bereich der deutschen Wirtschaft ist die exportorientierte
Industrie mit einer Vielzahl von Produkten. Hergestellt werden vor allem
Nahrungsmittel, Maschinen, chemische und elektrotechnische Erzeugnisse und
Kraftfahrzeuge. In den alten Bundesländern konzentrieren sich große
industrielle Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftszentren. Der größte
Industriestandort liegt in Nordrhein-Westfalen.
Zu ihm gehören das Stahl
produzierende Ruhrgebiet und weitere große Industriebezirke wie Aachen, Köln
und Düsseldorf mit chemischer Industrie, Metallverarbeitung und Maschinen-
und Kraftfahrzeugbau. Eine andere große Industrieregion liegt am
Zusammenfluss von Rhein und Main. Zu ihr gehören die Städte Frankfurt,
Wiesbaden, Mainz und Offenbach mit Metall verarbeitender Industrie,
chemischer, pharmazeutischer, Elektro- und Autoindustrie. Südlich davon
erstreckt sich entlang des Rheins ein bedeutender Industriebezirk mit den
Zentren Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe mit chemischer Industrie,
Maschinenbau und Baumaterialien. Stuttgart ist der Mittelpunkt einer Region
mit Fahrzeug- und Maschinenbau sowie Elektro-, Textil- und optischer
Industrie. In der Münchner Region sind Flugzeug-, Auto-, Rüstungs- und
Bekleidungsindustrie, Genussmittelindustrie und zahlreiche Verlagshäuser
beheimatet.
Weitere Industriegebiete liegen im Nordwesten und Norden
Deutschlands. Zu ihnen gehört die Region Hannover-Braunschweig mit Stahl-,
Auto- und chemischer Industrie sowie die Seehäfen Hamburg, Bremen,
Bremerhaven, Wilhelmshaven, Lübeck und Kiel, die als Umschlagplätze für
nationale und internationale Wirtschaftsgüter zahlreichen Industrien (z. B.
Erdölraffinerien, Nahrungsmittel, Schiffbau) als Standort dienen. In
Wolfsburg befindet sich mit dem Volkswagenwerk der bedeutendste deutsche
Automobilhersteller.
Die alten Industriestandorte in den neuen Bundesländern stellen mit ihrer
immensen Umweltverschmutzung und industriell bedingten Altlasten ein großes
Problem dar.
So wurden beispielsweise schon kurz nach der Wiedervereinigung
zahlreiche Betriebe aufgrund ihrer Umweltverschmutzung stillgelegt.
Bedeutende Industriezentren befinden sich vor allem in den Bundesländern
Berlin (Elektrotechnik), Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und im südlichen
Brandenburg. Viele chemische Fabriken sind in der Region von Dessau, Halle
und Leipzig (Schkopau, Wolfen, Bitterfeld, Leuna) konzentriert. Eine große
petrochemische Anlage in Schwedt an der Oder im Nordosten Deutschlands
verarbeitet Erdöl, das über Pipelines aus Russland kommt. In zahlreichen
Städten im Südwesten, vor allem in Sachsen, wird die Industrie durch den
Maschinenbau geprägt. Zentren des Fahrzeugbaus sind die Städte Eisenach,
Zwickau, Suhl und Ludwigsfelde.
Optische Instrumente und Präzisionsgeräte
werden in Jena und Görlitz hergestellt. Jena ist ein wichtiger Standort der
Glasindustrie. In Rostock (Warnemünde), in Wismar und in Stralsund gibt es
Werften.
E. Währung und Bankwesen
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Währungseinheit in Deutschland ist die Deutsche Mark (DM). Eine Deutsche
Mark besteht aus 100 Pfennigen.
Noten- und Zentralbank der Bundesrepublik ist die Deutsche Bundesbank, ein
von der Regierung unabhängiges Institut mit Sitz in Frankfurt/Main. Die
größten der zahlreichen privaten Banken Deutschlands sind
Aktiengesellschaften, so z. B. die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die
Commerzbank. Daneben gibt es viele Sparkassen und kleinere private
Kreditinstitute.
Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt/Main löste im Juni
1998 ihren Vorläufer, das Europäische Währungsinstitut (EWI), ab.
Die EZB
bildet zusammen mit den nationalen Zentralbanken - für die Bundesrepublik
die Deutsche Bundesbank - das Europäische System der Zentralbanken (ESZB).
Die Hauptaufgabe dieser Institution besteht darin, die Preisstabilität in
den Mitgliedsstaaten der Europäischen Währungsunion zu gewährleisten.
Deutschland nimmt seit dem 1. Januar 1999 an der Währungsunion teil.
F. Außenhandel
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Deutschland ist eine bedeutende Handelsnation und nach Statistiken der
GATT-Organisation (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) einer der
führenden Exporteure von Gütern.
Von den frühen fünfziger bis Ende der
achtziger Jahre hat der Erlös aus Warenexporten die Ausgaben für Importe in
der Regel weit übertroffen. Die wichtigsten deutschen Exportartikel sind
Maschinen, Autos, chemische Erzeugnisse, Eisen, Stahl, Textilien und
Kleider. Importiert werden vor allem Rohöl und Erdölprodukte,
Maschinenteile, Nahrungsmittel, chemische Erzeugnisse und Zwischenprodukte,
Kleider und Fahrzeuge. Deutschland ist ein wichtiger Handelspartner von
Ländern der Europäischen Union sowie der Europäischen Freihandelsassoziation
(European Free Trade Association, EFTA), der Vereinigten Staaten, der
Schweiz, der ehemaligen Ostblockstaaten und des asiatischen Raumes - hier
vor allem Japan.
G. Verkehrswesen
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Deutschland besitzt ein hoch entwickeltes Verkehrssystem mit einem
außergewöhnlich dichten Netz von Straßen und insbesondere Autobahnen.
Das
gesamte Straßennetz umfasst 656 140 Kilometer (1998). 1996 waren in
Deutschland etwa 42 Millionen Personenkraftwagen und rund drei Millionen
Nutzfahrzeuge zugelassen.
Das Schienennetz der 1994 aus der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen
Reichsbahn hervorgegangenen privatrechtlichen Deutschen Bahn AG hat eine
Gesamtlänge von etwa 38 450 Kilometern (1997). Neben dem Personenverkehr
kommt dem Gütertransport traditionell eine wichtige Rolle zu. Angesichts des
dichten Straßennetzes werden jedoch tendenziell immer mehr Güter mit
Lastwagen transportiert. Verbundsysteme in Form von Container-Terminals oder
der Rollenden Landstraße (einem Huckepack-Verfahren für Schwerlastwagen)
versuchen dem entgegenzusteuern.
Neuartige Hochgeschwindigkeitszüge wie der
ICE verkürzen die Fahrzeiten im Personenverkehr auf langen Strecken in
Verbindung mit neuen (ökologisch umstrittenen) Trassenführungen erheblich
und treten so teilweise in Konkurrenz zum Flugzeug.
Von nach wie vor großer Bedeutung für den internationalen Güterverkehr ist
trotz der langen Transportzeiten die Schifffahrt. Die Heimathäfen der
deutschen Handelsflotte sind Hamburg, Wilhelmshaven, Bremen, Nordenham und
Emden für die Nordsee und Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund für die
Ostsee. Der größte Seehafen ist Hamburg. Die größte Binnenwasserstraße
bildet der Rhein. Weitere Binnenschifffahrtswege mit hohem Güterverkehr sind
u.
a. Mosel, Main und Elbe. An Kanälen sind beispielsweise der
Nord-Ostsee-Kanal, der Mittellandkanal, der Dortmund-Ems-Kanal, der
Elbe-Havel-Kanal und der Main-Donau-Kanal zu nennen. Der wichtigste und
größte Binnenhafen ist Duisburg.
Der Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt ist der größte Flughafen Deutschlands;
daneben gibt es noch weitere Großflughäfen, so z. B.
in München, Berlin,
Düsseldorf und Hamburg. Größte deutsche Fluggesellschaft ist die Deutsche
Lufthansa AG, die zahlreiche Ziele im In- und Ausland anfliegt.
H. Energie
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65,77 Prozent des Gesamtbedarfs Deutschlands an elektrischem Strom deckten
1998 Wärmekraftwerke. Hier werden in erster Linie Erdöl und Erdgas
verfeuert. 29,06 Prozent der gesamten elektrischen Energie erzeugen
Kernkraftwerke (siehe Kernenergie).
Im Süden tragen Wasserkraftwerke an den
großen Flüssen zur Stromversorgung mit 3,20 Prozent bei. Deutschland fördert
zwar auch selbst Erdöl und Erdgas, importiert aber den größten Teil seines
Bedarfs.
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